JudikaturJustiz5Ob282/97z

5Ob282/97z – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. September 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann, Dr.Adamovic, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Josefa D*****, vertreten durch Dr.Roland Resch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechtes sowie Löschung von Anmerkungen ob der Liegenschaft EZ ***** infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. April 1997, 46 R 256/97f, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 17.Dezember 1996, zu TZ 7570/96, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der Beschluß des Erstgerichtes, soweit er nicht ohnehin bereits in Rechtskraft erwachsen ist, wiederhergestellt.

Hievon werden verständigt:

1.) Berta U*****;

2.) Josefa D*****, mit Originalbeilagen A bis D, 1 und 3;

3.) Leopold H*****

4.) Stadt Wien, MA 40 ZLE;

5.) Finanzamt für den 9., 18. und 19.Bezirk, Nußdorferstraße 90, 1093 Wien.

Der Vollzug dieses Beschlusses obliegt dem Erstgericht.

Text

Begründung:

Zu TZ 1628/1996 erwirkte Leopold H***** auf Grund eines Übergabsvertrages, den er am 2.5.1991 mit der vormaligen Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft (Berta U*****) abgeschlossen hatte, die Vormerkung seines Eigentums unter BLNR 1 lit i der EZ *****. Zu TZ 7186/1996 (BLNR 1 lit j) erfolgte dann die Rechtfertigung dieser Eintragung.

Zu TZ 7335/1995 (unter BLNR 1 lit h) war, als das Eigentumsrecht für Leopold H***** vorgemerkt wurde, die Rangordnung für die Veräußerung der Liegenschaft bis 18.12.1996 angemerkt. Unter Vorlage dieses Rangordnungsanmerkungsbeschlusses sowie eines am 20.9.1996 mit Berta U***** abgeschlossenen Kaufvertrages (und weiterer Urkunden, die für das zu behandelnde Rechtsproblem nicht von Interesse sind) begehrte die Antragstellerin am 16.12.1996 u.a. die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft im angemerkten Rang TZ 7335/1995 sowie die Löschung von Zwischeneintragungen, darunter die Löschung des Eigentumsrechtes des Leopold H*****.

Das Erstgericht bewilligte dieses Eintragungsgesuch; das von Leopold H***** angerufene Rekursgericht wies das Eintragungsbegehren (mit Ausnahme einiger rechtskräftig gewordener Löschungen) mit folgender Begründung ab:

Auszugehen sei davon, daß die bloße Anmerkung der Rangordnung noch kein bestimmtes Recht begründe; vielmehr zähle der Rechtserwerb als solcher erst ab dem Zeitpunkt der Einbringung des Gesuchs um Einverleibung des Eigentumsrechtes. Alle gesetzlich damit verbundenen Wirkungen träten erst in diesem Augenblick ein. Die mit dem Eigentumsrecht verbundenen Vorteile und Verpflichtungen würden erst damit erworben und gälten nicht etwa mit Wirkung von der Einbringung des Rangordnungsgesuches an als auf den neuen Eigentümer übergegangen. Der Rangordnungsbescheid könne demnach noch nicht als ein Recht im Verkehrssinn bezeichnet werden. Vielmehr gebe die Rangordnungsanmerkung nur die Anwartschaft auf einen besitmmten Rang für eine erst einzuverleibende oder vorzumerkende Eintragung, schaffe daher keineswegs das Recht selbst. Sie bewirke nicht ein rückwirkendes Entstehen des Rechts, das mit der Rangordnung gesichert werden sollte. Im Gegensatz zur Einverleibung eines Rechts, wodurch bereits ein dingliches Recht entstehe, gebe die Rangordnung für die Veräußerung nur die Möglichkeit zur künftigen Schaffung eines Eigentumsrechtes (OGH RPflSlgG 134).

Die Vormerkung des Eigentumsrechtes dagegen habe bereits dingliche Wirkung, weil mit ihr ein konkretes bücherliches Recht bereits in Erscheinung trete. Bei der Vormerkung handle es sich um einen bedingten Rechtserwerb; der Unterschied zur Einverleibung bestehe nur darin, daß die Vormerkung einer Rechtfertigung bedürfe. Werde diese nachgeholt, sei die Sachlage nicht anders zu betrachten als wenn bereits von Haus aus die Einverleibung bewilligt worden wäre, da die Rechtfertigung ex tunc wirke (RPflSlgG 134).

