JudikaturJustiz5Ob196/11a

5Ob196/11a – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. November 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1.) Hermann P*****, 2.) Martin P*****, 3.) R***** registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, *****, alle vertreten durch Dr. Wolfgang Zankl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Einverleibungen auf der Liegenschaft EZ 58 GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 21. Juli 2011, AZ 53 R 158/11h, womit infolge Rekurses der Antragsteller der Beschluss des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom 11. Februar 2011, TZ 421/2011, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Erst und Zweitantragsteller sind jeweils Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 58 GB *****. Auf dieser Liegenschaft ist zu C LNr 9a zu TZ 7680/2010 ein Belastungs und Veräußerungsverbot gemäß Punkt VI des Übergabsvertrags vom 16. 4. 2009 für Hermann P*****, geboren am 5. 4. 1937, und Margarethe P*****, geboren am 6. 10. 1935, einverleibt.

Punkt VI des bezeichneten Übergangsvertrags lautet:

Belastungs und Veräußerungsverbot

Die Übernehmer verpflichten sich, das Übergabsobjekt ohne Zustimmung der Übergeber weder zu belasten noch zu veräußern und räumen ihnen daher dementsprechend das Belastungs und Veräußerungsverbot im Sinne des § 364c des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches am Übergabsobjekt ein, welches Recht hiemit von den Übergebern angenommen wird und im Grundbuch sicherzustellen ist.

Die Übergeber stimmen ausdrücklich der Belastung der Liegenschaft zu außer für den Ankauf von forstwirtschaftlichen Grundstücken.

…“

Mit dem verfahrenseinleitenden Gesuch begehrten die Antragsteller unter Vorlage zweier Pfandurkunden, zugunsten der Drittantragstellerin Pfandrechte im Höchstbetrag von 140.000 EUR und 420.000 EUR auf der ihnen gehörenden Liegenschaft einzuverleiben.

Eine Zustimmung der Verbotsberechtigten zu den beantragten Belastungen wurde trotz darauf bezüglichen Verbesserungsauftrags gemäß § 82a GBG nicht vorgelegt.

Das Erstgericht wies das Begehren auf Einverleibung der Pfandrechte mit der Begründung ab, es stehe das verbücherte Belastungs und Veräußerungsverbot der begehrten Einverleibung entgegen. Vom Erfordernis einer Zustimmung der Verbotsberechtigten hätte nur dann Abstand genommen werden können, wenn den vorgelegten Pfandurkunden zu entnehmen wäre, dass das damit zu sichernde Darlehen ausdrücklich nicht für den Ankauf von forstwirtschaftlichen Grundstücken verwendet werde. Bei Auslegung der Bedeutung des Belastungsverbots seien besonders strenge Maßstäbe anzuwenden, weil im zitierten Übergabsvertrag zu Gunsten der Übergeber (und Verbotsberechtigten) auch ein Wohnungsgebrauchsrecht vereinbart worden sei, das allerdings nicht verbüchert sei, sodass es für die daraus Berechtigten einer besonderen Absicherung durch das Belastungs und Veräußerungsverbot bedürfe.

Die Abweisung des Gesuchs gründe sich auf § 94 Abs 1 Z 1 GBG (ein weiterer vom Erstgericht relevierter, jedoch vom Rekursgericht bereits revidierter Abweisungsgrund ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens).

Dem von den Antragstellern erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass das bücherlich einverleibte Belastungs und Veräußerungsverbot der begehrten Einverleibung von Pfandrechten entgegenstehe.

Es erscheine zwar grundsätzlich zulässig, das Belastungsverbot vertraglich auch in der vorliegenden Form einzuschränken, doch wäre es dann Sache der Antragsteller gewesen, nachzuweisen, dass diese Einschränkung nicht zuträfe. Sei es den Antragstellern nicht möglich, in grundbuchstauglicher Form Urkunden dahin zu erwirken, dass die zu verbüchernden Pfandrechte nicht der Sicherung von Krediten zum Zweck des Ankaufs von forstwirtschaftlichen Gründen diene, stehe ihnen die Möglichkeit offen, eine Zustimmung der Verbotsberechtigten zur Belastung zu erwirken.

Damit habe das Erstgericht aber zutreffend das Begehren um Einverleibung beider Höchstbetragspfandrechte abgewiesen, weil sich durch das verbücherte Belastungs und Veräußerungsverbot ein Hindernis für die Eintragung aus dem Buchstand iSd § 94 Abs 1 Z 1 GBG ergebe.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil zwar Rechtsprechung zur Zulässigkeit beschränkter Belastungs und Veräußerungsverbote bestehe, nicht aber zur Wirksamkeit und zum Umfang einer vorab erteilten Zustimmung zu bestimmten Belastungen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag auf Abänderung der Beschlüsse der Vorinstanzen im Sinn einer Bewilligung des Begehrens um Einverleibung der Pfandrechte.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Das Grundbuchsgericht hat das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn aus dem Grundbuch in Ansehung der Liegenschaft oder des Rechts kein Hindernis gegen die begehrte Eintragung hervorgeht (§ 94 Abs 1 Z 1 GBG).

Ein nach § 364c ABGB unter Nachweis der Angehörigeneigenschaft verbüchertes Belastungs und Veräußerungsverbot bewirkt ganz grundsätzlich eine allgemeine Grundbuchsperre für sämtliche rechtsgeschäftliche oder zwangsweise begehrte, vom Verbot erfassten Eintragungen, im Konkreten die Einverleibung eines Vertragspfandrechts (vgl RIS Justiz RS0002595; Eccher in KBB 3 § 364c Rz 7 mwN).

