JudikaturJustiz5Ob180/07t

5Ob180/07t – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. Januar 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Verein *****, vertreten durch Saxinger Chalupsky Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts ob den Liegenschaften EZ 300 GB *****, EZ 212 GB ***** und EZ 68 GB *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 2. Mai 2007, AZ 22 R 54/07h, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Gmunden vom 7. Dezember 2006, TZ 5149/06, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist eine Kommandit(erwerbs)gesellschaft. Unbeschränkt haftender Gesellschafter ist der Verein zur Förderung der Infrastruktur der Marktgemeinde V*****. Kommanditistin ist die Marktgemeinde V*****.

Am 12. 6. 2006 schlossen die Marktgemeinde V***** und die Antragstellerin einen sogenannten Einbringungsvertrag mit auszugsweise folgendem Inhalt:

,,1. Zielsetzung, Beteiligungsverhältnisse

1.1. Mit Gesellschaftsvertrag vom 9. 2. 2006 haben die Gemeinde und der Verein ***** (im Folgenden „Verein") eine Kommandit Erwerbsgesellschaft (die KEG) gegründet. Der Verein ist als Komplementär der KEG reiner Arbeitsgesellschafter und am Vermögen der KEG nicht beteiligt. Die Gemeinde ist alleinige Kommanditistin mit einer Pflichteinlage von 1.000 EUR und mit 100 % am Vermögen der Gesellschaft, einschließlich der stillen Reserven und dem Good Will (Unternehmenswert), sowie am Verlust und Gewinn beteiligt.

1.2. Der Unternehmensgegenstand der KEG umfasst unter anderem den Erwerb von Liegenschaften, Gebäuden und sonstigen Bauwerken, dazu gehört auch der Erwerb von Baurechten, Dienstbarkeiten und sonstigen Nutzungsrechten von der Gemeinde oder von Dritten, die Neuerrichtung, Sanierung, der Umbau oder die Erweiterung von Gebäuden und sonstigen Bauwerken, sowie die Erhaltung, Nutzung, Verwaltung und Verwertung von Liegenschaften und Gebäuden und sonstigen Bauwerken, insbesondere auch die Vermietung und Verpachtung.

1.3. In der Gemeinderatssitzung vom 7. 2. 2006 hat die Gemeinde beschlossen, folgende von ihr als Körperschaft öffentlichen Rechts wahrzunehmende Aufgaben auszugliedern und an die KEG zu übertragen:

Errichtung und Verwaltung der Gebäudeinfrastruktur für Feuerwehrhäuser.

Die Übertragung der in Punkt 2. beschriebenen Liegenschaften an die KEG steht in direktem Zusammenhang mit diesen von der Gemeinde an die KEG übertragenen Aufgaben.

2. Vertragsgegenstand und Übertragung

Die Gemeinde überträgt hiemit die Liegenschaften

EZ 300, GB ***** im Ausmaß von 1305 m²,

EZ 68, GB ***** im Ausmaß von 1706 m² und

EZ 212, GB ***** im Ausmaß von 1159 m²

jeweils samt allem rechtlichen und tatsächlichen Zubehör („Vertragsgegenstand") in das Eigentum der KEG und die KEG nimmt diese Übertragung an.

3. Gegenleistung

3.1. Die Übertragung des Vertragsgegenstands erfolgt im Rahmen der in Punkt 1.3. beschriebenen Aufgabenübertragung. Unter Berücksichtigung der Position der Gemeinde als allein am Vermögen der Gesellschaft beteiligte Kommanditistin ist ein gesondertes Entgelt für die Übertragung des Vertragsgegenstands nicht zu leisten.

3.2. Die KEG verpflichtet sich jedoch zur Übernahme sämtlicher mit dem Vertragsgegenstand verbundenen Rechte und Pflichten, sie tritt mit der Übergabe gemäß Punkt 4.1. in sämtliche den Vertragsgegenstand betreffenden Rechts- und Vertragsverhältnisse sowie allfällige Gerichts- und Behördenverfahren ein.

4. Übergabe und Übernahme

4.1. Die Übergabe bzw Übernahme des Vertragsgegenstands in den physischen Besitz der KEG erfolgt bei Vertragsunterfertigung."

