JudikaturJustiz3Ob30/88

3Ob30/88 – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Juni 1988

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1. Wilhelm S***, Stadtoberinspektor, Wien 10, Rotenhofgasse 60/12, vertreten durch Dr. Wilfried Weigert, Rechtsanwalt in Wien, 2. R*** Ö*** (P***- UND T*** FÜR W***, N*** UND B***),

vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19,

und 3. Z*** UND K*** W***, Wien 3, Vordere

Zollamtstraße 13, vertreten durch Dr. Rudolf Fuchs, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Anna Maria B***, technische Assistentin, Enzesfeld, Kreisgasse 715, vertreten durch Dr. Werner Brandstetter, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 210.000,-, S 2.540,- und S 363.636,48 je sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 4. Dezember 1987, GZ R 499/87-18, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Pottenstein vom 6. Oktober 1987, GZ E 749/87-14, teils bestätigt und der dagegen erhobene Rekurs der verpflichteten Partei im übrigen zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen, soweit er den bestätigenden Teil des angefochtenen Beschlusses und die Exekutionssache E 968/87 des Erstgerichtes betrifft. Im übrigen wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben. Die verpflichtete Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die betreibenden Parteien führen getrennt zur Hereinbringung der Forderungen von S 210.000,- (E 749/87), S 2.540,- (E 968/87) und S 363.636,48 (E 1616/87) je sA Fahrnisexekution. Die Exekutionen wurden am 27. Juni 1987 zugunsten der erst- und zweitbetreibenden Partei und am 28. Juli 1987 zugunsten der drittbetreibenden Partei dadurch vollzogen, daß mehrere Fahrnisse, für die vom Gerichtsvollzieher der voraussichtlich zu erzielende Erlös mit zusammen S 11.300,- angegeben wurde und die bereits zugunsten anderer vollstreckbarer Forderungen pfandweise verzeichnet und beschrieben waren, gemäß § 257 Abs 1 EO durch Anmerkung auf dem Pfändungsprotokoll gepfändet wurden. Die von den vorrangigen betreibenden Gläubigern geführten Verkaufsverfahren waren vom Erstgericht gemäß § 200 Z 3, § 282 Abs1 EO eingestellt worden. Am 2. September 1987 stellte die Verpflichtete den Antrag, die von der erstbetreibenden Partei (zu E 749/87 des Erstgerichtes) geführte Exekution gemäß § 39 Abs1 Z 8 EO einzustellen. In ihrem Antrag führte sie nur das erwähnte Aktenzeichen und als betreibende Partei nur den Namen der erstbetreibenden Partei sowie die von dieser betriebene Forderung an und brachte vor, es sei nicht zu erwarten, daß der Erlös, der durch den Verkauf der "im gegenständlichen Exekutionsverfahren" gepfändeten Gegenstände erzielt werden könne, die Kosten der Exekution übersteigen werde. Das Erstgericht wies nach Vernehmung aller betreibenden Parteien, die sich gegen die Einstellung aussprachen, und nach einer Tagsatzung, an der sich nur die Verpflichtete beteiligte, deren Antrag auf Einstellung "der Fahrnisexekution" im wesentlichen mit der Begründung ab, daß die von der Verpflichteten beantragte Einstellung einer von mehreren Exekutionen dem Grundgekanken des § 39 Abs1 Z 8 EO widerspreche. Durch den zu erwartenden Verkaufserlös könnten aber sowohl die Exekutionskosten der erstbetreibenden Partei als auch die eines vorangehenden Gläubigers gedeckt werden.

