JudikaturJustiz4Ob139/15t

4Ob139/15t – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Januar 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen S***** A*****, geboren am *****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft ***** als Kinder- und Jugendhilfeträger, über den Revisionsrekurs des Vaters Ing. F***** P***** L*****, vertreten durch Hornek Hubacek Lichtenstrasser Epler Rechtsanwälte OG in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 11. Mai 2015, GZ 15 R 174/15m 30, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Traun vom 19. März 2015, GZ 27 Pu 82/14t 24, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Der 2003 geborene Minderjährige befindet sich in Pflege und Erziehung seiner Mutter und wird in deren Haushalt betreut. Der Vater verpflichtete sich mit Vereinbarung aus dem Jahr 2006 gegenüber der Bezirkshauptmannschaft als Kinder- und Jugendhilfeträger zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 300 EUR. Dieser Bemessung lag ein monatliches Bruttoeinkommen von 2.000 EUR zugrunde. Der Vater ist für ein weiteres, 2006 geborenes Kind sorgepflichtig. Im Jahr 2003 hatte eine im Eigentum des Vaters stehende Gesellschaft um einen zur Gänze fremdfinanzierten Kaufpreis von 3,5 Mio EUR ein weiteres Unternehmen gekauft; der Vater haftet für diesen Kredit persönlich im Rahmen einer damals eingegangenen Bürgschaft. Der Kaufpreis stellte sich aus Sicht des Vaters nachträglich als überhöht heraus. Die Bürgschaft des Vaters wurde letztlich schlagend. Mit Beschluss des Landesgerichts Leoben vom 11. 11. 2013 wurde über das Vermögen des Vaters ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet. Er erzielte während der Dauer des Sanierungsverfahrens ein monatliches Nettoeinkommen von 1.482,66 EUR, und zwar von Jänner bis Juni 2014. Sonderzahlungen erhielt er in diesem Zeitraum nicht. Mit Beschluss vom 1. 7. 2014 wurde der Sanierungsplan rechtskräftig bestätigt und das Insolvenzverfahren in Folge der Rechtskraft des Beschlusses aufgehoben. Seit 2. 9. 2014 ist der Vater auch als Angestellter tätig und erzielte im September 2014 netto 1.518,92 EUR und ab Oktober 2014 monatlich 1.571,33 EUR. Unter Hinzurechnung der aliquoten Sonderzahlungen ergibt sich ein monatliches durchschnittliches Nettoeinkommen von 1.833,21 EUR.

Der Sanierungsplan sieht vor, dass der Vater zwischen Juni 2014 und Juli 2016 in vier halbjährlichen Raten je 90.000 EUR zu leisten hat, ab Juli 2016 bis einschließlich Juni 2021 einen monatlichen Betrag von 4.666 EUR. Der Vater muss einen Großteil der Rückzahlungsraten durch Privatdarlehen fremdfinanzieren, geht aber davon aus, mit dieser Unterstützung den Sanierungsplan erfüllen zu können (ON 21).

Der Vater beantragte zunächst die Herabsetzung seiner Unterhaltsleistungen ab 1. 7. 2014 wegen geänderter Verhältnisse auf monatlich 100 EUR, die Bezirkshauptmannschaft eine Erhöhung auf monatlich 400 EUR und der Vater in der Folge eine gänzliche Aussetzung ab 1. 9. 2014.

Er brachte vor, dass er erst drei Jahre nach der Geburt seines Sohnes von dessen Existenz erfahren habe, dass schon zuvor eines seiner Unternehmen (bei Übernahme einer persönlichen Bürgschaft durch ihn) einen Mitbewerber auf dem Markt aufgekauft habe, um seine eigenen Marktchancen zu erhöhen, und dass das kaufende Unternehmen vom Verkäufer über die unternehmerischen Kennzahlen des Zielunternehmens getäuscht worden sei. Zwar habe das kaufende Unternehmen Schadenersatzklage gegen den Verkäufer eingebracht, doch sei dieses Verfahren vom Insolvenzverwalter wegen hoher Verfahrenskosten nicht fortgesetzt worden. Dieses Vorbringen blieb unbestritten.