Bei Abschluß des Kaufvertrages Beilage ./A (20.9.1996) sei das Eigentumsrecht des Rekurswerbers bereits bücherlich vorgemerkt gewesen (Vormerkung vom 2.4.1996, TZ 1628/96). Auf Grund der sodann erfolgten Rechtfertigung des Eigentumsrechtes (TZ 7186/1996) sei Leopold H*****, da diese Rechtfertigung auf die Vormerkung zurückwirke, seit 15.3.1996 (dem Tag des Einlangens des Vormerkungsgesuchs) bücherlicher Eigentümer der Liegenschaft. Da es sich beim Kauf aber um einen derivativen Rechtserwerb handle und die Verkäuferin zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht mehr Eigentümerin der Liegenschaft gewesen sei, habe sie dieses Eigentumsrecht auf die Antragstellerin nicht wirksam übertragen können. Der (von der Antragstellerin) vorgelegte Kaufvertrag Beilage A sei damit kein geeigneter Titel für den Erwerb des Eigentumsrechtes. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die beantragte Einverleibung des Eigentumsrechtes auf Grund einer Rangordnung beantragt wird, die dem einverleibten Eigentumsrecht des Rekurswerbers vorgeht, weil die Anmerkung der Rangordnung nur die Sicherung des Grundbuchsstandes zugunsten des künftigen Erwerbers bezwecke, nicht aber die Pflicht des Gerichts aufhebe, den Antrag auf Einverleibung im Rang der Anmerkung nach § 75 GBG zu prüfen (EvBl 1965/412, 610; SZ 35/64). Die Verbücherung eines Kaufvertrages im Rang einer früheren Ranganmerkung sei somit ausgeschlossen, wenn sich Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit des Verkäufers im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages ergeben (SZ 21/22; 27/53; 38/75; vgl auch Feil, GBG2, Rz 2 zu § 56 sowie Rz 10 zu § 53).

Gemäß § 94 Abs 1 GBG habe das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und dürfe eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn u.a. keine begründeten Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand, den die Eintragung betrifft, bestehen (Z 2) und das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (Z 3). Im vorliegenden Fall ergebe sich aber aus dem vorgelegten Kaufvertrag, daß die Verkäuferin zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht mehr bücherliche Eigentümerin der Liegenschaft gewesen sei, sodaß dieser Kaufvertrag keinen wirksamen Titel zur Einverleibung des beantragten Eigentumsrechtes und somit auch nicht zur Durchführung der beantragten Löschungen nach § 57 GBG darstelle (vgl auch EvBl 1963/76; 1965/412; RPflSlgG 923). Hieran könne auch der Umstand nichts ändern, daß im Kaufvertrag vom 20.9.1996 ausdrücklich festgehalten wurde, Leopold H***** habe die Unterschrift der Verkäuferin unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erschlichen, sodaß die Vormerkung seines Eigentumsrechtes "rechtswidrig und gegenstandslos" sei.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß im Hinblick auf die zitierte Judikatur keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 14 Abs 1 AußStrG vorliege.

Die Antragstellerin hat diesen Beschluß fristgerecht mit außerordentlichem Revisionsrekurs angefochten. Sie meint, die Rechtsansicht der zweiten Instanz sei mit der Regelung des § 440 ABGB und dem Wesen einer Rangordnungsanmerkung unvereinbar. Maßgeblich sei allein, wer für die Einverleibung des Eigentumsrechts den besseren Rang beanspruchen könne; auf den Zeitpunkt des bücherlichen Rechtsübergangs komme es nicht an. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die Eintragung des Eigentumsrechtes der Antragstellerin im Rang TZ 7335/95 sowie die Löschung aller nachrangigen Eintragungen gemäß § 57 GBG zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht die Wirkung einer Rangordnungsanmerkung (wie sie sich insbesondere aus § 56 Abs 2 GBG ergibt) verkannte, und erweist sich eben deshalb auch als berechtigt.

Gemäß § 56 Abs 2 GBG kann die Eintragung (insbesondere des Eigentumsrechtes) im angemerkten Rang selbst dann bewilligt werden, wenn die Liegenschaft nach dem Einschreiten um die Anmerkung der Rangordnung an einen Dritten übertragen worden wäre. Das gilt auch dann, wenn die Urkunde, mit der der Eintragungswerber gemäß § 26 GBG seinen Eigentumsverschaffungsanspruch belegt, vom früheren Eigentümer unterfertigt wurde (vgl Dittrich/Angst/Auer, Grundbuchsrecht4, Anm 3 zu § 56 GBG). Bedenken iSd § 94 Abs 1 Z 2 GBG gegen die persönliche Fähigkeit des früheren Eigentümers zur Verfügung über die Liegenschaft können sich bei dieser Rechtslage gar nicht stellen. Die Regelung des § 56 Abs 2 GBG durchbricht nämlich das in § 21 GBG verankerte Prinzip des bücherlichen Vormanns (vgl Spielbüchler in Rummel2, Rz 4 zu § 440 ABGB; Welser, Posterior tempore, potior iure!, NZ 1994, 73).

Bezogen auf die Regelung des § 440 ABGB, wonach im Fall der Doppelveräußerung einer Liegenschaft demjenigen das Eigentum zufällt, der früher um die Einverleibung angesucht hat, bedeutet dies, daß derjenige Eigentum erwirbt, der dem anderen im Rang seiner Eigentumseinverleibung zuvorkommt (vgl Hoyer, Gilt § 440 ABGB noch?

Oder: Was leistet das Grundbuchs- verfahren für das materielle Recht?, JBl 1994, 645 [648 f]). Im gegenständlichen Fall war dies die Antragstellerin, weil sie den zu TZ 7335/1995 angemerkten Rang für die Veräußerung ausnützen konnte. Ihrem Eintragungs- und Löschungsbegehren (dem sich - ohne daß dies näher auszuführen wäre: § 95 Abs 3 GBG iVm § 126 Abs 3 GBG - keine sonstigen Hindernisse entgegenstellten) war daher stattzugeben. Da schon das Erstgericht in diesem Sinn entschieden hatte, konnte dies durch eine Wiederherstellung seines Beschlusses geschehen.