JudikaturJustiz4Ob13/89

4Ob13/89 – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Februar 1989

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*** FÜR L*** W***, Wels, Hyrtlstraße 2, vertreten durch Dr. Thomas Watzenböck, Rechtsanwalt in Kremsmünster, wider die beklagte Partei prot. Firma "S*** UND M*** B*** A***", Inhaber Adolf B***, Kaufmann, Gmunden, Kirchengasse 5, vertreten durch Dr. Heinz Ortner, Rechtsanwalt in Gmunden, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 350.000) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 10. April 1986, GZ 3 R 33/86-21, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Kreis- als Handelsgerichtes Wels vom 11. November 1985, GZ 1 Cg 370/84-13, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. den

B e s c h l u ß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Abweisung des Unterlassungshaupt- und des Urteilsveröffentlichungsbegehrens des Klägers richtet, zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Im übrigen wird der Revision Folge gegeben und der dem Eventualbegehren stattgebende Teil des Urteils des Erstgerichtes einschließlich der Kostenentscheidung mit der Maßgabe wiederhergestellt, daß die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, es im geschäftlichen Verkehr beim Einzelhandel mit Sportartikeln und Sportbekleidung bei Exekution zu unterlassen, die Durchführung eines Ausverkaufes, insbesondere in der Form eines 'Totalabverkaufes', anzukündigen und auf eine besondere behördliche Genehmigung hinzuweisen, solange eine rechtswirksame behördliche Genehmigung nicht vorliegt. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.924,73 bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist ferner schuldig, der klagenden Partei die mit S 31.438,25 (darin enthalten S 2.610,75 Umsatzsteuer und S 2.720 Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte betreibt den Einzelhandel mit Sportartikeln und Sportbekleidung in Gmunden, Kirchengasse 5. Wegen beabsichtigter Einstellung des Geschäftsbetriebes in seiner weiteren Betriebsstätte in Ebensee, Hauptstraße 1, suchte er bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden um die Bewilligung zur Ankündigung und Veranstaltung eines Ausverkaufes von Sportartikeln und Sportbekleidung im Gesamtwert von S 1,568.980 für die Zeit vom 1. Oktober bis 15. November 1984 und vom 2. Jänner bis 31. Jänner 1985 an. Noch vor der Entscheidung über diesen Antrag kündigte der Beklagte in einem an Haushalte verteilten Flugblatt mit den Worten "Behördlich genehmigter Total-Abverkauf" und "Wir beginnen am 1. Oktober 1984" den Abverkauf von Sportartikeln und Sportbekleidung in seiner Betriebsstätte in Ebensee an. Auch in einem am 4. Oktober 1984 in der "Wochenrundschau" des "Ischler Wochenblattes" erschienenen halbseitigen Inserat machte der Beklagte unter der Überschrift "Alle fahren nach Ebensee zum großen behördlich genehmigten Totalabverkauf" auf den laufenden Ausverkauf aufmerksam. Mit dem dem Beklagten am 2. November 1984 zugestellten Bescheid vom 30. Oktober 1984 gab die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als Gewerbebehörde seinem Ansuchen Folge und erteilte im Sinne der §§ 2, 3 und 4 AusvV die Bewilligung zum Verkauf von Sportartikeln, Sportbekleidung etc. laut einer angeschlossenen Warenliste im Gesamtwert von S 1,568.980 im Standort Ebensee, Hauptstraße 1. Der zweite Absatz des Spruches dieses Bescheides lautet:

"Der Verkauf darf durch den Gewerbeinhaber und dessen Dienstnehmer, und zwar nur in der Zeit bis 14.11.1984 sowie vom 2.1. bis 31.1.1985 während der normalen Geschäftszeiten durchgeführt werden" (Beilage 1).

