JudikaturJustiz5Ob182/13w

5Ob182/13w – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. November 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin A***** KG, *****, vertreten durch Dr. Gernot Nachtnebel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. E***** Z*****, 2. K***** Y*****, 3. I***** L*****, 4. H***** J*****, 5. Dr. M***** M*****6, 6. Mag. M***** E*****, 7. J***** H*****, 8. E***** T*****, 9. J***** R*****, 10. P***** M*****, 11. W***** K*****, 12. „N*****“ GmbH, *****, 13. M***** W*****, 14. G***** J*****, 15. C***** F*****, 16. H***** M*****, 17. E***** A*****, 18. B***** B*****, 19. Mag. A***** H*****, 20. I*****J*****, 21. Mag. H***** S*****, 22. F***** D*****, 23. G***** D*****, 24. O***** K*****, 25. H***** K*****, 26. Mag. S***** G*****, 27. Dr. M***** R*****, 28. H***** H*****, 29. DI Mag. M***** S*****, 30. R***** S*****, 31. DI M***** C***** R*****, 32. Mag. E***** R*****, 33. Ing. G***** L*****, 34. S***** L*****, 35. M***** F*****, 36. H***** D*****, 37. Dr. A***** L*****, wegen § 30 Abs 1 Z 1 WEG iVm § 52 Abs 1 Z 3 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 10. Juli 2013, GZ 38 R 52/13y 91, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG und § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist mit 344/4846 Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 446 KG *****, Liegenschaftsadresse ***** in *****, mit welchen Anteilen Wohnungseigentum an Werkstätten, Gebäude mit Büro und Garage 18 verbunden ist. Die Antragsgegner sind die übrigen Mit und Wohnungseigentümer dieser Liegenschaft.

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag, der im zweiten Rechtsgang (siehe Aufhebungsbeschluss 5 Ob 19/12y) hinsichtlich der durchzuführenden Arbeiten präzisiert wurde (ON 71, Band II), begehrte die Antragstellerin, den Antragsgegnern die Durchführung von Erhaltungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Hofgebäudes aufzutragen.

Das Erstgericht trug den Antragsgegnern die Durchführung konkreter Erhaltungsarbeiten binnen drei Monaten gemäß §§ 28 Abs 1 Z 1, 30 Abs 1 Z 1 und 52 Abs 1 Z 3 WEG auf.

Dem dagegen von den 3., 4., 9., 15., 16., 19., 21., 24., 25., 31. bis 34., und 36. Antragsgegnern erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge und bestätigte den angefochtenen Sachbeschluss mit der Maßgabe, dass „Rechtsgestaltend für die Eigentümergemeinschaft angeordnet wird: Das Hofgebäude der Liegenschaft EZ 446 KG *****, (Werkstättengebäude mit Büro und Garage 18) ist binnen drei Monaten zu sanieren, und zwar in Form der im erstgerichtlichen Sachbeschluss angeführten Punkte a) bis e)“. Weiters sprach das Rekursgericht aus, dass an die Entscheidung, diese Erhaltungsarbeiten durchzuführen, der Verwalter iSd § 20 Abs 1 WEG gebunden ist.

Entgegen dem formulierten Leistungsbegehren sei das auf § 30 Abs 1 Z 1 WEG iVm § 52 Abs 1 Z 3 WEG gestützte Begehren dahin zu verdeutlichen, dass im Umfang des Begehrens ein von der Eigentümergemeinschaft abgelehnter oder versäumter Mehrheitsbeschluss rechtsgestaltend ersetzt werde. Das Rekursgericht erachtete in diesem Zusammenhang, dass das von ihm in Form einer Maßgabebestätigung zuerkannte Begehren in den zur Begründung der Rechtsfolge vorgetragenen und zur Entscheidung herangezogenen Tatsachen Deckung finde, also die Identität der Sache gewahrt werde und kein Aliud vorliege.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Begehren, den außerordentlichen Revisionsrekurs für zulässig zu erkennen und im Weiteren den Sachbeschluss des Rekursgerichts dahin abzuändern, dass der erstgerichtliche Sachbeschluss wiederhergestellt werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Im Wesentlichen macht die Revisionsrekurswerberin geltend, dass mit der „Maßgabebestätigung“ durch das Rekursgericht in unzulässiger Weise und überdies unrichtig von ihrem Begehren abgewichen worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Das außerordentliche Rechtsmittel der Antragstellerin ist nicht zulässig:

