JudikaturJustiz4Ob1583/95

4Ob1583/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Juni 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Brigitte B*****, vertreten durch Dr.Wolfram Themmer ua Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Anton J. G*****, vertreten durch Dr.Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert: 99.000 S), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 28.Februar 1995, GZ 13 R 248/94-27, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Dem Beklagten, welcher die streitverfangene Eigentumswohnung auf Grund des Kaufvertrages vom 30.12.1982 erworben hatte, steht nach der erfolgreichen Anfechtung des Titelgeschäftes durch die Klägerin im Löschungsprozeß (AZ 23 C 383/83 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien), also seit dem Jahre 1988 bzw 1990, kein Recht mehr zum Besitz, zur Innehabung oder zur Benützung dieser Wohnung zu, mag er auch seit 2.4.1990 die - letztlich erfolglose - Wiederaufnahme des Löschungsprozesses betrieben haben.

Die Klägerin war daher schon genötigt, gegen den Beklagten am 25.5.1990 mit Räumungsklage (AZ 340/90 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien) vorzugehen. Da ihr aber der Mieter des Beklagten die Wohnung samt Schlüssel am 22.4.1991 geräumt übergeben hat, ist diese seither auch in ihrem Besitz, weshalb sie folgerichtig das Räumungsbegehren auf Kosten einschränkte; dieses Verfahren ist seit 21.4.1992 unterbrochen.

Die Inbesitznahme der Wohnung durch die Klägerin hat aber der Beklagte zum Anlaß einer Besitzstörungsklage (AZ 48 C 241/91g des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien) genommen. Dieser wurde, wenngleich auch erst auf Grund einer erfolgreichen Wiederaufnahmsklage des Beklagten, mit Endbeschluß des Landesgerichtes für Zivlrechtssachen Wien vom 28.9.1992, GZ 42 R 387/92-17, stattgegeben und der Klägerin die Zurückstellung der von den eigenen Fahrnissen geräumten Wohnung an den Beklagten aufgetragen. Dem Beklagten ist sodann mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 2.Dezember 1992 die Räumungsexekution gegen die Klägerin bewilligt worden.

Bei dieser Sachlage muß aber der Klägerin in einem petitorischen Rechtsstreit jedenfalls ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung ihres ausschließlichen Rechtes zum Besitz, zur Innehabung und zur Benützung der Wohnung und an der negativen Feststellung, daß dem Beklagten solche Rechte fehlen, zugebilligt werden (EvBl 1969/411), führt doch der gerichtliche Besitzschutz (§ 339 ABGB) dazu, daß auch jener die Sache zurückgeben muß, der ein Recht auf den Besitz hatte und sie in einem darauffolgenden Prozeß um das Recht sofort wiedererlangen kann (Koziol/Welser9 II 37). Da die Klägerin, die sich noch immer im Naturalbesitz der Wohnung befindet, weder auf Leistung noch auf Unterlassung klagen konnte, stand ihr demnach die petitorische Eigentumsfreiheitsklage (§ 523 ABGB) in Form einer (negativen) Feststellungsklage offen (EvBl 1962/226; EvBl 1966/419; EvBl 1969/56). Diese geht insofern über eine Oppositionsklage gegen die Exekutionsbewilligung auf Grund des Endbeschlusses im Besitzstörungsverfahren (vgl 3 Ob 182/94) hinaus, als sie zwischen den Parteien in bezug auf den immer noch bestehenden Schwerbezustand endgültige Klarheit schafft.

Daß der vorliegenden Feststellungsklage in bezug auf den Räumungsprozeß das Prozeßhindernis der Streitanhängigkeit entgegenstünde, ist schon deshalb zu verneinen, weil infolge Einschränkung des Begehrens auf Kosten die vorangegangene titellose Benützung des Beklagten nur mehr eine - nicht der Rechtskraft teilhaftige - Vorfrage der Kostenentscheidung sein wird.