Mit der vorliegenden, auf § 1 und § 2 UWG gestützten Klage beantragte der Kläger - ein Verband zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs -, den Beklagten schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, "die Durchführung eines Ausverkaufes insbesondere in Form eines 'Totalabverkaufes' anzukündigen, wenn er nicht gewährleisten kann, für den Standort, an dem der Ausverkauf stattfinden soll, mindestens drei Jahre eine gewerbliche Unternehmung geführt zu haben", in eventu "die Durchführung eines Abverkaufes, insbesondere in der Form eines Totalabverkaufes anzukündigen und auf besondere behördliche Genehmigung hinzuweisen, solange eine solche Genehmigung zum Zeitpunkt der Ankündigung rechtskräftig nicht vorliegt"; weiters erhob der Kläger ein auf Veröffentlichung des Urteilsspruches im Textteil einer Samstag-Ausgabe der "Salzkammergut-Zeitung", der "Wochenrundschau - Ischler Wochenblatt", der "Oberösterreichischen Nachrichten" und der "Kammernachrichten" der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich gerichtetes Veröffentlichungsbegehren. Mit seinen Ankündigungen eines behördlich bewilligten Ausverkaufes verstoße der Beklagte gegen das AusverkaufsG. Er habe die Filiale in Ebensee erst zwei Jahre vor seinen Ankündigungen eröffnet; gemäß § 3 Abs.3 AusverkaufsG dürfe aber eine Bewilligung nicht erteilt werden, wenn ein gewerbliches Unternehmen noch nicht drei Jahre lang bestanden habe. Die vom Beklagten tatsächlich erlangte Bewilligung sei erst fünf Wochen nach seinen Ankündigungen erteilt worden. Der Bescheid der Gewerbebehörde verstoße gegen § 3 Abs.3 AusverkaufsG (Vorbringen zum Hauptbegehren). Die Ankündigung des Ausverkaufs vor der Erteilung der behördlichen Bewilligung sei durch den erst später erlassenen Bescheid nicht gedeckt. Der Beklagte habe einen behördlich genehmigten Abverkauf angekündigt, obwohl im Zeitpunkt der Ankündigung keine behördliche Genehmigung vorgelegen sei. Die Ankündigung sei deshalb auch zur Irreführung des angesprochenen Publikums geeignet gewesen (Vorbringen zum Eventualbegehren). Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und erhob seinerseits das Begehren auf Veröffentlichung des abweisenden Urteiles. Der Kläger sei nicht aktiv legitimiert, weil er keine seinem Vereinszweck entsprechende Tätigkeit ausübe. Die Gewerbebehörde habe ihm mit dem Bescheid vom 30. Oktober 1984 die Bewilligung zum Ankündigen und Veranstalten eines Ausverkaufes für die Zeit vom 1. Oktober bis 15. November 1984 und vom 2. Jänner bis 31. Jänner 1985 erteilt. Bei Vorliegen rücksichtswürdiger Gründe dürfe die Genehmigung auch für gewerbliche Unternehmungen erteilt werden, die noch nicht volle drei Jahre bestanden haben. Der Kläger habe kein berechtigtes Interesse an der Urteilsveröffentlichung. Hingegen sei ein solches Interesse des Beklagten an der Veröffentlichung des die Klage abweisenden Urteils gegeben, weil der Kläger ständig der Wahrheit zuwider behaupte, daß der Beklagte häufig gegen Wettbewerbsvorschriften verstoßen hätte. Das Erstgericht wies das Haupt- und das Urteilsveröffentlichungsbegehren des Klägers sowie das Urteilsveröffentlichungsbegehren des Beklagten ab und erkannte - unter Hinweis auf § 2 UWG - im Sinne des Eventualbegehrens des Klägers.

Das Berufungsgericht gab der nur gegen die Abweisung seines Veröffentlichungsbegehrens gerichteten Berufung des Klägers nicht Folge; in teilweiser Stattgebung der vom Beklagten gegen die Entscheidung über das Eventualbegehren und die Abweisung seines Veröffentlichungsbegehrens erhobenen Berufung wies es auch das Eventualbegehren des Klägers ab, bestätigte jedoch die Abweisung des Urteilsveröffentlichungsbegehren des Beklagten. In seinem Urteilsspruch wiederholte das Berufungsgericht auch die - mangels Anfechtung rechtskräftig gewordene - Abweisung des Hauptbegehrens. Weiters sprach das Berufungsgericht aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige, der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes jedoch S 60.000 nicht übersteige.

