JudikaturJustiz5Ob205/23t

5Ob205/23t – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. Dezember 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Ing. F*, vertreten durch Mag. Roland Reich, Notar in Graz, wegen Abschreibung von Grundstücken aus den EZZ * und * KG *, Eröffnung der EZ * und Einverleibung des Eigentumsrechts, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Einschreiters G*, vertreten durch Peissl Partner, Rechtsanwälte OG in Köflach, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 13. September 2023, AZ 70 R 49/23z, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Der Einschreiter ist Eigentümer einer Liegenschaft zu deren Gunsten im Grundbuch die Grunddienstbarkeit des Gehens und Fahrens sowie des Wasserbezugs einverleibt ist. Unter anderem aufgrund des Kaufvertrags vom 26. 8. 2016 und eines Teilungsplans bewilligte das Erstgericht mit Beschluss vom 30. 5. 2017 unter anderem die Abschreibung von Teilflächen aus Grundstücken der dienenden Liegenschaft, die in neugebildeten Grundstücken zusammengefasst und einer neueröffneten Einlagezahl unter Mitübertragung diverser Dienstbarkeiten, nicht aber jener zugunsten der Liegenschaft des Einschreiters zugeschrieben wurden, und die Einverleibung des Eigentumsrechts des Antragstellers in der neugebildeten Einlage. Die Zustellung dieses Beschlusses an den Einschreiter unterblieb.

[2] Das Rekursgericht erkannte den vom Einschreiter am 4. 5. 2023 beim Erstgericht eingelangten Rekurs als rechtzeitig, gab ihm jedoch keine Folge.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich der außerordentlichen Revisionsrekurs des Einschreiters, in dem er keine Rechtsfragen von der Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG anspricht:

[4] 1. Nach § 3 Abs 2 LiegTeilG entfällt bei der Abschreibung einzelner Bestandteile eines Grundbuchskörpers die Eintragung von darauf lastenden Grunddienstbarkeiten in der neuen Einlage, wenn diese Dienstbarkeiten auf bestimmte räumliche Grenzen beschränkt sind (§ 12 Abs 2 GBG) und sich nicht auf die abzuschreibenden Trennstücke beziehen.

[5] 2. Eine lastenfreie Abschreibung ohne Zustimmung des Dienstbarkeitsberechtigten ist somit dann zulässig, wenn feststeht, dass sich die Dienstbarkeit nicht länger auch auf das abzuschreibende Trennstück erstreckt (RIS Justiz RS0018222). Das hat der Antragsteller durch für das Grundbuchsverfahren ausreichende Urkunden (§ 74 Abs 1 GBG) darzutun. Ist das der Fall und ist nachgewiesen, dass die Dienstbarkeit räumlich beschränkt ist, kann die lastenfreie Abschreibung auch g egen den Willen des Eigentümers des herrschenden Gutes erfolgen (vgl 5 Ob 38/18a mwN).

[6] 2. Das Rekursgericht ist von diesen Grundsätzen nicht abgewichen. Es hat die vom Antragsteller vorgelegten Urkunden und den in der Urkundensammlung erliegenden Kaufvertrag vom 16. 2. 1961, der den Dienstbarkeiten zugunsten der Liegenschaft des Einschreiters zugrunde liegt, berücksichtigt. Seiner Beurteilung, dass die von der Abschreibung betroffenen Teilflächen der dienenden Liegenschaft die hier gegenständlichen Dienstbarkeiten nicht berührten, tritt der Einschreiter inhaltlich auch gar nicht entgegen, wenn er dem Rekursgericht – zusammengefasst – vorwirft, es hätte die ihm vorliegenden Unterlagen zu Unrecht einer Interpretation unterzogen und dabei „offensichtlich“ falsch ausgelegt.

[7] 2.1. Richtig ist, dass d ie Auslegung eines Vertrags im Grundbuchsverfahren auf den Wortlaut beschränkt ist. Ein vom Urkundenwortlaut abweichender Parteiwille kann im Grundbuchsverfahren nicht ermittelt werden. Eine ergänzende oder vom Wortsinn der vorgelegten Grundbuchsurkunde abweichende Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen ist dem Grundbuchsrichter verwehrt (RS0060878 [T16, T21]). Durch den Inhalt der Urkunden erweckte, nicht restlos beseitigte Zweifel führen zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs (RS0060573).

[8] 2.2. Ob die dem Grundbuchsgesuch angeschlossenen Urkunden iSd § 94 Abs 1 Z 3 GBG und – hier – der in der Urkundensammlung erliegende Kaufvertrag vom 16. 2. 1961 zu Zweifeln Anlass geben, ist aber eine Frage des Einzelfalls, die nur dann eine erhebliche Rechtsfrage begründet, wenn dem Rekursgericht eine aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen ist (RS0060573 [T18]; RS0060878 [T55]). Eine solche Fehlbeurteilung kann der Einschreiter schon deshalb nicht aufzeigen, weil es hier nicht um eine ergänzende oder gar vom Wortsinn der vorgelegten Grundbuchsurkunden abweichende Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen geht, sondern um die Frage, ob sich die zugunsten des Einschreiters einverleibten Dienstbarkeiten auf die abzuschreibenden Trennstücke beziehen und räumlich beschränkt sind. Dabei handelt es sich um zulässige logische Schlussfolgerungen aus den vom Rekursgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Urkunden (RS0060878 [T36]; RS0060573 [T16]). Dass diese unrichtig wären oder gar den Denkgesetzen widersprächen, vermag der Revisionsrekurswerber mit seinen allgemein gehaltenen Ausführungen zur Kognitionsbefugnis des Grundbuchsrichters nicht darzulegen. Wieso es sich bei „wertender Auslegung“ der im Akt erliegenden Urkunden ergeben soll, dass er zu seiner Liegenschaft über den „*weg“ zufährt, weil sich der Verkäufer über diesen Weg Dienstbarkeitsrechte einräumen ließ, kann nicht nachvollzogen werden.

[9] 3. Das Recht, Wasser aus einem bestimmten Brunnen zu beziehen und davon wegzutragen (§ 496 ABGB), bezieht sich auf ein im Kauf- und Dienstbarkeitsvertrag konkret bezeichnetes Grundstück der dienenden Liegenschaft, das von der Abschreibung nicht berührt ist. Warum es sich dabei um eine Dienstbarkeiten handeln soll, die – wie der Einschreiter meint – räumlich nicht iSd § 12 Abs 2 GBG beschränkt ist, lässt sich ebensowenig nachvollziehen. Soweit er in diesem Zusammenhang darauf verweist, das ihm eingeräumte Recht müsse sich nicht auf das in der Vertragsurkunde genannte Grundstück beziehen, weil „ein Wasserbezugsrecht sowohl aus Quellen als auch aus Quellsammelstuben, Bassins und Leitungen, die zur Wasserentnahmestelle führen können“, bestehe, entfernt er sich von der Urkundenlage, er kann damit auch keine Fehlbeurteilung aufzeigen. Dass das Recht des Fahrens und Gehens zugunsten seiner Liegenschaft nicht iSd § 12 Abs 2 GBG auf bestimmte räumliche Grenzen beschränkt wäre, macht er zu Recht nicht geltend.

[10] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 126 Abs 2 GBG iVm § 71 Abs 3 AußStrG).