Der Einbringungsvertrag enthält unter Punkt 8.2. die Erklärung gemäß § 16 Abs 1 Z 3 Oö Grundverkehrsgesetz 1994 (Oö GVG 1994).

Gemäß Punkt 11.1. des Vertrags wurde dieser in zwei Ausfertigungen errichtet, wovon die Gemeinde und die KEG nach grundbücherlicher Durchführung je eine erhalten sollen.

Die Antragstellerin begehrte auf Grund des Einbringungsvertrags vom 12. 6. 2006 und unter Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 27. 11. 2006 die Einverleibung ihres Eigentumsrechts an den drei genannten Liegenschaften. Dem Antrag lagen das Original und zwei nicht beglaubigte Kopien des Einbringungsvertrags bei.

Das Erstgericht wies den Grundbuchsantrag ab. Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe bedürften zu ihrer Gültigkeit der Form des Notariatsakts. Nach dem Einbringungsvertrag erfolge die Übergabe der Liegenschaften unentgeltlich und erst mit Unterfertigung des Vertrags, sodass eine rein fiktive, symbolhafte Übergabe vorliege. Der Einbringungsvertrag hätte daher gemäß § 1 Abs 1 lit d NotariatsaktsG zu seiner Gültigkeit der Form des Notariatsakts bedurft.

Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel der Antragstellerin nicht Folge. Die mit dem Einbringungsvertrag vereinbarte Übertragung der Liegenschaften stelle keine Schenkung dar. Das Entstehen eines Vermögenszuwachses reiche dafür allein nicht aus. Darüber, ob etwas als Gegenwert gemeint sei, entscheide der Parteiwille. Entgelt sei jeder wirtschaftliche Vorteil, jedes eigenwirtschaftliche Interesse. Schon das Interesse am versprochenen Verhalten des Empfängers genüge, um eine Schenkung auszuschließen. Aus Punkt 1.3. des Einbringungsvertrags ergebe sich, dass die Antragstellerin die ihr übertragenen Aufgaben, nämlich die Errichtung und Verwaltung der Gebäudeinfrastruktur für Feuerwehrhäuser, für die Gemeinde als Überträgerin der Liegenschaften wahrzunehmen habe. Die Gemeinde übertrage also die Liegenschaften wegen ihres Interesses am vereinbarten Verhalten der Antragstellerin. Bereits dieses Interesse an den von der Antragstellerin übernommenen Gemeindeaufgaben schließe das Vorliegen einer Schenkung aus.

Der Bewilligung des Grundbuchsgesuchs stehe aber ein anderer Umstand entgegen. Gemäß § 16 Abs 1 Oö GVG 1994 dürften Rechtserwerbe, die diesem Landesgesetz unterliegen, im Grundbuch nur eingetragen werden, wenn dem Grundbuchsgesuch 1. ein rechtskräftiger Genehmigungsbescheid oder 2. ein rechtskräftiger Feststellungsbescheid darüber, dass der Rechtserwerb nach diesem Landesgesetz genehmigungsfrei zulässig ist, oder 3. eine schriftliche Erklärung des Rechtserwerbers, dass der Rechtserwerb nach diesem Landesgesetz genehmigungsfrei zulässig ist, angeschlossen sei. Erklärungen gemäß § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 könnten auch - wie vorliegend - in die Vertragsurkunde über den Rechtserwerb aufgenommen werden. Allerdings sei dann dem Grundbuchsgesuch gemäß § 16 Abs 4 Oö GVG 1994 eine zusätzliche Ausfertigung des dem Rechtserwerb zugrunde liegenden Vertrags und, sofern die Erklärung nicht in die Vertragsurkunde aufgenommen worden sei, auch eine zusätzliche Ausfertigung der Erklärungsurkunde anzuschließen. Das Grundbuchsgericht habe diese Unterlagen zusammen mit einer Ausfertigung des Grundbuchsbeschlusses an die örtlich zuständige Grundverkehrsbehörde weiterzuleiten. Die Antragstellerin habe ihrem Gesuch entgegen dieser Vorschrift keine zusätzliche Ausfertigung des dem Rechtserwerb zu Grunde liegenden Vertrags, in den die Erklärung gemäß § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 aufgenommen wurde, angeschlossen, sondern nur zwei unbeglaubigte Kopien vorgelegt. Eine unbeglaubigte Kopie stelle keine Vertragsausfertigung im Sinn der genannten Bestimmung dar. Eine Aufforderung der Antragstellerin zur Nachreichung der fehlenden Vertragsausfertigung komme nicht in Betracht, weil § 95 Abs 1 GBG - abgesehen von hier nicht gegebenen Ausnahmen - Zwischenerledigungen ausschließe. Die Abweisung des Grundbuchsgesuchs sei daher im Ergebnis zu bestätigen gewesen.

