JudikaturJustiz4Ob226/02t

4Ob226/02t – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Oktober 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Markus Orgler und Dr. Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei M.*****, vertreten durch Greiter Pegger Kofler Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert 18.168,21 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 3.633,64 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 24. Mai 2002, GZ 4 R 85/02k 99, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 15. Jänner 2002, GZ 12 Cg 64/98m 94, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden teilweise, und zwar dahin abgeändert, dass die Entscheidung, die in den Punkten 1. und 2. des Ersturteiles unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist, in ihren Aussprüchen über die Veröffentlichungsermächtigung und die Kosten nunmehr zu lauten hat:

"3. Der klagenden Partei wird die Berechtigung erteilt, die Solennitätsklausel, den Kopf, den klagestattgebenden Teil des Spruchs und die Schlussformel (Gerichts- und Abteilungsbezeichnung, Entscheidungstag, Unterschriftenstampiglie des Senatsvorsitzenden des entscheidenden Gerichtes) des Teilanerkenntnisurteils vom 16. 5. 2000 und des Endurteils binnen drei Monaten ab Rechtskraft des Endurteils auf Kosten der beklagten Partei im redaktionellen Teil der periodischen Zeitschrift "Textilwirtschaft" in der in Österreich erscheinenden Ausgabe (betreffend das Teilanerkenntnisurteil) und in der in Deutschland erscheinenden Ausgabe (betreffend das Endurteil) in der im jeweiligen redaktionellen Teil üblicherweise verwendeten Schrift mit schwarzer Umrandung, Fettdruck der Solennitätsklausel "Im Namen der Republik", der Prozessparteien sowie der im Begehren zu 1. unterstrichenen Worte des Spruches zu veröffentlichen. Das Veröffentlichungsmehrbegehren wird abgewiesen.

4. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.057,15 EUR (darin 227,08 EUR USt und 694,66 EUR Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei 132,50 EUR Barauslagen im Rechtsmittelverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen; im übrigen werden die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Rechtssache war bereits Gegenstand einer Entscheidung des erkennenden Senats; hinsichtlich Vorbringen und Sachverhalt wird auf den im Sicherungsverfahren gefassten Beschluss (wbl 2000, 139 = GRUR Int 2000, 1025 = ÖBl 2000, 168 - Tiroler Loden, teilweise mit Abbildungen) verwiesen. Im Hauptverfahren ist in dritter Instanz nur mehr die Entscheidung über das Veröffentlichungsbegehren strittig.

Die Klägerin begehrt in diesem Punkt die Erteilung der Berechtigung zur Veröffentlichung des klagsstattgebenden Teils des Urteils auf Kosten der Beklagten im redaktionellen Teil der periodischen Druckschriften "Textilwirtschaft" und "Fashion", für Italien in italienischer Übersetzung. Die Beklagte habe mit den von ihr verwendeten Emblemen bei der Inverkehrsetzung für Lodenprodukte beim maßgeblichen Teil der Verkehrskreise den irreführenden Eindruck erweckt, dass es sich um ein österreichisches Erzeugnis handle. Sie lehne sich in einer zur Verwechslung geeigneten Weise an die verwandten Unternehmenskennzeichen der Klägerin an. Namentlich in Italien und Deutschland sei ein irreführender Hinweis auf eine Produktion in Österreich oder auf österreichische Herkunft geeignet, im geschäftlichen Verkehr maßgebliche Verhältnisse zu bezeichnen, die für die Kaufentscheidung von entscheidender Bedeutung seien. Die Urteilsveröffentlichung sei zur Aufklärung der beteiligten Verkehrskreise jedenfalls notwendig. Die Zeitung "Textilwirtschaft" sei das maßgebliche Publikationsorgan für textilwirtschaftliche Belange im deutschen Sprachraum und in Italien. Der Urteilsspruch müsse bei der Veröffentlichung in Italien in die italienische Sprache übersetzt werden, weil sonst nicht mit allgemeinem Verständnis zu rechnen sei.

