JudikaturJustiz3Ob4/16h

3Ob4/16h – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Februar 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch Dr. Bernd Schmidhammer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei J***** K*****, vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 1.760 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 29. Oktober 2015, GZ 1 R 205/15a 30, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Stellvertretungsrecht wird vom Offenlegungsgrundsatz beherrscht. Die Beachtung dieses Grundsatzes ist geboten, um den Geschäftspartner vor unliebsamen Überraschungen über die Person desjenigen zu schützen, demgegenüber er berechtigt und verpflichtet ist (RIS Justiz RS0019427). Der Wille, im Namen eines anderen zu handeln, muss im Geschäftsverkehr ausdrücklich erklärt werden oder aus den Umständen erkennbar sein (RIS Justiz RS0088884). Der Offenlegungsgrundsatz verlangt aber nicht die Nennung des Namens des Geschäftsherrn durch den Vertreter; es genügt, wenn sich der dritte Kontrahent jederzeit danach erkundigen oder darüber informieren kann (6 Ob 69/04x; RIS Justiz RS0019427 [T6] = RS0088884 [T13]).

Im Hinblick auf den das Stellvertretungsrecht beherrschenden Offenlegungsgrundsatz bedarf es in jedem Einzelfall, in dem ein ausdrückliches Handeln im fremden Namen nicht vorliegt, sorgfältiger Prüfung, wie der Dritte von seinem Erkenntnishorizont aus gesehen das Auftreten des Handelnden verstehen musste; im Zweifel ist ein Eigengeschäft des Handelnden anzunehmen (RIS Justiz RS0019516, vgl RS0019500). Ob die Umstände ergeben, dass der Handelnde nicht im eigenen, sondern im fremden Namen handeln will, ist unter Berücksichtigung der Verkehrssitte zu würdigen (RIS Justiz RS0014156). Der Offenlegungsgrundsatz, der den Geschäftspartner vor unliebsamen Überraschungen über die Person desjenigen schützen soll, demgegenüber er berechtigt und verpflichtet ist, ist aber verzichtbar (RIS Justiz RS0019440). Die Beurteilung der Frage, ob nach den festgestellten Umständen im eigenen oder fremden Namen gehandelt wurde, bildet im Hinblick auf ihre Einzelfallbezogenheit im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 2 ZPO (vgl RIS Justiz RS0108494).

Die bei Mietvertragsabschluss gegenüber dem Beklagten auftretende Person erklärte hier, für die Wohnung zuständig zu sein, eine Formulierung, die ein Eigengeschäft gerade nicht nahe legt. Der Beklagte war nach den getroffenen Feststellungen und seinem Prozessvorbringen auch gar nicht der Auffassung, die ihm gegenüber auftretende Person sei der vermietende Eigentümer, er hielt nur mangels ausdrücklicher Information über den zwischenzeitigen Verkauf der Liegenschaft den früheren Eigentümer für seinen Vertragspartner und erfuhr erst später vom zwischenzeitigen Eigentümerwechsel. Als in weiterer Folge der frühere Liegenschaftseigentümer den Beklagten zur Räumung der Wohnung aufforderte, bestritt der Beklagte einerseits die Kündigungsmöglichkeit und andererseits unter Hinweis auf die Eigentümerstellung des Klägers die Berechtigung des früheren Eigentümers, ihn zur Räumung aufzufordern. Unter Zugrundelegung dieser Umstände keine Verletzung des Offenlegungsgrundsatzes anzunehmen, sondern vielmehr wirksame Stellvertretung, allenfalls auch, dass der Beklagte nach Offenlegung der Person des Eigentümers und damit seines Vertragspartners das Vertragsverhältnis mit dem Kläger akzeptierte, bildet keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Der Beklagte ging hier offensichtlich nie davon aus, dass die beim Mietvertragsabschluss auf Vermieterseite auftretende Person selbst Vermieter sein sollte, sondern dass sie nur den Liegenschaftseigentümer vertrat.

Wenn der Beklagte schließlich damit argumentiert, dass der Kläger gar nicht Liegenschaftseigentümer gewesen sei und daher auch nicht Vollmacht zum Abschluss eines Mietvertrags erteilen hätte können, entfernt er sich von dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt und übersieht, dass die Erteilung des Vermietungsauftrags sowie der entsprechenden Vollmacht nicht davon abhängig ist, ob der Auftrag und Vollmachtgeber Liegenschaftseigentümer ist.

Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.