JudikaturJustiz6Ob328/98y

6Ob328/98y – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Februar 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Firmenbuchsache der Beteiligten 1. Dkfm. Eduard C*****, 2. Herbert C***** 3. Dr. Johann Paul C*****, wegen Anmeldung einer Offenen Handelsgesellschaft zur Eintragung in das Firmenbuch, infolge Revisionsrekurses des Drittbeteiligten Dr. Johann Paul C*****, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 16. November 1998, GZ 3 R 196/98t, womit der Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Innsbruck vom 22. Oktober 1998, GZ 50 Nc 154/98t-5, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Beim Landesgericht Innsbruck waren zwischen den hier Beteiligten mehrere Rechtsstreitigkeiten anhängig, in deren Verlauf sich herausstellte, daß die Beteiligten nach dem Tod ihres Vaters zumindest seit 1955 in I***** das Hotel "Goldener A*****" sowie den Teilbetrieb "Weinhaus J*****" und das Restaurant "D*****" betreiben. Der Drittbeteiligte ist zur Hälfte Eigentümer des Hotels "Goldener A*****" und des "Weinhauses J*****", die restlichen Viertelanteile gehören seinen Halbbrüdern, den Erst- und Zweitbeteiligten. Beim Restaurant "D*****" handelt es sich um einen Pachtbetrieb, der von den Beteiligten in Unterbestand gegeben wurde. In diesen beim Landesgericht I***** anhängigen Verfahren blieb unbestritten, daß die Beteiligten ein vollkaufmännisches Grundhandelsgewerbe im Sinn des § 1 Abs 2 Z 1 HGB bei fehlender Haftungsbeschränkung des einzelnen betreiben. Dieser Umstand wird auch im nun beim Firmenbuchgericht anhängigen Zwangsstrafverfahren nicht bestritten. Eine ausdrückliche Vereinbarung darüber, in welcher Gesellschaftsform die Beteiligten auftreten, wurde nie getroffen, die Beteiligten haben nie darüber gesprochen, in welcher Gesellschaftsform die erwähnten Gastgewerbebetriebe betrieben werden sollen. Gleichfalls wurde nicht besprochen, was mit der Gesellschaft geschehen sollte, wenn finanzielle Probleme auftreten. Zumindest seit 1991 sind die Beteiligten übereingekommen, daß im Rahmen ihrer gemeinsamen Tätigkeit jeder das tun solle, was er am besten kann.

Eine Eintragung der Gesellschaft ins Firmenbuch wurde nicht veranlaßt. Die Gastgewerbebetriebe werden auch unter keiner gemeinsamen Firma geführt. Die Beteiligten verwenden zur Kennzeichnung ihres Unternehmens Bezeichnungen wie "Hotel-Restaurant Goldener A***** Familie C*****", "Dkfm. C***** Eduard und Mitgesellschafter, Hotel Goldener A*****", "Restaurant Hotel Goldener A*****", "Hotel Goldener A*****", "Hotel Goldener A***** Familie J. P. C*****", oder auch "C***** Dkfm. Edward und Mitgesellschafter", "Familie C*****" oder "Restaurant D***** Familie C*****".

Jeder der Beteiligten bezieht seit Jahren eine monatliche Geschäftsführerentschädigung von 1.800 S.

Die Gesellschaft ist mit Bankverbindlichkeiten von rund 43,000.000 S belastet, eine Tilgung der aushaftenden Schulden ist nicht möglich, derzeit können nur die Zinsen bedient werden. Erst- und Zweitbeteiligte sind zu Einschüssen in die Gesellschaft nicht bereit. Das persönliche Verhältnis zwischen den Beteiligten ist derart zerrüttet, daß jegliche Vertrauensbasis fehlt. Es herrscht Einigkeit darüber, daß eine Fortführung der Gesellschaft in der gegenwärtigen Situation keinen Sinn ergibt.

Aufgrund einer Mitteilung des Prozeßgerichtes, wonach die Beteiligten in der Rechtsform einer nichtprotokollierten Offenen Handelsgesellschaft tätig seien, forderte das Firmenbuchgericht die Beteiligten gemäß § 106 HGB iVm § 24 FBG auf, binnen vier Wochen ab Erhalt des Beschlusses die von ihnen gemeinsam betriebene Offene Handelsgesellschaft in öffentlich beglaubigter Form zur Eintragung ins Firmenbuch anzumelden oder darzutun, daß diese Verpflichtung nicht besteht, widrigenfalls über jeden von ihnen eine Zwangstrafe von 2.000 S verhängt werden müßte.

