JudikaturJustiz5Ob182/59

5Ob182/59 – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. April 1959

Kopf

SZ 32/56

Spruch

Die Veräußerung von mit Pfandrechten überbelasteten Sachen ist weder nach der Anfechtungsordnung noch nach der Konkursordnung anfechtbar.

Entscheidung vom 29. April 1959, 5 Ob 182/59.

I. Instanz: Bezirksgericht Gänserndorf; II. Instanz: Kreisgericht Korneuburg.

Text

Dem Kläger steht gegen Katharina S. eine Prozeßkostenforderung von 6268 S 40 g zu. Zwischen den Genannten kam ein Ratenvergleich dahin zustande, daß sich Katharina S. zur Zahlung der Schuld in Monatsraten von 150 S, beginnend ab 1. Juli 1956, verpflichtete. Sie hat in der Zeit vom 1. Juli bis 17. Dezember 1956 insgesamt 900 S gezahlt. Der Kläger hatte daher in dem zuletzt angeführten Zeitpunkt noch eine Restforderung von 5368 S 40 g.

Am 13. April 1955 kauften der Beklagte und Katharina 8. je eine Hälfte der Liegenschaft EZ. 591 Katastralgemeinde H. um den Preis von 38.000 S. Auf Grund dieses Kaufvertrages wurde das Eigentumsrecht für den Beklagten und Katharina B. je zur Hälfte auf der genannten Liegenschaft einverleibt. Ferner wurde auf dieser Liegenschaft auch das Pfandrecht zur Sicherstellung einer Darlehensforderung der Landeshypothekenanstalt für das Burgenland im Betrag von 45.000 S einverleibt und die Simultanhaftung mit der EZ. 563 Katastralgemeinde P. angemerkt. Das Darlehen wurde nicht nur der Katharina B. und dem Beklagten, sondern auch den Eltern der ersteren als Real- und Personalschuldnern und der Angela V. als Realschuldnerin gewährt. Am 24. September 1956 verkaufte Katharina S. ihre Liegenschaftshälfte an den Beklagten um 15.000 S. Die Berichtigung des Kaufpreises hatte in der Weise zu erfolgen, daß der Beklagte die oben erwähnte Hypothekarschuld mit einem Teilbetrag von 15.000 S zur Alleinzahlung übernahm und sich verpflichtete, hinsichtlich dieser Teilforderung die Verkäuferin klag- und schadlos zu halten.

Das Erstgericht nahm als erwiesen an, daß Katharina S. im Zeitpunkt der Veräußerung ihrer Liegenschaftshälfte an den Beklagten dessen Lebensgefährtin war. Sie lebte mit dem Beklagten im gemeinsamen Haushalt, besorgte seinen Haushalt und betreute seine beiden Kinder aus erster Ehe. Es stellte ferner fest, daß dem Beklagten die Absicht der Katharina S. bekannt war, den Kläger durch die erwähnte Veräußerung ihrer Liegenschaftshälfte zu benachteiligen, ja daß er sogar, um diese Benachteiligung herbeizuführen, die Übertragung der Liegenschaftshälfte durch Katharina S. erwirkt habe. Die Forderung des Klägers, zu der noch die Exekutionskosten zu E 1625/57 von 252 S 61 g und zu E 1277/57 von 214 S 61 g und 160 S, das sind zusammen 627 S 22 g, abzüglich eines von Katharina S. gezahlten Betrages von 250 S zu zählen seien, betrage daher 5745 S 62 g. Da die Liegenschaft durch ein Kreditinstitut mit 45.000 S belehnt worden sei, müsse angenommen werden, daß dieses Objekt mindestens den Wert der Belehnungssumme, wenn nicht einen höheren Wert habe. Daraus folgerte das Erstgericht die Benachteiligung des Klägers durch den zwischen Katharina S. und dem Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrag. Es erkannte daher die beklagte Partei schuldig, die Exekution zur Hereinbringung der Kostenforderung des Klägers gegen Katharina S. im Restbetrag von 5745 S 62 g mittels zwangsweiser Pfandrechtsbegründung durch bücherliche Einverleibung des Pfandrechtes auf die seinerzeit der Katharina S. gehörige Hälfte der Liegenschaft EZ. 591 Katastralgemeinde H. zu dulden.

Das Berufungsgericht gab der vom Beklagten erhobenen Berufung keine Folge und bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, daß die Forderung der klagenden Partei 5368 S 40 g betrage (statt 5745 S 62 g). Aus der Begründung des Berufungsurteiles ergibt sich, daß hier in Wahrheit ein teilweise abänderndes Urteil vorliegt, mit dem erkannt wird, daß das Duldungsbegehren hinsichtlich der Exekution zur Hereinbringung eines Betrages von 377 S 22 g nicht gerechtfertigt ist. In diesem Umfang wies daher das Berufungsgericht das Klagebegehren ab.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge und hob auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Richtig ist, daß eine Klageänderung, und zwar auch eine Klageeinschränkung, im Berufungsverfahren nicht erfolgen kann (JBl. 1953 S. 20). Eine Klageeinschränkung liegt aber nicht vor. Die Forderungen, zu deren Gunsten das Berufungsgericht einen Anfechtungsanspruch nicht als gegeben erachtet, weil sie erst nach der anfechtbaren Rechtshandlung entstanden sind, wurden bereits in der Klage angeführt. Der Betrag von 250 S scheint ebenfalls als Abzugspost bereits in der Klage auf und wurde von der dem Kläger auf Grund seiner Berechnung angeblich zustehenden Forderung von 5995 S 62 g, in der die erst nach der anfechtbaren Rechtshandlung entstandenen Exekutionskosten von 627 S 22 g enthalten sind, abgezogen. Das Erstgericht wird allerdings mit den Parteien die Frage zu erörtern haben, ob der Betrag von 250 S als Zahlung auf die bereits im Zeitpunkt der Veräußerung der Liegenschaftshälfte fällig gewesene Forderung oder aber auf die später entstandenen Exekutionskosten zu verrechnen ist. Im ersten Falle wird das Klagebegehren hinsichtlich eines weiteren Betrages von 250 S schon aus diesem Gründe abzuweisen sein.

