JudikaturJustiz5Ob52/08w

5Ob52/08w – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. April 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Andreas Ladstätter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. Dezember 2007, AZ 47 R 590/07y, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 17. August 2007, TZ 3549/07, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, dass sie lauten:

„Ob den ***** Anteilen der Liegenschaft EZ ***** GB *****, mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung *****, Stiege *****, verbunden ist, wird aufgrund des Kaufvertrags vom 7. 8. 2007 und nach der Selbstberechnungserklärung vom 9. 8. 2007 die Einverleibung des Eigentumsrechts der M***** GmbH, *****, bewilligt.

Davon werden verständigt:

1) Dr. Andreas L***** unter Anschluss der Beilagen ./A und ./B im Original

2) M***** GmbH, *****

3) Barbara W*****, geboren am *****

4) Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern Wien

5) MA 69, Liegenschaftsmanagement, Lerchenfelderstraße 4, 1080 Wien."

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist eine zu FN ***** beim Handelsgericht Wien eingetragene GmbH mit Sitz in Wien. Einzige Gesellschafterin ist eine zu FN ***** beim Handelsgericht Wien eingetragene GmbH mit Sitz in Wien.

In Punkt VIII des Kaufvertrags vom 7. 8. 2007 gab die Antragstellerin als Käuferin von Miteigentumsanteilen an einer Liegenschaft in Wien folgende Inländererklärung ab:

„An der Käuferseite sind ausschließlich österreichische Kapitalgesellschaften im Inland beteiligt. Aus diesem Grund bedarf dieser Kaufvertrag nicht der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung nach dem WrAuslGEG. Die Geschäftsführung der M***** GmbH erklärt daher an Eides statt, dass ihre Gesellschafter ausschließlich im Inland ansässige und im Inland eingetragene österreichische Kapitalgesellschaften sind."

Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch der Antragstellerin auf Einverleibung ihres Eigentumsrechts ab, weil die in § 5 Abs 3 WrAuslGEG geforderte Erklärung, dass an der Gesellschaft mehrheitlich Ausländer nicht beteiligt seien, fehle.

Das von der Antragstellerin angerufene Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. § 2 WrAuslGEG definiere als Ausländer unter anderem juristische Personen mit satzungsgemäßem Sitz im Ausland (Z 2) sowie juristische Personen mit satzungsgemäßem Sitz im Inland, an denen Ausländer (natürliche Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft oder juristische Personen mit satzungsgemäßem Sitz im Ausland) überwiegend beteiligt seien (Z 3). Die Einstufung einer juristischen Person als Ausländer sei auch dann gerechtfertigt, wenn zwar an einer inländischen juristischen Person ebenfalls eine rechtsfähige Gesellschaft mit Sitz im Inland beteiligt sei, an letzterer aber Ausländer im Sinn des § 2 Z 1 oder 2 des WrAuslGEG beteiligt seien (hier: der in Russland wohnende einzige Gesellschafter). Jede andere Auslegung verstoße gegen den Sinn des genannten Gesetzes und erleichtere die Umgehung des Gesetzes etwa durch Gründung zweier Einmanngesellschaften.

Die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht mit fehlender höchstgerichtlicher Judikatur zur Frage der Umgehung des WrAuslGEG bei derartigen Konstruktionen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist aus dem vom Rekursgericht angegebenen Grund zulässig; er ist auch berechtigt.

Nach § 1 WrAuslGEG in der geltenden Fassung ist der Erwerb unter anderem des Eigentums (Miteigentums) an bebauten und unbebauten Grundstücken durch Ausländer genehmigungspflichtig.

§ 2 des WrAuslGEG in der anzuwendenden Fassung definiert als Ausländer im Sinn des zitierten Gesetzes unter anderem:

1. Natürliche Personen, welche die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen;

2. Juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die ihren satzungsgemäßen Sitz im Ausland haben;

3. Juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften mit dem satzungsgemäßen Sitz im Inland, an denen Ausländer im Sinne der Z 1 oder 2 überwiegend beteiligt sind.

Die Erwerber sind nach § 5 Abs 3 Satz 1 WrAuslGEG verpflichtet, ihre Staatsangehörigkeit nachzuweisen. Ist der Erwerber aber - wie hier - eine juristische Person, genügt nach § 5 Abs 3 Satz 2 leg cit eine verbindliche Erklärung der statutengemäß zur Vertretung nach außen berufenen Organe (hier: Geschäftsführerin) darüber, ob und in welchem Ausmaß Ausländer im Sinn des § 2 Z 1 oder 2 an der juristischen Person beteiligt sind. Liegt eine derartige Erklärung vor, ist eine Negativbestätigung der Ausländergrundverkehrsbehörde (§ 5 Abs 1 und Abs 4 leg cit) nicht erforderlich (5 Ob 316/00g).