Die Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig. Es fehle - soweit ersichtlich - Rechtsprechung zur erheblichen Rechtsfrage, ob der Anschluss einer zusätzlichen Ausfertigung des dem Rechtserwerb zugrunde liegenden Vertrags im Sinne des § 16 Abs 4 Oö GVG 1994 Eintragungsvoraussetzung sei.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin, mit dem diese die Bewilligung ihres Eintragungsgesuchs anstrebt. Die Antragstellerin macht in ihrem Revisionsrekurs zusammengefasst geltend, eine dem § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 entsprechende schriftliche Erklärung sei in Punkt 8. des Einbringungsvertrags enthalten. § 16 Abs 4 Oö GVG 1994 sehe zwar für den Fall einer Erklärung nach § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 vor, dass dem Grundbuchsgesuch eine zusätzliche Ausfertigung des dem Rechtserwerb zugrunde liegenden Vertrags anzuschließen sei. Das Fehlen einer derartigen Ausfertigung könne allerdings nicht zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs führen, weil § 16 Abs 1 Oö GVG 1994 die Eintragungsvoraussetzungen abschließend regle. Die beantragte Eigentumseinverleibung hätte demnach bewilligt werden müssen.

Selbst wenn man aber eine zusätzliche Vertragsausfertigung für erforderlich hielte, läge kein Eintragungshindernis vor, weil dem Grundbuchsgesuch ohnehin eine Vertragskopie für die Grundverkehrsbehörde angeschlossen gewesen sei. Seit der Grundverkehrsgesetznovelle 2002 könne ein Rechtserwerb, der nicht dem Oö Grundverkehrsgesetz 1994 unterliege, ohne vorherigen Feststellungsbescheid der Bezirksgrundverkehrskommission verbüchert werden. Voraussetzung dafür sei, dass eine schriftliche Erklärung des Rechtserwerbers, der Rechtserwerb sei genehmigungsfrei zulässig, angeschlossen oder im ohnehin vorzulegenden Originalvertrag enthalten sei. Mit der Möglichkeit dieser schriftlichen Erklärung habe nach dem AB zur Novelle LGBl 2002/85 eine wesentliche Verwaltungsvereinfachung erzielt werden sollen. Die Frage, ob ein Rechtserwerb dem Oö Grundverkehrsgesetz 1994 unterliege, sei bei nicht vorheriger Befassung der Grundverkehrsbehörde primär durch das Grundbuchsgericht zu klären. Der Inhalt des Begriffs „Ausfertigung" in § 16 Abs 4 Oö GVG 1994 sei unter teleologischen Gesichtspunkten als „Kopie" zu deuten. Sinn und Zweck des Beilegens einer zusätzlichen Ausfertigung des dem Rechtserwerb zugrunde liegenden Vertrags sei, der Grundverkehrsbehörde eine nachträgliche Kontrolle zu ermöglichen, ob der gegenständliche Rechtserwerb tatsächlich nach dem Grundverkehrsgesetz genehmigungsfrei zulässig sei. Nachdem die formelle Prüfung des dem Rechtserwerb zugrunde liegenden Vertrags bereits vom Grundbuchsgericht vorgenommen werde, sei eine zweite Vertragsausfertigung nicht erforderlich. Für die inhaltliche Nachkontrolle reiche die vom Grundbuchsgericht an die Grundverkehrsbehörde zu übermittelnde Kopie aus. Sinn und Zweck der Grundverkehrsgesetznovelle 2002 sei die Verwaltungsvereinfachung gewesen und nicht die Einführung weiterer Hindernisse, die den Rechtsverkehr mit Liegenschaften erschwerten.

