JudikaturJustiz5Ob64/84

5Ob64/84 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. November 1984

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Stefanie S*****, vertreten durch Dr. Gerhard Kornek, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1. Christine K*****, 2. Dr. Ekkehard P*****, 3. Theresia P*****, 4. Dr. Wolfgang P*****, 5. Heidelore M*****, 6. Friederike P***** und 7. Elisabeth N*****, vertreten durch Dr. Manfred Melzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen der Angemessenheit des vereinbarten Hauptmietzinses, infolge Revisionsrekurses der Mieterin und der Vermieter gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. Mai 1984, GZ 41 R 427/84 7, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 9. Februar 1984, GZ 45 Msch 29/83 4, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin hatte am 21. 7. 1966 die aus Zimmer, Küche und Kabinett bestehende Wohnung ohne Klosett im Inneren gemietet. Diese Wohnung der Ausstattungskategorie D hat eine Nutzfläche von 44,22 m². Ihr wurde die frei gewordene Nachbarwohnung mit 45,48 m² Nutzfläche und ein 3,11 m² Fläche umfassender Gangteil mit Klosett zur Zusammenlegung der Wohnungen angeboten. Sie hat mit den durch den Hausverwalter vertretenen Liegenschaftseigentümern am 16. 11. 1982 einen neuen Mietvertrag abgeschlossen und beide Wohnungen ab dem 1. 12. 1982 auf unbestimmte Zeit angemietet. Die Höhe des Hauptmietzinses wurde mit 1.020,91 S für 92,81 m² Nutzfläche (11 S pro m² = Ausstattungskategorie C) vereinbart und weiters festgelegt, dass die Mieterin 13,80 S monatlich Manipulationsgebühr und 13,33 S monatlich einen Hauptmietzinszuschlag bezahle, der Mietvertrag vom 21. 7. 1966 außer Kraft trete und sich die Mieterin verpflichte, die beiden Wohnungen zu einer Wohneinheit zu vereinigen und auf ihre Kosten durch die Einbeziehung des Gangteils und des Gangklosetts die „Standardisierung“ vorzunehmen und bei der Planerstellung auf die Widmungsänderungen Bedacht zu nehmen, weil die Küche der einen Wohnung mit der Wasserentnahmestelle in einen Baderaum umgewidmet und ein Teil der Küche der anderen Wohnung zu einem Vorzimmer ausgebaut werden solle. Die Vermieter erteilten der Mieterin für diese Zusammenlegungsarbeiten ihre Einwilligung. Die Höhe des Hauptmietzinses werde so vereinbart, dass durch die Umgestaltung und den Zusammenschluss der beiden Wohnungen mit Anhebung des Standards durch die Einbeziehung des Gangklosetts für die so vergrößerte Wohnung der nach § 16 Abs 3 Z 3 MRG (gemeint wohl § 16 Abs 2 Z 3 MRG) berechenbare Hauptmietzins in Ansatz gebracht werde.

Der Mieterin wird von der Hausverwaltung seit dem 1. 12. 1982 der Hauptmietzins mit monatlich 1.020,91 S zur Vorschreibung gebracht, sie benützt aber nur die schon seit 1966 in Bestand genommene Wohnung und hat die Arbeiten zur Wohnungszusammenlegung bis zum Schluss der Verhandlung vor dem Erstgericht nicht in Angriff genommen.

Die Mieterin brachte am 14. 4. 1983 bei der Gemeinde ihren Antrag auf Feststellung ein, dass die Vereinbarung eines 5,50 S je Quadratmeter übersteigenden (Haupt )Mietzinses für die beiden Wohnungen und ihre Verpflichtung, die Vereinigung der Wohnungen unter Einbeziehung eines Gangteils (und offenbar des Gangklosetts) auf ihre Kosten vorzunehmen gesetzlich unzulässig sei.