In der Folge setzte das Erstgericht die angedrohte Zwangsstrafe fest und verhängte sie über die drei Beteiligten. Gleichzeitig forderte sie diese auf, binnen zwei Monaten die gemeinsam betriebene OHG zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden oder darzutun, daß diese Verpflichtung nicht besteht, widrigenfalls über jeden von ihnen eine weitere Zwangsstrafe in Höhe von 50.000 S verhängt werden müßte. Zugleich erließ das Erstgericht einen Zahlungsauftrag.

Das Rekursgericht wies den gegen den Zahlungsauftrag gerichteten Rekurs des Drittbeteiligten zurück und gab im übrigen den gegen die Festsetzung der Zwangsstrafe gerichteten Rekursen aller drei Beteiligten nicht Folge. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Erzwingung der Anmeldepflicht im Falle von behaupteten, der Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter entgegenstehenden Differenzen der Gesellschafter eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Zur Frage der Anmeldung sei zwischen der in §§ 106 f HGB geregelten öffentlich-rechtlichen, zwingenden Anmeldepflicht und der aus dem Gesellschaftsvertrag ableitbaren Obliegenheit zur Anmeldung der Gesellschaft zu unterscheiden. Die öffentlich-rechtliche Anmeldepflicht sei durch den gesetzlichen Firmenbuchzwang, der gemäß § 24 FBG durch Zwangsstrafen durchzusetzen sei, sanktioniert, während die gesellschaftsrechtliche Mitwirkungspflicht unter anderem einen durch Klage durchsetzbaren Erfüllungsanspruch eröffne. Liege eine im ordentlichen Rechtsweg herbeigeführte rechtskräftige Entscheidung zur Mitwirkung bei der Anmeldung der Gesellschaft vor, reiche die Anmeldung der übrigen Beteiligten zur Eintragung im Firmenbuch aus.

Die öffentlich-rechtliche Pflicht zur Anmeldung und Eintragung diene dazu, den Gesellschaftsgläubigern die Durchsetzung ihrer Forderung gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern zu erleichtern. Schon allein aus diesem dem Gläubigerinteresse dienenden Schutzzweck folge zwingend, daß sich die Gesellschafter ihrer Anmeldungspflicht nicht mit dem Hinweis auf gesellschaftsinterne Meinungsdifferenzen entziehen könnten. Es liege weder in der Kompetenz, geschweige denn im Pflichtenkreis des Firmenbuchgerichtes, interne Streitigkeiten der Gesellschafter amtswegig aufzugreifen und einer Regelung zuzuführen. Die Klärung derartiger - allenfalls einer gemeinsamen firmenbuchrechtlichen Anmeldung entgegenstehender - Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern sei allein deren Aufgabe und habe im ordentlichen Rechtsweg zu erfolgen. Die firmenbuchrechtliche Anmeldepflicht bestehe auch nach Kündigung und Auflösung der Gesellschaft schon deshalb weiter, weil andernfalls die für die Auflösung und Liquidation vorgesehenen besonderen Eintragungen nicht erfolgen könnten und die Haftungsverjährung nach § 159 Abs 2 HGB nicht beginnen könnte. Die Anmeldepflicht könne daher schon aus diesem Grund nicht auf einen zu bestellenden Liquidator überwälzt werden.

Mit Rücksicht darauf, daß keiner der Beteiligten innerhalb der vom Firmenbuchgericht gesetzten Frist die aufgetragene Anmeldung vorgenommen und auch nicht vorgebracht hat, daß eine solche Verpflichtung nicht bestehe, sei der Vollzug der angedrohten Zwangsstrafe zu Recht erfolgt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Drittbeteiligten ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

Das Rekursgericht hat zutreffend auf die alle Gesellschafter der Offenen Handelsgesellschaft treffende öffentlich-rechtliche Anmeldungspflicht hingewiesen. Diese ist - bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - zwingend und im Wege des Zwangsstrafenverfahrens nach § 24 FBG auch erzwingbar (Torggler/Kucsko in Straube, HGB2 Rz 7 zu § 108; Jabornegg, HGB Rz 6 und 7 zu § 106 und Rz 3 zu § 108; Ulmer in Staub, dHGB4 Rz 1 und 6 zu § 108; Martens in Schleglberger, dHGB5 Rz 2 zu § 108).