Die Beklagte beantragt (auch) die Abweisung des Urteilsveröffentlichungsbegehrens. Es fehle sowohl nach den nationalen Sachrechten als auch nach dem österreichischen Recht an den Voraussetzungen für eine Urteilsveröffentlichung. Seit der Erlasssung der einstweiligen Verfügung vom 8. 2. 1999 habe die Beklagte die beanstandeten Embleme nicht mehr benützt. Eine Information der beteiligten Verkehrskreise sei aufgrund der abgelaufenen Zeit nicht mehr erforderlich. Eine Veröffentlichung in zwei Medien sei nicht notwendig.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren mit Teilanerkenntnisurteil vom 16. 5. 2000 (das nur ein auf das Inland beschränktes Unterlassungsgebot zum Gegenstand hat) und Endurteil vom 15. 1. 2002 (das sich nur auf den deutschen und italienischen Markt bezieht) statt, soweit sich das Klagebegehren gegen die Verwendung des österreichischen Bundeswappens in verwechslungsfähiger Form richtet; es ermächtigte die Klägerin zur Veröffentlichung beider Urteile im Umfang von Solennitätsklausel, Kopf, klagestattgebendem Teil des Spruchs und Schlussformel (Gerichts- und Abteilungsbezeichnung, Entscheidungstag, Unterschriftenstampiglie des Senatsvorsitzenden des entscheidenden Gerichtes) binnen drei Monaten ab Rechtskraft des Endurteils auf Kosten der Beklagten im redaktionellen Teil der periodischen Zeitschrift "Textilwirtschaft" in der deutschen und italienischen Ausgabe, in letzterer in italienischer Übersetzung, in der im jeweiligen redaktionellen Teil üblicherweise verwendeten Schrift mit schwarzer Umrandung und Fettdruck der Solennitätsklausel "lm Namen der Republik", der Prozessparteien sowie näher bezeichneter Worte. Es stellte unter anderem fest, dass die Hauptabsatzmärkte der im Inland ansässigen Klägerin Deutschland (37 %) und Italien (20 %) sind, wo der qualitativ hochwertige Loden der Klägerin auch von führenden Konfektionären verwendet wird. Die Beklagte, ein Unternehmen mit Sitz in Italien, beliefert weltweit ihre Konfektionäre mit von ihr in Italien erzeugten Lodenstoffen samt Einnähetiketten (Emblem I), deren Verwendung ihr im Hauptverfahren verboten wurde. Solche Etiketten waren auch 2001 noch in Verwendung. Die Zeitschrift "Textilwirtschaft" ist die wichtigste Zeitschrift für Konfektionäre und den Textilhandel im deutschen Sprachraum; die italienische Ausgabe davon ist ein wesentliches Medium in den Fachkreisen Italiens.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb nach dem Recht jenes Staats zu beurteilen seien, auf dessen Markt sich der Wettbewerb auswirke. Die Verwendung des Emblems I sei auch nach deutschem Recht verboten, das mit § 23 Abs 2 dUWG eine Befugnis zur Urteilsbekanntmachung auf Kosten der unterliegenden Partei kenne. Das Veröffentlichungsbegehren in der Zeitschrift "Textilwirtschaft", deutsche Ausgabe, sei deshalb berechtigt. Das erfolgreiche Unterlassungsbegehren sei auch nach italienischem Recht berechtigt, weil die Verwendung des Emblems I Verwechslungsgefahr mit der Marke der Klägerin begründe. Art 2600 Satz 2 des Codice Civile sehe vor, dass im Fall von Handlungen unlauteren Wettbewerbs die öffentliche Bekanntmachung des Urteils angeordnet werden könne, weshalb auch das Begehren auf Veröffentlichung in der italienischen Ausgabe der Zeitschrift "Textilwirtschaft" in italienischer Übersetzung begründet sei. Eine Doppelveröffentlichung sei nicht erforderlich.

