JudikaturJustiz6Ob64/00f

6Ob64/00f – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. März 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Firmenbuchsache der beim Handelsgericht Wien zu FN 151645h eingetragenen D***** Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Wien über den ordentlichen Revisionsrekurs der Gesellschaft, vertreten durch Dr. Michael Zerdik, öffentlicher Notar, Naglergasse 9, 1010 Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 17. Jänner 2000, GZ 28 R 120/99v-9, mit dem der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 31. Mai 1999, GZ 71 Fr 1422/99h-6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung über das Eintragungsgesuch unter Abstandnahme vom angenommenen Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung:

Das Rekursgericht ging von folgendem Sachverhalt aus:

"In dem beim Handelsgericht Wien geführten Firmenbuch ist seit 11. 7. 1997 die D***** GmbH (im folgenden: Gesellschaft) zu FN 151645h mit dem Sitz in Wien eingetragen.

Ihre Alleingesellschafterin (mit einer zur Hälfte einbezahlten Stammeinlage vonS 500.000,--) ist die B***** GmbH, Handelsregister des Amtsgerichtes Rüsselsheim, HRB 3042. Als selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer der Gesellschaft sind Vilem H***** und Thomas Jean S***** eingetragen. Diese beantragten am 5. 2. 1999 (71 Fr 1422/99h-1), vertreten durch den öffentlichen Notar Dr. Michael Zerdik (der sich auf eine "nach § 5/4a NO" ausgewiesene Vollmacht berief), die Eintragung der Änderung des Firmenwortlautes der Alleingesellschafterin. Diese Eingabe stellte das Firmenbuchgericht dem Einschreitervertreter mit Vorerledigung vom 10. 2. 1999 (ON 3) im Original zurück und forderte ihn ua auf, sie durch eigenhändige Fertigung durch die Geschäftsführer zu ergänzen.

Mit Schriftsatz vom 23. 2. 1999 (ON 4) wiederholten die Geschäftsführer der Gesellschaft ihren Antrag. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung 28 R 62/98p des OLG Wien verwiesen sie darauf, daß gemäß § 11 "HGB" (gemeint: FBG) eine vereinfachte Anmeldung (ohne Beglaubigung) möglich sei".

Das Erstgericht wies das Eintragungsgesuch ab. Der Antrag auf Eintragung der Änderung der Firma einer Gesellschafterin einer Gesellschaft mbH sei einer Anmeldung des Übergangs von Geschäftsanteilen gleichzusetzen. Bei der Bewilligung des Gesuchs könnten Dritte zu Recht annehmen, dass bis zum Eintragungszeitpunkt ein Übergang des Geschäftsanteils nicht erfolgt sei. Die nach § 122 Abs 2 Z 2 GmbHG gewährleistete verstärkte Richtigkeitsgewähr von Anmeldungen nach § 26 GmbHG wäre nicht mehr gegeben. Die Anmeldung durch einen gewillkürten Vertreter sei nicht zulässig.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Gesellschaft nicht Folge. Es verneinte die Voraussetzungen für eine vereinfachte Anmeldung nach § 11 FBG. Diese Gesetzesstelle enthalte eine Aufzählung aller Fälle von Anmeldungen nach § 26 GmbHG ohne nähere Differenzierung danach, ob im Einzelfall die Anmeldung durch andere Personen als die Geschäftsführer überhaupt zulässig sei. § 122 Abs 2 Z 2 GmbHG gewährleiste die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben und Anmeldungen nach § 26 GmbHG dadurch, dass Geschäftsführern Haftstrafen für vorsätzlich unrichtige und unvollständige Anmeldungen angedroht werden. Die solcherart verstärkte Richtigkeitsgewähr wäre aber nicht mehr gegeben, wenn andere Personen als die Geschäftsführer die Anmeldungen vornehmen könnten. § 11 FBG sei daher einschränkend dahin auszulegen, dass die Vertretung des Anmeldungspflichtigen bei Anmeldungen nach § 26 GmbHG nicht zulässig sei. Es handle sich dabei um die Anmeldung der Änderung von Stammeinlagen, der Änderung der auf die Stammeinlagen geleisteten Einzahlungen sowie des Übergangs eines Geschäftsanteils. Eine solche Eintragung werde hier angestrebt. Die Anmeldung der Änderung des Firmenwortlauts der Alleingesellschafterin gehöre zur Gruppe der Anmeldungen, bei denen eine gewillkürte Stellvertretung ausgeschlossen sei.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur gestellten Rechtsfrage keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Mit ihrem ordentlichen Revisionsrekurs beantragt die Gesellschaft die Abänderung dahin, dass dem Eintragungsgesuch stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen zur neuerlichen Entscheidung durch das Erstgericht auch berechtigt.

Die Anmeldungen zur Eintragung in das Firmenbuch sind gemäß § 12 Abs 1 HGB persönlich beim Gericht zu bewirken oder in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Die gleiche Form ist für eine Vollmacht zur Anmeldung erforderlich. Demgegenüber sieht § 11 FBG eine vereinfachte Form für Anmeldungen vor, die ua die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung betreffen. Diese bedürfen nicht der beglaubigten Form. Es genügt die Unterfertigung namens des Rechtsträgers durch vertretungsbefugte Personen in der zur Vertretung notwendigen Anzahl. Nach diesem Gesetzeswortlaut bedürfte auch die Anmeldung eines Gesellschafterwechsels auf Grund einer Anteilsübertragung nicht der beglaubigten Form. Das Rekursgericht legt § 11 FBG im Anschluss an die in Santner (Hrsg), Anträge und Anmeldungen zum Firmenbuch Bd 1 Reg 2 Kap 5.2.3. vertretenen Auffassung restriktiv aus und erachtet das besondere Formerfordernis des § 12 Abs 1 HGB immer dann für gegeben, wenn der Anmeldungspflichtige (der Geschäftsführer) für die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben nach der Strafbestimmung des § 122 GmbHG einzustehen hat, insbesondere also in den im § 26 GmbHG angeführten Fällen.

