JudikaturJustiz4Ob2008/96i

4Ob2008/96i – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. März 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Langer und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. H***** GesellschaftmbH Co KG, ***** 2. D***** GesellschaftmbH, ***** beide vertreten durch Schönherr Barfuss Torggler Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Land Oberösterreich, Amt der OÖ. Landesregierung, Landesanstaltendirektion, Linz, Klosterstraße 7, 2. Mag. pharm. Hans-Peter K*****, beide vertreten durch Prof.Dr.Alfred Haslinger und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000,--), infolge Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 18.Jänner 1996, GZ 1 R 10/96p-12, mit dem der Beschluß des Landesgerichtes Wels vom 1.Dezember 1995, GZ 2 Cg 256/95i-5, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerinnen haben die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen; die Beklagten haben die Kosten des Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Erstklägerin erzeugt und vertreibt in ganz Österreich "H*****-Plastikinfusionsflaschen". Diese Arzneispezialität ist unter Z.Nr. 1-18012 in Österreich zugelassen. Es handelt sich dabei um eine Amantadinsulfat-Infusionslösung, die in 500 ml-Flaschen abgefüllt ist, 0,2 g Amantadinsulfat enthält und intravenös angewendet wird. Die Zweitklägerin vertreibt die in Österreich unter Z.Nr. 15.234 zugelassene "P*****-Plastikinfusionsflasche";auch dabei handelt es sich um eine Infusionslösung. Die U***** GesellschaftmbH mit Sitz in W*****, vertreibt die in Österreich unter Z.Nr. 1-18111 zugelassene Arzneispezialität "N***** 12 g-Infusionsflasche". Es ist dies eine 60 ml-Flasche, die 12 g Piracetam enthält.

Die Erstbeklagte ist Rechtsträger des Landeskrankenhauses B*****. Das Landeskrankenhaus B***** verfügt über eine Anstaltsapotheke, die der Zweitbeklagte leitet. Der Anstaltsapotheke B***** wurde mit Bescheid des Gesundheitsministers vom 31.3.1994 eine Bewilligung im Sinne des § 63 Abs 1 AMG erteilt. In der Anstaltsapotheke werden Infusionsflaschen mit jeweils 500 ml Amantadinsulfat-Infusionslösung (darin enthalten 0,2 g Amantadinsulfat), Infusionsflaschen mit jeweils 500 ml Piracetam-Infusionslösung (darin enthalten 24 g Piracetam) sowie Infusionsbeutel mit jeweils 60 ml Piracetam-Infusionslösung (darin enthalten 12 g Piracetam) hergestellt (abgefüllt). Die Infusionsflaschen werden nicht nur für den anstaltseigenen Bedarf hergestellt (abgefüllt), sondern in gleichbleibender Zusammensetzung und Bezeichnung - nicht jedoch unter einem Markennamen - in größeren Mengen und auf Vorrat erzeugt, um auch an andere Krankenanstalten der Erstbeklagten und zwar zu erheblich günstigeren Preisen als die von Pharmaunternehmen angebotenen Infusionslösungen geliefert zu werden. Die Lieferungen umfassen größere Mengen (zB 25 oder 200 Stück); sie erfolgen prompt an den der Bestellung folgenden Tagen. Unter den Abnehmern sind Krankenanstalten mit eigener Anstaltsapotheke, wie zum Beispiel das Landeskrankenhaus S***** und das Landeskrankenhaus V*****. Früher bezogen diese Krankenanstalten die Infusionslösungen von den Klägerinnen und der U***** GesellschaftmbH.

Die Beklagten verfügen für die Infusionslösungen über keine Zulassung im Sinne des § 11 AMG. Die Klägerinnen forderten die Erstbeklagte vor Einbringung der Klage auf, sich zu verpflichten, es zu unterlassen, durch die Anstaltsapotheke des Landeskrankenhauses B***** Arzneimittel herzustellen und an Anstaltsapotheken anderer Krankenanstalten auszuliefern. Die Erstbeklagte kam dieser Aufforderung insofern nach, als sie zusagte, nur Krankenanstalten zu beliefern, deren Rechtsträger sie ist.

