JudikaturJustiz5Ob40/16t

5Ob40/16t – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. August 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** H*****, vertreten durch Dr. Christof Joham, Mag. Andreas Voggenberger, Rechtsanwälte in Eugendorf, gegen die beklagte Partei A ***** GmbH, *****, vertreten durch die Karre Rechtsanwalts GmbH in Kaprun, und des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei W***** A*****, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 1.) 16.543,42 EUR sA, 2.) Feststellung (Streitwert 36.000 EUR), über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 21. Jänner 2016, GZ 4 R 140/15h 18, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Mit ihren jeweiligen Ausführungen machen die Revisionswerber keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Die Beurteilung einer Pflichtverletzung ist jeweils im Einzelfall (unter Berücksichtigung der dem Makler erkennbaren Interessen des Auftraggebers) vorzunehmen (RIS Justiz RS0109996 [T9], zuletzt 1 Ob 192/15i). Hier haben die Vorinstanzen eine Verletzung der Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten und damit die Haftung der beklagten Immobilienmaklerin dem Grunde nach zumindest vertretbar verneint. Im Einzelnen:

1. Der Immobilienmakler ist Sachverständiger im Sinn des § 1299 ABGB und hat den Auftraggeber jedenfalls über sämtliche Umstände zu unterrichten, die für die Beurteilung des zu vermittelnden Geschäfts wesentlich sind (vgl RIS Justiz RS0109996). Die Aufklärung über Risken befreit – wie jeden anderen Fachmann – auch den Immobilienmakler von der Haftung, sodass der Immobilienmakler nur deutlich machen muss, dass nicht geprüft wurde und insofern ein Risiko besteht (4 Ob 8/02h). Die Verletzung von Aufklärungspflichten macht den Immobilienmakler gegenüber seinem Auftraggeber nach den allgemeinen Grundsätzen des ABGB ex contractu schadenersatzpflichtig (vgl RIS Justiz RS0116638).

2. Der Immobilienmakler hat (zumindest) Verbraucher darüber aufzuklären, ob der Nutzung der Gebäude zu Wohnzwecken keine rechtlichen, möglicherweise gar nicht behebbare Hindernisse entgegenstehen, die erforderlichen baubehördlichen Bewilligungen also vorliegen (4 Ob 8/02h = RIS Justiz RS0116465 und RS0109996 [T5]).

3. Dass die Beklagte den Kläger über das Fehlen einer Baubewilligung (und Benützungsbewilligung) für das Kaufobjekt tatsächlich nicht aufgeklärt hat, im Falle entsprechender Kenntnis aber grundsätzlich aufklären hätte müssen, ist hier nicht (mehr) strittig. Die Kläger behaupten vielmehr die Verletzung der die Beklagte als Maklerin treffenden Nachforschungspflicht. Eine besondere Nachforschungspflicht des Maklers besteht jedoch nicht. Wenn für ihn keine Veranlassung besteht, an der Richtigkeit einer Information zu zweifeln, darf er sie weitergeben und ist zu Nachforschungen und Prüfung der Wahrheit der ihm zugekommenen Informationen nicht verpflichtet (vgl RIS Justiz RS0112587, RS0112586).

4. Die Beurteilung einer Pflichtverletzung ist jeweils im Einzelfall (unter Berücksichtigung der dem Makler erkennbaren Interessen des Auftraggebers) vorzunehmen (RIS Justiz RS0109996 [T9], zuletzt 1 Ob 192/15i). Aufgrund eben dieser konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls haben die Vorinstanzen eine Nachforschungspflicht der Beklagten (und damit eine schuldhafte Verletzung ihre nebenvertraglichen Aufklärungs- und Beratungspflicht) verneint und dies überzeugend begründet. Jedenfalls vermögen die Revisionswerber in ihren außerordentlichen Rechtsmitteln keine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts aufzuzeigen.

Der Sachverständige verweist zudem auf das von ihm selbst erstellte Gutachten gemäß § 6 Abs 2 WEG über das Bestehen von (ua) 4 Wohnungen, also auch über das Bestehen der Wohnung Top 1. Dieses dem Parifizierungsgutachten angeschlossene Gutachten gemäß § 6 Abs 2 WEG stützt der Nebenintervenient ausdrücklich auf die „baubehördlich genehmigten Pläne und Bescheide“. In § 6 Abs 2 WEG ist auch ausdrücklich geregelt, dass die Bescheinigung oder das Gutachten schon [im gegebenen Kontext: nur] aufgrund der behördlich bewilligten Baupläne ausgestellt werden darf.

Wenn die Vorinstanzen unter diesen Umständen (zur Verwertbarkeit der gesamten als Urkundenbeweis vorgelegten Parifizierungsgutachtens vgl RIS Justiz RS0121557) eine Verletzung der Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten und damit die Haftung der beklagten Immobilienmaklerin dem Grunde nach verneinten, dann liegt darin keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dieses Einzelfalls.

Rechtssätze
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