Von der öffentlich-rechtlichen Anmeldungspflicht zu unterscheiden ist die aus dem Gesellschaftsvertrag ableitbare Pflicht der Gesellschafter, an den zur Erreichung des Gesellschaftszweckes erforderlichen Anmeldungen zum Firmenbuch mitzuwirken (Jabornegg aaO Rz 6 zu § 106 und Rz 3 zu § 108 je mwN). Jeder Gesellschafter kann von den anderen zur Anmeldung verpflichteten Mitgesellschaftern die Mitwirkung bei der Anmeldung durch Klage begehren (Martens in Schleglberger, dHGB5 Rz 4 zu § 108; Heymann, dHGB2 Rz 10 zu § 108). Liegt eine rechtskräftige Entscheidung zur Mitwirkung bei der Anmeldung vor, genügt zur Eintragung in das Firmenbuch die Anmeldung der übrigen Gesellschafter (Torggler/Kucsko in Straube, HGB2 Rz 7 zu § 108; Jabornegg aaO Rz 4 zu § 108; Martens in Schleglberger aaO Rz 4 zu § 108; Ulmer in Staub, dHGB4 Rz 5 zu § 108).

Das Rekursgericht weist zutreffend darauf hin, daß die öffentlich-rechtliche Anmeldungspflicht der Gesellschafter auch noch nach Auflösung der Gesellschaft besteht (Torggler Kucsko aaO Rz 12 zu § 106; Jabornegg aaO Rz 13 zu § 106), weil andernfalls die für den Fall der Auflösung und Liquidation vorgesehenen besonderen Eintragungen nicht erfolgen könnten und auch die Verjährungsbestimmung des § 159 HGB die Eintragung der Auflösung und damit die Eintragung der Gesellschaft an sich für den Beginn der Verjährungsfrist voraussetzt (vgl auch Martens in Schleglberger aaO Rz 5 zu § 106).

Dieser öffentlich-rechtlichen Anmeldungspflicht können nur solche Einwendungen entgegengesetzt werden, die sich gegen die Voraussetzungen einer Anmeldung nach den §§ 106 ff HGB richten. Einwendungen aus dem Innenverhältnis der Gesellschafter sind jedoch ebenso unbeachtlich wie abweichende Vereinbarungen der Gesellschafter (Heymann, dHGB2 Rz 8 zu § 108; Martens in Schleglberger aaO Rz 3 zu § 108).

Der Revisionsrekurswerber stellt weder in Abrede, daß die Gastgewerbeunternehmen der Beteiligten in der Rechtsform einer nicht in das Firmenbuch eingetragenen OHG betrieben werden, noch auch, daß sämtliche Beteiligte als Gesellschafter dieser Offenen Handelsgesellschaft zur Anmeldung verpflichtet sind. Er meint aber, die geforderte Anmeldung sei wegen unüberbrückbarer Meinungsdifferenzen zwischen den Gesellschaftern unmöglich. Eine unmögliche Leistung dürfe nicht durch Zwangsstrafen erzwungen werden, das Firmenbuchgericht hätte vielmehr die Klägerrolle zuteilen müssen.

Die vom Revisionsrekurswerber angesprochene unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten berühren ausschließlich das Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern, können aber die vom Innenverhältnis losgelöste und zwingend geregelte öffentlich-rechtliche Anmeldungspflicht der Gesellschafter nicht beeinflussen. Sie sind kein legitimer Grund, die Anmeldung zu verweigern. Auch von einer rechtlichen Unmöglichkeit der Erfüllung der Aufträge des Firmenbuchgerichts kann keine Rede sein. Es wäre jedem Gesellschafter möglich, den jeweiligen Mitgesellschafter auf Mitwirkung bei der Anmeldung zu klagen. Im übrigen weist auch das Rekursgericht zutreffend darauf hin, daß interne Differenzen über Anmeldungsinhalte von den Gesellschaftern selbst im streitigen Rechtsweg zu klären sind, und es weder in die Kompetenz des Firmenbuchgerichtes fällt, noch auch zu seinen Pflichten gehört, interne Streitigkeiten der Offenen Gesellschafter zum Zwecke ihrer Bereinigung amtswegig aufzugreifen.

Dem unberechtigten Revisionsrekurs des beteiligten Gesellschafters muß ein Erfolg versagt bleiben.