JudikaturJustiz5Ob139/00b

5Ob139/00b – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Mai 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Dejan A*****, geboren am 9. Februar 1983, vertreten durch den Vater Zoran A*****, dieser vertreten durch Dr. Carl Benkhofer, Rechtsanwalt in Wien, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Pflegebefohlenen gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. März 2000, GZ 43 R 191/00g-76, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass er zu lauten hat:

"Dem Vater und gesetzlichen Vertreter des mj. Dejan A*****, Zoran A***** wird aufgetragen, den auf dem Konto Nr 0962-33531/04 der Creditanstalt-Bankverein, Filiale Parkring, lautend auf mj. Dejan A*****, erliegenden Kapitalbetrag von S 2,114.750 umgehend mündelsicher anzulegen und hierüber dem Bezirksgericht Donaustadt binnen 14 Tagen zu berichten".

Text

Begründung:

Der mj. Dejan A***** wurde durch einen Badeunfall am 7. 6. 1991 schwer am Körper verletzt und erlitt ein appallisches Syndrom. Aus dem Titel des Schadenersatzes erlangte der Minderjährige den Kapitalbetrag von S 2,114.750, dessen mündelsichere Anlage nunmehr vorzunehmen ist.

Die elterlichen Rechte und Pflichten stehen allein dem Vater des Minderjährigen, Zoran A*****, zu. Der Rechtsanwalt Dr. Carl B***** schritt im Schadenersatzprozess als Vertreter des Vaters des mj. Dejan A***** ein.

Der in Frage stehende Kapitalbetrag wurde nach Obsiegen des Minderjährigen im Verfahren 7 Cg 310/93x des Landesgerichtes für ZRS Wien auf das oben bezeichnete Konto überwiesen und wird derzeit mit dem für täglich fällige Gelder festgesetzten Zinssatz von 1,25 % verzinst.

Das Erstgericht holte von der CA-BV eine Auflistung von derzeit möglichen Investitionen für Mündelgelder ein (ON 71) und trug dem Rechtsvertreter Dr. Carl B***** die mündelsichere Anlage des dem Minderjährigen gehörenden Kapitalbetrags unter Hinweis auf die von der CA-BV vorgeschlagenen mündelsicheren Anlagen auf.

Einem dagegen vom Minderjährigen erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Der vom Erstgericht erteilte Auftrag sei geeignet, in Entsprechung der Bestimmung des § 193 AußStrG die gesetzmäßige Anlegung des Kindesvermögens sicherzustellen. Damit habe das Erstgericht die aus § 21 Abs 1 ABGB abzuleitende umfassende Fürsorgepflicht des Gerichtes für Minderjährige erfüllt. An dem dem "ausgewiesenen Rechtsvertreter des Kindes bzw des allein obsorgeberechtigten Vaters" erteilten Auftrag sei nichts auszusetzen. Es sei nicht erforderlich gewesen, dem gesetzlichen Vertreter vor Fassung des Beschlusses rechtliches Gehör einzuräumen. Mit der übersendeten Information über die von der CA-BV vorgeschlagenen Anlageformen sei eine solche mündelsichere Anlage auch zu bewerkstelligen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei, weil Rechtsfragen im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG nicht vorlägen. Im Übrigen stünden Aspekte einer Einzelfallentscheidung im Vordergrund.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des minderjährigen Pflegebefohlenen, der zulässig und auch berechtigt ist.

Aus der Bestimmung des § 149 Abs 1 ABGB iVm § 193 AußStrG ergibt sich die Berechtigung und Verpflichtung des Obsorgeberechtigten, das Vermögen eines Minderjährigen mit der Sorgfalt ordentlicher Eltern zu verwalten, es in seinem Bestand zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren und Geld nach den Vorschriften über die Anlegung von Mündelgeld anzulegen. Die näheren Vorschriften sind in den §§ 230, 230a bis 230e ABGB getroffen, die untereinander gleichwertig sind (vgl 1 Ob 40/99k). Die gerichtliche Überwachung der Mündelgeldanlegung regelt § 193 AußStrG. Vormünder und Sachwalter unterliegen dieser Überwachung in jedem Fall, Eltern nur bei Gefährdung der Vermögensinteressen des Kindes (ÖA 1993, 147; Schwimann Rz 3 zu § 149 ABGB mwN).

Eingriffsobjekt nach § 146 ABGB ist die Obsorge (§ 144 ABGB), bestehend aus Pflege, Erziehung, Vermögensverwaltung und gesetzlicher Vertretung. Es kommt daher nur bei spezifischer Gefährdung des Kindeswohls in Betracht, einem Dritten und nicht dem obsorgeberechtigten Elternteil Aufträge hinsichtlich der Verwaltung des Kindesvermögens zu erteilen.

Der Revisionsrekurs war daher berechtigt.