Die Klägerinnen begehren zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Erstbeklagten zu untersagen, durch Anstaltsapotheken, insbesondere die Anstaltsapotheke B*****, Arzneispezialitäten, insbesondere die Arzneispezialität Amantadinsulfat-Infusionslösung 500 ml, herzustellen und an Anstaltsapotheken anderer öffentlicher Krankenanstalten, insbesondere im Land Oberösterreich, auszuliefern; sie begehren weiters, dem Zweitbeklagten zu untersagen, an der Herstellung von Arzneispezialitäten, insbesondere der Arzneispezialität Amantadinsulfat-Infusionslösung 500 ml, durch die Anstaltsapotheke B***** und an der Auslieferung dieser Arzneispezialitäten an Anstaltsapotheken anderer öffentlicher Krankenanstalten, insbesondere im Land Oberösterreich, mitzuwirken.

Die Lieferung der Amantadinsulfat- Infusionslösung und der Piracetam-Infusionslösung durch die Beklagten an die Anstaltsapotheken anderer Krankenanstalten in Oberösterreich sei gesetz- und wettbewerbswidrig. Gemäß § 36 ApothekenG (ApG) dürfe eine Anstaltsapotheke Arzneimittel nur an Krankenanstalten ohne Anstaltsapotheke liefern. Beide Infusionslösungen seien Arzneispezialitäten im Sinne des § 1 Abs 5 AMG; Arzneispezialitäten dürften nur abgegeben werden, wenn sie mit Bescheid zugelassen seien. Die von der Anstaltsapotheke B***** vertriebenen Infusionslösungen seien nicht zugelassen; eine Anstaltsapotheke sei auch gar nicht berechtigt, einen Antrag auf Zulassung einer Arzneispezialität zu stellen. Die Infusionslösungen seien keine "magistralen Zubereitungen", sondern würden in großen Einheiten hergestellt und geliefert. Die Arzneispezialitäten der Beklagten seien auch weder ordnungsgemäß gekennzeichnet noch seien eine Gebrauchsinformation und eine Fachinformation beigepackt.

Die Beklagten seien aufgrund ihres gesetzwidrigen Verhaltens in der Lage, die Preise der Klägerinnen zu unterbieten. Sie hätten keine Zulassungskosten zu tragen, die Zulassung nicht abzuwarten und keine Kosten für die klinische Prüfung und Überwachung zu tragen. Ihr Verhalten sei sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG.

Das Erstgericht stellte den Sicherungsantrag den Beklagten nicht zur Äußerung zu. Es verbot der Erstbeklagten, durch Anstaltsapotheken, insbesondere die Anstaltsapotheke des Landeskrankenhauses B*****, Arzneispezialitäten, insbesondere die Arzneispezialität Amantadinsulfat-Infusionslösung 500 ml, an Anstaltsapotheken anderer öffentlicher Krankenanstalten, insbesondere im Land Oberösterreich, auszuliefern, und es verbot dem Zweitbeklagten, an der Auslieferung von Arzneispezialitäten, insbesondere der Arzneispezialität Amantadinsulfat-Infusionslösung 500 ml, durch die Anstaltsapotheke des Landeskrankenhauses B***** an Anstaltsapotheken anderer öffentlicher Krankenanstalten, insbesondere im Land Oberösterreich, mitzuwirken. Das Mehrbegehren wies das Erstgericht ab.

Die Infusionslösungen seien Arzneimittel, die gemäß § 36 Abs 1 ApG nur an die in der Pflege der Anstalt befindlichen oder in der Anstalt wohnhaften Personen abgegeben werden dürfen. "Anstalt" sei eine öffentliche oder gemeinnützige nichtöffentliche Krankenanstalt; mehrere Krankenanstalten desselben Rechtsträgers seien mehrere "Anstalten". Nach § 36 Abs 3 ApG dürften Anstaltsapotheken Arzneimittel auch an andere Krankenanstalten für deren Arzneimittelvorrat (§ 20 KAG) abgeben. Damit sei der Arzneimittelvorrat von gemeinnützigen öffentlichen Krankenanstalten gemeint, die keine Anstaltsapotheke haben. Die Abgabe von Arzneimitteln durch eine Anstaltsapotheke an die Anstaltsapotheken anderer Krankenanstalten sei somit gesetzwidrig.

