JudikaturJustiz6Ob375/97h

6Ob375/97h – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Januar 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 14.Mai 1993 verstorbenen Johann R*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des erbserklärten Erben Hans Joachim J*****, vertreten durch Dr.Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 16.April 1997, GZ 45 R 101/97d-77, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs des erbserklärten Erben wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508a Abs 2 und § 510 ZPO).

Text

Begründung:

Der Erblasser hat keine Verwandten. Wenn kein Testament existierte, wäre der Nachlaß kaduk. Aktenkundig sind ein Testament vom 12.11.1964 zugunsten der Gattin des Erblassers, die 1987 aber vorverstorben ist (AS 9), und die verfahrensgegenständliche letztwillige Verfügung vom 23.6.1992, betreffend den Stiefsohn des Erblassers. Die Urkunde hat den Wortlaut: "Ich widerrufe hiermit jede von mir errichtete letztwillige Verfügung zugunsten meines Stiefsohnes Hans Joachim J*****" (AS 11). Gestützt auf diese Urkunde, die er als seine Erbeneinsetzung ansieht, gab der Stiefsohn eine unbedingte Erbserklärung ab (ON 38), die vom Verlassenschaftsgericht auch angenommen wurde (ON 40). Nach Erhebungen wies das Erstgericht aber den Antrag des Stiefsohnes auf Einantwortung ab und erklärte den Nachlaß für erblos (ON 72). Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß.

Der Text der letztwilligen Verfügung vom 23.6.1992 läßt (wie der Revisionsrekurswerber selbst erkennt) nach der grammatikalischen Auslegung zwei diametrale Auslegungen zu: 1. Der Erblasser hat zugunsten anderer Personen existierende letztwillige Verfügungen widerrufen, und zwar zugunsten des Stiefsohns, womit dieser zum Alleinerben eingesetzt wurde; 2. der Erblasser hat schon bestehende letztwillige Verfügungen, die den Stiefsohn bedachten, widerrufen und damit den Stiefsohn quasi "enterbt".

Die Vorinstanzen haben Erhebungen gepflogen und danach Feststellungen getroffen, die zu einer Auslegung im zweitgenannten Sinn führten.

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen sind nicht vom klaren Gesetzeswortlaut und der oberstgerichtlichen Judikatur abgewichen. Entgegen der Auffassung des Revisionsrekurswerbers ergibt sich aus der Annahme der Erbserklärung durch das Verlassenschaftsgericht für den vom Erbansprecher zu erbringenden Nachweis des Erbrechtstitels (§ 799 ABGB) noch gar nichts. Erbserklärungen sind nur dann zurückzuweisen, wenn der Mangel des Erbrechts von vorneherein zweifelsfrei feststeht (SZ 60/7 mwN). Im Zweifel sind Erbserklärungen anzunehmen (RZ 1968, 139). Damit wird über die materielle Berechtigung des Erbansprechers noch nicht entschieden, sondern nur seine Parteistellung im Verlassenschaftsverfahren begründet (RZ 1967, 108). Von einer bindenden Feststellung des Erbrechts infolge der Annahme der Erbserklärung kann keine Rede sein. § 122 AußStrG bestimmt vielmehr unmißverständlich, daß der Erbe den Erbrechtstitel zur Erwirkung der Einantwortung (§ 819 ABGB) zu beweisen hat. Daneben trifft das Verlassenschaftsgericht die Pflicht zur amtswegigen Erforschung des Sachverhalts (§ 2 Abs 2 Z 5 AußStrG). An die nach Erhebungen zum Willen des Testators getroffenen Feststellungen der Vorinstanzen ist der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, gebunden. Die Anfechtung der Beweiswürdigung im Revisionsrekurs ist unzulässig.