JudikaturJustiz5Ob248/12z

5Ob248/12z – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. März 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Erlagssache der Erlegerin A***** H*****, derzeit unbekannten Aufenthalts, vertreten durch Dr. Thomas Herzog, Rechtsanwalt in Vöcklabruck als Zustellkurator, gegen den Erlagsgegner B***** Z*****, wegen Ausfolgung eines Gerichtserlags, über den Revisionsrekurs der Erlegerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 1. August 2012, GZ 23 R 68/12g 23, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses des Landesgerichts Wels vom 19. September 2012, GZ 23 R 68/12g 25, womit infolge Rekurses der Erlegerin der Beschluss des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 25. April 2012, GZ 12 Nc 7/12t 18, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs der Erlegerin wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Sowohl die Erlegerin als auch der Erlagsgegner haben jeweils die Ausfolgung eines gemäß § 1425 ABGB vom Erstgericht bereits mit Beschluss vom 16. 3. 1992 angenommenen Gerichtserlags in Höhe von derzeit 2.156,40 EUR beantragt.

Das Erstgericht wies den Antrag der Erlegerin zurück und verfügte die Ausfolgung des Erlagsbetrags an den Antragsgegner.

Das Rekursgericht gab dem dagegen von der Erlegerin erhobenen Rekurs teilweise Folge und wies das Begehren sowohl der Erlegerin als auch des Erlagsgegners auf Ausfolgung des Betrags ab.

Der rekursgerichtliche Beschluss enthält im Spruch den Ausspruch „Die ordentliche Revision ist nicht zulässig“, im letzten Absatz der Entscheidungsgründe jedoch eine ausführliche Begründung der Zulassung eines Revisionsrekurses wie folgt:

„Gemäß § 62 Abs 1 AußStrG war ein weiterer Rechtszug zuzulassen, weil zu einer Fallkonstellation wie der vorliegenden Erlag eines auf eine bestrittene Konkursforderung entfallenden Geldbetrages vor Einleitung des Prüfungsprozesses nicht beim Konkursgericht, sondern nach § 1425 ABGB beim Außerstreitgericht, Versäumung der Frist für die Prüfungsklage; widerstreitende Ausfolgungsanträge des Erlegers und des Erlagsgegners; Notwendigkeit einer Klage auf Zustimmung zur (Rück )Ausfolgung des erlegten Betrages an den Erleger keine Rechtsprechung aufgefunden werden konnte; dieser Rechtsfrage kommt grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung im Sinne der zitierten Gesetzesstelle zu.“

Die Zustellung dieses rekursgerichtlichen Beschlusses an den Vertreter der Antragstellerin erfolgte am 31. 8. 2012.

Mit weiterem Beschluss vom 19. 9. 2012, der Antragstellerin zugestellt am 20. 9. 2012, berichtigte das Rekursgericht seinen spruchmäßigen Ausspruch im Sinne der bereits vorhandenen und wie vor wiedergegebenen Begründung dahin, dass der „ordentliche Revisionsrekurs zulässig“ sei; bei der gegenteiligen Formulierung habe es sich um einen „Diktatfehler“ gehandelt.

Am 3. 10. 2012 erhob die Erlegerin Revisionsrekurs gegen den Beschluss des Rekursgerichts. Der Erlagsgegner ließ diesen Beschluss unangefochten.

Rechtliche Beurteilung

Das Gesetz (§ 419 ZPO iVm § 41 AußStrG) enthält keine Regelung, welche Wirkung die Berichtigung einer Entscheidung auf den Lauf der Rechtsmittelfrist hat. Nach ständiger Rechtsprechung beginnt im Fall einer Berichtigung die Rechtsmittelfrist erst mit Zustellung der berichtigten Ausfertigung zu laufen (RIS Justiz RS0041797). Nach ebenso völlig einhelliger Rechtsprechung berührt allerdings die Berichtigung offenbarer, also „ sofort ins Auge springender“ Unrichtigkeiten den eigentlichen Entscheidungsinhalt nicht, ändert daher auch nichts am Umfang der eingetretenen Rechtskraft und führt somit auch nicht zu einem Neubeginn des Laufs der Rechtsmittelfrist (RIS Justiz RS0041797 [T43; T45]). Nur dann, wenn die Parteien erst durch die Berichtigung einer Entscheidung volle Klarheit über deren Inhalt erlangen, beginnt die Rechtsmittelfrist erst mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses zu laufen (1 Ob 392/97x; 6 Ob 264/99p; 7 Ob 24/02h; 9 Ob 33/05a).

Eine derartige offenbare Unrichtigkeit liegt hier in Anbetracht der eingehenden Begründung der Zulässigkeit eines ordentlichen Revisionsrekurses vor. Dass dem Rekursgericht beim Ausspruch über die „Unzulässigkeit einer Revision“ (!) ein Versehen unterlaufen ist, war ohne weiteres erkennbar und hatte selbstredend keinerlei Einfluss auf das sonstige spruchmäßige Ergebnis der rekursgerichtlichen Entscheidung.

Das Erlagsverfahren nach § 1425 ABGB ist ein außerstreitiges Verfahren (RIS Justiz RS0033469), dessen nähere Ausgestaltung seit 1. 5. 2011 in den Bestimmungen des VerwEinzG BGBl I 2010/111 geregelt ist (RIS Justiz RS0033469 [T3; T4]).

Die vierzehntägige Frist zur Erhebung eines Revisionsrekurses (§ 65 Abs 1 AußStrG) war ausgehend davon, dass nach den obigen Ausführungen kein Neubeginn des Laufs der Rechtsmittelfrist durch die Zustellung des Berichtigungsbeschlusses in Gang gesetzt wurde am 3. 10. 2012 aber bereits verstrichen und hätte im Übrigen auch im Falle einer Zulassungsvorstellung (§ 63 AußStrG) oder eines außerordentlichen Revisionsrekurses (§ 62 Abs 5 AußStrG) zu keiner Verlängerung geführt.

Das hatte zur Zurückweisung des Rechtsmittels der Erlegerin zu führen (7 Ob 24/02h bei identer Fallkonstellation).