JudikaturJustiz5Ob101/03v

5Ob101/03v – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Mai 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache des Antragstellers Verein K*****, vertreten durch die Obfrau Elisabeth H*****, diese vertreten durch Dr. Fritz Starnberg, Rechtsanwalt in Leibnitz, wider die Antragsgegner 1. Josefa P*****, 2. Theresia P*****, 3. Elisabeth M*****, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge des Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 26. November 2002, GZ 3 R 232/02p 10, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 9. August 2002, GZ 42 Msch 10019/02b 5, bestätigt wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragsgegnerinnen sind Miteigentümerinnen der Liegenschaft mit dem Haus ***** in *****. Der Antragsteller ist auf Grund eines Mietvertrages vom 15. 10. 1992 Mieter von Räumlichkeiten in diesem Haus, worin er einen Kindergarten betreibt. Im Mietvertrag wurde ein monatlicher Hauptmietzins von S 6.550 netto wertgesichert vereinbart. Mit Schreiben vom 20. 5. 1998 wurde vom Antragsteller auf Grund berechneter Wertsicherung ab 1. 8. 1998 anstatt S 6.550 ein Betrag von S 7.384 netto als monatlicher Hauptmietzins gefordert.

Ein vom Antragsteller am 9. 2. 2001 gestellter Antrag auf Feststellung der Überschreitung des angemessenen Mietzinses wurde mit Sachbeschluss vom 6. 2. 2002 abgewiesen, der am 20. 3. 2002 in Rechtskraft erwuchs. Die Abweisung gründete sich auf unrichtige Passivlegitimation. Der Antragsteller hatte nur eine der drei Miteigentümerinnen in Anspruch genommen.

Am 11. 3. 2002 stellte der Antragsteller das verfahrenseinleitende Begehren gegen alle drei Miteigentümerinnen mit dem Inhalt, festzustellen, dass durch Vorschreibung und Einhebung eines wertgesicherten Hauptmietzinses von S 7.384 (EUR 536,62) ab 1. 8. 1998 das gesetzlich zulässige Höchstmaß des angemessenen Hauptmietzinses überschritten wurde.

Die Antragsgegner wendeten dagegen ein, dass die Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG verstrichen sei, der Antrag sei verspätet.

Das Erstgericht wies den verfahrenseinleitenden Antrag des Antragstellers ab. Gemäß § 16 Abs 9 MRG sei die Erhöhung des Hauptmietzinses auf Grund einer Wertsicherungsvereinbarung über den gemäß § 16 Abs 1 MRG angemessenen Hauptmietzins hinaus unzulässig. Die Überprüfung der Erhöhung des Hauptmietzinses auf Grund einer Wertsicherungsvereinbarung könne selbständig binnen drei Jahren begehrt werden, selbst wenn der vereinbarte Hauptmietzins (ohne Wertsicherung) nicht mehr überprüfbar wäre. Die dreijährige Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG beginne mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem durch die Anwendung der Wertsicherungsvereinbarung der Hauptmietzins angehoben werde. Es komme darauf an, ob im Zeitpunkt des Erhöhungsbegehrens, konkret zum Zinstermin, zu dem das Erhöhungsbegehren wirksam werden solle, der höchstzulässige Hauptmietzins überschritten werde. Der verfahrenseinleitende Antrag vom 9. 3. 2002 sei jedenfalls nach Ablauf der dreijährigen Präklusivfrist (Anwendung der Wertsicherungsvereinbarung: 1. 8. 1998) erfolgt. Das am 9. 2. 2001 eingeleitete Mietzinsüberprüfungsverfahren habe den Ablauf der Präklusionsfrist nicht im Sinn der Bestimmung des § 27 Abs 3 MRG gehemmt, weil es nicht zu einem antragsstattgebenden Sachbeschluss geführt habe.

Einem gegen diesen Sachbeschluss erhobenen Rekurs des Antragstellers gab das Rekursgericht nicht Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass die dreijährige Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG auch auf den Fall des § 16 Abs 9 MRG anwendbar sei. Das bedeute jedoch entgegen der Meinung des Antragstellers nicht, dass eine Überprüfung nur für Zeiträume ausgeschlossen sei, die länger als drei Jahre vor Antragstellung lägen. Damit verkenne der Rekurswerber das Wesen der Präklusion. Zum Unterschied von der Verjährung, die ein an sich unbefristetes Recht zum Erlöschen bringe, begrenze die Präklusion die "Lebensdauer" eines Rechtes von vornherein (JBl 1999, 51 mwN). Erfolge also keine zeitgerechte Geltendmachung der Unwirksamkeit des vereinbarten Hauptmietzinses, so sei dieser als saniert zu betrachten. Die Unwirksamkeit könne vom Mieter nicht mehr geltend gemacht werden. Eine Überprüfung der Anwendung einer Wertsicherungsvereinbarung sei erst wieder im Fall einer weiteren Anhebung auf Grund der Wertsicherungsvereinbarung möglich. Die Dreijahresfrist des § 16 Abs 8 MRG sei im Fall des § 16 Abs 9 MRG ab dem Zeitpunkt der Anwendung der Wertsicherungsvereinbarung zu berechnen. Damit sei der vorliegende Mietzinsüberprüfungsantrag präkludiert.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des § 16 Abs 8 MRG auch auf die (isolierte) Überprüfung der Anwendung einer Wertsicherungsvereinbarung bestehe. In WoBl 1999/74 sei diese Frage noch offen gelassen worden.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Sachbeschlusses im Sinne einer Stattgebung des verfahrenseinleitenden Antrags.