Die Anfechtungsklage soll den durch die anfechtbare Handlung des Schuldners verursachten Befriedigungsausfall durch Erschließung des Zugriffs auf den anfechtbaren Erwerb ausgleichen, und zwar in der Weise, daß der Anfechtungsgegner die Exekution in das Exekutionsobjekt der anfechtbaren Handlung zu gestatten hat (das ergibt sich aus dem Zusammenhang der §§ 1 und 8 AnfO.). Die Rechtshandlung ist ja nur dem Gläubiger gegenüber unwirksam. Der Oberste Gerichtshof hat daher in seiner Entscheidung SZ. XXVII 12 den Rechtssatz geprägt, daß das Begehren, das sich auf eine anfechtbare Veräußerung von Sachen grundet, grundsätzlich auf Duldung der Exekution in das Objekt der anfechtbaren Handlung oder auf Zahlung bei Exekution in dieses Objekt zu lauten habe. Der Anfechtungskläger hat also mit der vorliegenden Klage den Weg gewählt, den der Oberste Gerichtshof selbst in der erwähnten Entscheidung aufgezeigt hat. Nach § 13 GBG. 1955 kann das Pfandrecht nur auf einen ganzen Grundbuchskörper oder, wie das Eigentum, auf den Anteil eines Miteigentümers eingetragen werden. Nun war allerdings das Alleineigentum des Beklagten bereits im Zeitpunkt der Erhebung der Anfechtungsklage einverleibt. Die anfechtbare Rechtshandlung bezieht sich aber nur auf die Liegenschaftshälfte, die im Eigentum der Katharina S. stand. Durch die Unwirksamkeit des zwischen den beiden Miteigentümern abgeschlossenen Kaufvertrages ist auch die Eigentumseinverleibung zugunsten des Beklagten auf den Miteigentumsanteil der Katharina S. als dem Kläger gegenüber unwirksam anzusehen. Daraus ergibt sich, daß das Begehren, der Beklagte habe die Exekution in die der Katharina S. ehemals gehörige Liegenschaftshälfte zu dulden, im Hinblick auf § 1 AnfO. zulässig ist.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes war Katharina S. im Zeitpunkt der anfechtbaren Rechtshandlung - Veräußerung ihrer Liegenschaftshälfte - die Lebensgefährtin des Beklagten. Der Beklagte ist daher in diesem Zeitpunkt naher Angehöriger der Katharina S., also der Schuldnerin des Klägers, gewesen (§ 4 Abs. 1 AnfO.). Geht man hievon aus, dann hat der Beklagte zu beweisen, daß ihm zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung eine Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin weder bekannt war noch bekannt sein mußte (§ 2 Z. 3 AnfO.). Dieser Beweis ist ihm nach den erstgerichtlichen Feststellungen nicht gelungen. Das Erstgericht nahm vielmehr als erwiesen an, daß ihm die Benachteiligungsabsicht der Katharina S. bekannt gewesen sei, ja daß er die Benachteiligung sogar selbst herbeigeführt und die Übertragung der Liegenschaftshälfte auf ihn erwirkt habe.

Dennoch erweist sich die Sache als nicht spruchreif, weil ja die Anfechtung geeignet sein muß, zumindest die teilweise Befriedigung des Gläubigers herbeizuführen oder doch zu erleichtern oder zu beschleunigen. Die Veräußerung von mit Pfandrechten überbelasteten Sachen ist daher unanfechtbar (s. hiezu Bartsch - Pollak, Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung, 3. Aufl. I S. 168 Anm. 48 sowie

II S. 544 Anm. 19). Da nach den Feststellungen der Untergerichte eine Überprüfung des Sachverhaltes in der Richtung der Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung nicht möglich ist, mußten das angefochtene Urteil sowie das Ersturteil in dem im Spruch ersichtlichen Umfang aufgehoben werden.

Der Umstand, daß ein Kreditinstitut ein Darlehen in der Höhe von 45.000 S zuzählt, ist kein hinreichender Hinweis auf den Wert der Liegenschaft, die als Pfand zur Sicherung der Forderung dienen soll, vor allem dann nicht, wenn außer der Liegenschaft noch weitere Personal- und Realhaftungen vorliegen. Es wird daher die Vernehmung eines Sachverständigen kaum zu umgehen sein.