JudikaturJustiz5Ob241/03g

5Ob241/03g – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. November 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J. ***** GmbH, *****, vertreten durch Rechtsanwaltspartnerschaft Kolarz Augustin OEG, Stockerau, gegen die beklagte Partei Franz H*****, vertreten durch Dr. Max Urbanek, Rechtsanwalt in St. Pölten, wegen EUR 33.140,37 sA (Revisionsinteresse EUR 22.471,62 sA), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 30. Juni 2003, GZ 2 R 73/03z-56, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Das Vorbringen der beklagten Partei zur streitentscheidenden Frage, ob die klagende Partei eine Pflicht zur sofortigen Rüge der Trocknungsmängel traf und ob sie diese Pflicht verletzte, erschöpft sich darin, dass Mängelrügen "nach den einschlägigen Rechtsgrundlagen, aber auch nach den ausdrücklich, zumindest schlüssig vereinbarten Geschäftsgrundlagen (der beklagten Partei) nur sofort bei Eintreffen der Ware und schriftlich erhoben werden können; nach dem einschlägigen Handelsbrauch nur binnen sieben Tagen und nur schriftlich", was nie erfolgt sei (AS 13).

Rechtliche Beurteilung

Eine ausdrückliche oder auch nur schlüssige Unterwerfung der klagenden Partei unter die Geschäftsbedingungen der beklagten Partei haben die Vorinstanzen verneint. Diese Entscheidung unterliegt gemäß § 502 Abs 1 ZPO keiner Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof, weil eine ausdrückliche Willenseinigung der Streitteile auf eine sofortige Rügepflicht nicht festgestellt werden konnte und das schlüssige Zustandekommen einer Vereinbarung immer nur nach den Umständen des konkreten Falls beurteilt werden kann. Die Anrufung des Obersten Gerichtshofes ließe sich in einem solchen Fall nur damit rechtfertigen, dass das Gericht den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten hat oder von den Leitlinien der einschlägigen Judikatur abgewichen ist (vgl RIS-Justiz RS0043253, RS0042742 jeweils mwN). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass der festgestellte Sachverhalt nicht ausreicht, um der klagenden Partei eine konkludente Billigung der Geschäftsbedingungen der beklagten Partei zu unterstellen, ist jedoch im Hinblick auf die langjährig unterbrochenen Geschäftskontakte der Streitteile und die unterbliebene Erwähnung irgendwelcher Geschäftsbedingungen bei Abschluss des streitgegenständlichen Vertrags (ON 50, 8) vertretbar (vgl jüngst 2 Ob 86/03s = ecolex 2003/267).

Dass die Österr Holzhandelsusancen als Handelsbrauch gelten, hätte an sich die beklagten Partei, die sich darauf berufen hat, nachweisen müssen (Kramer in Straube 3. Auflage Rz 30 zu § 346 HGB; 1 Ob 2024/96w). Da zu dieser Tatsache keine Beweise aufgenommen wurden (und mangels zweckdienlicher Beweisanbote der beklagten Partei auch nicht aufgenommen werden mussten), ist für die Geltung der österr Holzhandelsusancen als Handelsbrauch nur der Umstand verwertbar, dass beide Vorinstanzen die Anwendbarkeit der Holzhandelsusancen unabhängig von einer rechtsgeschäftlichen Inkraftsetzung (die an sich auch bei bloßen Usancen notwendig wäre: vgl Kramer aaO, Rz 7) unterstellten, allerdings mit der Einschränkung, dass dies (grundsätzlich) nur für den Holzhandel, also nicht für den streitgegenständlichen Werkvertrag (die Trocknung von Holz der klagenden Partei) gilt. Dass das keine den Obersten Gerichtshof bindende Feststellung, sondern das Ergebnis einer (nach Ansicht der beklagten Partei verfehlten, im Rahmen der rechtlichen Beurteilung korrigierbaren) Auslegung der ÖHHU sei, trifft nicht zu. Notorisch könnte die Geltung der ÖHHU als Handelsbrauch (und zwar als ganzes Regelwerk, obwohl dies erheblichen Bedenken begegnet: Kramer aaO, Rz

7) nur nach Maßgabe der publizierten Gutachten der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft sein, die besagen, dass diese Usancen "als Feststellung bestehender Handelsbräuche für den gesamten österreichischen Holzhandel anzusehen sind" (so das Gutachten vom 30. 6. 1981, RGp-Jdz 1156/81, zu 9 Cg 132/81 des LG Linz, enthalten in Folge 7 der vom Präsidenten des Handelsgerichtes Wien veröffentlichten Handelsbräuche in Österreich; idS auch das Vorwort zu den Österr Holzhandelsusancen, Wien 1985), also genau jene Einschränkung des Anwendungsbereichs vornehmen, von der auch das Berufungsgericht (aus welchen Argumenten auch immer) ausgegangen ist. Damit bleibt es im hier zu beurteilenden Fall dabei, dass der Nachweis für die von der beklagten Partei behauptete Tatsache fehlt, die als Handelsbrauch für jede Art des Holzhandels festgestellte sofortige Rügepflicht (§ 27 ÖHHU) gelte auch für die als Werkvertrag zu qualifizierende Lohntrocknung von Holz. Es stellt sich in diesem Zusammenhang, wie das Berufungsgericht ausführte, tatsächlich nur

eine nicht revisible Tatfrage. Dass der Entscheidung 6 Ob 546/90 =

RdW 1990, 405 = JBl 1991, 116 Gegenteiliges zu entnehmen wäre, trifft

nicht zu; dass dort die ausdrücklich festgestellte Geltung der ÖHHU für alle Geschäfte in Holz aller Art "auch" auf den Holzlieferungsvertrag der damaligen Streitteile bezogen wurde, war eine lediglich den Anlassfall erledigende Subsumtion.