JudikaturJustiz6Ob215/13f

6Ob215/13f – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Februar 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ralph Mayer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Wo***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Gerhard Walzl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 5.926,12 EUR sA (Revisionsinteresse 5.366,12 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 3. Juli 2013, GZ 35 R 137/13a 21, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Hietzing vom 22. Februar 2013, GZ 9 C 682/11p 17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Sowohl die Revision der Klägerin als auch die Revisionsbeantwortung der Beklagten werden zurückgewiesen .

Text

Begründung:

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:

Das Berufungsgericht hat seinen auf Antrag der Klägerin abgeänderten Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob eine gemeinschaftliche Stromversorgungsanlage für Mieter eines Geschosses als eine Gemeinschaftsanlage iSd § 24 MRG zu beurteilen ist und ob eine darauf gegründete Handlungspflicht des Vermieters besteht, den Strombezug beim Stromlieferanten anzumelden.

Die Klägerin, die als Inkassozessionarin der Stromlieferantin W***** GmbH Co KG einschreitet, stützt ihr Begehren nicht auf ein Vertragsverhältnis mit der Beklagten, sondern auf Schadenersatz- und Bereicherungsrecht.

1. Die Stromlieferantin erfuhr im Juli 2008, dass der damalige Untermieter der Beklagten bereits ein halbes Jahr zuvor aus dem Dachgeschoss ausgezogen war, wobei eine Abschaltung des Stromzählers für das Dachgeschoss nicht möglich war, weil er in einem versperrten Raum im Keller angebracht war. Daraufhin erstellte die Stromlieferantin per 22. 6. 2008 eine Schlussrechnung zu Lasten des Untermieters, buchte diese aber später als uneinbringlich aus. Hinsichtlich des Stromzählers unternahm die Stromlieferantin nichts, sie kontaktierte auch nicht die Beklagte, sondern wartete, ob sich ein neuer Untermieter melden würde; sie versuchte zunächst auch nicht herauszufinden, ob über den Zähler weiter Strom bezogen wurde. Nachdem sie im Jänner 2010 festgestellt hatte, dass dies tatsächlich der Fall war, fragte sie im Sommer 2010 bei der Beklagten nach, wer nunmehr Untermieter des Dachgeschosses sei. Bis dahin waren Stromkosten in Höhe des ursprünglichen Klagsbetrags aufgelaufen.

Rechtliche Beurteilung

1.1. Zum Schadenersatzbegehren führte das Erstgericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung aus, es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Stromlieferanten bei Beendigung eines Vertragsverhältnisses dafür sorgen, dass der Stromzähler abgeschaltet und gesperrt wird und ein neuerlicher Strombezug über diesen Zähler erst wieder nach Abschluss eines neuen Stromlieferungsvertrags möglich ist; dass die Stromlieferantin rund zwei Jahre lang trotz eines vertragslosen Zustands Strom liefert und keinerlei Schritte setzt, um den Zähler abzuschalten oder die tatsächlichen Strombezieher zu kontaktieren, sei erstaunlich und für die Beklagte nicht im Geringsten vorhersehbar gewesen. Damit fehlt es aber jedenfalls an der für einen Schadenersatzanspruch maßgeblichen Voraussetzung eines Verschuldens auf Seiten der Beklagten beziehungsweise der für diese handelnden Personen; der Geschäftsführer der Beklagten kümmerte sich einfach nicht weiter darum, ob der neue Untermieter den früheren Stromanschluss auf sich umgemeldet hatte.

1.2. Der Klägerin ist es auch nicht gelungen, eine Handlungspflicht der Beklagten als Vermieterin aufzuzeigen. Zu dieser bestand hinsichtlich des Stromzählers für das Dachgeschoss nie eine Vertragsbeziehung. Die Stromlieferantin kontaktierte die Beklagte vor dem Sommer 2010 nie, damit diese ihr eine Abschaltung des Stromzählers im versperrten Keller ermöglicht. Die Beklagte hat sich damit gegenüber der Stromlieferantin nicht rechtswidrig verhalten. Vielmehr hat ihr Geschäftsführer den neuen Untermieter ausdrücklich aufgefordert, sich um die Stromanmeldung zu kümmern; dieser könne sich dann ja die Aufteilung der Stromkosten mit den anderen (ebenfalls neuen) Dachgeschossmietern ausmachen, wobei der Geschäftsführer der Beklagten dem Untermieter sogar eine selbst verfasste Aufstellung zur leichteren Stromkostenaufteilung aushändigte.

1.3. Soweit sich die Klägerin auf Verpflichtungen der Beklagten als Vermieterin beruft, Mietern eine Stromversorgung hinsichtlich der angemieteten Räumlichkeiten zu bieten, so verkennt sie, dass sie als Dritte aus einer allfälligen Verletzung dieser Verpflichtungen keine Ansprüche ableiten könnte. Vor diesem Hintergrund ist es dann aber auch ohne Relevanz, ob es sich beim Stromzähler für das Dachgeschoss um eine Gemeinschaftsanlage im Sinn des § 24 MRG handelt, wie die Klägerin in der Revision erstmals meint: Eine Verpflichtung der Beklagten, für die Mieter des Dachgeschosses den Strom zu bezahlen, ließe sich daraus nämlich nicht ableiten. Die Argumentation der Klägerin, „de facto [ sei ] die elektrische Energie den Dachgeschossmietern von der [ Beklagten ] zur Verfügung gestellt [ worden ], ohne dass diese die Kosten hiefür getragen hätte“, entspricht wiederum nicht den Feststellungen; tatsächlich hat ja die Stromlieferantin ohne jegliche vertragliche Basis die Energie zur Verfügung gestellt.