Das Erfüllungserfordernis des Sanierungsplans belaufe sich unter Berücksichtigung der Rückstehungserklärung der Bank auf rund 497.000 EUR. Den Vater treffe über einen Zeitraum von 18 Monaten eine monatliche Zahlungsverpflichtung von über 27.000 EUR, sowie hinsichtlich der Bank eine gesamte Rückzahlungsverpflichtung ab 1. 6. 2016 von 561.718,04 EUR. Die Schulden hätten zur Erhaltung und Verbesserung der Ertragskraft seines Unternehmens gedient. Er verwende sein nunmehriges monatliches Nettoeinkommen zur Gänze zur Abdeckung der Sanierungsplanraten, der Rest werde von dritter Hand beglichen bzw durch Privatdarlehen finanziert und er werde komplett von seiner Ehefrau versorgt.

Der Kinder- und Jugendhilfeträger verwies darauf, dass Schulden von Unterhaltspflichtigen grundsätzlich nicht von der Bemessungsgrundlage abzuziehen seien. Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, warum der Vater den Erwerb eines Unternehmens zu einem überhöhten Preis nicht vor dem Kauf näher geprüft habe.

Das Erstgericht wies die Anträge des Vaters auf Unterhaltsherabsetzung bzw -befreiung ab und verpflichtete ihn zu einer monatlichen Unterhaltszahlung ab 1. 7. 2014 bis auf weiteres von 340 EUR (anstatt bisher 300 EUR). Nach der Prozentkomponente habe ein Kind im Alter von 10 15 Jahren Anspruch auf 20 % des monatlichen durchschnittlichen Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen. Abzüglich der weiteren Sorgepflicht des Vaters ergebe sich ein reduzierter Anspruch von 19 %. Hinsichtlich des Einkommens des Vaters hätten sich die Umstände nicht maßgeblich geändert. Die Leistung der Zahlungsraten zur Erfüllung des Sanierungsplans mindere die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht.

Das Rekursgericht bestätigte die Bemessung mit 340 EUR ab 1. 9. 2014, setzte aber den Unterhalt für Juli und August 2014 auf jeweils 211 EUR herab, weil die Unterhaltsbemessungsgrundlage für diese Monate jeweils nur 1.111 EUR betrage. Es liege zwar eine Umstandsänderung seit 2006 vor, es gäbe aber keine berücksichtigungswürdigen Schulden. Die insolvenzrechtlichen Maßnahmen hätten auf die Festsetzung der Unterhaltsverpflichtung des Vaters keinen Einfluss. Auch habe der Vater nicht vorgebracht, warum der Ankauf des Konkurrenzunternehmens, für dessen Fremdfinanzierung des Kaufpreises er eine persönliche Haftung in einer Höhe von 3,5 Mio EUR übernommen habe, im Interesse der Existenzsicherung oder nach vernünftigen betriebswirtschaftlichen Kriterien aus ex-ante-Sicht erforderlich oder sinnvoll gewesen sei, bzw welche sonstigen berechtigten Erwartungen nicht eingetroffen seien, weshalb allfällige Unrichtigkeiten der Bilanz des Konkurrenzunternehmens beim Erwerb nicht erkennbar gewesen seien und weshalb Gewährleistungs- und/oder Schadenersatzansprüche gegen den Verkäufer nicht durchsetzbar oder nicht einbringlich gewesen seien. Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nachträglich mit der Begründung zu, es liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vor, ob Schulden, die bereits vor Entstehung der Unterhaltspflicht entstanden sind, unabhängig von deren Zweck und sonstigen Parametern zu berücksichtigen seien und ob die bei der Frage der Anspannung entwickelten Grundsätze auch bei der Frage der Berücksichtigung von Schulden anzuwenden seien.

In seinem Revisionsrekurs beantragt der Vater neuerlich, seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Minderjährigen ab 1. 7. 2014 auf 100 EUR herabzusetzen und ihn ab 1. 9. 2014 zur Gänze von seiner Unterhaltspflicht zu entheben; in eventu wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kinder- und Jugendhilfeträger beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung , dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt .

1. Das Recht des Kindesunterhalts ist dadurch gekennzeichnet, dass minderjährige Kinder ohne eigene Einkünfte ihre Lebensstellung von derjenigen ihrer unterhaltspflichtigen Eltern ableiten (vgl Stabentheiner in Rummel , ABGB 3 § 140 [aF] Rz 4). Der Unterhaltsberechtigte hat den von vornherein beeinträchtigten Stand der Leistungsfähigkeit zu übernehmen und mitzutragen ( Schwimann/Kolmasch , Unterhaltsrecht 7 , 42). Zwischen Unterhalts- und sonstigen Verpflichtungen besteht grundsätzlich Gleichrangigkeit. Unterhaltsansprüche genießen außerhalb des Vollstreckungsverfahrens keinen allgemeinen Vorrang gegenüber anderen Forderungen.

2. Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass der Vater (enorme) Schulden zu einem Zeitpunkt eingegangen ist, als er noch keine Kenntnis von seiner Unterhaltspflicht hatte.

3. Nach der Rechtsprechung werden Schulden des Unterhaltspflichtigen, die erst nach Entstehen der Unterhaltspflicht begründet wurden, bei der Unterhaltsbemessung grundsätzlich nicht als leistungsfähigkeitsmindernder Umstand berücksichtigt. Unter bestimmten Voraussetzungen können Schuldzahlungen jedoch ausnahmsweise aufgrund einer Ermessensentscheidung im Einzelfall ganz oder teilweise von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abgezogen werden ( Schwimann/Kolmasch , Unterhaltsrecht 7 , 41 mwN).

Kosten für eine Kreditrückzahlung sind bei der Bemessung des Unterhalts nicht zu berücksichtigen, wenn der Revisionsrekurswerber nicht geltend macht, der Kredit sei zur Erhaltung seiner Arbeitskraft oder für existenznotwendige Bedürfnisse aufgenommen worden (RIS Justiz RS0007202). Schulden des Unterhaltspflichtigen vermindern nicht schlechthin die Bemessungsgrundlage (RIS Justiz RS0047491). Nur Kredite zur Bestreitung unabwendbarer außergewöhnlicher Belastungen sind abzugsfähige Aufwendungen (RIS Justiz RS0047508). Für eine Interessenabwägung, inwieweit Schulden eine Abzugspost von der Unterhaltungsbemessungsgrundlage darstellen, ist der Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung , der Zweck, für den sie aufgenommen worden sind, das Einverständnis des Ehepartners zu dieser Schuldaufnahme, die Dringlichkeit der Bedürfnisse des Verpflichteten und des Berechtigten, das Interesse an einer Schuldentilgung, um die Verbindlichkeit nicht weiter anwachsen zu lassen und dadurch die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten weiter herabzudrücken, maßgeblich. Eine Berücksichtigung von Schulden ist unter diesen Gesichtspunkten nach billigem Ermessen vorzunehmen (RIS Justiz RS0079451).

4. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung eines verstärkten Senats zu 1 Ob 160/09z ausgesprochen, dass der Umstand, dass dem Unterhaltspflichtigen sein Erwerbseinkommen aufgrund der Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen oder daran anschließender insolvenzrechtlicher Konsequenzen (Abschöpfungsverfahren, Zahlungsplan, Zwangsausgleich) nicht zur Gänze zur Verfügung steht, für sich allein nicht zu einer Verminderung seiner Unterhaltspflicht führt (vgl auch RIS Justiz RS0115448). Es bleibt daher auch im Insolvenzfall beim zuvor dargelegten allgemeinen Grundsatz, dass eine Reduktion der Unterhaltsbemessungsgrundlage durch Schuldzahlungen nur ausnahmsweise in Betracht kommt. Dabei liegt es am Schuldner, die Berücksichtigungswürdigkeit von Schulden vor, während und bei den Nachwirkungen des Insolvenzverfahrens zu behaupten und unter Beweis zu stellen ( Neuhauser in Schwimann/Kodek , ABGB 4 § 140 Rz 240).

5. Was die Entstehungszeit der Schulden anlangt, so spricht der Umstand, dass die Verpflichtung bereits vor der Unterhaltspflicht bzw vor dem Zeitpunkt, in dem der Unterhaltsschuldner von seiner (späteren) Unterhaltspflicht Kenntnis haben konnte, begründet worden ist, für die Berücksichtigung ( Schwimann/Kolmasch , Unterhaltsrecht 7 , 42 mwN).