1. Nach ganz herrschender Auffassung muss der Rechtsmittelwerber grundsätzlich formell beschwert sein, was bedeutet, dass die Entscheidung von dem ihr zugrundeliegenden Sachantrag des Rechtsmittelwerbers zu dessen Nachteil abweicht. Materiell beschwert ist derjenige, dessen materielle oder prozessuale Rechtsstellung durch die Entscheidung beeinträchtigt wird, für den die Entscheidung somit ungünstig ausfällt. Nach einhelliger Rechtsprechung kann der durch den Spruch im dargestellten Sinn Beschwerte ein Rechtsmittel ergreifen (RIS Justiz RS0041735; 8 ObA 87/99y mwN ua).

Die Antragstellerin ist, wie im außerordentlichen Revisionsrekurs ausgeführt wird, in diesem Sinn formell und materiell beschwert, weil die Entscheidung von ihrem Begehren abweicht und anstelle eines von ihr exekutiv durchsetzbaren Auftrags zur Durchführung der Erhaltungsarbeiten das Rekursgericht (nur) einen Mehrheitsbeschluss der übrigen Mit und Wohnungseigentümer auf Durchführung der konkreten Erhaltungsarbeiten ersetzte. Dieser ist, worauf schon das Rekursgericht hingewiesen hat, nicht vollstreckbar (5 Ob 42/09a; RIS Justiz RS0123170).

Der Antragstellerin ist daher das Rechtsschutzinteresse nicht abzusprechen. Ihr Rechtsmittel ist daher nicht schon mangels Beschwer zurückzuweisen.

2. Ihr außerordentliches Rechtsmittel ist jedoch mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG unzulässig.

Mit § 30 Abs 1 WEG wird Wohnungseigentümern über die Rechte zur Anfechtung von Beschlüssen hinaus die Möglichkeit eröffnet, in bestimmten Angelegenheiten, darunter der Durchführung von Arbeiten nach § 28 Abs 1 Z 1 WEG, auch gegen den grundsätzlich maßgebenden Mehrheitswillen aufzutreten und gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Voraussetzung für die Anrufung des Gerichts ist die Untätigkeit der Mehrheit oder des Verwalters, entweder durch die Unterlassung einer Beschlussfassung oder die Ablehnung einer Erhaltungsarbeit. Durch dieses Minderheitsrecht sollen ganz bestimmte, für den Einzelnen unzumutbare Ergebnisse der Verwaltungsführung oder eine im Hinblick auf Aspekte der Dringlichkeit und Wirtschaftlichkeit tatsächlich gebotene geradezu unzumutbare Untätigkeit der Mehrheit im Hinblick auf die Erhaltung des Hauses vermieden werden (RIS Justiz RS0123169; 5 Ob 42/09a mwN).

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Entscheidung des Gerichts im Verfahren nach § 30 Abs 1 WEG rechtsgestaltend ist, den von der Eigentümergemeinschaft abgelehnten oder versäumten Mehrheitsbeschluss ersetzt, jedoch keinen Leistungsbefehl auf Durchführung der begehrten Erhaltungsarbeiten enthält (RIS Justiz RS0123170).

Die Entscheidung des Rekursgerichts steht mit dieser Rechtsprechung in Einklang. Anderes, insbesondere die Verpflichtung der übrigen Mit und Wohnungseigentümer zur Durchführung der Erhaltungsarbeiten, ist im außerstreitigen Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 3 WEG nicht durchsetzbar.

In Anbetracht der dargestellten Rechtsprechung liegt keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG vor.

Das hatte zur Zurückweisung des außerordentlichen Rechtsmittels der Antragstellerin zu führen.