Die aktuellen Bestimmungen des § 2 Z 1 bis 3 leg cit haben die entsprechende Regelungen des WrAuslGEG 1967 (LGBl 1967/33) nahezu unverändert übernommen. Nach wie vor wird bei der Ausländereigenschaft im Sinn des § 2 Z 3 WrAuslGEG nach dem Gesetzeswortlaut ausschließlich auf die (überwiegende) Beteiligung von Ausländern im Sinn der Z 1 oder 2 an einer juristischen Person mit Sitz im Inland abgestellt. Unbeachtlich ist hingegen nach dem Gesetzeswortlaut, ob bei „Schachtelkonstruktionen" die nachfolgenden inländischen Gesellschaften von an diesen beteiligten Ausländern kontrolliert werden.

Eine im Vergleich zum WrAuslGEG weitere Interpretation des Begriffs „Ausländer" erlaubt schon nach dem Wortlaut das Tiroler GVG 1996 in § 2 Abs 5 lit b. Danach ist ein Rechtserwerb durch juristische Personen relevant, die ihren Sitz im Ausland haben oder deren Gesellschaftskapital bzw Anteil am Vermögen (wie Aktien, Stammeinlagen und ähnliche Rechte) sich mindestens zur Hälfte im ausländischen Besitz befinden. Nach dieser Umschreibung zum ausländischen Besitz ist auch der Anteil ausländischen Vermögens an Schachtelgesellschaften maßgeblich. Eine inländische Gesellschaft, deren einzige Gesellschafterin ebenfalls eine in Österreich ansässige GmbH war, ist nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs zu § 1 Abs 1 Z 2 lit b des Tiroler GVG 1983, der noch einen überwiegenden ausländischen Besitz forderte, als Ausländer zu behandeln, wenn an ihrer Gesellschafterin überwiegend ausländische Gesellschaften beteiligt sind (VfGH vom 27. 9. 1986, VfSlg 10.993). Im Gegensatz dazu berücksichtigt das WrAuslGEG bei mehrstöckigen Konstruktionen lediglich Anteilsinhaber mit ausländischer Staatsbürgerschaft oder Gesellschaften mit Sitz im Ausland als Ausländer ( Schneider , Handbuch österr. Grundverkehrsrecht [1996] 280; ders, Österr. Grundverkehrsrecht [2005] Anm 3 zu § 2 WrAuslGEG).

Sämtliche Landesgesetze stimmen darin überein, dass die Ausländereigenschaft sowohl nach der Sitz- und Inkorporationstheorie als auch - um die Umgehung des Ausländergrundverkehrsrechts durch die Gründung von durch Ausländer kontrollierte Gesellschaften mit Sitz im Inland zu verhindern - nach der Kontrolltheorie bestimmt wird ( Schneider , Handbuch aaO 278 mwN). Divergenzen bestehen aber bei dem legistisch festgelegten Ausmaß des Einflusses der Kontrolltheorie.

Hier ist fraglich, ob der telos des § 2 Z 3 WrAuslGEG (Verhinderung von Umgehung des Ausländergrundverkehrsrechts: siehe die bei Fischer ua, Die Grundverkehrsgesetze der österreichischen Bundesländer zu § 2 WrAuslGEG 1967 wiedergegebenen Materialien) eine extensive Auslegung durch die Einbeziehung jeglicher mittelbaren Beteiligung von Ausländern rechtfertigt, insbesondere bis zu welcher Grenze bei „Verschachtelung" die Ausländerbeteiligung noch maßgeblich ist ( Schneider , Handbuch aaO 280 FN 15):

Der Wiener Landesgesetzgeber hat bei der Novellierung des Ausländergrunderwerbsgesetzes die in § 2 Z 3 WrAuslGEG 1967 enthaltene Definition von Ausländern nicht weiter gefasst. Nach wie vor wird nur formal auf die Ausländereigenschaft in der „ersten Beteiligungsstufe" abgestellt. Begnügt sich der Gesetzgeber bei der Novellierung von Ausländergrunderwerbsgesetzen trotz des bereits erwähnten Gesetzeszwecks mit einer im Vergleich zu anderen Landesgesetzen engeren Definition der Ausländereigenschaft, können auf rechtspolitisch vielleicht wünschenswerte Ergebnisse gestützte Überlegungen die vom Rekursgericht befürwortete extensive Auslegung des § 2 Z 3 WrAuslGEG nicht rechtfertigen (RIS Justiz RS0008866 [T6, T8, T10 u T13]; RIS Justiz RS0008768).

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen stehen somit der Bewilligung des Grundbuchsgesuchs die Bestimmungen des WrAuslGEG nicht entgegen.

Rechtssätze
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