Das Berufungsgericht änderte dieses - nur hinsichtlich seines Ausspruchs über die Veröffentlichungsermächtigung angefochtene - Urteil dahin ab, dass es die Ermächtigung zur Veröffentlichung des Teilanerkenntnisurteils auf die in Österreich erscheinende Ausgabe der Zeitschrift "Textilwirtschaft" beschränkte, von der Veröffentlichung aber die Kostenentscheidung ausnahm, und das Begehren auf Veröffentlichung des Endurteils gänzlich abwies; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands zwar 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Berechtigung einer öffentlichen Bekanntmachung eines einen ausländischen Markt betreffenden Unterlassungsgebots in ausländischen Druckwerken fehle. Die Urteilsveröffentlichung gemäß § 25 Abs 3 UWG umfasse nur den über das Unterlassungsbegehren ergangenen Spruch und die Veröffentlichungsermächtigung, nicht aber den Ausspruch über die Kosten, weil damit das Publikum nicht über einen maßgeblichen Umstand aufgeklärt werde. Gem § 48 Abs 2 IPRG sei das Recht des Staats, auf dessen Markt sich der Wettbewerb auswirke, maßgeblich. Seien durch dasselbe Wettbewerbsverhalten die Märkte mehrerer Staaten betroffen, müssten die Folgen nach dem Recht jedes von ihnen gesondert beurteilt werden. Da die Verweisung auf das Recht des betroffenen Markts nach dem Willen des Gesetzgebers die Gleichbehandlung aller Wettbewerber auf einem Markt sichern solle, müsse sie als Sachnormverweisung aufgefasst werden, was die Befolgung von Rück- und Weiterverweisungen ausschließe. Es sei also im Ergebnis auf alle Fragen des unlauteren Wettbewerbs ausschließlich das materielle Recht jenes Staats anwendbar, auf dessen Markt sich der Wettbewerb auswirke. Soweit § 25 UWG der obsiegenden Partei das Recht zuerkenne, das Urteil auf Kosten des Gegners zu veröffentlichen, handle es sich um eine Vorschrift des materiellen Privatrechts. Demgegenüber gewähre § 23 dUWG einen prozessualen Anspruch auf Urteilsbekanntmachung, bei dem das deutsche Gericht auch nicht an den Antragsinhalt gebunden sei. Auch Art 2600 Codice Civile, wonach bei schuldhaften Wettbewerbsverstößen die öffentliche Bekanntmachung des Urteils angeordnet werden könne, sei eine rein prozessrechtliche Bestimmung, wie sich insbesondere auch aus dem beigesetzten Verweis auf Art 120 der italienischen Zivilprozessordnung ergebe. Die Anwendung nicht materiell rechtlicher, sondern rein prozessualer Bestimmungen ausländischer Rechtsordnungen durch österreichische Gerichte komme nicht in Betracht, sodass grundsätzlich nicht auf öffentliche Bekanntmachung der den deutschen und italienischen Markt betreffenden Teile des Unterlassungsgebots erkannt werden könne. Ein materiell rechtlicher Anspruch auf Urteilsveröffentlichung entsprechend der Bestimmung des § 25 Abs 3 UWG sei den deutschen und italienischen wettbewerbsrechtlichen Vorschriften unbekannt, sodass sich das diesbezügliche Veröffentlichungsbegehren der Klägerin schon aus diesem Grund als unberechtigt erweise. Eine subsidiäre Anwendung von § 25 Abs 3 UWG scheide aus, weil gem § 48 Abs 2 IPRG ausschließlich das materielle Recht des Staates anzuwenden sei, auf dessen Markt sich der Wettbewerb auswirke; andernfalls läge auch eine Ungleichbehandlung vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zulässig, weil das Berufungsgericht die kollisionsrechtlichen Fragen unrichtig gelöst hat; das Rechtsmittel ist teilweise berechtigt.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, bei Anwendung ausländischen Sachrechts könne zwischen Zivilrecht und öffentlichem Recht nicht nach dem Maßstab der verweisenden inländischen Rechtsordnung unterschieden werden; es sei vielmehr davon auszugehen, dass jede Rechtsordnung den Inhalt der von ihr verwendeten Begriffe allein bestimme. Begriffe der lex fori seien daher nach der lex fori, Begriffe der fremden lex causae nach dieser auszulegen. Zu fragen sei nach dem Zweck der Verweisungsnorm, nicht danach, an welcher Systemstelle das anzuwendende Sachrecht eine ihr funktionell entsprechende Sachnorm einordne. Nach diesen Grundsätzen sei im Hinblick auf § 23 Abs 2 dUWG und Art 2600 CC die Urteilsveröffentlichung in einem deutschen und italienischen Printmedium zu bewilligen. Dazu ist zu erwägen:

Im internationalen Wettbewerbsrecht vertritt der OGH (in Übereinstimmung mit § 48 Abs 2 IPRG) die Auffassung, dass die zivilrechtlichen Folgen eines Wettbewerbsverstoßes grundsätzlich nach dem Recht des Begehungsortes - also des Ortes, an dem die wettbewerblichen Interessen der Beteiligten aufeinanderstoßen - zu beurteilen sind (ÖBl 1981, 71 - Fremdenverkehrsverband mwN; 4 Ob 305/00g = RdU 2001, 151 [Artmann]). Zutreffend hat das Berufungsgericht daher den Sachverhalt, soweit er sich auf den deutschen und italienischen Markt bezieht, nach dem für diese Staaten geltenden Sachrecht beurteilt.