Die Gemeinde entschied, dass das gesetzlich zulässige Zinsausmaß vom 1. 12. 1982 bis 1. 4. 1983 um monatlich 371,75 S überschritten wurde, und verpflichtete die Vermieter zur Rückzahlung, weil für die eine ursprünglich in Bestand genommene Wohnung ein Hauptmietzins von 8,25 S je Quadratmeter, für die zusätzlich in Bestand genommene Wohnung ein Hauptmietzins von 5,50 S je Quadratmeter und für den 3,11 m² großen Gangteil mit Klosett ein angemessener Hauptmietzins von 11 S je Quadratmeter zulässig sei.

Diese Entscheidung trat außer Kraft, weil sich die Vermieter mit ihr nicht zufrieden gaben und das Gericht anriefen.

Das Erstgericht wies von dem nicht strittigen Sachverhalt ausgehend den Antrag der Mieterin ab. Es meinte, die Antragstellerin habe ein Anbot der Vermieter nach § 5 Abs 2 MRG angenommen und sei daher verpflichtet, die Zusammenlegung der beiden Wohnungen der Ausstattungskategorie D zu einer Wohnung der Ausstattungskategorie C auf ihre Kosten ausführen zu lassen. Die Vereinbarung, dass die Mieterin die Kosten der Standardanhebung zu tragen habe, müsse zulässig sein, weil bei einer vom Vermieter vorgenommenen Standardanhebung unter den Voraussetzungen des § 16 Abs 1 Z 6 MRG die Vereinbarung eines nicht durch die Obergrenzen des § 16 Abs 2 Z 3 MRG beschränkten angemessenen Mietzinses zugelassen sei. Es sei auch schon der für die zusammengelegte vergrößerte Wohnung unter Zugrundelegung der Ausstattungskategorie C zulässige Hauptmietzins zu entrichten, wenn die Mieterin die Arbeiten zur Wohnungszusammenlegung noch nicht in Angriff genommen habe. Der Mieter, der ein Anbot nach § 5 Abs 2 MRG annehme, stehe nicht unter einem wirtschaftlichen Druck. Er könne sich auf die in Bestand genommene Wohnung beschränken und das Anbot zur Anmietung der Nachbarwohnung ablehnen. Nehme er aber das Anbot an, liege es an ihm, die zur Zusammenlegung und Standardanhebung erforderlichen Arbeiten zügig in Angriff zu nehmen und den vereinbarten Mietzins zu leisten. Verzögerungen oder Schwierigkeiten bei der Verwirklichung des Bauvorhabens habe die Mieterin zu vertreten. Sie könne sich nicht darauf berufen, dass sie erst ab der Zusammenlegung den Hauptmietzins nach § 16 Abs 2 Z 3 MRG bezahlen müsse.

Das von der Mieterin angerufene Rekursgericht bestätigte diesen Sachbeschluss insoweit, als der Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der von ihr übernommenen Verpflichtung, die Vereinigung der beiden Wohnungen unter Einbeziehung des Gangteils (mit Klosett) auf eigene Kosten durchzuführen, abgewiesen wurde, ließ insoweit den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, und änderte im Übrigen den Sachbeschluss dahin ab, dass es aussprach, die für die Wohnungen getroffene Zinsvereinbarung sei für die Zeit vom „1. 1. 1982“ (richtig 1. 12. 1982) bis zur Vereinigung und Umgestaltung der Wohnungen in eine Wohnung der Ausstattungskategorie C insoweit rechtsunwirksam, als sie das nach § 16 Abs 2 Z 4 MRG zulässige Höchstmaß überschreite.

