JudikaturJustiz5Ob56/22d

5Ob56/22d – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Dezember 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun-Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin R* eGen, *, wegen Eintragung eines Pfandrechts in den EZ * je der KG * sowie in der EZ * KG *, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 19. Jänner 2022, AZ 4 R 230/21d, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 8. Oktober 2021, TZ 17470/2021, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

[1] Gegenstand des Verfahrens ist die Verbücherung von Pfandrechten an mehreren Liegenschaften und Liegenschaftsanteilen, die deren Eigentümer der Antragstellerin mit Pfandurkunde vom 10. 6. 2020 zur Sicherstellung von Forderungen an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten bis zum Höchstbetrag von 940.000 EUR eingeräumt hat.

[2] Mit Beschluss vom 1. 10. 2020, TZ 13546/2020, bewilligte das Erstgericht ob der verpfändeten Liegenschaften und Liegenschaftsanteile (teils mit der Bedingung des § 53 GBG) die Anmerkung der Rangordnung für ein Pfandrecht im Höchstbetrag von 940.000 EUR bis einschließlich 1. 10. 2021.

[3] Mit ERV-Antrag vom 1. 10. 2021, TZ 17470/2021, begehrte die Antragstellerin unter Vorlage der Pfandurkunde vom 10. 6. 2020 sowie des Rangordnungsbeschlusses vom 1. 10. 2020 die Eintragung eines Simultanpfandrechts in den verpfändeten Einlagen jeweils im Rang der Anmerkung der Rangordnung. Zugleich gab sie bekannt, dass das Original des Rangordnungsbeschlusses auf dem Postweg nachgereicht werde. Das Original des Rangordnungsbeschlusses langte am 5. 10. 2021 beim Erstgericht ein.

[4] Das Erstgericht bewilligte der Antragstellerin die Einverleibung des Pfandrechts im Höchstbetrag von 940.000 EUR jeweils im laufenden Rang. Das Mehrbegehren auf Einverleibung des Pfandrechts in den Rängen der Rangordnungsanmerkung wies es ab.

[5] Gemäß § 10 Abs 1a ERV 2006 sei zur Ausnützung der Rangordnung der Rangordnungsbeschluss im Original längstens binnen einer Woche nach Überreichung des Gesuchs, jedenfalls aber innerhalb der Frist des § 55 GBG nachzureichen. Der Antrag auf Einverleibung des Simultanpfandrechts sei zwar am 1. 10. 2021 im elektronischen Rechtsverkehr eingebracht worden, der Rangordnungsbeschluss sei aber erst am 5. 10. 2021, nach Ablauf der Jahresfrist des § 55 GBG, eingelangt. Die Vorlage des Rangordnungsbeschlusses sei daher verspätet.

[6] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

[7] Nach § 55 GBG verliere die Anmerkung der Rangordnung ihre Wirksamkeit mit Ablauf eines Jahres nach ihrer Bewilligung. Dies sei im Beschluss unter Angabe des Kalendertags, an dem die Frist ende, auszusprechen. Eine Verlängerung der Frist des § 55 Abs 1 GBG sei unzulässig. Die Frist werde jedoch, wenn sie sonst an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag endete, dahin verlängert, dass sie den nächsten Werktag einschließe. Gemäß § 56 Abs 1 GBG sei das Gesuch um Eintragung des Rechts oder der Löschung, für die die Rangordnung angemerkt worden sei, unter Vorlage der Ausfertigung des die Anmerkung bewilligenden Beschlusses innerhalb der in § 55 GBG festgesetzten Frist anzubringen. Werde über dieses Gesuch die Einverleibung oder Vormerkung bewilligt, so komme der Eintragung die angemerkte Rangordnung zu. Eine innerhalb der Frist nicht ausgenützte Ranganmerkung verliere ihre Wirksamkeit. Werde das Gesuch um Eintragung des Rechts im Rang der angemerkten Rangordnung nicht fristgerecht bei Gericht eingebracht oder die Einverleibung oder Vormerkung im Rang der Ranganmerkung nicht ausdrücklich beantragt, sei die Eintragung des Rechts nur im laufenden Rang zu bewilligen. Zur Wahrung des Legitimationseffekts bedürfe es der Vorlage der gemäß § 54 GBG einzigen Ausfertigung des Rangordnungsbeschlusses; die Vorlage von Kopien oder auch beglaubigter Abschriften sei unzulässig.