Selbst wenn man schließlich davon ausginge, dass als zusätzliche „Ausfertigung" im Sinn des § 16 Abs 4 Oö GVG 1994 eine Kopie des Originalvertrags nicht ausreiche, dürfe das Fehlen einer weiteren Vertragsausfertigung nicht zur Gesuchsabweisung führen. Eine Abweisung des Grundbuchsgesuchs auf Grund von nicht beigeschlossenen Abschriften sei nämlich zufolge § 90 GBG ausgeschlossen. Nichts anderes könne für den vorliegenden Fall gelten, wenn eine für die Grundverkehrsbehörde geforderte zusätzliche Ausfertigung nicht beigebracht werde. Die Rechtsfolge des Fehlens einer solchen Ausfertigung sei in § 16 Oö GVG 1994 nicht geregelt, sodass insoweit eine planwidrige Lücke vorliege, die durch analoge Anwendung des § 90 GBG geschlossen werden müsse. Es habe daher das Grundbuchsgericht von Amts wegen eine beglaubigte Abschrift des Originals herzustellen.

Im Ergebnis hätte daher das Rekursgericht dem Rechtsmittel der Antragstellerin stattgeben und die beantragten Eigentumseinverleibungen bewilligen müssen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1. Vorauszuschicken ist, dass das Rekursgericht die Frage nach dem Vorliegen eines Schenkungsvertrags zutreffend im Einklang mit Rechtsprechung (vgl 1 Ob 785/82 = SZ 56/30 = EvBl 1983/133, 472 = HS 14.709 [zur fehlenden Schenkung bei eigenwirtschaftlichem Interesse]; vgl auch RIS Justiz RS0018794) und Lehre ( Schubert in Rummel ³, § 938 ABGB Rz 4 mwN; Binder in Schwimann ³, § 938 ABGB Rz 30 f; Bollenberger in KBB², § 938 ABGB Rz 2) verneinte; es genügt insoweit, auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichts zu verweisen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

2. Nach § 1 Abs 2 Z 1 Oö GVG 1994 unterliegt die Übertragung des Eigentums an Grundstücken dem Geltungsbereich dieses Landesgesetzes. Nach § 16 Abs 1 Oö GVG 1994 (idF LGBl 2002/85) dürfen Rechtserwerbe, die diesem Landesgesetz unterliegen (§ 1 Abs 2 Oö GVG 1994), im Grundbuch nur eingetragen werden, wenn dem Grundbuchsgesuch für sämtliche Grundstücksflächen - allein oder in Verbindung miteinander - Folgendes angeschlossen ist:

1. ein rechtskräftiger Genehmigungsbescheid oder

2. ein rechtskräftiger Feststellungsbescheid (§ 11 Oö GVG 1994) darüber, dass der Rechtserwerb nach diesem Landesgesetz genehmigungsfrei zulässig ist, oder

3. eine schriftliche Erklärung des Rechtserwerbers, dass der Rechtserwerb nach diesem Landesgesetz genehmigungsfrei zulässig ist.

Nach § 16 Abs 3 Oö GVG 1994 können Erklärungen gemäß § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 auch in die Vertragsurkunde über einen Rechtserwerb aufgenommen werden. Sie müssen jedenfalls folgenden Zusatz enthalten: „Dem Unterzeichneten sind im vollen Umfang die Strafbestimmungen des § 35 Oö Grundverkehrsgesetz 1994 sowie allfällige zivilrechtliche Folgen einer unrichtigen Erklärung (Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts, Rückabwicklung) bekannt."

Der Einbringungsvertrag vom 12. 6. 2006, der hier die Eintragungsgrundlage bilden soll, enthält in Vertragspunkt 8.2. die dem § 16 Abs 3 Oö GVG 1994 entsprechende schriftliche Erklärung der rechtserwerbenden Antragstellerin im Sinn des § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994.