Die der Anstaltsapotheke des Landeskrankenhauses B***** erteilte Bewilligung nach § 63 Abs 1 AMG sage nichts über die Befugnis der Apotheke aus, Arzneimittel an andere Krankenanstalten abzugeben. Die Erstbeklagte handle in Wettbewerbsabsicht und verstoße daher gegen § 1 UWG. Sie verschaffe sich durch den Vertrieb der Infusionslösungen ohne kostenaufwendige Zulassung einen Wettbewerbsvorteil. Der Zweitbeklagte habe für den Wettbewerbsverstoß der Erstbeklagten als verantwortlicher Leiter der Anstaltsapotheke des Landeskrankenhauses B***** einzustehen. Wettbewerbswidrig sei aber nur der Vertrieb, nicht auch das bloße Herstellen der Infusionslösungen. Damit werde weder gegen § 36 ApG verstoßen noch sei eine Zulassung nach § 11 AMG notwendig.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

§ 36 ApG regle abschließend, an wen Anstaltsapotheken Arzneimittel liefern dürfen. Öffentliche Krankenanstalten dürften nur beliefert werden, wenn sie keine Anstaltsapotheke haben. Gegenstand der Entscheidung ÖBl 1966, 61 - Anstaltsapotheke) sei die Lieferung von Arzneimitteln an andere Krankenanstalten (und nicht an Anstaltsapotheken) gewesen. Solche Lieferungen seien nunmehr durch die Neufassung des § 36 Abs 3 ApG gedeckt. Es liege auch ein Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz vor. Arzneispezialitäten dürften gemäß § 11 Abs 1 AMG nur abgegeben werden, wenn sie vorschriftsmäßig zugelassen seien. Anstaltsapotheken könnten keine Zulassung erlangen. Die Infusionslösungen seien keine "magistralen Zubereitungen" im Sinne des § 11 Abs 7 AMG, weil sie nicht über besondere Anordnung eines bestimmten Arztes abgegeben würden. Die Klägerinnen und die Erstbeklagte stünde miteinander im Wettbewerb, weil sich beide an den gleichen Kundenkreis wendeten. Der Gesetzesverstoß sei den Beklagten auch subjektiv vorwerfbar, weil die verletzten Gesetzesbestimmungen eindeutig seien.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof seit der Neufassung des § 36 ApG über keinen gleichartigen Sachverhalt entschieden (s. vorher ÖBl 1966, 61 - Anstaltsapotheke hat; er ist aber nicht berechtigt.

Die Beklagten sind der Auffassung, daß es widersinnig wäre, die Rechtsträger öffentlicher Kranken- anstalten mit Anstaltsapotheke vom Arzneimittelbezug bei anderen Anstaltsapotheken auszuschließen. Für eine solche Absicht des Gesetzgebers bestehe nicht der geringste Anhaltspunkt. § 23 Abs 3 oöKAG 1976 stelle es den Rechtsträgern öffentlicher Krankenanstalten frei, aus welcher inländischen Apotheke sie die Arzneimittel beziehen, ob aus einer öffentlichen Apotheke oder aus einer Anstaltsapotheke. § 13 Abs 2 oöKAG verpflichte die Rechtsträger öffentlicher Krankenanstalten zur sparsamen Wirtschaftsführung und zur Vermeidung von Auslagen, die nicht durch eine einwandfreie Betriebsführung oder durch den Bedarf der Patienten geboten sind. Durch keine Gesetzesbestimmung werde dem Rechtsträger einer öffentlichen Krankenanstalt verboten, Arzneimittel, die in einer seiner Anstaltsapotheken hergestellt werden, in anderen Krankenanstalten desselben Rechtsträgers zu verwenden. Die Beklagten hätten daher weder gegen das Apothekengesetz noch gegen das oberösterreichische Krankenanstaltengesetz 1976 verstoßen. Sollte § 36 Abs 3 ApG dahin ausgelegt werden müssen, daß Anstaltsapotheken nicht an andere Anstaltsapotheken liefern dürfen, so sei die Bestimmung verfassungswidrig. Die darin liegende Beschränkung der Erwerbsfreiheit des Rechtsträgers liege nicht im öffentlichen Interesse.