Zum maßgebenden Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung habe der Beklagte die behördliche Bewilligung zur Ankündigung des Ausverkaufes gehabt. Diese Bewilligung habe auch - rückwirkend - den Beginn des Ausverkaufes am 1. Oktober 1984 erfaßt. Ob der Bescheid rechtmäßig gewesen sei, unterliege nicht der gerichtlichen Nachprüfung. Die Verbraucher seien auch nicht in ihrer Erwartung niedriger Preise getäuscht worden. Für die Veröffentlichung des die Klage abweisenden Urteiles auf Antrag des Beklagten bestehe kein Grund.

Gegen die Abweisung seines Haupt-, Eventual- und Urteilsveröffentlichungsbegehrens richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag, "seinen Ansprüchen zur Gänze Folge zu geben". Der Beklagte beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Zu I.:

Der Kläger hat in seiner Berufung ausdrücklich ausgeführt, daß er die Abweisung seines Hauptbegehrens nicht bekämpft; dieser Teil der erstgerichtlichen Entscheidung ist daher rechtskräftig geworden. Die - der Übersichtlichkeit dienende - Wiederholung des angefochten gebliebenen Teiles des Ureiles des Erstgerichtes im Berufungsurteil hat in diesem Umfang keine weitere Rechtsmittelmöglichkeit eröffnet. Auf Grund des Berichtigungsbeschlusses des Berufungsgerichtes vom 13. Jänner 1989, wonach der Wert des von der Bestätigung betroffenen Teiles des Streitgegenstandes (Urteilsveröffentlichungsbegehren des Klägers) S 60.000 nicht übersteige, ist nunmehr klargestellt, daß dieser Teil der angefochtenen Entscheidung keiner weiteren Anfechtung mehr unterliegt (§ 502 Abs.3 ZPO).

Soweit sich die Revision gegen die unanfechtbaren Teile der Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet, war sie als unzulässig zurückzuweisen. Obwohl der Beklagte auf die Unzulässigkeit der Revision gegen die Abweisung des Hauptgebehrens hingewiesen hat, bleibt für eine Kostenentscheidung zu seinen Gunsten kein Raum, weil der Kläger mit dem Eventualbegehren obsiegt hat (Fasching II 314). Zu II.:

Rechtliche Beurteilung

Im übrigen ist die Revision berechtigt.

Der Kläger bekämpft die Abweisung seines Eventualbegehrens vor allem deshalb, weil die Ankündigung und Durchführung eines "behördlich genehmigten" Totalabverkaufes vor der Erteilung einer (rechtskräftigen) Ausverkaufsbewilligung gegen § 1 UWG verstoße und das Käuferpublikum auch in Irrtum führe; es genüge nicht, daß eine solche Bewilligung erst zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vorliegt. Diesen Ausführungen muß im Ergebnis beigepflichtet werden:

Das Berufungsgericht hat die Abweisung des Eventualbegehrens im wesentlichen damit begründet, daß der den Ausverkauf bewilligende Bescheid vom 30. Oktober 1984 immerhin - wenn auch rückwirkend - den begehrten Zeitraum (1. Oktober bis 15. November 1984) umfaßt habe, weshalb der Beklagte nicht gegen § 2 AusverkaufsG verstoßen habe. Die vom Berufungsgericht angenommene Rückwirkung ergibt sich jedoch nicht aus diesem Bescheid; er enthält keine ausdrückliche Anordnung der Rückwirkung und spricht - trotz der grundsätzlichen Bewilligung des Antrages des Beklagten - bloß aus, daß der Verkauf "nur in der Zeit bis 14.11.1984 ..." durchgeführt werden darf. Auch aus seiner Begründung läßt sich nicht entnehmen, daß das Ankündigen oder Durchführen des beantragten Ausverkaufes in der Zeit vom 1. Oktober 1984 bis zur Erlassung des Bescheides nachträglich bewilligt worden wäre. Die Erlassung eines solchen rückwirkenden Bewilligungsbescheides wäre im übrigen durch das Gesetz nicht gedeckt: Gemäß § 2 AusverkaufsG ist die Ankündigung eines Ausverkaufes oder einer ausverkaufsähnlichen Veranstaltung nur mit besonderer Bewilligung der Gewerbebehörde gestattet. Gemäß § 4 Abs.1 AusverkaufsG hat jede derartige Ankündigung die Gründe des beschleunigten Verkaufes, die Dauer des Verkaufes und eine allgemeine Bezeichnung der zu verkaufenden Waren zu enthalten; diese Angaben müssen der Bewilligung entsprechen.

