JudikaturJustiz5Ob118/18s

5Ob118/18s – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. August 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. M***** S*****, geboren am ***** 2010, 2. F***** S*****, geboren am ***** 2011, beide *****, 3. K***** S*****, geboren am ***** 2014, 4. R***** S*****, geboren am ***** 2016, beide bei den Pflegeeltern *****, alle Minderjährigen vertreten durch den Kinder- und Jugendhilfeträger Land Niederösterreich, dieser vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld, Fachgebiet Rechtsvertretung Minderjähriger, Am Anger 2, 3180 Lilienfeld, wegen Übertragung der Obsorge, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Eltern A***** F*****, und D***** S*****, beide *****, beide vertreten durch Mag. Anton Hintermeier, Rechtsanwalt in St. Pölten, als bestellter Verfahrenshelfer, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 3. Mai 2018, GZ 23 R 153/18z 113, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 62 Abs 1 AußStrG ist gegen einen im Rahmen des Rekursverfahrens ergangenen Beschluss der Revisionsrekurs nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt.

2. Der Entscheidung über die Übertragung der Obsorge auf den Kinder und Jugendhilfeträger (KJHT) kommt im Einzelfall keine grundsätzliche Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zu, wenn dabei ausreichend auf das Kindeswohl Bedacht genommen wurde (RIS Justiz RS0115719 [T2, T16]; RS0007101 [T8, T11, T21]) und keine leitenden Rechtsprechungsgrundsätze verletzt werden (RIS Justiz RS0115719 [T1]; RS0097114 [T9]).

3. Entgegen dem Standpunkt der Eltern ist den Vorinstanzen auch keine Fehlbeurteilung unterlaufen, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit korrigiert werden müsste. Die Vorinstanzen haben die ihrer Entscheidung zugrunde gelegte Annahme einer konkreten Gefährdung des Wohls der Minderjährigen im Fall des Verbleibs bei den Eltern – sorgfältig und nachvollziehbar – mit massiven Erziehungs- und Betreuungsmängeln begründet. Die getroffenen Feststellungen zur Erziehungs- und Förderkompetenz der Eltern, Fürsorgeverhalten, Wahrnehmung und Aufmerksamkeit gegenüber dem kindlichen Befinden, zu den Auswirkungen der Defizite (von erheblichen Entwicklungsverzögerungen bis hin zu körperlicher Gewalt) und zur mangelnden Problemeinsicht der Eltern bieten eine in rechtlicher Hinsicht verlässlich überprüfbare Sachverhaltsgrundlage und rechtfertigen die übereinstimmende Beurteilung der Vorinstanzen.

4. Es trifft zwar zu, dass im Pflegschaftsverfahren ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des Verfahrens erster Instanz, wie hier das von den Eltern gerügte Unterbleiben der Aktualisierung des eingeholten Sachverständigengutachtens, einen Revisionsrekursgrund bilden kann, wenn das die Interessen des Kindeswohls erfordern (RIS Justiz RS0050037 [T1, T4, T7]; RS0030748 [T2, T5, T18]). Ausreichende Gründe für eine ausnahmsweise Durchbrechung dieser Anfechtungsbeschränkung im Interesse des Kindeswohls zeigt der Revisionsrekurs aber nicht auf. Die Frage, welche Beweisaufnahmen notwendig sind, bevor das Gericht eine (Obsorge )Entscheidung treffen kann, ist grundsätzlich einzelfallbezogen (5 Ob 10/18h mwN; RIS Justiz RS0114147 [T1]). Nach der Aktenlage ist nicht zu erkennen, aufgrund welcher konkreten, bisher noch nicht berücksichtigten Umstände die (neuerliche) Ergänzung des Gutachtens erforderlich geworden sein soll.

5. Mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG war der Revisionsrekurs daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 letzter Satz AußStrG).

Rechtssätze
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