JudikaturJustiz6Ob233/21i

6Ob233/21i – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Februar 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte Univ. Prof. Dr. Kodek, Dr. Hofer Zeni Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch zu FN * eingetragenen W* GmbH, *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Gesellschaft und des Geschäftsführers Dipl. Ing (FH) H *, beide vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH in Bregenz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 13. Oktober 2021, GZ 3 R 112/21a–153/21f 8, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Nach ständiger Rechtsprechung bestehen keine Bedenken gegen die Unionsrechtskonformität des § 283 UGB (RS0113089). Ebenso ist bereits in ständiger Rechtsprechung klargestellt, dass keine Bedenken gegen die gleichzeitige Verhängung mehrerer Zwangsstrafverfügungen für verschiedene (jeweils zweimonatige) Bestrafungszeiträume bestehen (RS0127331). Die Verhängung von Strafen sowohl gegen die Gesellschaft als auch gegen die Geschäftsführer stellt keine unzulässige Doppelbestrafung dar (6 Ob 129/11f; 6 Ob 32/12t). Die mehrfache Verhängung von Geldstrafen ist in diesem Fall bloß Folge des Umstands, dass mehrere handlungspflichtige Rechtssubjekte den sie nach dem Gesetz betreffenden Pflichten nicht nachkamen.

[2] Die Revisionsrekursausführungen zum Kumulierungsverbot verkennen, dass es sich im vorliegenden Fall um Beugestrafen handelt (vgl 6 Ob 136/21z). Gerade durch das stufenweise Vorgehen, nämlich Bestrafung für jeweils zwei Monate (weiterer) Säumnis bei der Vorlage des Jahresabschlusses, wird dem von den Revisionsrekurswerbern eingemahnten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung getragen. Dem Revisionsrekurs ist auch nicht ansatzweise zu entnehmen, welche angeblichen „gelinderen Mittel“ ausreichen würden, die Revisionsrekurswerber zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten zu veranlassen, blieben doch auch zahlreiche in der Vergangenheit verhängte Strafen wirkungslos.

[3] Die Revisionsrekursausführungen bilden auch keinen Anlass zur neuerlichen Befassung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH). Der bloße Umfang des Revisionsrekurses vermag am Vorliegen eines „acte clair“ nichts zu ändern, soll doch ein die Befassung des EuGH erforderndes Rechtsproblem nicht „herbeigeschrieben“ werden können. Das vorgelegte Gutachten einer ehemaligen Richterin des EuGH geht auf die Besonderheit des Zwangsstrafenverfahrens nach § 283 UGB ebenso wenig ein wie auf die bereits vorliegende Judikatur des EuGH zur unionsrechtlichen Publizitätspflicht (vgl EuGH 4. 12. 1997, C 97/96, Daihatsu ; EuGH 26. 9. 2013, C 418/11, TEXDATA ).

[4] Der Revisionsrekurs war daher spruchgemäß zurückzuweisen.