JudikaturJustiz3Ob40/03h

3Ob40/03h – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. März 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Irmtraud S*****, vertreten durch Mag. Gerold Beneder, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S***** GmbH, ***** wegen 15.000 EUR sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 9. Dezember 2002, GZ 2 R 259/02a 6, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 28. Oktober 2002, GZ 23 Cg 163/02z 3, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Dem Erstgericht wird die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über die Klage unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin brachte vor, sie habe von der beklagten GmbH mit dem Sitz in Deutschland eine persönlich adressierte, schriftliche Gewinnzusage erhalten. Sie habe den darin zugesagten Gewinn von 15.000 EUR angefordert und bei dieser Gelegenheit ein fünfteiliges Krawattenset um 17,95 EUR unter Anrechnung des "Sparschecks" bestellt. Sie sei eine private Endverbraucherin, sodass ihre Bestellung rein privater Tätigkeit zugerechnet werden könne. Zwischen ihr und der beklagten Partei als gewerbsmäßiger Unternehmer bestehe eine Vertragsbeziehung, weil sie ihr von der beklagten Partei angebotene Waren bestellt habe.

Das Erstgericht wies die Klage wegen (wohl) sachlicher Unzuständigkeit zurück, weil sich der Anspruch aus dem Gesetz selbst ableite, bedürfe es doch nicht eines zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrags, sondern bestehe der rechtserzeugende Sachverhalt im Erwecken eines einschlägigen Eindrucks.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss aus den vom Erstgericht angeführten Gründen und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil zur Frage der sachlichen Zuständigkeit bei einer Klage nach § 5j KSchG Rsp des Obersten Gerichtshofs fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt.

Gemäß § 51 Abs 1 Z 1 JN ist die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts bei einem 10.000 EUR übersteigenden Streitgegenstand für Streitigkeiten aus Handelsgeschäften gegeben, wenn die Klage gegen einen Kaufmann, eine Handelsgesellschaft oder eine registrierte Genossenschaft gerichtet ist und das Geschäft auf Seiten des Beklagten ein Handelsgeschäft ist. Bei der beklagten Partei handelt es sich um eine GmbH, deren Kaufmannseigenschaft kraft Rechtsform (§ 6[d] HGB) gegeben ist. Alle Geschäfte der GmbH sind "automatisch" Handelsgeschäfte (RIS Justiz RS0059862; Simotta in Fasching I² § 51 JN Rz 47 mwN). Voraussetzung für die Zuständigkeit des Handelsgerichts ist, dass der Anspruch aus einem Handelsgeschäft abgeleitet wird und somit in einem sachlichen Zusammenhang mit der Gewerbetätigkeit steht und aus dem Handelsgeschäft selbst geltend gemacht wird (RIS Justiz RS0046425; Simotta aaO § 51 JN Rz 63 mwN). Die Klägerin stützt den eingeklagten Anspruch auf § 5j KSchG. Danach haben Unternehmer, die Gewinnzusagen oder andere vergleichbare Mitteilungen an bestimmte Verbraucher senden und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erwecken, dass der Verbraucher einen bestimmten Preis gewonnen habe, dem Verbraucher diesen Preis zu leisten; er kann auch gerichtlich eingefordert werden.

Bei der Beurteilung der hier entscheidenden Frage, ob der eingeklagte Anspruch iSd § 51 Abs 1 Z 1 JN aus einem Handelsgeschäft mit der beklagten GmbH abgeleitet ist, ist vorweg hervorzuheben, dass es sich nach der vorzunehmenden vertragsautonomen Auslegung (5 Nd 517/99) - um eine Klage aus einem Vertrag iSd Art 15 EuGVVO handelt. Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 11. Juli 2002, Rs C 96/00, Rudolf Gabriel = ecolex 2002/226 [Klauser] klargestellt, dass der Anspruch auf einen Gewinn nach § 5j KSchG unter (die Vorgängerbestimmung) Art 13 Abs 1 Z 3 EuGVÜ fällt, und auch eine untrennbare Verbindung zwischen der Gewinnzusage und der Warenbestellung bejaht. Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 3 Nd 509/02 ausgeführt hat, folgt daraus, dass Gegenstand des Verfahrens ein Vertrag bzw ein Anspruch aus einem Vertrag iSd Art 5 Z 1 EuGVVO (vormals Art 5 Z 1 EuGVÜ) ist.

Diese Beurteilung nach der EuGVVO und die sich danach ergebende örtliche Zuständigkeit des Erstgerichts gemäß Art 16 Abs 1 EuGVVO als dem Gericht des Ortes, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, reicht - zumal die Auslegung vertragsautonom vorzunehmen ist zur Bejahung der sachlichen Zuständigkeit des Handelsgerichts gemäß § 51 Abs 1 Z 1 JN nicht aus.

Auch hier ist aber maßgeblich, dass wie dargelegt eine untrennbare Verbindung zwischen der Gewinnzusage und der Warenbestellung besteht.

Die Rechtsnatur dieses Anspruchs, die vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 290/01z offengelassen wurde (siehe hiezu Klauser, Der Anspruch nach § 5j KSchG in dogmatischer und kollisionsrechtlicher Hinsicht in ecolex 1999, 752), muss auch hier nicht geklärt werden, weil keineswegs ein rein deliktisches Verhalten des Kaufmanns vorliegt, sondern jedenfalls ein rechtlich bedeutsames Verhalten, welches einen wirtschaftlichen Inhalt oder Bezug aufweist. In einem solchen Fall handelt es sich aber um ein von einem Kaufmann getätigtes Geschäft (Simotta aaO Rz 45 mwN). Für Klagen des Verbrauchers gegen den Unternehmer gemäß § 5j KSchG ist somit die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts gemäß § 51 Abs 1 Z 1 JN gegeben. Demnach ist spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Rechtssätze
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