JudikaturJustiz4Ob75/95

4Ob75/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Oktober 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Michael Brunner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, Bundesministerium für Inneres, ***** vertreten durch die Finanzprokuratur, ***** wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 900.000), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 17.Mai 1995, GZ 5 R 9/95-9, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 28.November 1994, GZ 15 Cg 251/94t-3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 18.712,50 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin führt Hubschrauberbeförderungen von Personen und Sachen in der Form von Ambulanz- und Rettungsflügen durch. Mit Bescheid des Bundesministeriums für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom ***** wurde ihr die gewerbsmäßige Beförderung von Personen und Sachen im Bedarfsverkehr (Bedarfsunternehmen) mit Hubschraubern mit dem Standort Flugplatz S***** nach Maßgabe der im einzelnen angeführten Bestimmungen bewilligt; diese Bewilligung erstreckt sich auf die Beförderung von Personen und Sachen in Form von Ambulanz- und Rettungsflügen. Mit Bescheid desselben Ministeriums vom ***** wurde der Klägerin die Bewilligung zur Aufnahme des Flugbetriebes (Betriebsaufnahmebewilligung) mit Hubschraubern der Type BELL 412 nach Sichtflugregeln gemäß § 108 LuftfahrtG erteilt.

Die Beklagte befördert seit mehr als zehn Jahren Personen und Sachen mit Rettungshubschraubern als "Sekundärtransporte" (= Beförderung bereits ärztlich versorgter, schwer erkrankter oder verletzter Personen oder Notfallspatienten von einer Krankenanstalt in eine andere: § 2 der Zivilluftfahrzeug-Ambulanz- und RettungsflugV ZARV 1985) durch, ohne über eine Beförderungs- oder Betriebsaufnahmebewilligung zu verfügen. Sie hat auch keine Gewerbeberechtigung (Konzession).

Seit 1.Oktober 1993 verrechnet die Beklagte im Sekundärbereich pro Minute nachstehende Tarife:

Krankentransport B 21 S 362

Säuglingstransport B 22 S 362

Arzt-, Organ- und

Medikamententransport B 23-24 S 362

Krankentransport B 27 S 658.

Die Beklagte schloß mit Zustimmung der betreffenden Sozialversicherungsträger mit dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger einen Vertrag über Flugrettungstransporte und erhält den vereinbarten Tarifsatz. Fehlt eine solche Vereinbarung, so zahlt die Sozialversicherung dem Transportunternehmen lediglich einen Kostenersatz bis zur Höhe von 20 % des Meßbetrages.

Die Beklagte hat ua folgende Sekundärtransporteinsätze durchgeführt:

1991 786 Einsätze mit 667,9 Flugstunden

1992 859 Einsätze mit 743,7 Flugstunden

1993 836 Einsätze mit 663,4 Flugstunden.

Sie verfügt über Flugeinsatzstellen im gesamten Bundesgebiet. In seinem Tätigkeitsbericht für das Verwaltungsjahr 1981 stellte der Rechnungshof ua fest, daß für Sekundärtransporte durch die Beklagte keine einwandfreie Rechtsgrundlage bestehe. Nach seiner Auffassung seien die Flugeinsätze mangels ausreichender Rechtsgrundlage einzustellen.

Infolge der Flugeinsätze der Beklagten kann die Klägerin ihre gewerbliche Aktivität nicht in dem von ihr erwarteten Umfang ausüben.