Es liege auch kein Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz vor. Das Bundesministerium für Gesundheit habe der Anstaltsapotheke B***** mit Bescheid vom 31.3.1994 gestattet, einfache Arzneistofflösungen herzustellen; im genehmigten Produktionsplan sei Amantadin ausdrücklich erwähnt. An diesen Bescheid seien die Zivilgerichte gebunden. Die Infusionen seien keine Arzneispezialitäten, weil sie ausschließlich im eigenen Betrieb des Rechtsträgers verwendet würden. Sie würden nur nach dem bekanntgegebenen Bedarf bestimmter Landeskrankenanstalten hergestellt und an diese abgegeben. Jede Infusion werde aufgrund der Herstellungs- und Abgabeordnung eines zur selbständigen Berufsausübung im Inland berechtigten Arztes hergestellt, so daß auch der Ausnahmetatbestand des § 11 Abs 7 AMG erfüllt sei.

Die Beklagten handelten nicht im Wettbewerb; die Herstellung der Infusionen diene der Eigenversorgung. Sie hätten keine Wettbewerbsabsicht. Ihre Rechtsansicht sei vertretbar. Die einstweilige Verfügung sei schon deshalb aufzuheben, weil sie das den Beklagten vorgeworfene Verhalten nicht erfasse und daher sinnlos sei.

Gemäß § 35 Abs 1 ApG kann öffentlichen und gemeinnützigen Krankenanstalten der Betrieb eigener Anstaltsapotheken bewilligt werden. § 36 ApG regelt die Befugnisse einer Anstaltsapotheke. Danach dürfen in Anstaltsapotheken Arzneimittel nur an die in Pflege der Anstalt befindlichen oder in der Anstalt wohnhaften Personen abgegeben werden (§ 36 Abs 1 ApG). An andere Personen dürfen Arzneimittel nur dann abgeben werden, wenn die Beschaffung des Arzneimittels dringend geboten ist und aus einer öffentlichen Apotheke nicht rechtzeitig erfolgen kann, worüber die Bestätigung eines Arztes beizubringen ist. In einem solchen Falle darf die Abgabe des Arzneimittels nicht verweigert werden (§ 36 Abs 2 ApG). Nach § 36 Abs 3 ApG dürfen Anstaltsapotheken Arzneimittel an andere Krankenanstalten, deren Betrieb nicht die Erzielung eines Gewinnes bezweckt, für deren Arzneimittelvorrat (§ 20 des Krankenanstaltengesetzes) abgeben.

Die derzeitige Fassung des § 36 Abs 3 ApG geht auf die Apothekengesetznovelle 1984, BGBl 1984/502 (ApGNov), zurück. Mit der ApGNov 1973, BGBl 1973/370, war erstmals die Abgabe von Heilmitteln an andere Krankenanstalten zugelassen worden. Während die Regierungsvorlage die Abgabe an Krankenanstalten ohne Einschränkung vorsah (768 BeilNR 13. GP 3), wurde im Ausschuß für Gesundheit und Umweltschutz die Abgabe an Krankenanstalten "für deren Arzneimittelvorrat nach § 20 KAG" beschränkt. Im Ausschußbericht wird dazu nur darauf verwiesen, daß durch die Novelle (ua) Bestimmungen über den Arzneimittelbezug für Krankenanstalten ohne Anstaltsapotheke unter Anpassung an geänderte soziale und wirtschaftliche Bedingungen neu gefaßt werden sollen (817 BeilNR 13. GP 1f).

In seiner Urfassung hatte das Apothekengesetz (RGBl 1907/5) den Anstaltsapotheken nicht gestattet, andere Krankenanstalten zu beliefern. Mit diesem Gesetz waren erstmals generelle Bestimmungen über die Zulassung und den Betrieb von Anstaltsapotheken erlassen worden. Im Motivenbericht (RV 1912 BlgAH 17. Session; abgedruckt bei Thor, Gesetze und Vorschriften für den österreichischen Apotheker [1964] 175 ff) heißt es dazu:

"Zu § 35: Die bedeutende Entwicklung der öffentlichen Heil- und Humanitätsanstalten, welche vorwiegend der Behandlung und Pflege armer Kranker gewidmet sind und daher zum größten Teile aus öffentlichen Mitteln erhalten werden müssen, brachte es mit sich, daß die Verwaltungen derartiger größerer Anstalten im Interesse einer raschen und geregelten Beschaffung der erforderlichen Arzneien sowie in dem Bestreben, ihre Auslagen nach Möglichkeit einzuschränken, mehr und mehr bedacht waren, an Stelle der Besorgung der Medikamente aus öffentlichen Apotheken den Betrieb eigener, nur für den Bedarf der einzelnen Anstalt bestimmter Apotheken zu setzen...(175)

