JudikaturJustiz3Ob599/84

3Ob599/84 – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Januar 1985

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Verlassenschaftssache nach der am ***** verstorbenen Anna T*****, infolge Revisionsrekurses der erblasserischen Tochter Winfriede T*****, vertreten durch Dr. Klaus Messiner, Dr. Ute Messiner, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 19. Oktober 1984, GZ 1 R 497/84 20, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 21. August 1984, GZ 2 A 736/82 14, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Am 6. 10. 1982 verstarb Anna T***** unter Hinterlassung eines eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testaments, in dem sie ihre einzige Tochter Winfriede T***** als Alleinerbin einsetzte.

Winfriede T***** legte die Vollmacht eines Rechtsanwalts vor und beantragte, ihr die schriftliche Abhandlungspflege zu genehmigen.

Mit Beschluss des Erstgerichts vom 14. 1. 1983 (ON 5) wurde dieser Antrag zur Kenntnis genommen und ihr eine Frist bis 30. 6. 1983 erteilt.

Mit der Begründung, das eidesstättige Vermögensbekenntnis könne noch nicht erstattet werden, weil das zuständige Finanzamt gewisse Steuerbescheide noch nicht erlassen habe, beantragte Winfriede T*****, ihr eine Fristverlängerung bis 15. 10. 1983 zu erteilen, welcher Antrag vom Erstgericht bewilligt wurde (Beschluss ON 9).

In der Folge wurde dem Verlassenschaftsgericht mitgeteilt, dass im Zusammenhang mit einer Liegenschaft, die der Erblasserin zu einem Drittel gehörte, Differenzen über einen noch zu Lebzeiten abgeschlossenen Teilungsvertrag bestünden. Winfriede T***** wies darauf hin, dass diesbezüglich umfangreiche Grundbuchserhebungen durchzuführen seien und im Laufe der nächsten Monate Verhandlungen zu führen seien, die vielleicht zu einer Einigung führen könnten.

Das Verlassenschaftsgericht urgierte zunächst eine weitere Stellungnahme und verlängerte schließlich die Frist zur Vornahme der Abhandlungspflege bis 31. 12. 1983 (AV vom 7. 11. 1983, S 24 dA).

Mit Verfügung vom 9. 1. 1984 wurde die Enderledigung betrieben und eine letzte Frist von 6 Wochen erteilt, welche Verfügung am 18. 1. 1984 mit weißem Rückschein und dann nochmals am 21. 3. 1984 mit blauem Rückschein dem Vertreter der Erbin zugestellt wurde. Und mit Schreiben vom 5. 7. 1984 wurde neuerlich urgiert und eine letzte Frist von 4 Wochen zur Stellung der Schlussanträge gestellt.

Nachdem auch diese Frist erfolglos verstrichen war, fasste das Erstgericht den Beschluss, wonach die mit Beschluss vom 14. 1. 1983 erteilte Bewilligung zur Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung im Eingabenweg für erloschen erklärt werde und die Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens gemäß § 3 Abs 2 GKoärG dem zuständigen Notar als Gerichtskommissär aufgetragen werde.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diesen Beschluss. Gegen den Beschluss des Gerichts zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Winfriede T***** mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, dass der Rekurswerberin weiterhin die schriftliche Abhandlungspflege bewilligt werde, oder ihn aufzuheben.

Die Entscheidung der Vorinstanzen sei rechtlich verfehlt, weil lediglich die Bestellung eines Saumsalkurators möglich sei. Es werde auch nicht auf die Gründe für die Verzögerung eingegangen, nämlich auf den Umstand, dass nicht feststehe, welche Liegenschaftsanteile zum Nachlassvermögen gehörten.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Gemäß § 16 Abs 1 AußStrG kann gegen eine bestätigende Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz nur wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit, wegen Aktenwidrigkeit oder wegen Nullität (= Nichtigkeit) ein Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof erhoben werden. Die beiden letzteren Anfechtungsgründe werden von der Rechtsmittelwerberin überhaupt nicht geltend gemacht, soweit unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wird, wird diese nicht im Sinne einer offenbaren Gesetzwidrigkeit ausgeführt.

Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar geregelt ist, dass überhaupt kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit in Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (EFSlg 42.327 uva).

Gemäß § 19 Abs 1 AußStrG sind gegen Parteien, welche die an sie ergangenen Verfügungen des Gerichts unbefolgt lassen, ohne weiteres rechtliches Verfahren von Amts wegen angemessene Zwangsmittel in Anwendung zu bringen, und wenn Verweise, Geld und Haftstrafen nicht fruchten sollten, so sind nach Umständen auf Kosten der Saumseligen Kuratoren zur Beendigung der Sache zu bestellen. Gemäß § 3 Abs 2 GKoärG hat das Gericht, wenn sich die Schriftsätze der Parteien nicht zu einer zweckentsprechenden Erledigung eignen und nicht auf einfache Weise verbessert werden können oder wenn die Parteien trotz Setzung einer angemessenen Nachfrist mit ihren Schriftsätzen säumig sind, die von diesen Schriftsätzen betroffenen und, soweit erforderlich, auch die weiteren Amtshandlungen in der Sache dem Notar als Gerichtskommissär aufzutragen.

Ob bei Säumigkeit des Erben im Zusammenhang mit der schriftlichen Abhandlungspflege gemäß § 19 Abs 1 AußStrG ein Zwangsmittel angewendet wird oder ein Saumsalkurator bestellt wird (Standpunkt der Rechtsmittelwerberin) oder ob gemäß § 3 Abs 2 GKoärG die entsprechenden Amtshandlungen dem Notar als Gerichtskommissär übertragen werden (Standpunkt der Vorinstanzen), ist in das Ermessen des Verlassenschaftsgerichts gestellt, ohne dass das Gesetz sagen würde, wann das eine und wann das andere zu erfolgen habe, wobei die Übertragung an den Notar sogar primär vorgesehen erscheint. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit kann daher in diesem Zusammenhang nicht gegeben sein.

Wenn die Rechtsmittelwerberin darauf verweist, dass der Wert des Nachlassvermögens wegen fehlender Steuerbescheide noch nicht feststehe und dass noch strittig sei, welche Verpflichtungen sich für den Nachlass und damit für die Erbin aus einem Teilungsvertrag ergäben, ist darauf zu verweisen, dass dies überhaupt keine Hinderungsgründe sind. Gemäß §§ 114 Abs 1, 106 Abs 1 AußStrG, sind nicht die durch einen rechtskräftigen Steuerbescheid sanktionierten Steuerbilanzen sondern die sich aus den Büchern ergebenden Werte zugrundezulegen und gemäß §§ 114 Abs 1, 104 AußStrG sind strittige Werte als solche dazustellen und in das Vermögensbekenntnis aufzunehmen. Eine offenbare Gesetzeswidrigkeit kann also auch nicht etwa darin erblickt werden, dass überhaupt von einer Säumnis ausgegangen wurde.

Soweit die Rechtsmittelwerberin schließlich andeutet, der Beschluss der Vorinstanzen verstoße gegen die Rechtskraft des Beschlusses, mit dem seinerzeit die sogenannte schriftliche Abhandlungspflege gemäß §§ 117 Abs 1 AußStrG, 3 Abs 1 GKoärG bewilligt wurde, ist zu erwidern, dass der Widerruf dieser Bewilligung (in der Formulierung des Erstgerichts: „... wird für erloschen erklärt“) die notwendige Folge einer Entscheidung iSd § 3 Abs 2 GKoärG ist und mit dem Problem der Rechtskraft nichts zu tun hat. Weil die Erbin trotz Nachfristsetzung weiterhin untätig geblieben war, musste vielmehr das Verlassenschaftsgericht zum Fortgang des Verfahrens eine entsprechende Maßnahme setzen, als die, wie oben ausgeführt wurde, insbesondere die Bestellung des Notars zum Gerichtskommissär in Frage kam. Die Entscheidung der Vorinstanzen ist daher auch nicht mit einem Nichtigkeitsgrund (Verstoß gegen die Rechtskraft eines Beschlusses) behaftet.

Der unzulässige Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.