Die Ertragsrechnung des Hubschrauber-Rettungsdienstes der Beklagten für 1993 ergibt insgesamt einen Aufwand von S 72,614.409; hievon entfallen auf den Primärbereich S 42,958.512 und auf den Sekundärbereich S 15,856.458, die Abgänge der Beklagten betragen insgesamt S 23,881.12, im Primärbereich S 8,684.182 und im Sekundärbereich S 1,397.940. Bei den sonstigen Aktivitäten (Fehleinsätze, Alpinbergungen, Versorgungsflüge) entsprechen die Abgänge von S 13,799.439 dem Gesamtaufwand.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes Ambulanzflüge zur Beförderung bereits ärztlich versorgter, schwer erkrankter oder verletzter Personen oder Notfallspatienten von einer Krankenanstalt in eine andere (sogenannte "Sekundärtransporte"), anzukündigen und/oder anzubieten und/oder durchzuführen. Der Beklagten fehle sowohl die Bewilligung zum Betrieb eines Luftbeförderungsunternehmens im Sinne des § 101 lit a LuftfahrtG (§ 103 Abs 1 LuftfahrtG) als auch die Betriebsaufnahmebewilligung gemäß § 108 Abs 1 LuftfahrtG. Obwohl sie daher zur Durchführung von Sekundärtransporten nicht berechtigt sei, erhalte sie von der Sozialversicherung höhere Beträge als jemand, mit dem die Sozialversicherung keinen Vertrag abgeschlossen habe, zur Durchführung von Sekundärtransporten jedoch berechtigt sei. Sowohl der Rechnungshof als auch die Klägerin hätten die Beklagte schon darauf hingewiesen, daß sie nicht berechtigt sei, Sekundärtransporte durchzuführen. Gemäß § 146 a LuftfahrtG sei bei Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt oder anderer öffentlicher Interessen die Durchführung von Flügen zu verbieten. Diese Voraussetzung treffe zu, wenn versucht werde, Personen oder Sachen mit Zivilluftfahrzeugen ohne die nach den §§ 103 und 108 erforderlichen Bewilligungen zu befördern. Die Beklagte handle im geschäftlichen Verkehr mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, Krankentransporte und Rettungseinsätze seien nicht der Hoheitsverwaltung, sondern der Privatwirtschaftsverwaltung zuzurechnen. Die Beklagte handle in der Absicht, sich durch ihre Wettbewerbsverstöße Vorteile ua gegenüber der Klägerin zu verschaffen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Sie führe die Rettungsflüge auf Grund der mit sieben Bundesländern geschlossenen Gliedstaatsverträge gemäß Art 15 a B-VG durch und bewege sich insoweit im Bereich der Hoheitsverwaltung. Sie sei daher nicht im geschäftlichen Verkehr tätig und verfolge im übrigen auch keine Gewinnabsicht. In § 6 der jeweiligen Staatsverträge sei vorgesehen, daß die Beklagte die von ihr zu tragenden Kosten des Hubschrauber-Rettungsdienstes teilweise auf die in Betracht kommenden Körperschaften und juristischen Personen überwälze. Eine vollständige Kostendeckung, geschweige denn ein Gewinn, sei schon durch die Bestimmungen der Staatsverträge ausgeschlossen und werde auch in der Praxis nicht erzielt. Es fehle daher an den wesentlichen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des UWG. Selbst wenn man aber annehmen wollte, daß die Beklagte im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung tätig ist, bestehe der geltend gemachte Anspruch dennoch nicht zu recht. Die Bewilligungen gemäß §§ 103 und 108 LuftfahrtG seien nur für Luftbeförderungsunternehmungen erforderlich; das seien gemäß § 101 LuftfahrtG Unternehmen zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen und Sachen mit Luftfahrzeugen. Wie sich aus den Erläuterungen zu § 101 der RV des Luftfahrtgesetzes ergebe, sei nach dem Willen des Gesetzgebers eine Beförderung dann gewerbsmäßig, "wenn diese Tätigkeit mit der Absicht auf Gewinnerzielung und dauernde Ausübung berufsmäßig und selbständig durchgeführt wird". Tätigkeiten gegen bloßen Ersatz der Selbstkosten seien - nach diesen EB - nicht auf Gewinn gerichtet. Da die Beklagte bei Durchführung der Sekundärtransporte keine Gewinnabsicht habe, seien die §§ 103 und 108 LuftfahrtG auf sie nicht anzuwenden. Auch die EWG-V Nr. 2407/92 vom 23.Juli 1992 sei hier nicht maßgeblich, weil sie sich auf den gewerblichen Luftverkehr beziehe. Im übrigen sei diese EWG-V am 1.Juli 1994 für den Bereich der Republik Österreich in Kraft getreten. Im Hinblick auf die Übergangsfrist des Art 16 der Verordnung würden Lufttransportunternehmen, die bei Inkrafttreten der Verordnung keine Betriebsgenehmigung besaßen, als solche mit Betriebsgenehmigung betrachtet, soweit sie rechtmäßig tätig seien. Die Beklagte sei bis zum Inkrafttreten der EWG-V jedenfalls rechtmäßig tätig gewesen, weil die Gliedstaatsverträge ausreichende Rechtsgrundlage für die Durchführung von Sekundärtransporten gewesen seien. Der Klägerin fehle auch die Aktivlegitimation, weil sie nicht als Rettungsorganisation im Sinne der Rettungsgesetze der einzelnen Länder anzusehen sei.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Zwar sei der Rettungsdienst als solcher unzweifelhaft der Hoheitsverwaltung zuzuordnen; das gelte aber nicht unbedingt für dessen Durchführung, fehle es doch den damit betrauten Personen und Organisationen an einer besonderen Zwangsbefugnis. Daraus sei aber für die Klägerin nichts zu gewinnen, weil sowohl ein Wettbewerbsverhältnis als auch die Wettbewerbsabsicht der Beklagten fehle. Auch könne von einer gewerblichen Tätigkeit der Beklagten nicht die Rede sein. Nach Art 16 der EWG-V hätte die Beklagte auch Zeit bis 30.Juni 1995, sich eine allenfalls erforderliche Betriebsgenehmigung zu beschaffen. Da die Beklagte kein Unternehmen zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen betreibe, bedürfe sie weder einer Beförderungsbewilligung noch einer Betriebsaufnahmebewilligung. Sie habe somit nicht gegen § 1 UWG verstoßen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Ein Privater, der im Rahmen des Rettungsdienstes tätig werden wolle, bedürfe nach den Rettungsgesetzen der einzelnen Länder - auch im Bereich der Sekundärtransporte - noch weiterer Genehmigungen. Da die Klägerin das Vorliegen solcher Voraussetzungen nicht behauptet habe, sei ihr die Anspruchslegitimation abzusprechen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zwar zulässig, weil Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt; er ist aber nicht berechtigt.

