JudikaturJustiz4Ob201/11d

4Ob201/11d – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Dezember 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. K***** S*****, vertreten durch Dr. Matthias Lüth und Mag. Michael Mikuz, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei S***** L*****, vertreten durch DDr. Ruth Hörtnagl, Rechtsanwältin in Fulpmes, wegen Feststellung und Einwilligung, über die außerordentliche Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 21. Oktober 2011, AZ 4 R 191/11m, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Rechtsvorgänger der Beklagten hatte im Jahr 1963 mit Nachbarn einen Kaufvertrag über Teilstücke zweier ihm gehörender Grundstücke im Ausmaß von 1.857 m 2 geschlossen. Die Grundverkehrsbehörde versagte die Zustimmung. Nach Bestätigung dieser Entscheidung durch die Berufungsbehörde war den Vertragspartnern die Unwirksamkeit des Kaufvertrags bewusst. Die Nachbarn ließen daraufhin für die betroffenen Teilflächen einen unbefristeten Pachtvertrag mit dreißigjährigem Kündigungsverzicht aufsetzen. Dieser Vertrag wurde dann zwar nicht unterfertigt. Die Vertragsparteien einigten sich aber darauf, dass die Nachbarn die Teilflächen für zumindest 30 Jahre benutzen und der Rechtsvorgänger der Beklagten dafür die Zahlung aus dem nicht genehmigten Kaufvertrag behalten dürfe. So geschah es dann auch. Im Jahr 1995 kaufte der Kläger die Liegenschaft der Nachbarn, wobei der schriftliche Vertrag die Teilflächen nicht erfasste. Verkäufer und Käufer waren sich aber einig, dass auch die daran bestehenden Rechte übergehen sollten. Der Anwalt der Nachbarn wies den Kläger schriftlich auf den „bestehenden Pachtvertrag“ hin. Seither nutzt der Kläger die Teilflächen.

Gestützt auf Ersitzung wegen über dreißigjähriger Nutzung der Teilflächen begehrt der Kläger die Feststellung und Einverleibung seines Eigentums. Die Vorinstanzen wiesen die Klage unter anderem mit der Begründung ab, dass ein (allfälliger) Sachbesitz des Klägers und seiner Rechtsvorgänger aufgrund des Pachtvertrags nicht redlich gewesen sein konnte.

Rechtliche Beurteilung

In der außerordentlichen Revision gelingt es dem Kläger nicht, das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage aufzuzeigen.

War die Rechtsausübung Ausfluss einer vertraglich eingeräumten Rechtsstellung, fehlt die für die Ersitzung erforderliche Redlichkeit (5 Ob 77/71 = SZ 44/41 mwN; RIS Justiz RS0034095; zuletzt etwa 5 Ob 211/09d = immolex LS 2010/21). Der Bestandnehmer kann die Bestandsache daher nicht ersitzen (RIS Justiz RS0034083). Soweit die Revision den Willen der seinerzeitigen Vertragspartner zum Abschluss eines Bestandvertrags bestreitet und ein Umgehungsgeschäft (Kaufvertrag) behauptet, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Dass der Bestandvertrag selbst nach dem damals geltenden Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1962 (LGBl 1963/10) unwirksam gewesen wäre, hat der Kläger in erster Instanz nicht behauptet. Aus dem Gesetz ergibt sich diese Unwirksamkeit nicht: § 3 Abs 1 lit d sah ein Genehmigungserfordernis bei Pachtverträgen nur dann vor, wenn die Fläche mehr als 2 ha betrug oder landwirtschaftliche Wohn oder Wirtschaftsgebäude betroffen waren. Beides traf hier nicht zu.