Die Antragsgegnerinnen haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.

Zufolge § 16 Abs 9 erster Fall MRG ist der durch die Anwendung einer Wertsicherungsvereinbarung sich ergebende Betrag in dem Maß unwirksam, in dem ein höherer als der nach § 16 Abs 1 bis 7 MRG zulässige Mietzins gefordert wird (WoBl 1995/27 [Würth] ua). Bei "Altverträgen", im konkreten Fall solchen, die wie hier vor dem Inkrafttreten des 3. WÄG geschlossen wurden, führt die Anwendbarkeit des § 16 Abs 6 aF MRG zum selben Ergebnis (WoBl 2000, 233/119; insofern zustimmend Vonkilch "Die Überprüfung der Wertsicherung und die Mietrechtsentwicklung" in WoBl 2000, 212).

Ausdrücklich normiert § 16 Abs 8 Satz 2 MRG die Maßgeblichkeit der Präklusionsfrist nur für die Überprüfung der Hauptmietzinsvereinbarung. Daneben ist diese Frist durch ausdrückliche gesetzliche Anordnung im § 15 Abs 4 MRG und § 26 Abs 3 MRG anzuwenden.

Dass die Möglichkeit besteht, eine Wertsicherungsvereinbarung nach § 16 Abs 9 erster Fall MRG selbständig zu überprüfen, und zwar unabhängig davon, ob die Dreijahresfrist für die Überprüfung des Hauptmietzinses bereits abgelaufen ist, hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen (WoBl 2001, 168/105 mit Zustimmung Prader).

In der Entscheidung WoBl 1999, 165/74 wurde die Frage der analogen Anwendbarkeit des § 16 Abs 8 MRG im Fall des § 16 Abs 9 MRG noch offen gelassen, allerdings geklärt, dass für den Beginn einer solchen Fristberechnung jedenfalls nicht der Mietvertragsabschluss maßgeblich wäre, sondern der Zeitpunkt der Anwendung der Wertsicherungsvereinbarung.

Die zu dieser Frage veröffentlichten Lehrmeinungen (vgl Prader aaO; Vonkilch aaO und "Analoge Ausdehnung der dreijährigen Präklusivfrist für die Mietzinsüberprüfung? in RdW 1999, 395; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch Rz 79 zu § 16 MRG) befürworten eine analoge Anwendbarkeit der Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG auf die Überprüfung der Wertsicherung.

Der erkennende Senat hat eine analoge Anwendbarkeit der Präklusionsregelung auch auf den Mietzinsbestandteil des Entgelts für vermietete Einrichtungsgegenstände bejaht (WoBl 2001, 51/33 mit Zustimmung Vonkilch; 5 Ob 52/02m).

Der erkennende Senat bejaht nunmehr ausdrücklich auch die analoge Anwendbarkeit des § 16 Abs 8 MRG für die Fälle isolierter Überprüfung der Anwendung einer Wertsicherungsvereinbarung auf ihre Angemessenheit. Schließlich war es beim 3. WÄG ein nachweisbares Anliegen des Gesetzgebers, die Gerichte bei der Überprüfung der Mietzinshöhe vor häufig unlösbaren Beweisproblemen zu bewahren. Diese Beweisprobleme stellen sich nicht nur in den vom Gesetz ausdrücklich geregelten Konstellationen, sondern drohen in allen Fällen, in denen die Prüfung der zulässigen Hauptmietzinshöhe von den faktischen und rechtlichen Umständen zu einem bestimmten Zeitpunkt abhängt (vgl Vonkilch aaO). Dieser Zweck der Bestimmung lässt eine analoge Ausdehnung der zeitlichen Begrenzung der Überprüfungsmöglichkeit des Hauptmietzinses auch auf den Fall der selbständigen Überprüfung einer Hauptmietzinserhöhung durch Anwendung einer Wertsicherungsvereinbarung zu. Wenn seit dem Wirksamwerden eines Erhöhungsbegehrens und damit zugleich seit dem maßgeblichen Bezugspunkt für die Überprüfung der neuen Hauptmietzinshöhe drei Jahre oder mehr verstrichen sind, sind mit der Überprüfung der Zulässigkeit des erhöhten Hauptmietzinses dieselben Probleme verbunden, die den Gesetzgeber zur Einführung der Präklusivfrist in § 16 Abs 8 und den anderen Bestimmungen bewogen haben.

Es kommt also, wie bereits das Rekursgericht zutreffend ausführte, auf jenen Zeitpunkt an, zu dem das Erhöhungsbegehren wirksam werden soll. Ausgehend davon ist im vorliegenden Fall aber die dreijährige Präklusionsfrist verstrichen.

Die in § 27 Abs 3 MRG enthaltene Regelung, wonach die Verjährung des Anspruchs auf Rückforderung unzulässig eingehobener Mietzinse gehemmt ist, solange bei Gericht bzw der Gemeinde ein Verfahren über die Höhe des Mietzinses anhängig ist, ist auf die Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG im Übrigen nicht analog anzuwenden (RIS Justiz RS0112329).

Zutreffend haben die Vorinstanzen daher den Überprüfungsantrag abgewiesen. Der Revisionsrekurs war daher nicht berechtigt.

Rechtssätze
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