JudikaturJustiz4Ob2276/96a

4Ob2276/96a – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Oktober 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rechtsanwaltskammer für Oberösterreich, Linz, Museumstraße 27, vertreten durch Saxinger, Baumann Partner, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1. Dr.Johannes H*****, 2. Dr.Michael K*****, 3. Dr.Franz H***** und 4. Dr.Georg M*****, alle Rechtsanwälte, Linz, Marienstraße 4, vertreten durch Dr. Michael Krüger, Rechtsanwalt in Linz, infolge Revisionsrekurses der Klägerin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 18. Juli 1996, GZ 3 R 142/96i-14, mit dem der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 14. Mai 1996, GZ 2 Cg 47/96a-7, in der Hauptsache bestätigt, im Kostenpunkt aber abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie wie folgt zu lauten haben:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruches wird den Beklagten bis zur rechtskräftigen Beendigung dieses Verfahrens im geschäftlichen Verkehr verboten, die Bezeichnungen "LAW", "L'AW" oder "Linzer Anwälte" auf Schriftstücken des Betriebes ihrer Rechtsanwaltskanzlei als Bezeichnung dieser Rechtsanwaltskanzlei zu verwenden, unabhängig davon, ob diese Bezeichnungen einzeln oder in Verbindung verwendet werden, sowie unabhängig davon, in welcher Schreibweise diese Bezeichnungen verwendet werden.

Die Beklagten haben die Äußerungskosten endgültig selbst zu tragen."

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die Beklagten haben die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Beklagten haben sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen; sie verwenden seit März 1995, seit dem Eintritt des Viertbeklagten in die Kanzleigemeinschaft, folgendes Kanzleilogo:

Das Kanzleilogo schien in zwei Kanzleierweiterungsanzeigen in den "Oberösterreichischen Nachrichten" im März 1995 auf; die Beklagten verwenden es auf ihrem Briefpapier, auf Visitenkarten und auf insgesamt drei Kanzleischildern am und im Haus Linz, Marienstraße 4. Das Logo ist im Markenregister des Österreichischen Patentamtes unter der Registernummer 161933 eingetragen.

Die "Oberösterreichischen Nachrichten" und die Tageszeitung "Täglich alles" haben in Berichten das Kanzleilogo der Beklagten nicht vollständig, sondern nur mit "L'aw Linzer Anwälte" oder mit "L'aw" wiedergegeben.

Die Klägerin hat das Imas-Institut für Markt- und Sozialanalysen beauftragt zu erforschen, womit die Bevölkerung die Bezeichnung "Linzer Anwälte" bzw. "Law" spontan in Beziehung bringt. Am 27. und 28.11.1995 wurden 400 Personen, die das 19. Lebensjahr überschritten hatten, telefonisch befragt.

Nach einer vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag herausgegebenen Informationsbroschüre der österreichischen Rechtsanwälte wird zum Thema "Kanzleiformen in Österreich" die Auffassung vertreten, daß "nicht die Größe entscheidend ist". 78 % aller österreichischen Rechtsanwälte sind allein tätig; 18 % zu zweit und nur 4 % sind in einer Kanzleigemeinschaft mit mehr als zwei Anwälten tätig. In Linz gibt es eine Kanzleigemeinschaft mit sechs Anwälten, drei Kanzleigemeinschaften mit fünf Anwälten und fünf Kanzleigemeinschaften mit vier Anwälten. Per 1.3.1996 hatten insgesamt 167 Rechtsanwälte ihren Kanzleisitz in Linz.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, die Bezeichnung "LAW", "L'AW" oder "Linzer Anwälte" auf Schriftstücken des Betriebes ihrer Rechtsanwaltskanzlei zu verwenden, unabhängig davon, ob diese Bezeichnungen einzeln oder in Verbindung verwendet werden, sowie unabhängig davon, in welcher Schreibeweise diese Bezeichnungen verwendet werden.

Die Beklagten verwendeten "LAW" bzw. "L'AW" sowie "Linzer Anwälte" als Kurzbezeichnung. Sie verstießen damit gegen § 9 Abs 3 der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes (RL-BA 1977); der Verstoß sei sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG.