Der Klägerin ist zunächst darin beizupflichten, daß der vom Rekursgericht herangezogene Abweisungsgrund einer kritischen Überprüfung nicht standhält. Selbst wenn man - trotz der der Klägerin erteilten Bewilligung zur Beförderung von Personen und Sachen in Form von Ambulanz- und Rettungsflügen - im Hinblick auf landesgesetzliche Bestimmungen die Befugnis der Klägerin zur Durchführung von Sekundärflügen in Zweifel ziehen wollte, könnte das doch nichts an ihrer Aktivlegitimation gemäß § 14 UWG ändern. Unbestrittenermaßen ist die Klägerin als Unternehmerin in der Branche der Rettungsflüge tätig. Die Aktivlegitimation hängt nach ständiger Rechtsprechung nicht von der befugten Ausübung des Gewerbebetriebes ab (ÖBl 1981, 71 - Fremdenverkehrsverband mwN; ÖBl 1987, 50 - Grabsteinwerbung; WBl 1992, 195).

Es sind daher die übrigen Voraussetzungen für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zu prüfen:

§ 1 UWG setzt ein Handeln des Beklagten im geschäftlichen Verkehr

voraus. Der "geschäftliche Verkehr" im Sinn des Wettbewerbsrechts

umfaßt nach Lehre (Hohenecker/Friedl 17 f; Koppensteiner,

Wettbewerbsrecht2 II 23 ff; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht18,

199 Rz 212 ff EinlUWG) und Rechtsprechung (ÖBl 1991, 203 -

Dampfkesselüberprüfung; SZ 66/85 = ÖBl 1993, 207 - Zivilschutzverband

uva) jede auf Erwerb gerichtete Tätigkeit - im Gegensatz zu rein

privater oder amtlicher Tätigkeit - maW: jede geschäftliche

Betätigung im weiteren Sinn. Gewinnabsicht ist nicht notwendig;

vielmehr genügt eine selbständige, zu wirtschaftlichen Zwecken

ausgeübte Tätigkeit, in der eine Teilnahme am Erwerbsleben zum

Ausdruck kommt. Hoheitsakte sind hingegen niemals

Wettbewerbshandlungen und können daher auch nicht nach dem UWG

beurteilt werden; nur soweit die Rechtsobjekte des öffentlichen

Rechtes privatwirtschaftlich tätig werden, unterliegen sie den

Vorschriften des Wettbewerbsrechtes (Hohenecker/Friedl 18; SZ 66/85 = ÖBl 1993, 207 - Zivilschutzverband mwN).