Bei der Anwendung fremden Sachrechts stellt sich das grundsätzliche Problem nach dem Inhalt der Verweisung. Strittig ist, ob die Abgrenzung des eigenen Verweisungsbegriffs (hier: Urteilsveröffentlichung) nach inländischem Recht auch die Grenzen der fremden Sachnormen bestimmt, oder ob die Verweisung die Einordnung des Sachverhalts und damit die Auswahl der maßgeblichen Sachnormen allein dem fremden Recht überlässt ( Schwimann in Rummel , ABGB² Vor § 1 IPRG Rz 38 f mit Hinweisen zum Meinungsstand).

Nach Schwind (Internationales Privatrecht Rz 88 mwN) zwinge die möglichst getreue Anwendung fremden Rechts dazu, die - ohnehin nicht naturgegebenen - Grenzen zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht zu verwischen, um so grundsätzlich jenes Ergebnis zu erzielen, das in einem gleichgelagerten Fall im Ursprungsland des fremden Rechts erzielt würde. Daher müssten alle Komponenten berücksichtigt werden, die dieses Ergebnis herbeiführten, mögen sie nun im Privatrecht oder im öffentlichen Recht, besonders auch im Verfahrensrecht, gelegen sein.

Mänhardt/Posch (Internationales Privatrecht² Rz 2/12) fassen das Qualifikationsproblem dahin zusammen, dass es im Einzelfall letztlich darum gehe, in funktioneller Betrachtungsweise unter Gesamtbewertung aller maßgeblichen Interessen die Regelungszwecke des verweisenden wie verwiesenen Rechts offenzulegen und miteinander so weit als möglich in Einklang zu bringen.

Nach Böhm (Die Rechtsschutzformen im Spannungsfeld von lex fori und lex causae, FS Fasching 1988, 118 f) verwehre die Inkongruenz sowohl der Privatrechte als auch der Verfahrensrechte eine formal begriffliche Qualifikation allein nach der rechtstechnischen Einordnung im nationalen Rechtssystem des Gerichtsstaats. Vielmehr sei in Fällen solcher Divergenz der typisierend wertende Vergleich sachlich geboten, ob einem bestimmten Institut des eigenen Rechts eine andere Einrichtung im fremden Recht entspreche und umgekehrt. Insofern könne von einer teleologisch funktionellen Qualifikation gesprochen werden.

Schwimann (aaO Rz 41 mwN) fasst die herrschende deutschsprachige Lehre zum Qualifikationsproblem dahin zusammen, dass der Anwendungsbereich und damit die Ratio der eigenen Verweisungsnorm nur dadurch gewahrt werden könne, dass sich die Verweisung im fremden Sachrecht grundsätzlich auf jene Sachnormen beschränke, die funktionell dem Ordnungsziel der eigenen Verweisungsnorm entspreche (kanalisierende Verweisung). Für die funktionelle Adäquanz sei es freilich völlig gleichgültig, an welcher Systemstelle und unter welche Begriffe das berufene fremde Recht die entsprechenden Vorschriften einordne. Weitergereicht werde durch die funktionelle Verweisung an die berufene fremde Rechtsordnung also nicht der "nackte Sachverhalt" oder die "Rechtsfrage", sondern die vom eigenen Verweisungsbegriff verkörperte funktionelle Zweckidee. An welcher Systemstelle diese dann im fremden Recht ihre Verwirklichung finde, bleibe allein dem berufenen Recht überlassen. Dabei könne ohne weiteres über die Grenzen des fremden Zivilrechts hinaus auch fremdes öffentliches Recht, insbesondere auch Verfahrensrecht, mit einbezogen werden.

Diesen Grundsätzen folgend hat der Bundesgerichtshof ausgesprochen, auch wenn die Verjährungsvorschriften nach amerikanischer Rechtsprechung dem Verfahrens- und nicht dem materiellen Recht zugerechnet würden, hindere das den deutschen Richter nicht, sie wie materielle Vorschriften anzuwenden, sei doch die Frage, ob die Verjährung eine Einrichtung des materiellen Rechts oder nur eine solche des Verfahrensrechts sei, nach deutschem Recht zu entscheiden (NJW 1960, 1720, 1721 mwN).

Gleichermaßen hat der Oberste Gerichtshof der Einrede nach Art 265 Abs 2 zweiter Satz des schweizerischen Bundesgesetzes vom 11. 4. 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs, die nach der von ihm im Streitfall anzuwendenden schweizerischen Rechtsordnung dem Verfahrensrecht zuzuordnen ist, materiell-rechtliche Wirkungen zuerkannt (ÖBA 1998, 306 = IPRax 1998, 486).