Die Bezeichnungen seien auch zur Irreführung geeignet. Nach der von der Klägerin eingeholten repräsentativen Meinungsumfrage erweckten die Bezeichnungen den Eindruck, die Kanzlei der Beklagten sei die größte und/oder beste Linzer Rechtsanwaltskanzlei mit besonderen Kenntnissen im englischsprachigen Rechtsbereich. Die von den Beklagten damit in Anspruch genommene Alleinstellung entspreche nicht den Tatsachen.

Die Beklagten beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen.

Das angerufene Gericht sei sachlich unzuständig, weil ein Schiedsvertrag bestehe. Die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert. Die Meinungsumfrage sei kein geeignetes Bescheinigungsmittel. Den Befragten sei nicht gesagt worden, daß die Beklagten immer auch ihre Namen anführten; es könne auch nicht zugleich nach der größten und nach der besten Kanzlei gefragt werden. Die Kanzlei der Beklagten liege bei allen wirtschaftlichen Kennzahlen im Spitzenfeld der oberösterreichischen Anwaltskanzleien. Alleinstellungswerbung sei zulässig, wenn das damit angepriesene Erzeugnis - wie die Kanzlei der Beklagten - qualitativ hochwertig sei. "LAW" lasse nicht auf besondere Kenntnisse des angloamerikanischen Rechtssystems bzw der englischen Sprache schließen. Derartige Kenntnisse hätten die Beklagten aber ohnedies. Die Größe der Kanzlei sei für die Entscheidung, einen Anwalt zu beauftragen, ohne wesentliche Bedeutung; nur 9,3 % der Klienten ließen sich davon leiten.

Die Richtlinien des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages seien bei verfassungskonformer Interpretation nur Empfehlungen; andernfalls läge eine formalgesetzliche Delegation vor. Ein Verstoß dagegen sei nicht sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG. Ein solcher Verstoß liege aber auch nicht vor, weil die Beklagten ohnedies immer die Namen aller Kanzleipartner anführten. Eine einheitliche Standesübung bei Kurzbezeichnungen gebe es nicht.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es sprach den Beklagten einen Teil der von diesen verzeichneten Kosten zu.

Ein Schiedsvertrag sei nicht zustandegekommen. Die Klägerin sei nach § 14 UWG aktiv legitimiert. Die Beklagten hätten jedoch weder gegen § 1 UWG noch gegen § 2 UWG verstoßen. Das Kanzleilogo der Beklagten stehe im Einklang mit § 9 Abs 3 RL-BA, weil die Beklagten ohnedies immer die Namen aller Partner anführten.

Die von der Klägerin vorgelegte Meinungsumfrage weise erhebliche Schwachstellen auf und könne die Irreführungseignung daher nicht bescheinigen. Allfällige irrige Vorstellungen über die Kanzleigröße seien für den Entschluß, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, ohne besondere Bedeutung. Die Behauptung, "beste Rechtsanwaltskanzlei in Linz" zu sein, sei als bloßes Werturteil der objektiven Nachprüfung entzogen.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes in der Hauptsache und änderte die Kostenentscheidung dahin ab, daß es den Beklagten auch die Kosten des von diesen eingeholten Privatgutachtens zusprach. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Die Klägerin räume ein, daß die Marke § 9 Abs 3 RL-BA 1977 entspreche, weil die Namen der vier Kanzleipartner angegeben seien. Daß sie dennoch die Auffassung vertrete, es liege ein Verstoß gegen diese Bestimmung vor, müsse verwundern, verwendeten die Beklagten doch immer die vollständige Marke. Sie träten nicht unter einer Kurzbezeichnung auf.

Maßgebend sei nunmehr, wie ein mündiger und verständiger Verbraucher eine Werbeankündigung auffasse. Die von der Klägerin in Auftrag gegebene Untersuchung sei nicht aussagekräftig, weil sie nicht darauf abstelle, daß die Beklagten immer auch ihren vollen Namen anführen. Die Frage der Irreführungseignung sei daher als Rechtsfrage zu behandeln.

