JudikaturJustiz3Ob372/97w

3Ob372/97w – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Dezember 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei N***** AG, ***** vertreten durch Dr.Clement Achammer und andere Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die verpflichtete Partei Siegfried H*****, vertreten durch Dr.Hannes Grabherr und Dr.Gerhard Müller, Rechtsanwälte in Lustenau, wegen S 2,813.100 sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 26.September 1997, GZ 1 R 435/97x-16, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 28.August 1997, GZ 12 E 6338/95z-13, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die von der betreibenden Partei eingebrachte Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom 12.12.1995 wurde der betreibenden Partei aufgrund des im Adhäsionsverfahren ergangenen rechtskräftigen und vollstreckbaren Urteils des Landesgerichtes Feldkirch vom 29.11.1995, 24 Vr 1074/94, zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von S 2,813.100 gegen den Verpflichteten die Exekution durch Pfändung von Fahrnissen und Forderungen bewilligt.

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 25.5.1996 wurde diese Exekution bis zur rechtskräftigen Erledigung des Wiederaufnahmeantrags des Verpflichteten im Verfahren 24 Vr 1074/94 des Landesgerichtes Feldkirch gegen Erlag einer Sicherheit von S 5.000 aufgeschoben.

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 28.8.1997 wurde die Exekution - ohne vorherige Anhörung der betreibenden Partei - auf Antrag des Verpflichteten "gemäß §§ 39 Z 6, 40 EO" eingestellt, weil mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 15.7.1997, 6 Bs 304/97, dem Antrag des Verpflichteten auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens 24 Vr 1074/94 (nunmehr 24 Vr 841/96) des Landesgerichtes Feldkirch stattgegeben und das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 30.5.1995, 24 Vr 1074/94-66, hinsichtlich des Verpflichteten aufgehoben wurde.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß dahin ab, daß der Antrag des Verpflichteten auf Einstellung der Exekution abgewiesen wurde; es erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil zur Frage der Fortwirkung des im Rahmen der bewilligten Wiederaufnahme aufgehobenen Strafurteils hinsichtlich privatrechtlicher Ansprüche eine höchstgerichtliche Rechtsprechung nur in SZ 19/82 vorliege; zur Begründung führte das Rekursgericht aus, eine Zustimmung der betreibenden Partei zur Einstellung der Exekution nach § 39 Abs 1 Z 6 EO liege nicht vor. Die Wiederaufnahme des Strafverfahrens beseitige gemäß § 358 StPO das frühere Urteil, lasse aber die Wirkungen des Urteils in beschränktem Maße bis zur Beendigung des wiederaufgenommenen Strafverfahrens bestehen, so auch die Vollstreckbarkeit der in dem früheren Urteil enthaltenen Entscheidung über die privatrechtlichen Ansprüche des Privatbeteiligten. Insoweit sei bis zur Beendigung des wiederaufgenommenen Strafverfahrens die Exekution zur Sicherstellung ohne Gefahrbescheinigung zur Sicherung von Geldforderungen nach § 371 Z 4 EO selbst im Fall der bewilligten Wiederaufnahme des Strafverfahrens zulässig. Im Gegensatz zu § 39 Abs 1 Z 1 EO, wonach bei Erfolg einer Wiederaufnahmsklage nach Rechtskraft die Exekution eingestellt werden müsse, bilde das im Rahmen der Bewilligung der Wiederaufnahme aufgehobene Strafurteil weiterhin einen Exekutionstitel, wenn auch nur zur Sicherstellung. Diese sich aus § 358 StPO ergebende Fortwirkung der im aufgehobenen Strafurteil enthaltenen Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche des Privatbeteiligten, hier der betreibenden Partei, habe notwendig zur Folge, daß eine Einstellung des Exekutionsverfahrens nach § 39 Abs 1 Z 1 EO, wie sie vom Verpflichteten beantragt wurde, nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Verpflichteten ist nicht zulässig, weil entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zu lösen ist (§ 78 EO, § 528 Abs 1 ZPO).

Nach § 371 Z 4 EO ist aufgrund von strafgerichtlichen Entscheidungen über privatrechtliche Ansprüche, wenn die Wiederaufnahme des Strafverfahrens bewilligt wurde, die Exekution zur Sicherstellung selbst ohne Bescheinigung der Gefährdung des Anspruchs zu bewilligen. Nach § 358 StPO wird durch den Beschluß, der der Wiederaufnahme des Strafverfahrens stattgibt, das frühere Urteil insoweit für aufgehoben erklärt, als es die strafbare Handlung betrifft, hinsichtlich der die Wiederaufnahme bewilligt wird; die gesetzlichen Folgen der im ersten Erkenntnis ausgesprochenen Verurteilung dauern einstweilen fort und sind nur dann und insoweit als aufgehoben anzusehen, als sie nicht auch durch das neue Erkenntnis einzutreten haben.

Für eine Einstellung der Exekution, wie sie das Erstgericht vorgenommen hat, fehlt somit jede Grundlage. Vielmehr bietet das aufgehobene Strafurteil weiter einen Exekutionstitel, wenn auch nur zur Sicherstellung (SZ 19/82 = ZBl 1937/288 [Lohsing]; Heller/Berger/Stix 2656 f). Wie der Oberste Gerichtshof in SZ 56/13 ausgesprochen hat, kann in einem solchen Fall die zunächst richtig als Exekution zur Befriedigung bewilligte Exekution in eine solche zur Sicherstellung umgewandelt werden. Jede andere Vorgangsweise würde in einem solchen Fall zu dem unhaltbaren Ergebnis führen, daß der betreibende Gläubiger seinen Pfandrang verlieren würde und ein neues Pfandrecht, wenn überhaupt, nur durch eine erst zu beantragende Exekution zur Sicherstellung erlangen könnte. In einem solchen Fall darf die Exekution daher aufgrund eines Antrags des Verpflichteten nicht ohne weiteres nach § 39 Abs 1 Z 1 EO eingestellt werden. Da mit der Einstellung alle bis dahin vollzogenen Exekutionsakte, also auch eine allfällige Pfändung, aufzuheben (§ 39 Abs 1 EO) wären, wodurch der betreibende Gläubiger sein Pfandrecht verlieren würde, muß das Gericht dem betreibenden Gläubiger vielmehr die Gelegenheit geben, sich zu einem solchen Einstellungsantrag des Verpflichteten binnen einer zu erteilenden Frist zu äußern.

Für die beantragte Einstellung der Exekution bestand somit nach der klaren Rechtslage keine Grundlage, weshalb der Revisionsrekurs schon mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen war.

Die Revisionsrekursbeantwortung, die von der betreibenden Partei eingebracht wurde, ist ebenfalls als unzulässig zurückzuweisen.