JudikaturJustiz3Ob79/08a

3Ob79/08a – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. Mai 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alice S*****, vertreten durch Schmidtmayer, Sorgo, Wanke Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die beklagte Partei Franz J*****, vertreten durch Dr. Vera Scheiber ua Rechtsanwältinnen in Wien, wegen 834.210 CZK sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. Dezember 2007, GZ 4 R 161/07m-40, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 3. Mai 2007, GZ 43 Cg 34/05f-35, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Beklagte hat von der Klägerin rund 30 t Mohn gekauft und an ein österreichisches Unternehmen weiterverkauft. Dieses rügte bei ihm eine vereinbarungswidrige Verunreinigung des Mohns mit Kümmel. Darüber verständigte der Beklagte seine Verkäuferin (die Klägerin). Tatsächlich wies der Mohn einen Fremdbesatz mit falscher Kamille auf. Die Lieferung entsprach nach den unstrittigen Feststellungen nicht dem Kaufvertrag der Parteien, wonach die Lieferung dem Warenmuster entsprechen hätte müssen.

Das Erstgericht beurteilte den Sachverhalt nach UN-Kaufrecht, bejahte eine rechtzeitige Mängelrüge des Beklagten und gab dem auf die Bezahlung des vereinbarten Kaufpreises gerichteten Klagebegehren im Umfang von 90 % statt. Um diesen Preis hätte der Mohn „im Osten" verkauft werden können oder der Mohn hätte mit einem Aufwand von 10 % des Kaufpreises gereinigt werden können.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil in der Hauptsache und eliminierte (im Revisionsverfahren nicht mehr strittig) lediglich die Ersetzungsbefugnis des Beklagten, die Schuld auch in Euro bezahlen zu können. Der Beklagte habe entgegen Art 39 UN-K nicht ordnungsgemäß den Mangel gerügt, weil er fälschlich eine starke Verunreinigung mit Kümmel behauptet habe und ein „Nachschieben" des tatsächlichen Mangels (Verunreinigung mit Kamille) unzulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Beklagten ist mangels erheblicher Rechtsfragen unzulässig:

Es trifft zwar zu, dass das Berufungsgericht die erstinstanzlichen Feststellungen missverstand und fälschlich von einer Vereinbarung der Parteien ausging, dass die Verunreinigung mit Kümmel nur 0,06 % bzw die Gesamtverunreinigung nur 0,4 % betragen dürfe. Eine derartige Vereinbarung hatte der Beklagte als Weiterverkäufer nur mit seiner österreichischen Käuferin getroffen. Damit ist aber für den Revisionswerber, der die gänzliche Klageabweisung anstrebt (obwohl er von seiner Käuferin den gesamten Kaufpreis erhalten hat), nichts gewonnen. Gibt ein Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichts unrichtig wieder, liegt eine Aktenwidrigkeit vor. Sie ist dadurch zu bereinigen, dass das Revisionsgericht seiner rechtlichen Beurteilung die Feststellungen des Erstgerichts zugrundelegt (RIS-Justiz RS0110055; RS0116014). Daraus folgt hier die Unerheblichkeit der gerügten Aktenwidrigkeit bzw Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, weil die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts bei seiner Verneinung einer nicht ordnungsgemäßen Mängelrüge des Beklagten keine über ein außerordentliches Rechtsmittel aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung darstellt, steht doch fest, dass die Rüge zwar spezifiziert (zu diesem Erfordernis: RIS-Justiz RS0116099), inhaltlich aber falsch war (unrichtiger Vorwurf einer Verunreinigung mit Kümmel anstelle der weniger gravierenden Verunreinigung mit Kamille) und die rechtliche Beurteilung eben dieselbe sein muss, gleich viel, ob ihr die erstinstanzlichen Feststellungen (vertragswidrige Lieferung wegen Widerspruchs zum Muster) oder aber die falschen Annahmen des Berufungsgerichts zugrundeliegen.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO, namentlich zu Art 39 UN-K).