Ob die Verwendung einer Ortsbezeichnung irreführend sei, hänge von dem Umständen des Einzelfalles ab. Jeder mündige und verständige Verbraucher müsse wissen, daß es in Linz zahlreiche Anwaltskanzleien gibt. Da die Beklagten immer die Namen der vier Partner anführten, könne es keine Fehlvorstellungen über die Größe der Kanzlei geben. Es könne daraus aber entnommen werden, daß sich die Beklagten einer besonderen Bedeutung und eines besonderen Umfanges ihrer Kanzlei rühmen. Das sei nach dem bescheinigten Sachverhalt nicht unrichtig. Die Behauptung, beste Anwaltskanzlei zu sein, sei ein Werturteil; die Klägerin habe auch keine Methode angeboten, die einen Qualitätsvergleich ermögliche. Soweit der Bezeichnung entnommen werde, die Leistungen der Beklagten seien qualitativ hochwertig und erfüllten die Anforderungen, die an eine Anwaltskanzlei in einer Landeshauptstadt zu stellen sind, habe die Klägerin gar nicht behauptet, daß dies unrichtig wäre. Eine allfällige Irreführung über die Größe einer Kanzlei sei auch nicht kausal für den "Kaufentschluß". Maßgebend seien die Vorstellungen über die fachliche und menschliche Qualität des Rechtsanwaltes. Bei einer größeren Kanzlei müsse befürchtet werden, daß auf besondere Wünsche und Vorstellungen weniger eingegangen, allenfalls ein höheres Honorar verlangt und es nicht zu einem gleich intensiven persönlichen Kontakt kommen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig und berechtigt.

Die Klägerin hält an ihrer Auffassung fest, daß "L'AW" und "LINZER ANWÄLTE" unzulässige Kurzbezeichnungen seien. Rechtsanwälte sollten in erster Linie durch ihre Leistung und damit durch ihren Namen werben, dem diese Leistung zugeordnet werde. Die enge Bindung der schlagwortartigen Kurzbezeichnung an die Namen der Gesellschafter solle jeden Mißbrauch unterbinden. Die Beklagten verstießen auch gegen § 45 RL-BA. Danach sei es dem Rechtsanwalt erlaubt, wahrheitsgemäße und nicht irreführende Angaben über seine Person und Tätigkeit zu machen, sofern er sich auf das sachlich Gebotene beschränkt. Die Werbung der Beklagten sei standeswidrig, weil sie ihre Leistung mit der anderer Rechtsanwälte verglichen. Es sei gefestigte Standesauffassung, daß keine irreführenden oder mit Gesellschafternamen nicht im Zusammenhang stehende Kurzbezeichnungen gewählt werden dürfen. Die Beklagten verwendeten "L'AW" und "LINZER ANWÄLTE" blickfangartig; die Irreführungseignung müsse daher auch ohne Berücksichtigung der Namen der vier Kanzleipartner beurteilt werden. Die Beklagten erweckten den - unzutreffenden - Eindruck einer Spitzenstellung. Daß ihnen diese Spitzenstellung zukomme, hätten die Beklagten beweisen müssen. Die Ausführungen des Rekursgerichtes zur mangelnden Relevanz eines allfälligen Irrtums beruhten auf unzulässigen Methoden; auch das Rekursgericht sehe in der Anzahl der Kanzleipartner das entscheidende Kriterium für die Bedeutung einer Kanzlei.

Gemäß § 14 UWG kann der Anspruch auf Unterlassung nach (ua) §§ 1 und 2 UWG (auch) von Vereinigungen zur Förderung wirtschaftlicher Interessen von Unternehmern geltend gemacht werden, soweit diese Vereinigungen Interessen vertreten, die durch die Handlung berührt werden. Ob die Rechtsanwaltskammern zur Klage legitimiert sind, ist in § 14 UWG nicht ausdrücklich geregelt.

