JudikaturJustiz3Ob38/91

3Ob38/91 – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Juli 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in den Exekutionssachen der betreibenden Partei Sch*****, vertreten durch Dr.Peter Kisler und DDr.Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, und anderer betreibender Parteien wider die verpflichtete Partei August V*****, vertreten durch Dr.Gerd Tschernitz, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 25,000.000 S sA und anderer Forderungen, infolge Rekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 30. Jänner 1991, GZ 3 R 504-506/90-182, womit der Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes St.Veit an der Glan vom 9.Juli (richtig: 3.August?) 1990, GZ E 64/89-117, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß, der im übrigen als unangefochten unberührt bleibt, wird im Punkt II a aufgehoben. Dem Rekursgericht wird die weitere Entscheidung über den Rekurs des Verpflichteten gegen den Beschluß des Erstgerichtes unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen. Die Kosten des an den Obersten Gerichtshof gerichteten Rekurses sind weitere Kosten im Verfahren über den Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes.

Text

Begründung:

Das Erstgericht forderte in dem gegen den Verpflichteten geführten Zwangsversteigerungsverfahren in zwei gesonderten Beschlüssen die führende betreibende Partei zur Vorlage der Versteigerungsbedingungen auf und bewertete die zu versteigernden Liegenschaften und Liegenschaftsanteile mit bestimmten Beträgen. Es verwendete hiefür ein Formblatt, das im wesentlichen mit dem EForm 211 idF des Formbuchs zur ZPO und EO6 übereinstimmte und mit folgendem Beisatz ergänzt wurde: "Einwendungen gegen den Schätzwert sind binnen acht (im andern Fall 14) Tagen zu erheben, widrigenfalls Einverständnis mit der vorgenommenen Bewertung angenommen werden würde". Eine Ausfertigung dieser Beschlüsse wurde ua dem Verpflichteten zugestellt, der keine Einwendungen erhob.

Auf Grund von Einwendungen anderer Parteien bewertete das Erstgericht die zu versteigernden Liegenschaften und Liegenschaftsanteile "endgültig" mit denselben Beträgen wie in den ersten beiden Beschlüssen.

Das Rekursgericht wies den vom Verpflichteten gegen diesen Beschluß des Erstgerichtes erhobenen Rekurs zurück, soweit er bestimmte, im einzelnen bezeichnete Liegenschaften und Liegenschaftsanteile betraf, und sprach aus, daß der Entscheidungsgegenstand 50.000 S übersteigt und der ordentliche "Revisionsrekurs" zulässig sei. Da der Verpflichtete trotz der ihm gesetzten Frist gegen die erste Bestimmung des Schätzwertes Einwendungen nicht erhoben habe, stehe ihm im Sinn der Ansicht von Heller-Berger-Stix (II 1158) und Feil (Zwangsversteigerung von Liegenschaften 61) den Rekurs nur zu, soweit sich die Rekursgründe mit der Genehmigung der ersten Schätzwertbestimmung vereinbaren ließen. Dies sei nicht der Fall.

Der vom Verpflichteten gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Rekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat zu dem hier anzuwendenden § 31 RSchO schon ausgesprochen, daß gegen die darin vorgesehene erste Bestimmung des Schätzwertes der Rekurs unzulässig ist (EvBl 1962/355), daß zur Erhebung der Einwendungen vom Richter eine Frist gesetzt werden muß (SZ 31/63) und daß der zweite Beschluß über den Schätzwert nur mit Rekurs angefochten werden kann (RZ 1991/49). Weder aus der Realschätzungsordnung noch aus dieser Rechtsprechung ergibt sich aber ein Anhaltspunkt dafür, daß es auf das Recht zur Erhebung des Rekurses gegen den zweiten Beschluß von Einfluß sei, ob der Rekurswerber Einwendungen erhoben hat (wie dies etwa § 187 Abs 1 EO für den Rekurs gegen die Erteilung des Zuschlags bestimmt). Der Verfassungsgerichtshof hat im übrigen die Gesetzmäßigkeit des § 31 Abs 2 RSchO unter anderem damit begründet, daß der Rechtsbehelf der Einwendungen das aufsteigende Rechtsmittel des Rekurses nicht berühre (ÖJZ 1971, 412), weshalb der gegenteiligen Auffassung das Gebot zur gesetzeskonformen Auslegung (vgl F.Bydlinski in Rummel, ABGB2 I Rz 21 zu § 6 mwN) entgegenstehen dürfte.

Derjenige, der keine Einwendungen erhoben hat, ist zwar in der Ausführung des Rekurses beschränkt, weil er keine Neuerungen vorbringen darf (RZ 1991/49 ua) und weil er möglicherweise nach dem Inhalt des Beschlusses als dem in der ersten Bestimmung des Schätzwertes angegebenen Betrag zustimmend anzusehen ist. All dies ist aber bloß für die inhaltliche Prüfung des Rekurses von Bedeutung, hat aber keinen Einfluß auf das Recht zum Rekurs.

Auch die vom Rekursgericht ins Treffen geführten Ausführungen von Heller-Berger-Stix (aaO), die von Feil (aaO) ohne zusätzliches Argument übernommen werden, könnten dahin verstanden werden, daß derjenige, der keine Einwendungen erhoben hat, für den Inhalt seines Rekurses Beschränkungen unterliegt. Wenn sie dahin zu verstehen sein sollten, daß auch das Rekursrecht beschränkt sei, vermag der Oberste Gerichtshof sich ihnen mangels eines Anhaltspunktes im Gesetz nicht anzuschließen, zumal auch das übrige den Rekurs behandelnde Schrifttum eine Einschränkung in diesem Punkt nicht sieht (vgl Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht3 162; Rechberger-Simotta, Exekutionsverfahren Rz 463).

Der Rekurs gegen die zweite Bestimmung des Schätzwertes ist daher nicht allein deshalb unzulässig, weil der Rekurswerber gegen die erste Bestimmung keine Einwendungen erhoben hat. Auf die Beschränkungen, die sich daraus für den Inhalt seines Rekurses ergeben, ist bei der über den Rekurs zu treffenden Sachentscheidung Bedacht zu nehmen. In diesem Sinn wird das Rekursgericht über den somit zulässigen Rekurs des Verpflichteten zu entscheiden haben.

Der Ausspruch über die Kosten des an den Obersten Gerichtshof gerichteten Rekurses beruht auf § 78 EO iVm § 52 Abs 1 ZPO.