JudikaturJustiz6Ob280/06d

6Ob280/06d – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Dezember 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eigentümergemeinschaft B*****, nunmehr vertreten durch Biedermann Belihart Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei Radinka V*****, vertreten durch Dr. Leonhard Romig, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 125,99, über den (Kosten )Rekurs des Dr. Herbert R*****, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 3. Oktober 2006, GZ 37 R 234/06w-10, womit das Versäumungsurteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 15. März 2006, GZ 27 C 1196/05t-5, aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Dr. Herbert R***** ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 98,30 (darin EUR 16,38 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die klagende Eigentümergemeinschaft, vertreten durch Reg.Rat Franz F***** als Hausverwalter, dieser vertreten durch Dr. Herbert R*****, Rechtsanwalt in Wien, begehrte mit Mahnklage vom 3. 10. 2005 den Zuspruch von EUR 125,99 samt Anhang als Betriebskostenakonto für September 2005. Das Erstgericht erließ einen bedingten Zahlungsbefehl, gegen den die Beklagte Einspruch erhob. Zur für den 15. 3. 2006 anberaumten (vorbereitenden) Tagsatzung erschien die beklagte Partei nicht, sodass das Erstgericht ein klagsstattgebendes Versäumungsurteil erließ.

Gegen dieses Versäumungsurteil erhob die beklagte Partei Berufung. Das Berufungsgericht gab der Berufung Folge, erklärte das Verfahren für nichtig und wies die Klage zurück; es verpflichtete den Klagevertreter zur Zahlung der mit EUR 136,88 (darin EUR 20,48 USt und EUR 14,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens. Aus den von der beklagten Partei vorgelegten Urkunden ergebe sich, dass die Mehrheit der Wohnungseigentümergemeinschaft Reg. Rat Franz F***** mit einer Frist von drei Monaten zum Ende der Abrechnungsperiode 2004 mit Beschluss vom 24. 8. 2004 als Hausverwalter gekündigt habe. Dies sei dem Hausverwalter mit Schreiben vom 27. 9. 2004 mitgeteilt worden. Es sei daher davon auszugehen, dass die Hausverwaltervollmacht des Reg. Rat Franz F***** am 31. 12. 2004 geendet sei. Der Klagevertreter berufe sich auf eine ihm von Reg. Rat Franz F***** erteilte Vollmacht vom 21. 8. 2002. Daraus ergebe sich, dass Reg. Rat Franz F*****, auf Grund dessen Zwischenschaltung der Klagevertreter einschritt, im Oktober 2005 weder einen Auftrag noch eine Vollmacht zur Einbringung der Klage gehabt habe. Der Mangel der Vollmacht auf Grund Fehlens eines entsprechenden materiell-rechtlichen Grundverhältnisses sei nicht anders zu werten als der auf einem Willensfehler beruhende Mangel einer Vollmacht. Dieser Mangel sei nach § 37 ZPO in jeder Lage des Verfahrens zu beachten und führe gemäß § 7 ZPO zur Zurückweisung der Klage.

Sei ein Verfahren ausschließlich wegen mangelnder Bevollmächtigung für nichtig erklärt worden, so habe der Prozessgegner gegenüber dem ohne Vollmacht Handelnden Anspruch auf Ersatz seiner Kosten und Schäden, die durch das vollmachtslose Einschreiten entstanden seien. Es handle sich dabei um ein Kostenersatzverfahren im Rahmen des Zivilprozesses, das keine abgesonderte Klagsführung gestatte (unter Berufung auf 2 Ob 2020/96i; SZ 70/246).

Der Kostenersatzanspruch hinsichtlich der Kosten der Berufung gegenüber dem Klagevertreter Dr. R***** gründe sich auf § 38 Abs 2 ZPO (unter Berufung auf RIS-Justiz RS01077242). Eine solche Ersatzpflicht bestehe auch bei vollmachtsloser Klagseinbringung. Bei einer solchen Analogie sei zu berücksichtigen, dass der Einschreiter im direkten Anwendungsbereich des § 38 Abs 1 ZPO im Bewusstsein des Mangels seiner formellen Legitimation handelte (unter Berufung auf Zib in Fasching/Konecny2 II/1 § 38 Rz 39 f). Aus dem vorgelegten Schreiben vom 4. 10. 2005 ergebe sich, dass die nunmehr für das Objekt B*****, bestellte Hausverwaltung dem Klagevertreter mitgeteilt habe, dass seine Vollmacht mit sofortiger Wirkung erlösche und vom Klagevertreter keine weiteren Aktivitäten für die Eigentümergemeinschaft zu setzen seien. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sei Dr. R***** in Kenntnis seiner mangelnden formellen Berechtigung gewesen. Daher seien ihm gemäß § 38 Abs 2 ZPO die durch sein vollmachtsloses Einschreiten entstandenen Kosten der Berufung aufzuerlegen.

Diesen Beschluss bekämpfte die klagende Partei zunächst mit Rekurs. In diesem Rekurs wandte sich der damalige Klagevertreter auch im eigenen Namen gegen die Auferlegung der Verfahrenskosten. In der Folge zog die klagende Partei - durch ihren nunmehrigen Vertreter - ihren Rekurs zurück. In einer Stellungnahme sprach sich Dr. Herbert R***** insoweit gegen die Rekursrückziehung aus, als ihm wegen der ihm auferlegten Kostenhaftung eine parteiähnliche Stellung zukomme. Außerdem bestehe der „dringende Verdacht der Kollusion, standesrechtlicher Berufspflichtverletzung und wissentlicher Schadenszufügung".

Vorweg ist festzuhalten, dass die Rückziehung des Rekurses der klagenden Partei nicht auch den im eigenen Namen erhobenen Rekurs des früheren Klagevertreters betrifft. Diesem kommt aufgrund der ihm vom Berufungsgericht auferlegten Kostenhaftung eine eigenständige Rekurslegitimation zu.

Der Rekurs ist jedoch unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 38 Abs 2 ZPO hat der Gegner Anspruch auf Ersatz der durch die einstweilige Zulassung verursachten Schäden und Kosten. Nach der Rechtsprechung ist wegen der vollkommen gleichen Interessenslage § 38 Abs 2 ZPO analog auf alle Fälle anzuwenden, in denen das Verfahren ausschließlich wegen mangelnder Bevollmächtigung für nichtig erklärt wird (2 Ob 2020/96i; 1 Ob 362/97k = SZ 70/246; RIS-Justiz RS0107742).

§ 38 Abs 3 ZPO, wonach der Beschluss über den Ersatz der Kosten und Schäden durch ein abgesondertes Rechtsmittel angefochten werden kann, erzeugt jedoch keine Ausnahme vom Grundsatz der Unanfechtbarkeit zweitinstanzlicher Kostenentscheidungen durch Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshofes (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO). Diese Rechtsmittelbeschränkung gilt auch für Kostenentscheidungen, die das Rekursgericht funktionell als erste Instanz fällt (3 Ob 6/99z; 1 Ob 362/97k; Zib in Fasching/Konecny2 § 38 ZPO Rz 36).

Kostenentscheidungen der zweiten Instanz gemäß § 38 Abs 2 ZPO unterliegen daher auch dann keiner Anfechtung beim Obersten Gerichtshofes, wenn das Gericht zweiter Instanz erstmals über die Kosten entschieden hat (Zib aaO; SZ 70/246 = EvBl 1998/85). Der Kostenrekurs des früheren Klagevertreters erweist sich daher als unzulässig.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf § 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit des Kostenrekurses hingewiesen; ihr gebührt daher der Ersatz für die Kosten der Beantwortung des Kostenrekurses.