Die Rechtsanwaltskammern sind Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 22 Abs 2 RAO). Gemäß § 23 RAO besorgt die Rechtsanwaltskammer ihre Geschäfte teils unmittelbar in Plenarversammlungen, teils mittelbar durch ihren Ausschuß. Sowohl der Kammer als auch dem Ausschuß obliegt die Wahrung der Ehre, des Ansehens und der Rechte sowie auch die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltsstandes. Nach § 27 Abs 1 lit a RAO obliegt der Plenarversammlung die Festsetzung ihrer Geschäftsordnung und der des Ausschusses sowie der Satzung der Versorgungseinrichtungen. Die Geschäftsordnungen der Rechtsanwaltskammern und der Ausschüsse sowie die Satzungen der Versorgungseinrichtungen bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Genehmigung durch den Bundesminister für Justiz. Sie sind diesem innerhalb eines Monats nach Beschlußfassung vorzulegen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Geschäftsordnungen und die Satzungen dem Gesetz entsprechen. Wird die Genehmigung nicht innerhalb von drei Monaten versagt, so gilt sie als erteilt (§ 27 Abs 6 RAO).

Nach § 2 Abs 2 der Geschäftsordnung der Klägerin fällt in ihren Wirkungskreis insbesondere auch die Förderung der wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder. § 2 Abs 2 letzter Satz leg cit ermächtigt die Rechtsanwaltskammer, Ansprüche auf Unterlassung wettbewerbswidrigen Verhaltens im Sinne des § 14 UWG geltend zu machen.

Den Rechtsanwaltskammern kommen nicht nur hoheitliche Aufgaben zu, sondern sie nehmen, wie insbesondere die Versorgungseinrichtungen zeigen (s § 49 RAO), auch die wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder wahr. In diesem Sinn hat die Rechtsprechung die Aktivlegitimation der Rechtsanwaltskammern für Klagen gegen

Nichtmitglieder bejaht (SZ 11/113 = AnwZ 1928, 302 = JBl 1928, 354 =

GRUR 1928, 1063 = MuW 1928, 470; MR 1989, 68). Für Klagen gegen

Mitglieder gilt nichts anderes (s 4 Ob 2254/96s zur Klagelegitimation der Apothekerkammer). Die Wirkung eines Unterlassungsurteiles geht über die eines Disziplinarerkenntnisses hinaus; die Disziplinargewalt der Kammer macht ihre Klagelegitimation keineswegs überflüssig. Aufgrund eines Unterlassungstitels kann bei jedem künftigen Verstoß Exekution geführt werden. Daß die Klägerin mit der Klage gegen ein Mitglied dessen wirtschaftliche Interessen nicht fördert, schließt die Klagelegitimation nicht aus. Bei der Förderung der wirtschaftlichen Interessen ist immer auf die Gesamtheit der von der Vereinigung vertretenen Interessen abzustellen. Diese Interessen werden gefördert, wenn gegen Mitglieder vorgegangen wird, die sich an Bestimmungen nicht halten, welche im allgemeinen Standesinteresse erlassen wurden.

Gemäß § 9 Abs 1 der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes, für die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltes und für die Ausbildung der Rechtsanwaltsanwärter (RL-BA 1977) hat der Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufes seinen akademischen Grad, Vor- und Zunamen und die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt zu führen. Die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts haben bei Führung einer Kurzbezeichnung, die dem Zunamen der Gesellschafter entnommen sein und den Hinweis auf den Beruf enthalten muß, auch den akademischen Grad sowie den Vor- und Zunamen jedes Gesellschafters an geeigneter Stelle anzugeben (§ 9 Abs 3 RL-BA 1977).

Die Beklagten stellen ihren Namen "L'AW" und "LINZER ANWÄLTE" voran. "L'AW" und "LINZER ANWÄLTE" sind blickfangartig hervorgehoben. Die Beklagten führen demnach nicht bloß, wie in § 9 Abs 1 RL-BA 1977 festgelegt, ihren akademischen Grad, ihren Vor- und Zunamen und die Bezeichnung Rechtsanwalt. Sie haben mit "L'AW" und "LINZER ANWÄLTE" eine Kurzbezeichnung gewählt, die jedoch die in § 9 Abs 3 RL-BA 1977 aufgestellten Anforderungen nicht erfüllt.