Den dargestellten Grundsatz von Lehre und Rechtsprechung, den Inhalt der Verweisung im Sinne einer teleologisch funktionellen Qualifikation zu bestimmen, ist zu folgen. Damit verlieren aber die vom Berufungsgericht aufgezeigten Unterschiede bei der systematischen Einordnung der Vorschriften über die Urteilsveröffentlichung in den Rechtsordnungen von Österreich, Deutschland und Italien an Bedeutung.

Richtig ist zwar, dass § 23 Abs 2 dUWG als prozessrechtlicher Anspruch verstanden wird ( Pastor/Ahrens , Der Wettbewerbsprozess4 732; Nirk/Kurtze , Wettbewerbsstreitigkeiten² Rz 35; Ciresa , Handbuch der Urteilsveröffentlichung² Rz 12; differenzierend Teplitzky , Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren8 331, wonach es sich um eine prozessual gestaltete Teilregelung eines umfassenden Veröffentlichungsanspruchs handle) und Art 2600 Abs 2 CC betreffend die Urteilsveröffentlichung die Bestimmung des Art 120 der italienischen Zivilprozessordnung über die öffentliche Bekanntmachung des Urteils für anwendbar erklärt, während nach der österreichischen Rechtsordnung § 25 UWG als Vorschrift des materiellen Privatrechts verstanden wird (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 69; Schuster Bonnott , Wesen und Grenzen der privatrechtlichen Befugnis zur Urteilsveröffentlichung im Wettbewerbsrecht mit Bemerkungen zur Wiederholungsgefahr, ÖBl 1980, 57 ff [57]; Ciresa aaO; 4 Ob 169/90). Zu prüfen ist aber nach dem zuvor Gesagten allein, ob § 23 Abs 2 dUWG und Art 2600 Abs 2 CC innerhalb ihrer Rechtsordnungen dieselbe Funktion zu erfüllen haben wie § 25 UWG in der österreichischen Rechtsordnung.

Die gesetzlichen Regelungen über die Urteilsveröffentlichung (§ 25 UWG) beruhen auf dem Gedanken, dass es häufig im Interesse der Allgemeinheit liegt, unlautere Wettbewerbshandlungen in aller Öffentlichkeit aufzudecken und die beteiligten Verkehrskreise über die wahre Sachlage aufzuklären. Die Urteilsveröffentlichung soll vor allem das Publikum aufklären und einer Weiterverbreitung unrichtiger Ansichten entgegenwirken. Die Berechtigung des Begehrens auf Urteilsveröffentlichung hängt somit davon ab, ob an der Aufklärung des Publikums im begehrten Ausmaß ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin besteht; das hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Bei der dabei vorzunehmenden Interessenabwägung sind den Interessen dessen, dem das Recht auf Urteilsveröffentlichung zugesprochen wird, und dem Interesse der beteiligten Verkehrskreise an der Aufklärung ausgewogen Rechnung zu tragen. Für die Beurteilung, ob die Urteilsveröffentlichung notwendig ist, ist der Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz maßgebend (stRsp ua ÖBl 1999, 229 - Erinasolum mwN).

Auch die - nur auf Unterlassungsklagen anwendbare - Urteilsbekanntmachung des § 23 Abs 2 dUWG verfolgt im wesentlichen dieselben Ziele: Bei Wettbewerbsverstößen, die das Interesse der Allgemeinheit verletzt haben, kommt es vor allem darauf an, ob die Bekanntmachung zur Aufklärung des Publikums angebracht ist; ins Gewicht fällt auch das Interesse der Allgemeinheit, fortbestehende irrige Vorstellungen des Publikums durch eine Veröffentlichung zu beseitigen ( Baumbach/Hefermehl , dUWG22 § 23 Rz 9 mit Nachweisen zur Rsp des BGH). Die zur Erreichung dieses Ziels gewählte Methode (der obsiegenden Partei wird die Veröffentlichungsbefugnis auf Kosten der unterliegenden Partei zugesprochen) deckt sich mit jener der österreichischen Verweisungsnorm. Bei teleologisch funktioneller Qualifikation entspricht demnach § 25 UWG der Bestimmung des § 23 Abs 2 dUWG.