6. In der Entscheidung 1 Ob 501/93 sprach der Oberste Gerichtshof aus, die Kenntnis der Unterhaltsverpflichtung bei Begründung von Schulden verwehrt dem Unterhaltspflichtigen in der Regel eine Berufung auf völlige oder teilweise Leistungsunfähigkeit infolge dieser Schulden, es sei denn, es handelt sich um notwendige, nicht anders finanzierbare Anschaffungen für den Beruf oder die allgemeine Lebensführung (so auch 7 Ob 531/95 und schon 7 Ob 662/90). Nach 7 Ob 156/10g ist es wesentlich, ob der Vater vom Entstehen einer weiteren Sorgepflicht nach der Kreditaufnahme überrascht wurde. In dem genannten Verfahren war der Vater von der Mutter entsprechend informiert worden und hatte Kenntnis vom laufenden Abstammungsverfahren, weshalb ihm vorgeworfen wurde, dass er bei der Kreditaufnahme die mögliche Belastung mit einer weiteren Sorgepflicht nicht einkalkuliert hatte (vgl auch 1 Ob 507/91).

Aus dieser Rechtsprechung ist im Umkehrschluss abzuleiten, dass Rückzahlungen des Unterhaltsschuldners auf vor dem Entstehen, der Kenntnis oder der Erwartbarkeit der Unterhaltspflicht eingegangene Schulden bei der Bemessung des Unterhalts grundsätzlich zu berücksichtigen sind. In diesem Fall kann dem Unterhaltspflichtigen ja nicht angelastet werden, er habe zu Lasten seiner Unterhaltsgläubiger seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verringert. Der Umstand der Schuldbegründung zu einem Zeitpunkt, in dem noch keine Unterhaltspflichten bestanden, schlägt daher in der Interessenabwägung (vgl RIS Justiz RS0079451), inwieweit Schuldenzahlungen die Unterhaltsbemessungsgrundlage mindern, zugunsten des Unterhaltsverpflichteten zu Buche.

7. Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass der Vater zum Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaft für den Unternehmenskredit noch nichts von seiner künftigen Unterhaltspflicht wusste. Seine aus der Bürgschaft resultierenden Schulden sind daher bei der Bemessung des Unterhalts grundsätzlich zu berücksichtigen.

8. Davon zu trennen ist jedoch die Frage, ob Zahlungen auf grundsätzlich zu berücksichtigende Schulden tatsächlich in voller Höhe von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden können.

8.1. Schwimann/Kolmasch , Unterhaltsrecht 7 45, führen insofern zutreffend aus, dass es gegen die Grundprinzipien des Unterhaltsrechts verstieße, wenn der Schuldner durch unangemessen hohe Zahlungen Schuldtilgung auf Kosten des laufenden Unterhalts seiner Angehörigen betreiben könnte. Insbesondere bei freiwilligen Zahlungen und Ratenplanzahlungen müsse es aus diesem Grund eine Angemessenheitsschranke geben. Es sei auch in Bezug auf die Höhe des Abzugs eine Interessenabwägung vorzunehmen, wobei die „Wertungen des Gehaltsexekutionsrechts“ als Anhaltspunkt in Frage kämen.

8.2. Daraus folgt, dass Rückzahlungen auch dann nicht in jedem Fall in voller Höhe von der Bemessungsgrundlage abzuziehen sind, wenn die zugrunde liegenden Schulden wie hier an sich zu berücksichtigen sind. Vielmehr ist dieser Abzug, soweit der Schuldner darauf einen Einfluss hat, einer Angemessenheitsprüfung zu unterziehen. Das gilt insbesondere bei Zahlungen aufgrund eines Sanierungs- oder Zahlungsplans. Denn dem durchaus legitimen Interesse des Unterhaltsverpflichteten an seiner Entschuldung steht hier das ebenso legitime Interesse des Unterhaltsberechtigten an der Deckung seines Unterhaltsbedarfs gegenüber. Daher ist zu prüfen, ob der Schuldner nach Kenntnis seiner Unterhaltspflicht und damit im konkreten Fall insbesondere bei Abschluss des Sanierungsplans alles Zumutbare unternommen hat, um nicht nur seine Schulden zu bedienen und eine Entschuldung zu erreichen, sondern auch seine Unterhaltspflicht zu erfüllen.