3. Gemäß dem § 16 Abs 4 Oö GVG 1994 sind dem Grundbuchsgesuch im Fall einer - hier vorliegenden Erklärung gemäß § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 eine zusätzliche Ausfertigung des dem Rechtserwerb zugrunde liegenden Vertrags oder Nachweises eines sonstigen Rechtstitels und - sofern die Erklärung nicht in die Vertragsurkunde aufgenommen wurde - auch eine zusätzliche Ausfertigung der Erklärungsurkunde anzuschließen. Die Grundbuchsgerichte haben diese Unterlagen zusammen mit einer Ausfertigung des Grundbuchsbeschlusses an die örtlich zuständige Grundverkehrsbehörde weiterzuleiten.

Die Antragstellerin hat ihrem Grundbuchsgesuch keine zusätzliche Ausfertigung, sondern nur Kopien des Einbringungsvertrags angeschlossen. Die Antragstellerin ist der Meinung, das Fehlen einer solchen zusätzlichen Ausfertigung des Einbringungsvertrags stehe der Gesuchsbewilligung schon deshalb nicht entgegen, weil § 16 Abs 1 Oö GVG 1994 die Eintragungsvoraussetzungen abschließend regle. Diese Schlussfolgerung ist unzutreffend:

Eine isolierte Betrachtung des § 16 Abs 1 Oö GVG 1994 in dem von der Antragstellerin intendierten Sinn verbietet sich schon deshalb, weil diese Bestimmung insgesamt eine komplexe Regelung darstellt, die verschiedene Erwerbsarten betrifft, für die § 16 Abs 1 Oö GVG 1994 nur den Regelfall normiert, dessen Anwendungsbereich bereits § 16 Abs 2 Oö GVG 1994 für bestimmte Fälle des exekutiven Erwerbs modifiziert.

§ 16 Abs 1 Z 1 und Z 2 Oö GVG 1994 regeln im Übrigen, welche Bewilligungsurkunden dem Grundbuchsgesuch angeschlossen sein müssen. Wird stattdessen - wie hier ein Vorgehen nach § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 gewählt, so normiert § 16 Abs 3 Oö GVG 1994 den notwendigen Erklärungsinhalt und § 16 Abs 4 Oö GVG 1994 verlangt für genau diesen Fall zusätzlich die Vorlage einer weiteren Vertrags- bzw Erklärungsausfertigung. Der vorgeschriebene Anschluss dieser weiteren Urkunde ist als Bewilligungsvoraussetzung zu qualifizieren, weil nur dadurch sichergestellt ist, dass der Grundverkehrsbehörde zumindest nachträglich - eine den Fällen des § 16 Abs 1 Z 1 und Z 2 Oö GVG 1994 gleichwertige Möglichkeit der Überprüfung der Genehmigungsbedürftigkeit des Rechtserwerbs eröffnet wird.

Die von der Antragstellerin im vorliegenden Zusammenhang angestellten teleologischen Erwägungen beruhen auf einem teilweisen Missverständnis der Neuregelung des § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994. Durch die Möglichkeit einer Erklärung nach § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 wird eine Beschleunigung des bücherlichen Rechtserwerbs erzielt, weil im Unterschied zu den Fällen des § 16 Abs 1 Z 1 und Z 2 Oö GVG 1994 - der fragliche grundverkehrsbehördliche Genehmigungsbedarf erst im Nachhinein geprüft wird. § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 führt aber - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - nicht dazu, dass Fragen des Grundverkehrs materiell „primär durch das Grundbuchsgericht zu klären" wären; vielmehr hat das Grundbuchsgericht lediglich die Erfüllung der Vorausssetzungen des § 16 Oö GVG 1994 zu prüfen. Die materielle grundverkehrsrechtliche Prüfung obliegt dagegen auch im Fall des § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 weiterhin der Grundverkehrsbehörde. § 16 Abs 4 Oö GVG 1994 dient dann gerade dazu, die nachträgliche Prüfung durch die Grundverkehrsbehörde sicherzustellen. Diesem evidenten Zweck würde die Bewilligung des Grundbuchsgesuchs trotz Nichteinhaltung des § 16 Abs 4 Oö GVG 1994 widersprechen. Die Vorlage einer zusätzlichen Ausfertigung des Vertrags stellt daher eine Bewilligungsvoraussetzung dar.