Der Zweck der durch die Errichtung von Anstaltsapotheken verfolgt wird, ist - wie oben angedeutet wurde - ein zweifacher: Erleichterung der Lasten, welche mit dem Betriebe öffentlicher Heil- und Humanitätsanstalten verknüpft sind, durch billigere Besorgung der erforderlichen Heilmittel und möglichst rasche Beschaffung dieser letzteren im Interesse der Krankenpflege...(176). In dem Gesetzesentwurfe ist demgemäß die Errichtung von Anstaltsapotheken nur als ausnahmsweise vorgesehen, weil dieselbe nur unter den vorerwähnten besonderen Voraussetzungen gerechtfertigt erscheint...(177).

Es muß übrigens hierbei noch darauf hingewiesen werden, daß durch die im § 38 enthaltene Berufung des dritten Absatzes des § 10 klar ausgesprochen ist, daß die Bewilligung zum Betrieb eigener Anstaltsapotheken jedenfalls verweigert werden muß, wenn durch die Neuerrichtung die Existenzfähigkeit der im Standorte oder in der Umgebung bestehenden öffentlichen Apotheken gefährdet wird...(177).

Zu § 36: Die Anstaltsapotheken sind nur für den Bedarf der Anstalt, beziehungsweise für den Bedarf der Mitglieder der Krankenkasse, welcher die bezügliche Bewilligung erteilt wurde, bestimmt....(179).

Die Entstehungsgeschichte des § 36 ApG zeigt, daß den Anstaltsapotheken nur jene Befugnisse eingeräumt werden sollten, die unter Bedachtnahme auf die Interessen der öffentlichen Apotheken für die Krankenanstalten notwendig erschienen. Anstaltsapotheken dürfen nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und auch nach der aus der Entstehungsgeschichte zu erschließenden Absicht des Gesetzgebers Arzneimittel an andere Krankenanstalten nur liefern, wenn diese über keine Anstaltsapotheke verfügen. § 20 KAG, auf den § 36 Abs 3 ApG verweist, trägt nämlich öffentlichen Krankenanstalten, in denen Anstaltsapotheken nicht bestehen, auf, einen hinlänglichen Vorrat an Arzneimitteln, die nach der Eigenart der Krankenanstalt gewöhnlich erforderlich sind, anzulegen. Nur Krankenanstalten ohne eigene Anstaltsapotheke verfügen daher über einen Arzneimittelvorrat im Sinne des § 20 KAG; nur an solche Krankenanstalten dürfen Anstaltsapotheken Arzneimittel liefern.

Daß § 23 Abs 3 oöKAG den Rechtsträgern öffentlicher Krankenanstalten ohne Anstaltsapotheke aufträgt, die Arzneimittel aus inländischen Apotheken (dh aus öffentlichen und Anstaltsapotheken) zu beziehen, bestätigt diese Auslegung. Die Beklagten können auch nur deshalb auf diese Bestimmung zur Bestätigung ihrer Auffassung verweisen, weil sie die im Gesetzestext enthaltene Einschränkung ("wenn sie keine Anstaltsapotheke betreiben") unerwähnt lassen.

Der Anstaltsapotheke des Landeskrankenhauses B***** wurde mit Bescheid vom 31.3.1994 gemäß § 63 Abs 1 AMG die Bewilligung für die Herstellung, die Kontrolle und das Inverkehrbringen von Arzneimitteln erteilt. Mit diesem Bescheid werden - wie aus Pkt 4. der Hinweise hervorgeht - nicht bestimmte Arzneispezialitäten gemäß § 11 AMG zugelassen, sondern es werden die Anlage und der Produktionsplan genehmigt. Anstaltsapotheken sind auch gar nicht berechtigt, die Zulassung einer Arzneispezialität zu beantragen; die Antragsbefugnis kommt unter den Apothekern nur den Betreibern einer inländischen öffentlichen Apotheke zu (§ 14 AMG). Der Bescheid vom 31.3.1994 kann daher nicht die Beurteilung hindern, daß die Erstbeklagte Infusionslösungen in Verkehr bringt, die nicht nach § 11 AMG zugelassen sind.

