JudikaturJustiz4Ob201/13g

4Ob201/13g – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Januar 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** GmbH, *****, vertreten durch WKG Korp Grünbart Rechtsanwälte GmbH in Ried im Innkreis, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Lothar Wiltschek, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 30.500 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 1. Oktober 2013, GZ 3 R 161/13m 10, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß

§§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Für die marktschreierische Anpreisung ist wesentlich, dass sie sofort von niemandem wörtlich ernst genommen wird. Es muss sich um eine nicht wörtlich zu nehmende, bloß reklamehafte Übertreibung handeln, die jedermann den sogleich erkennbaren Eindruck vermittelt, es handle sich hier nur um eine ohne Anspruch auf Glaubwürdigkeit und Gültigkeit auftretende Anpreisung; im Zweifel, ob eine marktschreierische Anpreisung oder eine ernst gemeinte Behauptung vorliegt, ist immer das letztere anzunehmen (RIS Justiz RS0078301; RS0078248; RS0078274). Auch marktschreierische Anpreisungen lassen sich zumeist auf einen sachlich nachprüfbaren Tatsachenkern zurückführen, der von Werbeadressaten ernst genommen wird und daher bei Unrichtigkeit zur Irreführung geeignet ist (4 Ob 111/10t mwN).

2. Die Frage, ob eine bestimmte Werbeaussage eine objektiv überprüfbare Tatsachenbehauptung oder nur eine rein subjektive, jeder objektiven Nachprüfung entzogene Meinungskundgebung ist, ist immer nach dem Gesamteindruck der Ankündigung unter Berücksichtigung ihres Gegenstandes, ihrer Form, des Zusammenhangs, in den sie gestellt wird, sowie aller sonstigen Umstände, die für das angesprochene Publikum maßgebend sein können zu beurteilen (RIS Justiz RS0078340).

3. Unüberprüfbare Meinungsäußerung ist in der Regel die Bewertung des Geschmacks von Lebensmitteln (RIS Justiz RS0078070; 4 Ob 11/09k Österreichs beliebtester Hagebuttentee mwN) oder der inhaltlichen Qualität eines Mediums (4 Ob 86/00a Das beste Magazin; 4  Ob 20/08g Prominentenbildnisse).

4. Eine konkludente Tatsachenbehauptung liegt immer dann vor, wenn der Äußerung entnommen werden kann, dass sie von bestimmten Tatsachen ausgeht, ihr Inhalt demnach objektiv auf seine Richtigkeit überprüft werden kann (RIS Justiz RS0031810 [T2]).

5. Dass die Abgrenzung zwischen marktschreierischer Anpreisung und ernst gemeinter Behauptung von den Umständen des Einzelfalls abhängt, ergibt sich aus der Natur der Sache. Ob die beanstandeten Ankündigungen nach den Umständen des konkreten Falls zumindest von einem nicht unerheblichen Teil des angesprochenen Publikums als ernstzunehmende Tatsachenbehauptungen aufgefasst werden können, ist eine Rechtsfrage, der abgesehen von einer auffallenden Fehlbeurteilung keine über den Einzelfall hinausgehende erhebliche Bedeutung zukommt (RIS Justiz RS0078340 [T1]).

6.1. Im konkreten Fall hält sich die Entscheidung des Rekursgerichts im Rahmen der aufgezeigten Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung. Es hat die beanstandeten Werbeaussagen teilweise als unschädliche „Marktschreierei“ („Revolution im Fenster-Design“; „Lichtjahre vom klassischen Fenster entfernt“), die Ankündigung „anders als bei anderen Fenstersystemen ...“ hingegen weder als Irreführung noch als unlautere Alleinstellungswerbung beurteilt und damit die Grenzen des ihm in diesen Fragen eingeräumten Ermessensspielraums nicht überschritten.

6.2. Weshalb im vergleichenden Hinweis auf Eigenschaften des eigenen Fenstersystems mit anderen Fenstersystemen eine Pauschalabwertung der Mitbewerber (Verstoß gegen § 1 UWG) liegen soll, ist nicht zu erkennen.

Rechtssätze
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