4. Die Antragstellerin meint, der in § 16 Abs 4 Oö GVG 1994 verwendete Begriff „Ausfertigung" sei im gegebenen Zusammenhang teleologisch dahin zu reduzieren, dass die Vorlage einer bloßen Kopie genüge. Auch dieser Ansicht ist nicht zu folgen:

Mit dem Begriff „Ausfertigung" ist ein rechtlich bestimmtes Verständnis verbunden. Dieser Begriff wird im Oö Grundverkehrsgesetz 1994 mehrfach und in einem Zusammenhang, etwa in § 16 Abs 5 Oö GVG 1994, betreffend einen gerichtlichen Beschluss verwendet, der dessen Gleichsetzung mit einer „Kopie" ausschließt. Untermauert wird dies vorliegend noch besonders dadurch, dass auch in den Fällen des § 16 Abs 1 Z 1 und Z 2 Oö GVG 1994 zur Erlangung eines Genehmigungs oder eines Feststellungsbescheids im Sinn des § 11 Oö GVG 1994 die Vorlage einer „Ausfertigung" des dem Rechtserwerb zugrunde liegenden Vertrags erforderlich ist (§ 10 Abs 2 Z 3 Oö GVG 1994). Warum dann gerade im Anwendungsbereich des § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 ein Unterschied zu machen sein und eine bloße Vertragskopie genügen soll, ist sachlich nicht begründbar.

5. Die Antragstellerin meint, die Rechtsfolge des Fehlens einer Vertragsausfertigung sei in § 16 Oö GVG 1994 nicht geregelt, sodass insoweit eine planwidrige Lücke vorliege, die durch analoge Anwendung des § 90 GBG geschlossen werden müsse. Es habe daher das Grundbuchsgericht von Amts wegen eine beglaubigte Abschrift des Originals herzustellen.

Die Rechtsfolge der Vorlage einer bloßen Kopie anstatt einer Vertragsausfertigung erschließt sich aus der allgemeinen Regel des § 94 Abs 1 Z 4 GBG und stellt - wie zu 3. dargestellt - ein Bewilligungshindernis dar.

Die von der Antragstellerin angesprochene Regelung des § 90 GBG verfolgte den Zweck, die Vollständigkeit der Urkundensammlung zu gewährleisten. Diese Bestimmung ist im Übrigen durch die Umstellung der Urkundensammlung auf ADV überholt (vgl § 2 Abs 4 GUG). Für eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf den vorliegenden Fall besteht kein Anlass, ist doch die Vorbereitung der grundverkehrsbehördlichen Prüfung des Rechtserwerbs von der in § 16 Abs 4 Satz 2 Oö GVG 1994 vorgesehenen Mitwirkung abgesehen - nicht Aufgabe des Grundbuchsgerichts, sondern des Rechtserwerbers.

Die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens zur Beschaffung einer Vertragsausfertigung könnte vorliegend zu ungerechtfertigten Rangverschiebungen führen, weshalb hier, wie schon vom Rekursgericht zutreffend erkannt, das Verbot von Zwischenerledigungen greift (vgl RIS Justiz RS0111176).

Fehlt es an einem rechtskräftigen grundverkehrsbehördlichen Genehmigungsbescheid oder an einem rechtskräftigen Feststellungsbescheid, wonach ein Rechtserwerb genehmigungsfrei zulässig sei, dann ist nach der Judikatur des erkennenden Senats auch die Vormerkung ausgeschlossen (5 Ob 113/93 = SZ 66/181 = EvBl 1994/122, 594 = NZ 1994, 90 = ecolex 1994, 315; 5 Ob 24/90 = NZ 1991/207, 179 [krit Hofmeister ]). Die in solchen Fällen bestehenden Zweifel an der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungsbedürftigkeit und -tauglichkeit des Rechtserwerbs müssen auch im Anwendungsbereich des § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 greifen, wenn eine gesetzmäßige nachträgliche grundverkehrsbehördliche Prüfung mangels Vorlage einer zusätzlichen Vertragsausfertigung nicht gewährleistet erscheint. Für eine Sonderbehandlung des „Erklärungsmodells" des § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 besteht auch in diesem Punkt kein Anlass, womit auch eine Vormerkung des Eigentumsrechts der Antragstellerin ausscheidet.