Unrichtig ist die Behauptung der Beklagten, die Infusionslösungen würden nur "im internen Bereich" verwendet. Die Infusionslösungen werden in größeren Mengen anderen Krankenanstalten geliefert und damit in Verkehr gebracht. Daß die Arzneimittel vor der Auslieferung kontrolliert werden, mag das Inverkehrbringen von nicht dem Gesetz entsprechenden Arzneimitteln verhindern, die Kontrolle ändert jedoch nichts daran, daß die in Ordnung befundenen Arzneimittel ausgeliefert und damit in Verkehr gebracht werden.

Zu Unrecht berufen sich die Beklagten auch auf die Ausnahmebestimmung des § 11 Abs 7 AMG. Nach dieser Bestimmung gelten Arzneimittel, die in einer Apotheke auf Grund der Herstellungsanweisung eines zur selbständigen Berufsausübung im Inland berechtigten Arztes oder Tierarztes hergestellt und dort wegen eines vorhersehbar wiederkehrenden Bedarfes bereitgehalten werden, um über besondere Anordnung dieses Arztes oder Tierarztes an Anwender oder Verbraucher abgegeben zu werden, nicht als Arzneispezialitäten (iS des § 1 Abs 5 AMG), die gemäß § 11 Abs 1 AMG der Zulassung unterliegen. Nach dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt werden die Infusionslösungen bei gleichbleibender Zusammensetzung (vgl § 1 Abs 5 AMG) und unter gleichbleibender Bezeichnung in größeren Mengen und auf Vorrat hergestellt und abgefüllt; bestellt werden größere Stückzahlen (zB 50 oder 200 Stück). Die nunmehr aufgestellten, davon abweichenden Behauptungen sind eine unzulässige Neuerung.

Die Vorinstanzen sind demnach zu Recht zum Schluß gekommen, daß die Lieferung von Infusionslösungen an Krankenanstalten mit Anstaltsapotheke durch die Anstaltsapotheke des Landeskrankenhauses B***** gesetzwidrig ist. Gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 36 Abs 3 ApG bestehen keine Bedenken:

Zwar ist es richtig, daß Art 6 Abs 1 StGG jedem Staatsbürger - und somit jeder inländischen natürlichen oder juristischen Person - das Recht einräumt, unter den gesetzlichen Bedingungen jeden Erwerbszweig auszuüben. Auch wenn demnach auch Körperschaften öffentlichen Rechts, die im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung tätig werden, das Recht auf freie Erwerbstätigkeit für sich in Anspruch nehmen können, folgt daraus noch nicht die Verfassungswidrigkeit der hier anzuwendenden Regelung. Die Erwerbsfreiheit kann durch Gesetz beschränkt werden, wenn die Einschränkung im öffentlichen Interesse geboten ist; die beschränkende Maßnahme muß zur Verwirklichung dieses öffentlichen Interesses geeignet und adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sein (Mayer, B-VG Kurzkommentar 385 mwN). Im öffentlichen Interesse liegt aber nicht nur die sparsame Wirtschaftsführung der Krankenanstalten, sondern auch die Sicherung des klaglosen Funktionierens der Heilmittelversorgung. Zur Erreichung dieses Ziels hat es der Verfassungsgerichtshof als gerechtfertigt erkannt, daß die mögliche Existenzgefährdung bestehender Apotheken infolge Errichtung neuer Apotheken berücksichtigt wird, da die bestehende Apotheke sonst ihrer Betriebspflicht allenfalls nicht ordnungsgemäß nachkommen, so etwa nicht über das hierfür erforderliche Heilmittellager verfügen könnte (VfSlg 10.386).

§ 36 Abs 3 ApG versucht die widerstreitenden öffentlichen Interessen dadurch auszugleichen, daß allen Krankenanstalten, deren Betrieb nicht die Erzielung eines Gewinnes bezweckt, die Möglichkeit eingeräumt wird, ihre Arzneimittel aus einer Anstaltsapotheke - wenn sie über keine eigene verfügen, dann aus der einer anderen Krankenanstalt - zu beziehen. Daß der Gesetzgeber damit den ihm offenstehenden weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum (Mayer aaO) überschritten hätte, ist nicht zu erkennen.

Der Gesetzesverstoß der Beklagten ist sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG, wenn der Gesetzesverstoß subjektiv vorwerfbar und geeignet ist, dem gesetzwidrig Handelnden einen Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen (stRsp ua ÖBl 1994, 15 - Kontaktlinsen; ÖBl 1994, 17 - Contact). § 1 UWG ist anzuwenden, wenn im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt wird.