§ 9 Abs 3 RL-BA 1977 bestimmt, welchen Inhalt eine Kurzbezeichnung haben muß, die die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts wählen. Danach muß die Kurzbezeichnung dem Zunamen der Gesellschafter entnommen sein und den Hinweis auf den Beruf enthalten. Andere Bezeichnungen sind dem Anwalt nicht erlaubt.

Das Vorliegen einer Kurzbezeichnung nach § 9 Abs 3 RL-BA wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, daß auch der akademische Grad und der Vor- und Zuname jedes Gesellschafters angegeben sind. Gemäß § 9 Abs 3 RL-BA ist bei Führung einer Kurzbezeichnung auch der akademische Grad, der Vor- und Zuname jedes Gesellschafters an "geeigneter Stelle" anzugeben. Daß jene Stelle, die sich in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Kurzbezeichnung befindet, nicht geeignet sein sollte, ist nicht ersichtlich.

Den Beklagten ist aber auch nicht geholfen, wenn "L'AW" und "LINZER ANWÄLTE" als Zusatzbezeichnung aufgefaßt werden. "L'AW" und "LINZER ANWÄLTE" sind blickfangartig hervorgehoben; eine blickfangartig hervorgehobene Zusatzbezeichnung wirkt gleich wie eine Kurzbezeichnung: Sie springt ins Auge und bleibt im Gedächtnis haften. Für ihre Zulässigkeit müssen daher die gleichen Regeln gelten wie für eine Kurzbezeichnung. Darf die Kurzbezeichnung nur dem Zunamen der Gesellschafter entnommen sein, so muß auch für die blickfangartig hervorgehobene Zusatzbezeichnung ausgeschlossen sein, daß sie beschreibenden oder Phantasiecharakter hat.

"L'AW" ist als Abkürzung von "Linzer Anwälte" eine Phantasiebezeichnung; "LINZER ANWÄLTE" beschreibt die Kanzlei der Beklagten als Zusammenschluß von in Linz ansässigen Anwälten. Ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise wird auch "L'AW" als beschreibend empfinden, wird damit doch eine deutliche Beziehung zu "law" (engl. Recht, Gesetz) und damit zu englischsprachiger (= internationaler) Anwaltstätigkeit geschaffen.

Die Bezeichnungen "L'AW" und "LINZER ANWÄLTE" verstoßen daher gegen § 9 Abs 3 RL-BA 1977. Die Richtlinien sind eine Verordnung, die der Österreichische Rechtsanwaltskammertag aufgrund der Verordnungsermächtigung des § 37 RAO erlassen hat (VfSlg 9470).

Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beklagten sind nicht begründet. Ihr Hinweis auf die Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichtes, mit der die anwaltlichen Standesrichtlinien mangels gesetzlicher Grundlage für unwirksam erklärt wurden (NJW 1988, 191), ist nicht zielführend, weil die vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag erlassenen Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes Verordnungscharakter haben und auf einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung (§ 37 RAO) beruhen (s 1188 BlgNR 17. GP 16).

Nach § 10 Abs 2 RAO ist der Rechtsanwalt verpflichtet, durch Redlichkeit und Ehrenhaftigkeit in seinem Benehmen die Ehre und Würde des Standes zu wahren. Nach § 37 RAO hat der Österreichische Rechtsanwaltskammertag Richtlinien (ua) zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs (Z 1) und zur Überwachung der Pflichten des Rechtsanwalts (Z 2) zu erlassen. Gemäß § 1 DSt 1990 begeht ein Rechtsanwalt, der schuldhaft die Pflichten seines Berufes verletzt oder inner- oder außerhalb seines Berufes durch sein Verhalten die Ehre oder das Ansehen des Standes beeinträchtigt, ein Disziplinarvergehen. Disziplinarvergehen sind vom Disziplinarrat zu behandeln; im übrigen obliegt die standesrechtliche Aufsicht dem Ausschuß der Rechtsanwaltskammer (§ 1 Abs 2 und 3 leg cit). Der Begriff Ehre und Ansehen des Rechtsanwaltsstandes hat einen Inhalt, der aus den allgemeinen gesellschaftlichen Anschauungen und den gefestigten Gewohnheiten des Rechtsanwaltsstandes festgestellt werden kann (Machacek, Sind die Richtlinien gesetzlich gedeckt?, AnwBl 1983, 107 mwN; s auch 1188 BlgNR 17. GP 16 unter Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 30.6.1988 B 1286/87).