Die Wirkungen eines Rechtsgestaltungsbescheides mit dem subjektive Rechte begründet werden, treten im Zeitpunkt seiner Erlassung ein (Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 504); dieser Zeitpunkt ist entweder durch die Verkündung oder durch die schriftliche Zustellung des Bescheides bestimmt (VwSlg. 484/A). Im vorliegenden Fall ist der Bewilligungsbescheid der Gewerbebehörde dem Beklagten gegenüber mit seiner Zustellung am 2. November 1984 wirksam geworden. Durch das Ankündigen eines Ausverkaufes, ohne im Besitz einer wirksamen behördlichen Genehmigung zu sein, hat der Beklagte somit gegen die Bestimmungen des AusverkaufsG und damit auch gegen § 1 UWG verstoßen (SZ 45/14 uva). Ob er allenfalls darauf vertraut hat, er werde die Bewilligung für den Ausverkauf erhalten, ist im vorliegenden Fall wegen des klaren Wortlautes der § 2 und § 4 AusverkaufsG für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit des von ihm begangenen Gesetzesverstoßes (vgl. dazu SZ 56/2) ohne Belang. Da die Bewilligung eines Ausverkaufes immer nur einen bestimmten Zeitraum umfaßt und damit kein zeitlich unbeschränktes Recht eingeräumt wird, ein gleichartiger Sachverhalt somit auch in Zukunft wieder eintreten kann, sind entgegen den Ausführungen der Revisionsbeantwortung sowohl das Rechtsschutzinteresse des Klägers als auch die Wiederholungsgefahr zu bejahen.

Die Aktivlegitimation des Klägers ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig.

Daher war der Revision des Klägers teilweise Folge zu geben und der stattgebende Teil des Urteils des Erstgerichtes einschließlich seiner Kostenentscheidung - im Hinblick auf das Wirksamwerden eines Rechtsgestaltungsbescheides bereits mit der Verkündung oder Zustellung an den Antragsteller im Verwaltungsverfahren - mit der aus dem Spruch ersichtlichen Maßgabe wiederherzustellen. Der Teilabweisung eines Mehrbegehrens (... solange eine rechtskräftige Bewilligung nicht vorliegt ...) bedurfte es dabei nicht, weil der Kläger sein Eventualbegehren selbst darauf beschränkt hat, daß der Beklagte zum Zeitpunkt der ersten Ankündigungen keinerlei positiven Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden in Händen hatte. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf § 43 Abs.2, § 50 ZPO; der Kläger ist mit dem Eventualunterlassungsbegehren (Streitwert S 310.000) durchgedrungen, nicht aber mit dem Veröffentlichungsbegehren (Streitwert S 40.000); die Geltendmachung des verhältnismäßig geringfügigen Teiles des Anspruches, mit dem Kläger unterlegen ist, hat besondere Kosten nicht verursacht. Der Kläger hat daher - auf der Basis des ersiegten Streitwertes - Anspruch auf Ersatz der gesamten Kosten des Berufungsverfahrens.

Im Revisionsverfahren hat der Kläger gemäß §§ 41, 50 ZPO auf der Basis jenes Streitwertes, über den meritorisch entschieden wurde (sohin ebenfalls S 310.000), Anspruch auf Ersatz der Kosten dieses Verfahrens.