Dass die Wettbewerbsverletzungen der Beklagten mehr als drei Jahre zurücklägen, wie sie aktenwidrig in der Revisionsbeantwortung behauptet, widerspricht dem festgestellten Sachverhalt, wonach das Emblem I auch noch 2001 in Verwendung stand. Es kann daher keine Rede davon sein, dass der Verstoß vom Publikum vermutlich schon vergessen sei. Das Veröffentlichungsbegehren hinsichtlich des - auch den deutschen Markt betreffenden - Endurteils in einer deutschen Fachzeitschrift erweist sich damit in Ansehung des auf dem deutschen Markt verwirklichten Wettbewerbsverstoßes unter Anwendung deutschen Sachrechts als berechtigt.

Auch das italienische Recht kennt einen Anspruch auf Urteilsveröffentlichung. Dessen maßgebliche Bestimmungen lauten:

Art 2599 CC: "Das Urteil, mit welchem Handlungen unlauteren Wettbewerbs festgestellt werden, untersagt deren Fortsetzung und trifft geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Folgen (Art 2600)."

Art 2600 CC: "Wer Handlungen unlauteren Wettbewerbs vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist zum Ersatz der Schäden verpflichtet (Art 2043).

In einem solchen Fall kann die öffentliche Bekanntmachung des Urteils angeordnet werden (Art 120 ZPO).

Stehen Wettbewerbsverstöße fest, so wird Fahrlässigkeit vermutet."

Art 120 itZPO: "In den Fällen, in denen die öffentliche Bekanntmachung der Entscheidung in der Sache selbst zur Wiedergutmachung eines Schadens beitragen kann, kann das Gericht auf Antrag einer Partei anordnen, dass der Unterlegene von sich aus und auf eigene Kosten diese durch Einschaltung eines Urteilsauszuges in einer oder mehreren vom Gericht bestimmten Zeitungen vorzunehmen hat.

Erfolgt die Einschaltung nicht in der vom Gericht bestimmten Frist, so kann sie die Partei, zu deren Gunsten sie angeordnet worden ist, mit dem Recht auf Kostenersatz durch den Verpflichteten vornehmen."

Hier stehen mit der Verwendung des Emblem 1 in Italien Wettbewerbsverstöße der Beklagten fest, die ihr als zumindest fahrlässiges Handeln zuzurechnen sind (Art 2600 Abs 3 CC). Als Beitrag zur Schadensgutmachung - worunter auch die Aufklärung des irregeführten Publikums zu zählen ist - kommt somit auch nach italienischem Sachrecht grundsätzlich die öffentliche Bekanntmachung des Urteils (Art 2600 Abs 2 CC) in Betracht. Gegenüber dem österreichischen Wettbewerbsrecht bestehen jedoch Unterschiede in der Methode der Rechtsdurchsetzung, ist doch im italienischen Recht dem Unterlegenen auf Antrag aufzutragen, von sich aus für die Einschaltung des Urteils in einer oder mehrerer Zeitungen zu sorgen.

Auch im Veröffentlichungsrecht beschränkt der Antrag den Entscheidungsrahmen des Gerichts, weil zwar ein minus, aber kein plus oder aliud zugesprochen werden darf (§ 405 ZPO; vgl Ciresa aaO Rz 307 mwN). Einen Antrag, der Beklagten einen Auftrag zur Einschaltung der Urteilsveröffentlichung zu erteilen, hat die Klägerin nicht gestellt; er ist gegenüber der allein begehrten Veröffentlichungsermächtigung auf Kosten der Beklagten als aliud zu beurteilen. Die Veröffentlichung in einer italienischen Zeitung wurde deshalb vom Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Die Revision erweist sich damit nur insoweit berechtigt, als sie sich gegen die Abweisung des Veröffentlichungsbegehrens betreffend das Endurteil in der deutschen Ausgabe einer Fachzeitschrift wendet; in diesem Umfang war das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern. Zur Abweisung der Veröffentlichung der Kostenentscheidung sowie der Parallelveröffentlichung enthält die Revision keine Ausführungen.

Die Kostenentscheidung ist in § 43 ZPO iVm § 50 Abs 1 ZPO begründet. Im Verfahren erster Instanz fällt die teilweise Abweisung des Veröffentlichungsbegehrens (das dort nur ein Nebenanspruch ist) kostenmäßig nicht ins Gewicht. Im Rechtsmittelverfahren waren auf Grund des wechselseitigen Rechtsmittelerfolgs, der in seinem Ausmaß im Zweifel gleichteilig auszumessen ist, die Kosten gegeneinander aufzuheben, sodass jede Partei die Hälfte der insgesamt 583 EUR Pauschalgebühren zweiter und dritter Instanz zu tragen hat.