6. Zusammengefasst ergibt sich damit Folgendes:

Mit dem „Erklärungsmodell" des § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 wird eine Beschleunigung des bücherlichen Rechtserwerbs dadurch erzielt, dass im Unterschied zu den Fällen des § 16 Abs 1 Z 1 und Z 2 Oö GVG 1994 - die grundverkehrsbehördliche Prüfung erst im Nachhinein erfolgt. § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 führt nicht dazu, dass das Grundbuchsgericht Fragen des Grundverkehrs materiell zu prüfen hat.

Für eine spezifische grundbuchsrechtliche Sonderbehandlung des „Erklärungsmodells" des § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 gegenüber den Fällen des § 16 Abs 1 Z 1 und Z 2 Oö GVG 1994 (Genehmigungsbescheid bzw Feststellungsbescheid nach § 11 Oö GVG 1994) besteht kein Anlass. Fehlt die für die nachträgliche Prüfung durch die Grundverkehrsbehörde erforderliche Vertragsausfertigung, liegt ein Bewilligungshindernis vor. Eine bloße Vertragskopie stellt keine „Ausfertigung" im Sinn des § 16 Abs 4 Oö GVG 1994 dar. Ein Verbesserungsverfahren zur Beschaffung der vom Rechtserwerber vorzulegenden Vertragsausfertigung ist wegen der Gefahr von Rangverschiebungen ausgeschlossen. Bei unterbliebener Vorlage einer zusätzlichen, für die Grundverkehrsbehörde bestimmten Vertragsausfertigung ist auch - wie in den Fällen des § 16 Abs 1 Z 1 und Z 2 Oö GVG 1994 - eine Vormerkung ausgeschlossen, weil Zweifel an der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungsbedürftigkeit und -tauglichkeit des Rechtserwerbs bestehen.

Dem Revisionsrekurs ist demnach der Erfolg zu versagen.

Rechtssätze
4
  • RS0123161OGH Rechtssatz

    07. Oktober 2011·3 Entscheidungen

    Mit dem „Erklärungsmodell" des § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 wird eine Beschleunigung des bücherlichen Rechtserwerbs dadurch erzielt, dass - im Unterschied zu den Fällen des § 16 Abs 1 Z 1 und Z 2 Oö GVG 1994 - die grundverkehrsbehördliche Prüfung erst im Nachhinein erfolgt. § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 führt nicht dazu, dass das Grundbuchsgericht Fragen des Grundverkehrs materiell zu prüfen hat. Für eine spezifische grundbuchsrechtliche Sonderbehandlung des „Erklärungsmodells" des § 16 Abs 1 Z 3 Oö GVG 1994 gegenüber den Fällen des § 16 Abs 1 Z 1 und Z 2 Oö GVG 1994 (Genehmigungsbescheid beziehungsweise Feststellungsbescheid nach § 11 Oö GVG 1994) besteht kein Anlass. Fehlt die für die nachträgliche Prüfung durch die Grundverkehrsbehörde erforderliche Vertragsausfertigung, liegt ein Bewilligungshindernis vor. Eine bloße Vertragskopie stellt keine „Ausfertigung" im Sinn des § 16 Abs 4 Oö GVG 1994 dar. Ein Verbesserungsverfahren zur Beschaffung der vom Rechtserwerber vorzulegenden Vertragsausfertigung ist wegen der Gefahr von Rangverschiebungen ausgeschlossen. Bei unterbliebener Vorlage einer zusätzlichen, für die Grundverkehrsbehörde bestimmten Vertragsausfertigung ist auch - wie in den Fällen des § 16 Abs 1 Z 1 und Z 2 Oö GVG 1994 - eine Vormerkung ausgeschlossen, weil Zweifel an der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungsbedürftigkeit und -tauglichkeit des Rechtserwerbs bestehen.