In dem als reinem Akten und Urkundenverfahren ausgestalteten Grundbuchsverfahren (vgl 5 Ob 83/97k = NZ 1998, 307 = immolex 1997/161; 5 Ob 278/99i = MietSlg 52.655; 5 Ob 195/04v = NZ 2005, 119 [ Hoyer ] ua) ist das Grundbuchsgericht zufolge § 94 Abs 1 Z 1 GBG zur materiellen Prüfung verpflichtet, ob durch eine eingetragene Verfügungsbeschränkung ein Hindernis aus dem Grundbuchstand der begehrten Bewilligung entgegensteht. Ist dies der Fall, bedarf eine Verfügung regelmäßig der Zustimmung des Verbotsberechtigten in einverleibungsfähiger Form (§ 32 Abs 1 lit b GBG). Bei fehlender ausdrücklicher Zustimmung des Verbotsberechtigten kann die Frage, ob er zur Zustimmung verpflichtet wäre, nur im Prozessweg ausgetragen werden (3 Ob 128/79 = NZ 1980, 156; RIS Justiz RS0002491).

Dem verbücherten Verbot widersprechende Eintragungen (auch die Vormerkung etwa eines Pfandrechts: 5 Ob 68/94 = NZ 1995, 69) sind unwirksam. Diese Unzulässigkeit ist von Amts wegen zu beachten (vgl 5 Ob 96/70 = SZ 43/102 ua).

Die Revisionsrekurswerber vertreten die Ansicht, nach der Formulierung des Verbots beziehe sich dieses nur auf Pfandrechtseintragungen zur Sicherung von Darlehensaufnahmen zum Ankauf forstwirtschaftlicher Gründe und sei daher hier nicht anzuwenden. Diesem Argument ist Folgendes entgegenzuhalten:

In Befolgung des Gebots der §§ 5 und 98 GBG wurde bei Bewilligung und Einverleibung des Belastungs und Veräußerungsverbots auf die genau bezeichnete Stelle der Urkunde (Übergabsvertrag) Bezug genommen, womit die bezogene Stelle als im Hauptbuch eingetragen anzusehen ist. Dass ein Belastungs und Veräußerungsverbot auch mit Beschränkungen begründet und ins Grundbuch eingetragen werden kann, hat der Oberste Gerichtshof bereits bejaht. So wird ein Belastungs und Veräußerungsverbot mit der Beschränkung, dass es nicht für die Veräußerung an bestimmte Personen gilt, als zulässig angesehen (5 Ob 37/94 = NZ 1995/320 [ Hoyer ]). Auch die im vorliegenden Fall vorgenommene Einschränkung des Belastungsverbots auf Pfandrechte, die der Sicherung des Ankaufs forstwirtschaftlicher Grundstücke dienen, ist im Grundsätzlichen nicht zu beanstanden.

Aus dem oben wiedergegebenen Inhalt des Vertragspunktes 6. ergibt sich der Umfang des vereinbarten und verbücherten Verbots deutlich: Das Verbot betrifft (nur) Belastungen der Liegenschaft, die zur Anschaffung einer forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaft eingegangen werden. Insoweit ist den Revisionsrekurswerbern Recht zu geben.

Es darf aber nicht übersehen werden, dass die erteilte Vorabzustimmung zu (allen) anderen Belastungen nur insoweit wirkt, als es sich tatsächlich um andere Belastungen handelt. Dass dies zutrifft, hat derjenige zu behaupten und in grundbuchsfähiger Form nachzuweisen, der um eine solche andere Belastung ansucht. Die gewählte Formulierung, dass für alle sonstigen Belastungen bereits die Zustimmung erteilt wird, gebietet keine andere Beurteilung.

In der Regel ist die Prüfung rechtshindernder oder rechtsvernichtender Tatsachen der Kognitionsbefugnis des Grundbuchrichters entzogen (vgl 5 Ob 191/07k = NZ 2008/59, 255 [ Hoyer ]; Hoyer , Prüfungsrecht und Prüfungspflicht des Grundbuchsrichters, FS Kralik [1986] 215 [225]). Trotz der Formulierung des Belastungsverbots und der erteilten Vorwegzustimmung geht es aber hier nicht um eine Berücksichtigung rechtshindernder Umstände, sondern um die Wahrnehmung eines aus dem Grundbuchstand hervorgehenden, einer positiven Gesuchserledigung entgegenstehenden Hindernisses iSd § 94 Abs 1 Z 1 GBG.

Darauf, dass die vorgelegten Pfandurkunden nicht geeignet sind, den Umstand zu erweisen, dass die Darlehensaufnahme nicht zu dem vom Verbot erfassten Zweck erfolgte, haben bereits die Vorinstanzen zutreffend hingewiesen.

Mit ihrer erstmals im Rekurs abgegebenen und im Revisionsrekurs wiederholten „Erklärung“, das durch die Pfandrechte zu besichernde Darlehen nicht zum Zweck des Erwerbs von forstwirtschaftlichen Grundstücken aufgenommen zu haben, verkennen die Revisionsrekurswerber den Kern der Bestimmung des § 32 Abs 1 lit b und Abs 2 GBG und verstossen damit überdies gegen das im Grundbuchverfahren geltende Neuerungsverbot des § 122 Abs 2 GBG.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Rechtssätze
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