JudikaturJustiz6Ob12/67

6Ob12/67 – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. Februar 1967

Kopf

SZ 40/18

Spruch

Die Absicht des Frachtführers, die zulässige Höchstbelastung des LKW zu überschreiten macht den Frachtvertrag nicht ungültig und ändert nichts an dem Anspruch des Frachtführers auf das vereinbarte Entgelt.

Entscheidung vom 8. Februar 1967, 6 Ob 12/67.

I. Instanz: Bezirksgericht Linz; II. Instanz: Landesgericht Linz.

Text

Im Jänner 1964 kaufte die Firma F. L. beim Erzeuger Hans U. in Klagenfurt-Annabichl Gartenschirmständer im Gesamtgewicht von zirka 9 t und beauftragte die Beklagte mit der Durchführung des Transportes nach Linz. Daraufhin ersuchte die Beklagte mit Fernschreiben vom 17. Februar 1964 unter Bezugnahme auf die vorangegangene Korrespondenz um das günstigste LKW-Offert für den Transport von 320 Stück Gartenschirmständern zu zirka 30 kg das Stück. Die Klägerin antwortete, daß bei einer solchen Sendung der Frachtsatz 40 S je 100 kg betrage. Daraufhin beauftragte die Beklagte die Klägerin mit der Durchführung des Transportes.

Die Klägerin setzte dafür einen LKW mit einer zulässigen Nutzlast von 6.5 t ein, der eben einen neuen Austauschmotor erhalten hatte. Sie war bereit, die zulässige Nutzlast - wie sie dies auch in anderen Fällen getan hat - zu überschreiten, da ihr eine allfällige geringfügige Verwaltungsstrafe billiger gekommen wäre als eine zusätzliche Fahrt.

Als der Chauffeur der Klägerin mit diesem LKW zu U. kam, verlud dieser nur 273 Schirmständer, und zwar überwiegend kleine und mittlere mit einem Gesamtgewicht von 4880 kg; er erklärte dem Fahrer, damit sei alles, was bestellt wurde, aufgeladen. Hiedurch wurde der LKW nicht ganz bis zur vollen Höhe der doppelten Bordwand beladen. Der Fahrer bemerkte dazu, das sei ohnehin gut, weil der Motor neu sei. Da er eine sonstige Zuladung schon wegen des fortgeschrittenen Abends nicht erlangen konnte, führte er den Transport der 4880 kg durch. Die restliche Bestellung der Firma F. L. lieferte U. erst drei bis vier Wochen später aus.

Am 29. Februar 1964 übermittelte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung, in der sie entsprechend dem angenommenen Offert für 9600 kg bei einem Frachtsatz von 40 S je 100 kg 3840 S, zuzüglich 21.10 S an Fixer Taxe verrechnete. Die Beklagte bezahlte nur die Fracht für 4880 kg, sodaß ein Betrag von 1840 S offen blieb.

Das Erstgericht sprach der Klägerin einen Teilbetrag von 600 S samt Nebengebühren zu und wies das auf Zahlung weiterer 1240 S samt Nebengebühren gerichtete Mehrbegehren ab. Es führte folgendes aus:

Auf Grund des genaue Gewichtsangaben enthaltenden Auftrages habe die Klägerin mit einem Transportgewicht von 9600 kg rechnen müssen. Sie sei daher grundsätzlich berechtigt, die Frachtgebühr für das vereinbarte Transportgewicht zu verlangen, zumal die Offertstellung völlig eindeutig und branchenüblich gewesen sei. Dennoch könne ihr nicht die Frachtgebühr für 9600 kg zugesprochen werden, da der von ihr eingesetzte LKW nur eine höchstzulässige Nutzlast von 6500 kg aufwies, sodaß die Klägerin gemäß § 84 (1) KFG. nur diese Menge hätte transportieren dürfen. Eine Überladung hätte gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen und die Klägerin könne aus einer solchen gesetzwidrigen Handlung keine Rechte für sich ableiten. Die Gesamtforderung der Klägerin betrage daher nur 2600 S (65 X 40) zuzüglich der fixen Taxe von 21.10 S, sodaß nur 600 S offen seien.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil zufolge Berufung der Klägerin dahin ab, daß es der Klage zur Gänze stattgab. Es pflichtete dem Erstgericht darin bei, daß es zwischen den Streitteilen zum Abschluß eines Frachtvertrages über die Beförderung von 320 Schirmständern mit einem Gewicht von zirka 30 kg je Stück und einem Gesamtgewicht von zirka 9600 kg gekommen sei. Ohne Verschulden der Klägerin sei dann nur ein Frachtgut von 4800 kg zur Verfügung gestanden. Die Klägerin wäre in der Lage gewesen, das vereinbarte Frachtgut zu befördern, sie sei daher berechtigt, die Frachtkosten hiefür zu verlangen, zumal sie auch das Offert unter Zugrundelegung dieses Gewichtes erstellt habe. Der Frachtvertrag sei ein erlaubtes Geschäft. Daß die Klägerin im Zuge der Beförderung des Frachtgutes eine gesetzwidrige Handlung gesetzt hätte, die zu ihrer Bestrafung hätte führen können, befreit die Beklagte nicht von ihrer Verpflichtung aus dem Frachtvertrag. Nur wenn der Vertragsabschluß unerlaubt gewesen wäre, wäre dies auf die Gültigkeit des Vertrages von Einfluß gewesen. Da dies nicht zutreffe, stunden ihr die gesamten Frachtkosten zu.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revision erblickt die unrichtige rechtliche Beurteilung darin, daß die Klägerin die vereinbarte und in Rechnung gestellte Transportleistung nicht zur Gänze erbracht habe, sondern eben nur eine geringere, und zwar in dem Umfang, in dem das Erstgericht dem Klagebegehren stattgegeben habe. Dieser Rechtsansicht kann nicht beigepflichtet werden. Die Beklagte hat mit der Klägerin einen Frachtvertrag im Sinne der §§ 425 ff. HGB. wegen Beförderung von Gartenschirmständern von K. nach L. abgeschlossen. Vereinbart wurde die Beförderung von Schirmständern im Gesamtgewicht von zirka 9600 kg zu einem Frachtsatz von 40 S je 100 kg. Als Auftraggeber haftet die Beklagte ebenso wie der Absender, wenn er Auftraggeber ist, für die Bezahlung der Fracht als Gegenleistung für die Ausführung des Transportes (Schlegelberger Komm.[4] IV. Bd. S. 2746, Anm. 22 zu § 425). Laut Anmerkung 23 zu dieser Gesetzesstelle besteht zwar für den Absender (Auftraggeber) in der Regel keine Pflicht zur Übergabe des Frachtgutes, übergibt er aber das Gut nicht zur Beförderung, so richten sich die Rechte des Frachtführers nach den §§ 642, 643 DBGB. Dem § 642 DBGB. entspricht die Bestimmung des § 1168 ABGB., nach welcher dem Unternehmer das vereinbarte Entgelt gebührt, wenn er zur Leistung bereit war, an der Ausführung des Werkes aber durch Umstände verhindert wurde, die auf Seite des Bestellers liegen.

Dieser Fall ist hier gegeben; Die Beklagte hatte entsprechend der Vereinbarung einen Chauffeur mit LKW zu Hans U. geschickt, um dort die vereinbarten zirka 9 t Gartenschirmständer zu übernehmen und nach L. zu befördern. Daß U. nur Schirmständer im Gesamtgewicht von 4800 kg lagern hatte und daher nur diese dem Chauffeur der Klägerin übergab, ist ein Umstand, der auf Seite der Beklagten liegt, von dieser vertreten werden muß und den Entgeltsanspruch der Klägerin nicht zu verkürzen vermag, zumal feststeht, daß die Klägerin mit Rücksicht auf die Umstände auch keine Möglichkeit hatte, anderes Frachtgut zum Zwecke der Beförderung nach L. zuzuladen.

Zur Ansicht des Berufungsgerichtes, die Klägerin habe Anspruch auf das ganze vereinbarte Entgelt, obwohl der von ihr verwendete LKW, nur für eine Nutzlast von 6.5 t zugelassen war, weil die Klägerin in der Lage gewesen sei, die vereinbarte Menge mit diesem Kraftwagen zu befördern, der Umstand, daß sie durch Überladung eine Verwaltungsübertretung begangen hätte, befreie die Beklagte nicht aus ihren Vertragspflichten, wird in der Revision ausgeführt, die Beklagte brauche sich damit nicht auseinanderzusetzen, weil eine die zugelassene Nutzlast von 6.5 t übersteigende Transportleistung gar nicht erbracht wurde. Soweit den Revisionsausführungen aber dennoch eine Bekämpfung der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes entnommen werden kann, ist ihnen in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht zu erwidern, daß gemäß § 879 (1) ABGB. Verträge nur dann ungültig sind, wenn sie gegen ein gesetzliches Verbot (oder gegen die guten Sitten) verstoßen. Davon kann beim vorliegenden Frachtvertrag keine Rede sein. Der Verbotszweck des § 84 (1) KFG. richtet sich keinesfalls gegen den Abschluß von Frachtverträgen, sondern lediglich gegen eine Überladung des Lkws bei der Durchführung von Frachtverträgen durch die Klägerin (vgl. Gschnitzer in Klang[2] IV 178 ff. und 184 ff.). Daß die Klägerin bereit gewesen wäre, diese Vorschrift zu übertreten und eine allfällige Verwaltungsstrafe in Kauf zu nehmen, wozu es aber gar nicht gekommen ist, macht somit den zwischen den Parteien abgeschlossenen Frachtvertrag nicht ungültig. Ist er aber gültig, dann kommt, wie bereits ausgeführt wurde, § 1168 ABGB. zur Anwendung und damit steht der Klägerin der Anspruch auf das volle vereinbarte Entgelt zu.