Das Rekursgericht wies den von der Verpflichteten gegen diesen Beschluß des Erstgerichtes erhobenen Rekurs zurück, soweit dadurch die Einstellung aller gegen die Verpflichtete anhängigen Exekutionen angestrebt wird, und gab ihm im übrigen nicht Folge. Es sprach aus, daß der Revisionsrekurs gegen den zurückweisenden Teil der Entscheidung nicht zugelassen werde, soweit der Streitwert in den Exekutionsverfahren S 15.000,-, nicht aber S 300.000,- übersteigt. Die Zurückweisung des Rekurses begründete es im wesentlichen damit, daß die Verpflichtete insoweit durch den Beschluß des Erstgerichtes nicht beschwert sei, weil sie die Einstellung anderer als der von der erstbetreibenden Partei geführten Exekutionen nicht beantragt habe.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Verpflichteten gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist teils unzulässig, im übrigen aber nicht berechtigt.

Da § 528 ZPO gemäß § 78 EO auch im Exekutionsverfahren anzuwenden ist (SZ 57/42), kann der Beschluß des Rekursgerichtes nicht angefochten werden, soweit damit der erstrichterliche Beschluß bestätigt worden ist (§ 528 Abs1 Z 1 ZPO). Dies gilt für die Exekutionssache E 749/87. In der Exekutionssache E 968/87 übersteigt die betriebene Forderung und damit der Beschwerdegegenstand S 15.000,- nicht, weshalb der Rekurs insoweit gemäß § 528 Abs1 Z 5 ZPO unzulässig ist.

Soweit das Rekursgericht den Rekurs der Verpflichteten im übrigen zurückgewiesen hat, ist der dagegen erhobene Rekurs zwar gemäß § 78 EO und § 528 Abs2 iVm § 502 Abs4 Z 2 ZPO zulässig (1 Ob 752/83; vgl. auch ÖBl. 1984, 50), aber nicht berechtigt. Ein Rechtsmittel ist nur dann zulässig, wenn ein Rechtsschutzbedürfnis des Rechtsmittelwerbers besteht; dieses wird durch eine Beschwer des Rechtsmittelwerbers begründet (EvBl. 1984/84 mwN). Es kann dahingestellt bleiben, ob es dabei auf die formelle oder materielle Beschwer ankommt (vgl. hiezu Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1714 ff). Unter beiden Gesichtspunkten ist sie nämlich nicht gegeben, wenn eine Partei die Einstellung der Exekution nicht beantragt und das Exekutionsgericht von der im Gesetz vorgesehenen Möglichkeit, die Exekution von Amts wegen einzustellen, nicht Gebrauch gemacht hat:

Die Entscheidung des Exekutionsgerichtes wich nicht vom Antrag des Rechtsmittelwerbers ab; dies wäre aber Voraussetzung für das Vorliegen der formellen Beschwer (vgl. Fasching aaO Rz 1714). Dabei vermag sich der Oberste Gerichtshof der von Fasching (aaO Rz 1717) vertretenen Ansicht, es sei vom Rechtsmittelantrag auszugehen, wenn der angefochtenen Entscheidung kein ausdrücklicher Entscheidungsantrag des Rechtsmittelwerbers zugrundelag, für den hier zu behandelnden Fall, in dem die Rechtsmittelwerberin im Verfahren erster Instanz die Möglichkeit hatte, einen Antrag zu stellen, von dieser Möglichkeit aber nicht Gebrauch gemacht hat, nicht anzuschließen.

Es liegt aber auch keine materielle Beschwer vor, weil durch die Entscheidung des Erstgerichtes, womit bloß in anderer Richtung entschieden wurde, die Rechtsstellung der Verpflichteten nicht verschlechtert würde (vgl. Fasching aaO Rz 1715).

Soweit die Verpflichtete mit ihrem gegen den Beschluß des Erstgerichtes erhobenen Rekurs die Einstellung von Exekutionen erreichen wollte, deren Einstellung sie nicht beantragt hatte, wurde ihr Rekurs daher mit Recht vom Rekursgericht zurückgewiesen, weil insoweit eine Beschwer und damit ein Rechtsschutzbedürfnis nicht gegeben ist.

Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 78 EO iVm §§ 40 und 50 ZPO.