[8] Die Verordnung des Bundesministers für Justiz über den Elektronischen Rechtsverkehr (ERV 2006), BGBl II Nr.481/2005 in der zuletzt geltenden Fassung, sei zwar gemäß § 14 Abs 2 der Verordnung der Bundesministerin für Justiz über den elektronischen Rechtsverkehr (ERV 2021), BGBl II Nr. 587/2021, mit Ablauf des 23. 12. 2021 aufgehoben worden. Mangels gegenteiliger Übergangsvorschriften der ERV 2021 sei diese aber auf den vorliegenden, vor ihrer Aufhebung abgeschlossenen Sachverhalt weiterhin anzuwenden. Die zentrale Norm über den ERV im Grundbuchsverfahren sei ihr § 10. Obwohl in dessen Abs 1 nur davon die Rede sei, dass Eingaben und Beilagen in Grundbuchsachen elektronisch eingebracht werden können, bestehe für die in § 89c Abs 5 GOG genannten Personen (insbesondere Rechtsanwälte, Notare, Banken, Versicherungen und Sozialversicherungsträger) nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten auch in Grundbuchsverfahren eine gesetzliche Verpflichtung zur Verwendung des ERV.

[9] Für die Übermittlung eines Gesuchs zur Ausnützung der Rangordnung nach § 53 GBG sehe § 10 Abs 1a ERV 2006 eine besondere Vorgangsweise vor. In diesen Fällen sei die einzige Ausfertigung des Rangordnungsbeschlusses in Papierform längstens binnen einer Woche, jedenfalls aber innerhalb der Frist des § 55 GBG (einlangend bei Gericht) nachzureichen. Dies solle zum Ausdruck bringen, dass der Rangordnungsbeschluss jedenfalls innerhalb der in § 55 GBG normierten Jahresfrist für die Wirksamkeit der Anmerkung der Rangordnung bei Gericht einlangen müsse, möge auch die Wochenfrist für die Nachreichung erst später ablaufen. Werde ein Grundbuchsgesuch, dem ein Rangordnungsbeschluss anzuschließen wäre, elektronisch eingebracht, müsse dieser jedenfalls innerhalb der einjährigen Frist nach § 55 GBG und außerdem spätestens eine Woche nach der elektronischen Eingabe bei Gericht einlangen.

[10] § 10 Abs 1a ERV 2006 sei nicht gesetzwidrig. Da die Wirksamkeit der Anmerkung der Rangordnung kraft § 55 GBG (spätestens) mit Ablauf eines Jahres nach ihrer Bewilligung ende (es sei denn, der letzte Tag fiele auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag) und gemäß § 56 Abs 1 GBG das Gesuch zur Ausnützung der Rangordnung unter Vorlage der (einzigen) Ausfertigung des die Anmerkung bewilligenden Beschlusses innerhalb der in § 55 GBG festgesetzten Frist anzubringen sei, entspreche dessen Anordnung, dass der Rangordnungsbeschluss im Papieroriginal jedenfalls innerhalb der Frist des § 55 GBG (einlangend bei Gericht) nachzureichen sei, der gesetzlichen Vorgabe. Eine Gesetzwidrigkeit läge vielmehr dann vor, wenn § 10 Abs 1a ERV die Möglichkeit eröffnete, das Original des Rangordnungsbeschlusses noch nach Ablauf der Jahresfrist vorzulegen.

[11] Die Rekurswerberin könne sich auch nicht mit Erfolg auf die §§ 81, 88 GBG berufen. Aus § 81 GBG ergebe sich keine Erstreckung der Frist des § 55 GBG für die Vorlage des Rangordnungsbeschlusses. Dieser gehöre nach der Rechtsprechung nicht zu den Urkunden, deren Original iSd § 88 GBG nachgebracht werden könnten.

