JudikaturJustiz6Ob21/21p

6Ob21/21p – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Februar 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden sowie die Hofräte Hon. Prof. Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*****, vertreten durch Dr. Andreas Ladstätter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G*****, vertreten durch Dax Wutzlhofer Partner Rechtsanwälte GmbH in Oberwart, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. Dezember 2020, GZ 11 R 176/20p 17, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 2 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Fragen der Auslegung einer Stiftungsurkunde im Einzelfall kommt keine erhebliche Bedeutung zu, sofern dem Berufungsgericht keine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen ist (6 Ob 251/16d ua). Dies gilt auch für Stiftungen nach einem Stiftungs und Fonds Landesgesetz.

[2] Das Burgenländische Stiftungs und Fondsgesetz schreibt nicht vor, welche konkreten Stiftungsorgane in der Satzung einer Stiftung vorgesehen werden müssen (vgl insb § 12 Abs 2 Z 4 iVm § 13 leg cit). Vielmehr gewährt – wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte – das Gesetz in diesem Bereich einen weiten Ermessensspielraum, von dem in den verfahrensgegenständlichen Satzungen unter anderem auch durch die Schaffung eines „Kurators“ Gebrauch gemacht wurde. Bei diesem Organ handelt es sich nicht um den „Stiftungskurator“ im Sinne des § 9 Abs 1 Satz 1 iVm § 22 leg cit, der von der Behörde zu bestellen ist und dessen Tätigkeit gemäß § 9 Abs 9 leg cit mit der erstmaligen Bestellung der Stiftungsorgane endet.

[3] Vielmehr hat der Kurator nach Art V Z 2 der gegenständlichen Satzungen „darauf zu achten, dass der im Stiftungszweck konkretisierte Stifterwille erfüllt wird; er wirkt an der Erfüllung der Stiftungszwecke durch Vorschläge, Anregungen und dergleichen mit. Der Kurator kann Maßnahmen des Stiftungsadministrators, soweit sie Angelegenheiten betreffen, die über den Rahmen der laufenden Verwaltung hinaus gehen und dem Stiftungszweck widerstreiten, bei der Stiftungsaufsichtsbehörde in Beschwerde ziehen“. Vertreten werden die Stiftungen ausschließlich durch den Stiftungsadministrator. Lediglich im Fall der Verhinderung des Stiftungsadministrators werden die Stiftungen durch den Kurator gemeinsam mit dem von der Burgenländischen Landesregierung entsendeten Mitglied des Stiftungsrats vertreten.

[4] Die Auffassung der Vorinstanzen, der Kläger habe kein rechtliches Interesse, im eigenen Namen die Feststellung der Haftung des beklagten Stiftungsadministrators im Zusammenhang mit der Veräußerung von zwei Gemälden zu begehren, ist nicht zu beanstanden. Die Befugnisse eines gesetzlich nicht vorgesehenen satzungsautonom geschaffenen Stiftungsorgans richten sich ausschließlich nach der Satzung. Im vorliegenden Falle ergibt sich aus dem Wortlaut der Satzung der beiden Stiftungen zweifelsfrei, dass der Kurator lediglich eine relativ „schwache“ Stellung hat: Er kann Vorschläge und Anregungen erstatten sowie sich an die Stiftungsaufsichtsbehörde wenden. Ein Vertretungsrecht kommt dem Kurator – abgesehen vom Fall der Verhinderung des Stiftungsadministrators – hingegen nicht zu.

[5] Aus der allgemeinen Formulierung in § 13 Abs 1 des Burgenländischen Stiftungs und Fondsgesetzes, wonach den Stiftungsorganen die Verwaltung der Stiftung, insbesondere die Erhaltung des Stammvermögens und die Erfüllung des Stiftungszwecks, sowie die Vertretung der Stiftung obliegt, lässt sich keine Vertretungsbefugnis des Kurators ableiten. Vielmehr sind dessen Befugnisse in Art VI Z 2 der Satzung sowie – für den Fall der Verhinderung des Stiftungsadministrators, worauf sich der Kläger jedoch nicht stützt – in Art VIII Z 4 der Satzung abschließend geregelt. Im Übrigen würde auch das Vorliegen eines Verhinderungsfalls den Kläger nicht zur Erhebung einer Feststellungsklage im eigenen Namen legitimieren.

[6] Damit steht dem Kläger – wie die Vorinstanzen im Ergebnis zutreffend erkannten – der Zivilrechtsweg für die Ausübung seiner Kontrollbefugnisse nicht zur Verfügung. Allfällige Schadenersatzansprüche der Stiftungen können von den vertretungsbefugten Stiftungsorganen bzw allenfalls neu zu bestellenden Organen oder einem Kollisionskurator geltend gemacht werden. Daraus droht für die Stiftungen auch kein Nachteil, weil nach herrschender Auffassung die Bestimmung des § 1494 ABGB über die Hemmung der Verjährung auch dann anzuwenden ist, wenn zwar eine ordnungsgemäße gesetzliche Vertretung besteht, vom Vertreter aber wegen einer Interessenkollision eine gesetzmäßige Wahrung der Interessen des Vertretenen nicht zu erwarten ist (RS0049073, RS0112302; 6 Ob 110/12p SZ 2012/90; Vollmaier in Kerschner/Fenyves/Vonkilch/Klang 3 § 1494 Rz 10 mwN).

[7] Zusammenfassend bringt der Kläger somit keine Rechtsfrage der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.