Das Rekursgericht billigte die Rechtsansicht des Erstrichters, dass es bei einem Vorgang nach § 5 Abs 2 MRG als einem von sonst vom Vermieter durchzuführenden nützlichen Verbesserungen (§ 5 Abs 1 MRG, § 4 Abs 2 MRG und § 4 Abs 3 MRG) zu unterscheidenden Sondertatbestand zulässig sei, dem Mieter die Nachbarwohnung zur Zumietung und Umgestaltung auf seine Kosten zu überlassen, weil der Vermieter von der Anbotspflicht nach § 5 Abs 2 MRG enthoben sei, wenn er selbst die Verbesserung durchführen lasse. Es meinte aber, die Entrichtung des nach § 16 Abs 2 Z 3 MRG berechneten Hauptmietzinses könne erst ab der Wohnungsvereinigung und Standardanhebung begehrt werden. Da die Nutzfläche nach den Naturmaßen ermittelt werden müsse (§ 17 Abs 2 MRG) könne vor der Zusammenlegung eine Berechnung gar nicht erfolgen. Diese setze die Vornahme der von der Mieterin übernommenen baulichen Umgestaltung voraus. Bis zur Erfüllung ihrer Verpflichtung bilde der Hauptmietzins nach § 16 Abs 2 Z 4 MRG die Obergrenze.

Beide Teile bekämpfen diese Sachentscheidung der zweiten Instanz mit Revisionsrekurs und treten dem Rechtsmittel des anderen entgegen.

Während die Mieterin die Abänderung anstrebt, dass auch die gesetzliche Unzulässigkeit ihrer Verpflichtung zur Kostentragung für die Standardanhebung festgestellt wird, verlangen die Vermieter die Wiederherstellung des insgesamt abweisenden Sachbeschlusses des Erstrichters.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittel sind nicht berechtigt.

Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die im § 5 Abs 2 MRG (entsprechend § 3 Abs 3 Z 3 des Entwurfes RV 425 BlgNR 15. GP) im Bestreben, unter Wahrung der „sozialen Symmetrie“ Vermieter und Mieter zu sinnvollen Standardverbeserungen zu motivieren (Erläuterungen RV 425 BlgNR 15. GP A, IV, 6 und zum § 3 letzter Absatz geregelte Verpflichtung des Vermieters, eine freiwerdende Wohnung der Ausstattungskategorie D vor der Vermietung an einen Dritten dann dem Hauptmieter einer zur Anhebung des Standards geeigneten Nachbarwohnung der Ausstattungskategorie D „zur Zumietung und Umgestaltung in eine Wohnung der Ausstattungskategorie C“ gegen Entrichtung des für die so vergrößerte Wohnung nach § 16 Abs 2 Z 3 MRG berechenbaren Hauptmietzinses anzubieten, wenn es baurechtlich zulässig und bautechnisch möglich und zweckmäßig ist, diese Wohnung mit einer Nachbarwohnung der Ausstattungskategorie D zu einer Wohnung der Ausstattungskategorie C mit einer Nutzfläche bis zu 90 m² zu vereinigen und umzugestalten, einen von der nützlichen Verbesserung nach § 5 Abs 1 MRG (§ 4 Abs 2 Z 5 MRG) zu unterscheidenden Fall der Standardanhebung handelt. Während der auch unter Heranziehung von Mitteln der Mietzinsreserve vom Vermieter vorgenommenen fristgerechten Anhebung des Standards durch Zusammenlegung von Wohnungen der Ausstattungskategorie D in eine solche der Ausstattungskategorie C in § 16 Abs 1 Z 6 MRG durch Ausnahme von den Kategoriemietzinsobergrenzen des § 16 Abs 2 MRG und Zulässigkeit von Vereinbarungen über die Höhe des Hauptmietzinses bis zu dem nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs und Erhaltungszustand angemessenen Betrag Rechnung getragen wird, muss der Vermieter, der die Verbesserung nicht selbst vornehmen und sich damit das Recht auf Vereinbarung des angemessenen Mietzinses wahren will, dem Mieter der Nachbarwohnung die Standardanhebung überlassen und darf für das neu geschaffene Bestandobjekt nur den nach § 16 Abs 2 Z 3 MRG berechenbaren Hauptmietzins vereinbaren. Vorliegend wäre zwar, weil die Nutzfläche nach der Zusammenlegung voraussichtlich 90 m² überschreitet, eine Anbotspflicht zu verneinen gewesen, es kann aber nichts anderes gelten. Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, dass bei Annahme des Anbots die Vereinbarung, dass der Mieter die Umgestaltung in eine Wohnung der Ausstattungskategorie C auf seine Kosten vornimmt, zulässig ist. Würde die Zusammenlegung der Wohnungen und die Standardanhebung vom Vermieter ohne Beistellung der finanziellen Mittel des Mieters bewirkt, wäre der Hauptmietzins nicht durch § 16 Abs 2 Z 3 MRG beschränkt ( Schuppich , Die Neuordnung des Mietrechts, 36).