[12] Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil der Oberste Gerichtshof noch nicht dazu Stellung genommen habe, ob § 10 Abs 1a ERV 2006 für die gemäß § 89c Abs 5 GOG auf den ERV verwiesenen Personen eine gesetzwidrige Verkürzung der Frist für die Ausnützung einer Rangordnung zur Folge habe. Da sich die hier maßgebliche Rechtslage nicht geändert habe – § 11 Abs 3 Satz 2 ERV 2021 entspreche § 10 Abs 1a ERV 2006 – komme dieser Frage auch in Zukunft Bedeutung zu.

[13] Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin. Sie beantragt, die Entscheidungen der Vorinstanzen abzuändern und die Einverleibung des Pfandrechts in den Rängen der Rangordnungsanmerkung zu bewilligen.

[14] Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

[15] Der erkennende Senat teilt die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts. Der Revisionsrekurs enthält keine stichhältigen Gegenargumente. In Anwendung der Begründungserleichterung in § 126 Abs 3 GBG kann sich die Erledigung des Revisionsrekurses daher auf kurze Zusatzbemerkungen beschränken (RIS-Justiz RS0117692).

[16] 1. Nach § 55 GBG verliert die Anmerkung der Rangordnung mit Ablauf eines Jahres nach ihrer Bewilligung ihre Wirksamkeit. Das Gesuch um Eintragung des Rechts oder der Löschung, für die die Rangordnung angemerkt worden ist, ist nach § 56 Abs 1 Satz 1 GBG unter Vorlage der Ausfertigung des die Anmerkung bewilligenden Beschlusses innerhalb dieser in § 55 GBG festgesetzten Frist anzubringen.

[17] 2. Für das Ausnützen einer Anmerkung der Rangordnung gilt die Regelung des § 81 Abs 2 GBG, wonach in Grundbuchsachen bei der Berechnung von Fristen die Tage, während deren sich eine bei dem Grundbuchsgericht zu überreichende Schrift auf der Post befindet, nicht abgerechnet werden dürfen. Das Gesuch (samt Rangordnungsbeschluss) muss daher vor dem Ende der Frist des § 55 GBG beim Grundbuchsgericht einlangen (so implizit schon 5 Ob 67/15m; Kodek in Kodek , Grundbuchsrecht 2 § 81 GBG Rz 6; Rassi , Grundbuchsrecht 3 Rz 5.47). Der Beschluss über die Anmerkung der Rangordnung nach § 53 GBG gehört nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auch nicht zu den Urkunden, deren Original iSd § 88 GBG rangwahrend nachgebracht werden könnte (RS0060874 [T1]).

[18] 3. Die Anordnung des § 10 Abs 1a ERV 2006 (sowie des insoweit gleichlautenden § 11 Abs 3 Satz 2 ERV 2021), dass der Rangordnungsbeschluss im Papieroriginal längstens binnen einer Woche, jedenfalls aber innerhalb der Frist des § 55 GBG (einlangend bei Gericht) nachzureichen ist, entspricht den gesetzlichen Vorgaben des § 56 Abs 1 GBG iVm § 81 Abs 2 GBG. Dies bedeutet – entgegen der Auffassung der Revisionsrekurswerberin – keine Ungleichbehandlung der gemäß § 89c Abs 5 GOG zur Teilnahme am ERV verpflichteten Personengruppen und Institutionen. Die in § 55 GBG vorgesehene Jahresfrist wird nicht um die Zeit des Postlaufs für das Nachreichen des Papieroriginals verkürzt, zumal diese Tage auch im Fall einer Eingabe außerhalb des ERV zählen und nicht abzurechnen sind.

[19] 4. Die Wirksamkeit des hier vorgelegten Rangordnungsbeschlusses endete am 1. 10. 2021. Das Original des Rangordnungsbeschlusses langte am 5. 10. 2021, also nach dem Ende der Frist des § 55 GBG, beim Erstgericht ein. Der Revisionsrekurs ist daher nicht berechtigt.