Die durch einen Notar (der sich auf eine erteilte Vollmacht berief) vertretene Gesellschaft wendet sich im Revisionsrekurs nur sekundär gegen die einschränkende Auslegung des § 11 FBG in bestimmten Fällen. Primär wird die Gleichbehandlung einer zur Eintragung angemeldeten Änderung des Namens eines Gesellschafters mit dem Fall eines Gesellschafterwechsels bekämpft. Das Erstgericht hat dies - vom Rekursgericht offenbar gebilligt - mit der hypothetischen Möglichkeit begründet, dass nach der Änderung des Namens des Gesellschafters eine Abtretung des Geschäftsanteils erfolgt sein könnte. In der Anmeldung der Namensänderung eines Gesellschafters liege auch die Behauptung des Geschäftsführers, es habe eine Anteilsübertragung stattgefunden, sodass also ein Fall des § 26 GmbHG mit der Sanktion des § 122 Abs 2 Z 2 GmbHG vorliege. Diese Auffassung beruht offensichtlich noch auf Vorstellungen zur alten Rechtslage, wonach den Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH die ihn persönlich treffende Pflicht traf, dem Firmenbuchgericht im Jänner eines jeden Jahres eine Gesellschafterliste auch dann vorzulegen, wenn eine Änderung im Gesellschafterstand nicht eingetreten war (§ 26 Abs 3 GmbHG alt; SZ 58/66). Dies war wegen der damals noch nicht normierten Eintragung der Gesellschafter im Handelsregister bedeutsam. Nunmehr scheinen die Gesellschafter im Firmenbuch (§ 5 Z 6 FBG) mit der Rechtsfolge des § 78 Abs 1 GmbHG auf. Der Geschäftsführer hat einen durch Übertragung eines Geschäftsanteils bewirkten Gesellschafterwechsel unverzüglich anzumelden (§ 26 Abs 1 GmbHG), er haftet für die Richtigkeit seiner Angaben nach Schadenersatzrecht (Abs 2 leg cit), allenfalls auch nach der Strafbestimmung des § 122 Abs 2 Z 2 GmbHG, wenn man im angemeldeten Gesellschafterwechsel eine Vermögensangabe erblickt. Eine Anmeldungspflicht über den Umstand, dass sich im Gesellschafterstand nichts geändert habe, besteht nicht mehr. Schon daraus ist ersichtlich, dass die Änderung des Namens eines Gesellschafters ein von einem Gesellschafterwechsel zu unterscheidender eigener anmeldungspflichtiger Tatbestand ist (beides wird im § 26 GmbHG angeführt) und dass die Erklärung des Geschäftsführers über eine Namensänderung nicht auch die Erklärung inkludiert, es habe keine Änderung im Gesellschafterstand stattgefunden. Dass der Geschäftsführer für die Richtigkeit der angemeldeten Namensänderung eines Gesellschafters auch nach der Strafbestimmung des § 122 Abs 2 Z 2 GmbHG hafte, kann dem Gesetzeswortlaut nicht entnommen werden, der auf eine unrichtige Wiedergabe der Vermögenslage abstellt. Damit ist aber der tragenden Begründung des Rekursgerichtes zur gebotenen einschränkenden Auslegung des § 11 FBG zur Wahrung einer verstärkten Richtigkeitsgewähr der Boden entzogen. Die Anmeldung der Änderung des Namens des Gesellschafters kann vom Geschäftsführer in der vereinfachten Form des § 11 FBG vorgenommen werden (Santner aaO Kap 5.2.3. S 1 f). Bei einer persönlichen Anmeldung genügt die einfache Fertigung des Organs der Gesellschaft. Das Erfordernis der bloßen Schriftlichkeit bedeutet noch nicht den Ausschluss des Handelns durch einen Vertreter. Die Anmeldung ist nicht vertretungsfeindlich. Die Vollmacht ist schriftlich zu erteilen, sie bedarf nicht der öffentlich beglaubigten Form (Santner aaO S 3). Damit stellt sich nur mehr die Frage, ob der einschreitende Notar sich auf eine Vollmachtserteilung durch den Geschäftsführer ohne Vorlage der schriftlichen Vollmacht berufen durfte. Die Frage ist nach herrschender Meinung zu bejahen. Rechtsanwälte und Notare können sich ohne urkundlichen Nachweis auf eine erteilte Vollmacht berufen (§ 30 Abs 2 ZPO; § 8 Abs 1 RAO; § 5 Abs 4 a NO). Dies gilt auch für das außerstreitige Verfahren (EFSlg 52.497/8; EFSlg 85.556; Oberhammer in RdW 1994, 271) und damit auch im Firmenbuchverfahren (Santner aaO Kap 5.2.4.2.).

Die Vorinstanzen haben das Eintragungsgesuch aus dem formellen Grund der fehlenden Einschreitungsbefugnis des Notars abgewiesen. Die Abweisung bedeutet inhaltlich eine Zurückweisung des Gesuchs. Das Erstgericht wird im fortzusetzenden Verfahren darüber unter Abstandnahme vom angenommenen Zurückweisungsgrund zu entscheiden haben.