§ 10 Abs 2 RAO ist verfassungskonform dahin auszulegen, daß Rechtsanwälte auch bei Meinungsäußerungen die Ehre und Würde des Standes so weit zu wahren haben, als sie ein Schutz der in Art 10 Abs 2 MRK genannten Rechtsgüter rechtfertigt (VfSlg 12886). Nach Art 10 Abs 1 MRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Vom Schutzumfang dieser Bestimmung werden auch Werbemaßnahmen erfaßt. Art 10 Abs 2 MRK sieht allerdings im Hinblick darauf, daß die Ausübung dieser Freiheit Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, die Möglichkeit von (ua) Einschränkungen vor, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft (ua) zur Gewährleistung des Ansehens und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung notwendig sind (VfSlg 12886).

Die Beschränkung von Kurzbezeichnungen auf dem Zunamen der Gesellschafter entnommene Bezeichnungen wahrt das Ansehen des Rechtsanwaltsstandes und damit auch der Rechtsprechung, wird dadurch doch verhindert, daß unsachliche oder gar marktschreierische Bezeichnungen verwendet werden. Dies entspricht auch der gefestigten Standesauffassung, können die Beklagten doch auf keine andere österreichische Anwaltskanzlei verweisen, die vergleichbare Phantasie- oder beschreibende Bezeichnungen verwendete. Die Verwendung des englischsprachigen Begriffes für Rechtsanwaltskanzlei ("law offices") oder für Rechtsanwälte ("attorneys at law") kann einer Phantasiebezeichnung ("L'AW" als Abkürzung von "Linzer Anwälte") oder einer aus dem Ortsnamen und der Berufungsbezeichnung zusammengesetzten Bezeichnung ("LINZER ANWÄLTE") nicht gleichgehalten werden.

Eine Beschränkung der Erwerbsausübungsfreiheit ist nur dann verfassungswidrig, wenn das verfolgte Ziel "keinesfalls als im öffentlichen Interesse liegend" anzusehen ist (H. Mayer, B-VG 387 mwN). Die Beschränkungen bei der Bildung von Kurzbezeichnungen für Gesellschaften von Anwälten nach bürgerlichem Recht liegen auch im öffentlichen Interesse, wird dadurch doch erreicht, daß bei einem Berufsstand, dessen Seriosität von entscheidender Bedeutung ist, unsachliche Bezeichnungen von vornherein ausgeschlossen sind.

Da die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beklagten demnach nicht stichhaltig sind, erachtet es der erkennende Senat nicht für erforderlich, § 9 Abs 3 RL-BA 1977 beim VfGH als gesetzwidrig anzufechten.

Der Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift ist sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG, wenn die Gesetzesverletzung subjektiv vorwerfbar und geeignet ist, dem gesetzwidrig Handelnden einen Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen (stRsp ua ÖBl 1992, 268 - Naturfreunde; ÖBl 1994, 17 - Contact; zuletzt etwa ÖBl 1996, 237 - Anstaltsapotheke II, je mwN). Das Mißachten einer einheitlich gefestigten Standesauf- fassung, die auf der allgemeinen Überzeugung der Standesgenossen des jeweiligen Gewerbezweiges beruht, ist wie eine Gesetzesverletzung zu werten (WBl 1992, 167 - Grabsteinwerbung II mwN).

Die Beklagten haben nicht nur gegen die Richtlinien, sondern auch gegen die einheitliche Standesauffassung verstoßen. Ihr Verhalten ist subjektiv vorwerfbar und auch geeignet, ihnen einen Vorsprung vor den anderen Anwälten zu verschaffen. Durch die Verwendung einer originellen einprägsamen Bezeichnung erzielen sie einen Werbeeffekt, der den gesetzestreuen Standesangehörigen versagt bleibt (vgl WRP 1996, 1105 zur Unzulässigkeit der Notarwerbung mit Logo).

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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