JudikaturJustiz6Ob646/90

6Ob646/90 – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. November 1990

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Redl und Dr. Kellner als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) S*** Beteiligungsgesellschaft mbH, 2.) Rudolf S***, 3.) Grete Maria R***, 4.) Christian R***, alle 1040 Wien, Schwindgasse 6, vertreten durch Dr. Michael Gabler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Kamer D***, 2.) Petko M***, 3.) Zekir H***,

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien haben die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die klagenden Parteien kündigten allen Beklagten deren im Hause 1100 Wien, Katharinengasse 18, gelegenen Wohnungen mit dem Vorbringen auf, alle Wohnungen seien Werkswohnungen, die Mietverträge aller Beklagten seien nur auf die Dauer deren Dienstverhältnisse bei der S*** AG abgeschlossen

worden. Alle Dienstverhältnisse seien beendet worden. Aus sozialen Gründen sei nicht gleichzeitig auch die Räumung der Dienstwohnungen begehrt worden.

Das Erstgericht erklärte die Aufkündigungen für rechtswirksam und verpflichtete die Beklagten zur Räumung der jeweiligen Wohnungen. Es führte aus, die Mietverhältnisse seien mit den Arbeitsverhältnissen so verknüpft gewesen, daß sie vom Kündigungsschutz des Mietengesetzes beziehungsweise des Mietrechtsgesetzes ausgenommen seien. Durch die Belassung der Beklagten in den Wohnungen nach Beendigung der Dienstverhältnisse und Weitervorschreibung von Mietzinsen sei es nicht zu einer stillschweigenden Begründung neuer Mietverträge, die dem Schutz des Mietrechtsgesetzes unterlägen, gekommen.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen der Beklagten keine Folge. Es meinte, ausschlaggebend für die Einstufung als "Dienstwohnung", für welche das Mietrechtsgesetz nicht zur Anwendung komme, sei der Umstand, daß das Arbeitsverhältnis Geschäftsgrundlage (Zweck) des Mietvertrages werde. Die Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Dienstwohnung müsse sich nicht unbedingt aus dem Eigentum ergeben, es könne auch ein Dritter für die Vergabe der Wohnung zuständig sein, soferne die Relation des Wohnverhältnisses zum Dienstverhältnis schon aus dem Dienstvertrag selbst hervorgehe und dem Dienstgeber das Vergaberecht an den Wohnungen gesichert sei. Diese Kriterien seien hier gegeben. Aus der bloßen Weiterbelassung der Dienstnehmer in ihren Wohnungen nach Beendigung der Dienstverhältnisse und aus der weiterhin vorgenommenen Vorschreibung und Annahme von Mietzinsen allein könne kein konkludenter Abschluß von nunmehr dem Mietrechtsgesetz und dessen Kündigungsbeschränkungen unterliegenden Mietverträgen abgeleitet werden. Die Rechtsnatur der bisherigen Gebrauchsüberlassung sei nicht geändert worden. Weil nach Ansicht des Berufungsgerichtes die nach Beendigung der Dienstverhältnisse verbleibenden Rechtsbeziehungen der Beklagten zum Vermieter weiterhin als Mietverhältnisse anzusehen seien, wenn auch nicht als solche, die dem Mietrechtsgesetz zu unterstellen seien, hiezu aber eine Rechtsprechung des Obersen Gerichtshofes fehle, seien die Voraussetzungen für die ordentliche Revision gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes fehlt es aber an dieser Voraussetzung. Wie der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung, insbesondere MietSlg. 37.230/9, EvBl 3/1989, klargestellt hat, ist für die Ausnahme der Z 2 des § 1 Abs 2 MRG ausschließlich maßgebend, daß ein Dienstvertrag Geschäftsgrundlage des Mietverhältnisses ist. Schon im Geltungsbereich des Mietengesetzes war auch die entgeltliche Überlassung einer Wohnung, soferne sie auf die Dauer des Dienstverhältnisses beschränkt war, sodaß das Bestandverhältnis zugleich mit dem Dienstverhältnis endete, von den Schutzbestimmungen des Gesetzes ausgenommen. Maßgeblich ist lediglich, daß alle Wohnungen, die vom Dienstgeber oder einem verpflichteten Dritten dem Dienstnehmer überlassen werden, hinsichtlich Bestand und Dauer des Wohnrechtes an ihnen vom Bestand und der Dauer des Dienstverhältnisses abhängig sein sollen. Ob man eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung unter diesen Abreden als entgeltliche Benützungsvereinbarung oder als Mietvertrag, der nicht den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes oder den Kündigungsbeschränkungen des Mietengesetzes unterliegt, bezeichnen will, ist nicht entscheidend. Durch die bloße Weiterbelassung des Dienstnehmers nach Beendigung des Dienstverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen ändert sich am Inhalt des bisherigen Benützungsverhältnisses noch nichts.

Im übrigen entsprechen auch die Ausführungen des Berufungsgerichtes zu den Voraussetzungen für die Annahme eines konkludenten Abschlusses eines neuen, unter das Mietrechtsgesetz fallenden Mietvertrages bei Weiterbelassung des Dienstnehmers in der Wohnung nach Beendigung des Dienstverhältnisses der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Die Anwendung dieser Grundsätze auf die Umstände des Einzelfalles stellt keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar.

Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.

Die klagenden Parteien haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revisionen nicht hingewiesen, sodaß ihnen gemäß den §§ 40 und 50 ZPO kein Kostenersatz für die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht erforderliche Rechtsmittelschrift zusteht.