Der geschäftliche Verkehr im Sinne des Wettbewerbsrechts umfaßt jede auf Erwerb gerichtete Tätigkeit im Gegensatz zu rein privater oder amtlicher Tätigkeit. Gewinnabsicht ist nicht notwendig; vielmehr genügt eine selbständige zu wirtschaftlichen Zwecken ausgeübte Tätigkeit, in der eine Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck kommt. Tritt der Staat (oder eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft) nicht als Träger seiner hoheitlichen Befugnisse auf, sondern bedient er sich der Rechtsformen, die auch dem Rechtsunterworfenen zur Verfügung stehen - also etwa des Vertrages - , dann handelt er - auch wenn er nicht nach Gewinn strebt - im geschäftlichen Verkehr (ÖBl 1993, 207 = WBl 1993, 405 - Zivilschutzverband mwN; s auch Rüffler,

Die Anwendbarkeit des UWG auf juristische Personen öffentlichen Rechts 55 ff).

Die Anstaltsapotheke des Landeskrankenhauses B***** liefert auf Grund von Kaufverträgen Arzneimittel an andere Anstaltsapotheken. Daß sie damit im geschäftlichen Verkehr tätig wird, können auch die Beklagten nicht ernsthaft in Zweifel ziehen, berufen sie sich doch auf das Recht auf Erwerbsfreiheit.

Die Erstbeklagten handelt auch zu Zwecken des eigenen Wettbewerbes den der Zweitbeklagte fördert:

Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs setzt nach herrschender Ansicht ein Wettbewerbsverhältnis und eine Wettbewerbsabsicht voraus. Ein Wettbewerbsverhältnis besteht in erster Linie zwischen Unternehmern, die sich an einen im wesentlichen gleichen Kreis von Abnehmern wenden. Die Wettbewerbsabsicht wird vermutet, wenn die Handlung der Förderung des eigenen Wettbewerbs dient und objektiv den Charakter einer Wettbewerbshandlung hat (Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht 14 f; s auch Hohenecker/ Friedl, Wettbewerbsrecht 18 f; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht18 EinlUWG Rz 214 ff).

Mit der Lieferung von Infusionslösungen an andere Anstaltsapotheken tritt die Anstaltsapotheke des Landeskrankenhauses Bad Ischl mit inländischen öffentlichen Apotheken und auch mit Pharmaunternehmen in Wettbewerb, die ebenfalls Infusionslösungen anbieten. Die Lieferung von Waren an andere Anstaltsapotheken ist eine Wettbewerbshandlung, fördert sie doch den eigenen Wettbewerb; sie ist, wie schon die Preisgestaltung zeigt, auch von der entsprechenden Wettbewerbsabsicht getragen (s ÖBl 1966, 61 - Anstaltsapotheke). Abnehmer der Infusionslösungen sind letztlich die Patienten der belieferten Krankenanstalten, so daß in Wahrheit keine Eigenversorgung vorliegt. Daß die gesetzwidrige Belieferung von Anstaltsapotheken geeignet ist, der Erstbeklagten einen Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, bedarf keiner weiteren Begründung.

Die Rechtsansicht der Beklagten ist nicht vertretbar, weil die Befugnisse der Anstaltsapotheken im Gesetz klar geregelt sind. Das von den Beklagten gewünschte Ergebnis ist nur durch eine Gesetzesänderung erreichbar.

Der auf die mangelnde Vollstreckbarkeit der einstweiligen Verfügung gestützte Einwand ist nicht berechtigt. Aus der einstweiligen Verfügung ist klar erkennbar, welches Verhalten die Beklagten zu unterlassen haben. Auch wenn Anstaltsapotheken nicht rechtlich selbständig sind, werden die Arzneimittel ihnen und nicht unmittelbar ihrem Rechtsträger geliefert. Das Verbot, durch Anstaltsapotheken Arzneispezialitäten an Anstaltsapotheken anderer öffentlicher Krankenanstalten zu liefern (an solchen Lieferungen mitzuwirken), beschreibt genau jenes Verhalten, das die Beklagten gesetzt haben und setzen und das sie in Zukunft unterlassen müssen.

Der Revisionsrekurs mußte erfolglos bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerinnen beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.

Rechtssätze
15