Es trifft daher auch nicht die Befürchtung der Mieterin zu, der Vermieter wäre bereichert, weil sie die Kosten der Standardanhebung tragen und den höheren Mietzins bezahlen müsse. Die Zulässigkeit der Vereinbarung der Mietzinshöhe ist vielmehr bei Tragung der Kosten der Standardanhebung durch den Mieter schärfer als durch § 16 Abs 1 Z 6 MRG durch die Betragsgrenze des § 16 Abs 2 Z 3 MRG eingeengt.

Dem Rekursgericht ist aber auch darin beizupflichten, dass der nach § 16 Abs 2 Z 3 MRG zu errechnende Hauptmietzins erst nach Vornahme der bautechnischen Umgestaltung eingehoben werden darf, weil die Errechnung von der Feststellung der Naturmaße abhängt und diese erst feststehen, wenn der Umbau vollzogen ist. Die Wohnung ist nicht schon „vergrößert“, wenn der Mieter die Nachbarwohnung zur Umgestaltung in eine Wohnung der Ausstattungskategorie C zugemietet hat, sondern erst, wenn auch die Umgestaltung vorgenommen worden ist. Bis dahin unterliegt die Vereinbarung über die Höhe des Hauptmietzinses den Schranken des § 16 Abs 2 Z 4 MRG, weil weiter das Klosett nicht im Inneren einer der beiden Wohnungen liegt.

Die Einwände der Vermieter eignen sich nicht, diese durch das Gesetz gebotene Auslegung zu erschüttern. Das Gesetz stellt für die Unterlassung der vom Mieter übernommenen Standardanhebung keine Sanktion auf, obgleich der Zweck des § 5 Abs 2 MRG in der Standardanhebung liegt. Der Vermieter kann im Mietvertrag den Vertragsbruch des Mieters als Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG vorsehen ( Würth Zingher , MRG², 31, Anm 6 zu § 5 MRG) oder die Einhaltung der Verpflichtung des Mieters im Rechtsweg erzwingen. Es obliegt dann der Mieterin, zur Abwendung auch eines Schadenersatzanspruchs der Vermieter nachzuweisen, dass ohne ihr Verschulden die Verzögerung in der bautechnischen Umgestaltung der von ihr angemieteten Wohnungen zu einer zusammengelegten vergrößerten Wohnung der Ausstattungskategorie C mit Wasserentnahmestelle und Klosett im Inneren eintrat und nicht vermieden werden konnte.

Die Vereinbarung, dass ohne Rücksicht auf die tatsächliche Vornahme der Umgestaltung und das Erreichen des Zustands der Kategorie C der Hauptmietzins schon in der nach § 16 Abs 2 Z 3 MRG errechneten Höhe zu entrichten ist, bleibt aber bis zur Fertigstellung der Umbauarbeiten und der erst dann eröffneten Möglichkeit der Naturmaßfeststellung der vergrößerten Wohnung insoweit unzulässig, als die gesetzliche Obergrenze nach § 16 Abs 2 Z 4 MRG überschritten ist.

Die Sachentscheidung der zweiten Instanz ist daher zu bestätigen.

Rechtssätze
4