Nach der Rechtsprechung des VfGH (VfSlg 3262, 3483, 4034, 11.492 ua), des VwGH (VwSlg 7065 A) und des OGH (SZ 51/184; SZ 53/12; SZ 55/173;

SZ 66/85 = ÖBl 1993, 207 - Zivilschutzverband) wird die Abgrenzung

von Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung danach vorgenommen,

welche rechtstechnischen Mittel die Gesetzgebung zur Verwirklung der

zu erfüllenden Aufgaben bereitstellt; auf die Motive und den Zweck

der Tätigkeit komme es nicht an. Habe der Gesetzgeber den

Verwaltungsträger mit keinen Zwangsbefugnissen ausgerüstet, so liege

keine Hoheitsverwaltung, sondern Privatwirtschaftsverwaltung vor

(Schragel, KommzAHG Rz 75; Walter/Mayer, Grundriß des

österreichischen Bundesverfassungsrechtes7 Rz 560). Ein Akt der

Privatwirtschaftsverwaltung liegt demnach in der Regel dann vor, wenn

sich der Rechtsträger des rechtstechnischen Mittels des Vertrages

bedient (Schragel aaO Rz 76). Letzteres gilt nach Schragel aaO nicht uneingeschränkt; so kenne nämlich das B-VG Verträge zwischen Bund und Ländern über Angelegenheiten ihres jeweiligen Wirkungsbereiches, die hoheitlicher Natur sind (Art 15 a B-VG).

Walter/Mayer (aaO Rz 854) führen aus, daß sich die Gliedstaatsverträge nach Art 15 a B-VG auf den hoheitlichen Wirkungsbereich von Bund und Ländern bezögen (so schon Ermacora, Bundesverfassungsgesetz-Nov 1974, JBl 1975, 22 ff [27]). Antoniolli/Koja (Allgemeines Verwaltungsrecht2, 175) führen aus, daß Gegenstand von "Gliedstaatsverträgen" im Sinne des Art 15 a B-VG Materien sowohl der Gesetzgebung als auch der Vollziehung sein könnten; dabei handle es sich im wesentlichen um Fragen des hoheitlichen Wirkungsbereiches, weil für privatrechtliche Verträge das Privatrecht eine ausreichende Grundlage biete; dennoch könne auch die Privatwirtschaftsverwaltung durch Art 15 a-Vereinbarungen koordiniert werden, weil sich die Partner in der Ausübung der ihnen zukommenden Leitungsbefugnisse, die auch hinsichtlich der Privatwirtschaftsverwaltung zur hoheitlichen Weisungsgewalt zählten, binden könnten (vgl dazu Rill, Gliedstaatsverträge 52 ff).

Die Frage aber, ob die Durchführung der Rettungsflüge durch die Beklagte - wie diese meint - schon deshalb der Hoheitsverwaltung zuzuordnen sei, weil sie auf der Grundlage solcher Gliedstaatsverträge (zB BGBl 1984/273, Vereinbarung gemäß Art 15 a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Kärnten über einen gemeinsamen Hubschrauber-Rettungsdienst; BGBl 1990/106 betreffend eine inhaltlich gleiche Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Wien) erfolgt, oder ob doch im Hinblick auf die Ausgestaltung dieses Teils des Rettungswesens eine privatwirtschaftliche Tätigkeit anzunehmen ist, bedarf hier keiner abschließenden Beurteilung, weil der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch dann zu verneinen ist, wenn die Beklagte innerhalb der Privatwirtschaftsverwaltung, sohin im geschäftlichen Verkehr im Sinn des § 1 UWG tätig sein sollte:

Die Klägerin erblickt einen Verstoß der Beklagten gegen § 1 UWG darin, daß diese Sekundärflüge durchführe, ohne im Besitz von Bewilligungen gemäß § 103 und § 108 LuftfahrtG zu sein. Mit Recht verweist die Beklagte darauf, daß die dort vorgesehenen Bewilligungen nur für "Luftbeförderungsunternehmen" vorgesehen sind. Luftfahrtunternehmen im Sinne des Luftfahrtgesetzes sind gemäß § 101 lit a dieses Gesetzes Unternehmen zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen und Sachen mit Luftfahrzeugen (Luftbeförderungsunternehmen).

