JudikaturJustiz6Ob166/15b

6Ob166/15b – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Dezember 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. M*****, 2. F*****, 3. J*****, 4. P*****, alle vertreten durch Mag. Roland Schlegel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17 19, wegen Herausgabe, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 17. Juni 2015, GZ 12 R 133/14p 24, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Kläger sind gesetzliche Erben der H*****, die am 11. 8. 1980 verstarb.

Mit Beschluss des Bezirksgerichts Hernals vom 11. 10. 1983, GZ 3 *****, wurde der reine Nachlass der Verstorbenen nach fruchtlosem Ablauf der Frist zur Einberufung der unbekannten Erben für erblos erklärt und über Antrag der Finanzprokuratur dem Staat übergeben. Zum Nachlass gehörten unter anderem Goldmünzen (Dukaten, Kronen, Gulden) und ein Goldbarren, deren Herausgabe die Kläger nun begehren und deren Zeitwert laut dem im Verlassenschaftsverfahren am 7. 5. 1981 errichteten Teilinventar insgesamt 2.974.108 S betrug. Die Goldmünzen und der Goldbarren wurden von der Österreichischen Staatshauptkasse am 28. 1. 1983 in Sonderverwahrung genommen. Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt vor der Auflösung der Staatshauptkasse im Jahr 1986 wurden die Münzen und der Goldbarren verwertet und der Erlös, dessen Höhe nicht festgestellt werden konnte, nicht zweckgewidmet dem Staatsschatz zugewendet.

Aufgrund der von den Klägern am 21. 3. 2011 gegen die Beklagte eingebrachten Erbschaftsklage, wurde die Beklagte für schuldig erkannt, den reinen Nachlass der Verstorbenen H***** zu 1/1 Anteilen an die Kläger abzutreten (siehe 5 Ob 116/12p).

Nunmehr begehren die Kläger die Herausgabe der Goldmünzen und des Goldbarrens. Als Ersetzungsbefugnis sowie in eventu begehren sie einen dem Tagesgoldwert der Münzen entsprechenden Betrag. Die Gegenstände hätten unter Berücksichtigung der derzeit erheblichen Kursschwankungen des Goldpreises einen Wert von mehr oder weniger 420.000 EUR. Der Streitwert von 200.000 EUR errechne sich durch Abzug des unstrittigen und von der Beklagten gerichtlich erlegten Surrogatsbetrags von 218.566,35 EUR.

Mit dem angefochtenen Urteil bestätigte das Berufungsgericht die klagsabweisende Entscheidung des Erstgerichts.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision zeigt keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

Das Berufungsgericht verneinte die Berechtigung des Rückstellungsbegehrens unter anderem unter Berufung auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 2 Ob 318/25 (SZ 7/150; RIS Justiz RS0025602). Nach dieser Entscheidung besteht nach § 1041 ABGB kein Anspruch auf Naturalersatz, wenn die verwendete Sache (gleichgültig, ob vertretbar oder nicht vertretbar) verbraucht wurde, sondern bei gutem Glauben des Verbrauchers nur auf Ersatz desjenigen Werts, den die Sache für ihn hatte. Nach herrschender Auffassung schuldet der redliche Bereicherungsschuldner den Verkaufserlös, wenn die fremde Sache entgeltlich veräußert wurde ( Koziol in KBB 4 § 1041 Rz 15 und § 1437 Rz 4 je mwN; RIS Justiz RS0010199; vgl auch Apathy in Schwimann/Kodek , ABGB 4 § 1041 Rz 33 mwN).

Die Revisionswerber stellen diese Rechtsprechung nicht in Frage. Sie sind bloß der Meinung, die Beklagte sei unredlich gewesen. Sie übersehen, dass nach dem Hofdekret vom 12. 10. 1835, JGS 1835/90, der zur Herausgabe verpflichtete Staat bezüglich der Früchte und der gesamten Verfügung über das Erbschaftsvermögen die Stellung eines redlichen Besitzers hat, wenn wie hier nach den Feststellungen des Erstgerichts die Vorschriften des Verfahrens eingehalten wurden. Dieses Hofdekret wurde erst durch das 1. Bundesrechtsbereinigungsgesetz BGBl I 1999/191 aufgehoben, stand daher im Zeitpunkt der Veräußerung der Goldmünzen und des Goldbarrens noch in Geltung. Soweit den Ausführungen der Revision die Prämisse der Unredlichkeit der Beklagten zugrunde liegt, sind sie nicht entscheidungserheblich.

Nach der Lehre von Apathy (Der Verwendungsanspruch 98 f; ders in Schwimann/Kodek , ABGB 4 § 1041 Rz 25) und Koziol (in KBB 4 § 1041 Rz 13) wird nach § 1041 ABGB die Rückgabe einer gleichen (vertretbaren) Sache geschuldet, wenn dies tunlich ist und den redlichen Bereicherungsschuldner nicht stärker belastet als Geldersatz. Das Berufungsgericht verneinte angesichts der auffallenden Wertdifferenz zwischen den Zeitpunkten des Heimfalls und des Schlusses der Verhandlung erster Instanz, dass es für die Beklagte tunlich ist, die geforderten Sachen, deren Wert vor etwa drei Jahrzehnten auf umgerechnet 216.136,86 EUR geschätzt wurde, um den heutigen Zeitwert, den die Kläger mit ca 420.000 EUR angeben, wiederzubeschaffen. Diese Beurteilung ist jedenfalls vertretbar.

Nicht entscheidungsrelevant sind die Ausführungen der Revision zur Berechtigung des Eventualbegehrens,

- dass bei der Bemessung des Werts der Nutzung zur Zeit der Verwendung die seit der Nutzung eingetretene Kaufkraftminderung der Währung zu berücksichtigen sei, und

- dass die Beklagte den Vorteil der Zinsersparnis infolge Verfügbarkeit des Verwertungserlöses über drei Jahrzehnte hinweg ausgleichen müsse.

Weder die Aufwertung des von der Beklagten erzielten Verkaufserlöses infolge von Inflation noch ein Ausgleich für ersparte Zinsen ist Gegenstand des Eventualbegehrens.