1.4. Die Verneinung von Schaden-ersatzansprüchen durch die Vorinstanzen ist somit durchaus vertretbar, ohne dass es hiefür der Lösung einer an Bedeutung über dieses Verfahren hinausgehenden Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) bedurft hätte.

2. Bereicherungsrechtliche Ansprüche der Stromlieferantin gegenüber der Beklagten verneinten die Vorinstanzen, soweit sie über jenen Betrag hinausgehen, den der neue Untermieter tatsächlich unter dem Titel „Strom“ an die Beklagte zusätzlich zur Miete, zur Heizung und zu den Betriebskosten gezahlt hatte, nämlich 28 x 20 EUR beziehungsweise 560 EUR insgesamt. Eine Vereinbarung zwischen dem neuen Untermieter und der Beklagten hinsichtlich einer Zahlung von monatlich 20 EUR für Strom an die Beklagte habe es nicht gegeben; dem Geschäftsführer seien weder die Zusatzzahlung selbst noch der angegebene Verwendungszweck „Strom“ auf den mittels Dauerauftrag getätigten Überweisungen aufgefallen.

2.1. Die Revision der Klägerin, die laut eigenem Bekunden einen „hypothetischen“ Sachverhalt dahin unterstellt, dass zwischen dem neuen Untermieter und der Beklagten die Beistellung des Stroms durch letztere und die anteilige Bezahlung des Strompreises durch ersteren vereinbart worden sei, ist damit insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt. Es mag zwar sein, dass die Verwendung zum Nutzen eines anderen iSd § 1041 ABGB auch in der (auch nur vorübergehenden) Ersparung von Auslagen liegen kann (RIS Justiz RS0020139) dies wären auf Seiten der Beklagten die Kosten für jenen Strom, den sie zwar den Untermietern des Dachgeschosses vereinbarungsgemäß zur Verfügung zu stellen gehabt hätte, den sie jedoch der Stromlieferantin nicht bezahlte , doch haben die Vorinstanzen eine derartige Vereinbarung mit den neuen Untermietern eben gerade nicht festgestellt. Da die Beklagte somit durch die Stromlieferungen der Stromlieferantin an die Untermieter keinen Nutzen hatte, ist die Auffassung der Vorinstanzen, damit sei die Beklagte auch nicht bereichert, durchaus vertretbar.

2.2. Die Klägerin brachte im Verfahren erster Instanz (Streitverhandlung vom 7. 5. 2012) vor, aufgrund der zwischen der Beklagten und den neuen Untermietern abgeschlossenen Mietverträge sei erstere verpflichtet gewesen, letzteren den Strom zur Verfügung zu stellen; ein konkretes Beweisanbot erstattete sie dabei nicht. In der Streitverhandlung vom 2. 10. 2012 beantragte die Klägerin die Einvernahme der Mutter des neuen Untermieters zum Beweis dafür, dass zwischen diesem und der Beklagten die Beistellung des Stroms durch letztere und die anteilige Bezahlung des Strompreises durch ersteren vereinbart worden sei; der Mietvertrag sei zwischen der Mutter und dem Geschäftsführer der Beklagten ausgehandelt worden. Das Erstgericht lehnte diesen Beweisantrag wegen Verspätung ab; das Berufungsgericht erachtete die Einvernahme der Zeugin für nicht notwendig, weil selbst bei Vorliegen einer derartigen Vereinbarung keine weitere Zahlungspflicht der Beklagten begründet worden wäre. Die Klägerin moniert in ihrer Revision die Unterlassung der Einvernahme der Zeugin.

Die Frage, ob Vorbringen (§ 179 ZPO) oder Beweisanbote (§ 275 ZPO) einer Partei als verspätet anzusehen sind, stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage dar, weil es ganz von den Umständen des Einzelfalls abhängt, ob die Voraussetzungen der §§ 179, 275 ZPO als gegeben angesehen werden können (2 Ob 315/00p; 4 Ob 34/05m; 6 Ob 77/09f). Die Auffassung des Erstgerichts ist aber allein schon deshalb nicht zu beanstanden, ergab sich doch bereits anlässlich der Streitverhandlung vom 7. 5. 2012 aufgrund der Einvernahme des Geschäftsführers der Beklagten und einer dem Gericht vorgelegten Urkunde, dass der Mietvertrag mit dem neuen Untermieter nicht mit diesem, sondern mit dessen Mutter „ausgehandelt“ und von dieser auch unterschrieben worden war; dennoch unterließ die Klägerin eine entsprechende Beweisführung. Dass ihr zu diesem Zeitpunkt Vorname und Adresse der Zeugin nicht geläufig waren, vermag daran nichts zu ändern, wäre es doch an ihr gelegen, sich rechtzeitig vor der letzten Streitverhandlung die notwendigen Informationen zu verschaffen. Die von ihr dagegen gewählte Vorgangsweise, die Zeugin erst unmittelbar vor Schluss der Verhandlung erster Instanz namhaft zu machen, widersprach hingegen § 275 ZPO.

3. Die Beklagte hat zwar in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Die Revisionsbeantwortung ist jedoch verspätet, weil sie entgegen § 507a Abs 3 Z 1 ZPO nicht beim Berufungsgericht, sondern beim Erstgericht eingebracht wurde. Nachdem dieses den Schriftsatz dem Obersten Gerichtshof übermittelt und dieser ihn an das Berufungsgericht weitergeleitet hatte, langte er dort am 15. 11. 2013 ein. Da dieser Tag der maßgebliche ist (RIS Justiz RS0041584), die vierwöchige Frist zur Beantwortung der Revision jedoch bereits am 14. 11. 2013 abgelaufen war, war auch die Revisionsbeantwortung zurückzuweisen.