In den EB zu § 101 LuftfahrtG wurde ausgeführt:

"Gewerbsmäßig ist die Beförderung beziehungsweise die Vermietung dann, wenn jemand aus der Beförderung beziehungsweise der Vermietung 'sein Gewerbe macht', das heißt, diese Tätigkeiten mit der Absicht auf Gewinnerzielung und dauernde Ausübung berufsmäßig und selbständig durchführt. Auf Gewinn gerichtet sind diese Tätigkeiten zum Beispiel dann nicht, wenn sie nur gegen Ersatz der Selbstkosten erfolgen. ..."

(307 BlgNr 8. GP 37).

Nach den Feststellungen bilden die Rettungsflüge der Beklagten ein Verlustgeschäft. Sie führt sie offenbar nur durch, um dem Gesetz zu entsprechen, nicht aber zu dem Zweck, daraus Gewinn zu ziehen. Die von der Beklagten vertretene Auffassung, sie bedürfe mangels Gewinnabsicht keiner Beförderungs- und Betriebsaufnahmebewilligung, läßt sich daher nach dem Gesetzeswortlaut ohne weiteres vertreten.

Ist aber die Auffassung der Beklagten über den Umfang ihrer Befugnisse so weit gedeckt, daß sie mit gutem Grund vertreten werden kann, so kann ihr nicht der Vorwurf eines Verstoßes gegen die guten Sitten infolge Verletzung gewerberechtlicher Vorschriften gemacht werden (ÖBl 1976, 67 - Berater in Versicherungsangelegenheiten; SZ 56/2 = ÖBl 1983, 40 - Metro-Post I; ÖBl 1995, 110 - Zukauf von Wein uva).

Selbst wenn man die EWG-V Nr. 2407/92 des Rates vom 23.Juli 1992 - die infolge Änderung des Anhanges XIII des EWRA durch Art I des Beschlusses des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 7/94 vom 21.3.1994 (vom österreichischen Nationalrat genehmigt: BGBl 1994/566) zum Bestandteil des EWRA geworden war - auf die Beklagte anwenden wollte, könnte ihr gleichfalls nicht der Vorwurf eines sittenwidrigen Gesetzesverstoßes gemacht werden. Die in einem Mitgliedstaat zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung - das war für Österreich der 1.Juli 1994 (Art 3 des Beschlusses des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 7/94 vom 12.März 1994, BGBl 1994/566 und V des Bundeskanzlers über die Kundmachung des Inkrafttetens des EWR-Abkommens sowie der Beschlüsse Nr. 2/94, 3/94, 4/94, 5/94 und 7/94 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses, BGBl 1994/616) - geltenden Betriebsgenehmigungen oder Ausnehmeregelungen blieben für die Dauer von höchstens einem Jahr gültig (Art 16 der VO). Die von der Beklagten dazu vertretene Rechtsansicht, es habe daher jedenfalls bis zu dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des Beschlusses erster Instanz (28.11.1994) bei der bisherigen Regelung - also Durchführung der Rettungsflüge unmittelbar auf Grund der Gliedstaatsverträge, aber ohne luftfahrtbehördliche Bewilligung - verbleiben können, läßt sich gleichfalls mit guten Gründen vertreten.

Da es somit an einem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten fehlt, kommt es nicht darauf an, ob sie entgegen der Meinung des Erstgerichtes nicht doch in wettbewerbsabsicht gehandelt hat und ob zwischen den Streitteilen in Wahrheit ein Wettbewerbsverhältnis besteht.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 40, 50 Abs 1, § 52 ZPO.

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