8.3. Bei dieser Prüfung ist, wie Schwimann/Kolmasch , Unterhaltsrecht 7 45, zutreffend ausführen, auf die Wertungen des Gehaltsexekutionsrechts Bedacht zu nehmen. Danach dürfen exekutiv erzwungene Zahlungen von (anderen) Schulden nicht dazu führen, dass das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten den Unterhaltsberechtigten zur Gänze entzogen wird; vielmehr können diese immer auf den Differenzbetrag nach § 291b Abs 2 und 3 EO greifen. Das Exekutionsrecht unterstellt dem Unterhaltsverpflichteten daher eine der Höhe nach von der Höhe seines Einkommens abhängige (§ 291b Abs 2 iVm § 291a EO) unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit , die durch Zahlungspflichten aufgrund anderer Schulden von vornherein nicht beeinträchtigt werden kann. Diese Wertung des Vollstreckungsrechts wird der Schuldner im Regelfall nicht dadurch unterlaufen können, dass er freiwillig deutlich höhere (Rück-)Zahlungen auf andere als Unterhaltsschulden vornimmt und so die Bemessungsgrundlage zu Lasten des Unterhaltsberechtigten (vermeintlich) weiter schmälert.

8.4. Aus diesem Grund wird der Unterhaltsverpflichtete die Zahlungen aufgrund eines Sanierungs- oder Zahlungsplans in der Regel so gestalten müssen, dass er Unterhalt zumindest in jener Höhe leisten kann, die seiner fiktiven Leistungsfähigkeit iSd § 291a EO entspräche. Bemessungsgrundlage ist daher auch bei Zahlungspflichten aufgrund an sich zu berücksichtigender Schulden (zumindest) das im konkreten Fall unter Bedachtnahme auf die Unterhaltspflichten bestimmte allgemeine Existenzminimum des Schuldners.

8.5. Leistet der Unterhaltsverpflichtete allerdings im eigenen Interesse um eine Entschuldung zu erreichen seinen (anderen) Gläubigern mehr als das mit Exekution Erzwingbare und steht ihm daher das (allgemeine) Existenzminimum faktisch nicht für Unterhaltszahlungen zur Verfügung, bedürfte es einer besonderen Begründung, weshalb eine solche Vorgangsweise dem Unterhaltsberechtigten durch einen weiteren Abzug von der Bemessungsgrundlage zur Last fallen sollte. Der Unterhaltsverpflichtete müsste in einem solchen Fall nachweisen, dass (a) eine den Wertungen des Vollstreckungsrechts entsprechende Gestaltung der monatlichen Rückzahlungen aufgrund der Umstände des Einzelfalls nicht möglich war und (b) eine durch die konkrete Vorgangsweise bewirkte Entschuldung dennoch mit hoher Wahrscheinlichkeit für den Unterhaltsberechtigten vorteilhafter ist als deren Unterbleiben. Darüber hinaus wäre (c) auch eine Prüfung des Vermögens des Unterhaltsverpflichteten erforderlich, weil er dieses im Rahmen des Zumutbaren zur Erfüllung seiner Unterhaltsverpflichtungen angreifen müsste (RIS Justiz RS0047470; RS0047494; 4 Ob 557/94).

9. Diese Erwägungen führen zur Aufhebung in die erste Instanz.

Sollte der Vater weiterhin auf einer vollständigen Berücksichtigung seiner Rückzahlungen zur Erfüllung des Sanierungsplans beharren, müsste er sein Vermögen und die Finanzierung des Sanierungsplans offenlegen und nachweisen, dass eine auch die Interessen des Unterhaltsberechtigten wahrende Gestaltung des Sanierungsplans auf dieser Grundlage nicht möglich gewesen wäre. Dabei wäre freilich zu bedenken, dass die strittigen Unterhaltszahlungen nur einen vernachlässigbar kleinen Bruchteil der monatlichen Rückzahlung zur Erfüllung des Sanierungsplans ausmachen, weswegen nur schwer vorstellbar ist, dass der Sanierungsplan bei einem entsprechend modifizierten Vorschlag tatsächlich gescheitert wäre. Selbst in diesem Fall bliebe aber zu prüfen, ob die mit dem konkreten Sanierungsplan angestrebte Entschuldung mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im Interesse des Unterhaltsberechtigten liegen wird. Nur dann könnte dem Unterhaltsberechtigten ein zeitweiliger Entfall des Unterhalts zugemutet werden.

Zu all dem wird der Vater ein schlüssiges Vorbringen erstatten müssen. Da der Unterhaltspflichtige die seine Unterhaltsverpflichtung aufhebenden oder vermindernden Umstände zu behaupten und zu beweisen hat (7 Ob 194/03k; RIS Justiz RS0006261; RS0047536), fielen verbleibende Zweifel ihm zur Last.

Rechtssätze
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