JudikaturJustiz4Ob50/88

4Ob50/88 – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Juni 1988

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** G*** U*** W***, Wien 4., Schwarzenbergplatz 14, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer, Dr. Friedrich Prunbauer, Dr. Marcella Prunbauer und Dr. Armin Dallmann, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Y*** R*** Vertriebsgesellschaft mbH, Salzburg, Bergerbräuhofstraße 35, vertreten durch Dr. Herwig Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 220.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 24. Februar 1988, GZ 12 R 6/88-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landes- als Handelsgerichtes Salzburg vom 26. November 1987, GZ 13 Cg 199/87-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.928,25 (darin enthalten S 720,75 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte betreibt den Versandhandel mit Schönheits- und Pflegeprodukten. In einem Werbeschreiben vom 30. April 1987, das an - jeweils namentlich genannte - Kunden in ganz Österreich gerichtet war, kündigte die Beklagte u.a. an:

"In diesem Brief finden Sie die phantastische Auswahl von sage und schreibe 99 Y*** R***rodukten mit 4 tollen Vorteilen. 99 Favoriten aus über 400 hochwertigen Schönheits- und Pflegeprodukten. Wählen Sie nach Herzenslust die Lieblingsprodukte für Sie und Ihre Familie - und profitieren Sie unbedingt von bis über 50 % Ersparnis gegenüber den Katalogpreisen.

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lohnt sich für Sie!

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Nutzen Sie alle Ihre Vorteile. Trennen Sie einfach Ihre Vorteilsmarken vom Markenbogen ab und kleben Sie sie auf die dafür vorgesehenen Felder Ihres persönlichen Favoriten-Bestellscheines ....."

Diesem Werbeschreiben waren ein "Favoriten-Bestellschein" und ein Markenbogen beigelegt. In dem Bestellschein waren einzelne Felder für die Bestellmarken vorgesehen; darüber stand folgende Anleitung:

"Wählen Sie Ihre Favoriten-Produkte aus und trennen Sie die entsprechenden Marken vom beiliegenden Markenbogen ab. Kleben Sie die Produkte mit den Vorteilen Ihrer Wahl auf - 30 % Ersparnis, zwei Produkte zum Preis von einem, die S 49,-- Vorteilspreise und Accessoires ohne einen Schilling mehr. Nutzen Sie diese Vorteile". Der Markenbogen enthielt eine größere Anzahl von Marken für die einzelnen Produkte, bei denen die Beklagte entweder 30 % Ersparnis, die Lieferung von zwei Artikeln zum Preis von einem oder den Preis von S 49,-- ankündigte. Bei allen diesen Artikeln war der - höhere - Katalogpreis als "statt"-Preis angegeben. Der Kläger beantragte, die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr, insbesondere im Versandhandel, zu unterlassen, "Marken" auszugeben, die in bestimmte Felder eines Bestellscheines eingesetzt werden können, und anzukündigen, daß für bestimmte Produkte durch Verwendung dieser Marken

a) ein Rabatt von 30 % auf den Normalpreis der Beklagten gewährt werde,

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung (ÖBl. 1984, 48, 104 und 107; ÖBl. 1987, 105 uva) kann wegen der Eigenart des Wettbewerbsrechtes auf diesem Gebiet eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO auch dann vorliegen, wenn zu einem unbestimmten Gesetzesbegriff des Wettbewerbsrechtes zwar bereits allgemeine, durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entwickelte Leitsätze bestehen, die konkrete Lösung des zu entscheidenden Falles sich aber daraus noch nicht ohne weiteres ergibt, sondern mangels Vorliegens von Vorentscheidungen mit weitgehend gleichartigen Sachverhalten ein sorgfältiger Vergleich mit den bisher entschiedenen, nur ähnlichen Fällen vorzunehmen ist. Da die Frage, ob mit einer Werbeaktion, wie sie hier zu beurteilen ist, ein unzulässiger Rabatt oder eine allgemeine Preissenkung angekündigt wird, bisher noch nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen wurde, ist die Revision im Sinne der vorstehenden Ausführungen zwar zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Die Beklagte bekämpft ausdrücklich nur die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß nicht das wirtschaftliche Ergebnis - nämlich die Auswirkung der Begünstigung auf alle Kunden -, sondern die Auffassung des Verkehrs über den Inhalt der Werbeankündigung für die Beurteilung maßgebend sei, ob ein Rabatt oder eine allgemeine Preissenkung angekündigt wurde. Diese "formalistische" Betrachtungsweise sei unzutreffend. Da die Beklagte die beanstandete Werbung in ganz Österreich durchgeführt und sohin alle ihre Kunden erreicht habe, habe sie eine - auch in Form eines prozentuellen Abschlages mögliche - allgemeine Preisherabsetzung angekündigt. Dem kann nicht beigepflichtet werden:

Gemäß § 1 Abs. 2 RabG gelten als Preisnachlässe im Sinne dieses Gesetzes Nachlässe von den Preisen, die der Unternehmer ankündigt oder allgemein fordert, oder Sonderpreise, die wegen der Zugehörigkeit zu bestimmten Verbraucherkreisen, Berufen, Vereinen oder Gesellschaften eingeräumt werden. Nur dann, wenn der frühere Normalpreis gegenüber allen Interessenten durch einen neuen, niedrigeren Normalpreis ersetzt wird, liegt eine generelle Preissenkung vor; steht dagegen dem unverändert gebliebenen Normalpreis des Unternehmers ein individueller, durch einen entsprechenden Nachlaß im Einzelfall gewonnener Ausnahmepreis gegenüber, dann ist eine Rabattgewährung im Sinn des § 1 Abs. 2 RabG anzunehmen (SZ 53/147 uva). Der Begriff der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Verbraucherkreis ist dabei weit auszulegen, es genügt eine Gemeinsamkeit der äußeren Umstände, wie etwa bestimmte Zusammenhänge mit dem Rabattgeber, z.B. als "Stammkunde". Maßgeblich ist, daß der Sondernachlaß aus Gründen gewährt wird, die in der Person des Begünstigten liegen (ÖBl. 1983, 91 uva). Wie der Oberste Gerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat (SZ 53/147;

ÖBl. 1984, 48; ÖBl. 1985, 51; ÖBl. 1987, 163), liegt eine verbotene Rabattgewährung vor, wenn Gutscheine, Werbekarten oder Bestellscheine zum ermäßigten Bezug einer Ware verteilt werden;

dabei kommt es nur darauf an, ob der Eindruck erweckt wird, daß der Nachlaß nur den Inhabern dieses Werbematerials gewährt wird (SZ 53/147; ÖBl. 1987, 163). Auf die dazu in der Lehre geäußerte Kritik (Schuhmacher, Verbraucherschutz bei Vertragsanbahnung 348 f und 357 f; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 83 FN 106) - wonach bei massenweiser Verteilung von Gutscheinen, insbesondere im Wege von Zeitungsinseraten oder von Postwurfsendungen an x-beliebige Haushalte, kein Sonderpreis für bestimmte Personenkreise geschaffen werde, weil die Gutscheine in der Regel von jedem Interessenten "erworben" und eingelöst werden können - muß im vorliegenden Fall nicht näher eingegangen werden, weil die Beklagte die Bestellmarken und Bestellscheine nicht an einen unbestimmten Personenkreis verteilt und darin auch noch den Eindruck erweckt hat, daß außerhalb dieser "Aktion" der (höhere) Katalogpreis weiterhin gelte: Schon die Ausführung "Profitieren Sie unbedingt von bis über 50 % Ersparnis gegenüber dem Katalogpreis" weist auf einen weiterhin bestehenden, allgemein gültigen höheren Preis hin. Die für 1987 gültige Preisliste, in der diese höheren Preise angeführt sind, lag dem Werbeschreiben gleichfalls bei. Aber auch die Aufforderung am Schluß des Werbeschreibens "Trennen Sie einfach Ihre Vorteilsmarken vom Markenbogen ab und kleben Sie sie auf die dafür vorgesehenen Felder Ihres persönlichen Favoriten-Bestellscheines" und die Versendung des Werbeschreibens an namentlich genannte Kunden mußten den Eindruck erwecken, daß nur die Empfänger des Werbeschreibens - als Angehörige eines bestimmten Verbraucherkreises - durch Verwendung des Bestellscheines und der Bestellmarken in den Genuß der angegebenen Preisvorteile kommen könnten. Das beanstandete Werbeschreiben konnte daher - jedenfalls auch - als Ankündigung unzulässiger Rabatte verstanden werden.

Ob in der Aktion "zwei Artikel zum Preis von einem" für sich allein schon die Ankündigung eines unzulässigen Mengenrabattes zu sehen war (vgl. ÖZW 1988, 25 !Barfuß ), muß im vorliegenden Fall somit nicht beurteilt werden. Zulässige Ausnahmen vom Rabattverbot hat die Beklagte nicht behauptet.

Der Ausspruch über die Urteilsveröffentlichung wird in der Revision nicht mehr ausdrücklich bekämpft.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Rechtssätze
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