JudikaturJustiz3Ob233/04t

3Ob233/04t – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. März 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sotiria F*****, vertreten durch Dr. Elisabeth Scheuba, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Arian B*****, vertreten durch Dr. Gerda Mahler Hutter, Rechtsanwältin in Berndorf, und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei Elisabeth Z*****, vertreten durch Dr. Heinz Wechsler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ungültigkeit eines Testaments (Streitwert 58.501,36 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Juni 2004, GZ 15 R 43/04k 81, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 30. Dezember 2003, GZ 11 Cg 26/00z 68, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Erblasser hinterließ sieben Tage vor seinem Tod ein fremdhändiges privates Testament, das ein Notar im Spital, in dem der Erblasser stationär behandelt wurde, sieben Tage vor seinem Tod mit der Hand geschrieben und dieser sowie zwei weitere Personen als Zeugen unterschrieben hatte. Darin wurde der Beklagte, ein Neffe des Erblassers und im betreffenden Krankenhaus angestellter Arzt, zum Alleinerben eingesetzt. Der zweite Testamentszeuge ist ein Arzt, der in derselben Abteilung wie der Beklagte arbeitet, der dritte der Lebensgefährte der Mutter des Beklagten.

Die Erbrechtsklage der Klägerin, der Witwe des Erblassers, die sich auf ein früheres Testament berief, blieb in zwei Instanzen erfolglos.

Soweit sie als erhebliche Rechtsfrage geltend macht, für die Ansicht der zweiten Instanz, ein Arbeitskollege des eingesetzten Erben sowie der Lebensgefährte von dessen Mutter seien fähige Zeugen, gebe es keine gefestigte Rsp des Obersten Gerichtshofs, und sich dazu auf die Analogiefähigkeit des § 594 ABGB nach SZ 42/101, Welser in Rummel³ § 591 596 ABGB Rz 4 sowie Wilhelm, ecolex 2002, 713 und 2003, 569 beruft, ist ihr entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Zwar trifft es zu, dass es keine Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs dazu gibt, ob Personen, die in dem Verhältnis wie die beiden fraglichen Testamentszeugen im vorliegenden Fall zum letztwillig Bedachten stehen, fähige Zeugen iSd § 594 ABGB sind. Die vom Berufungsgericht im vorliegenden Einzelfall vorgenommene Beurteilung steht im Einklang mit der gefestigten Rsp, weshalb sich keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO stellen. Daran vermag es auch nichts zu ändern, dass Wilhelm in zwei „Editorials" (ecolex 2002, 713 und ecolex 2003, 569) - in scharfer Form - an zwei Entscheidungen zu § 594 ABGB aus der jüngsten Zeit Kritik übte. Durch diese sieht sich der erkennende Senat bei Abwägung aller Argumente nicht veranlasst, von der als gefestigt anzusehenden Rsp abzugehen, weshalb eine Behandlung der außerordentlichen Revision in der Sache nicht erforderlich ist.

Wiederholt hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass der Personenkreis des § 594 ABGB abschließend aufgezählt und keine Ausdehnung auf dort nicht Genannte vorzunehmen ist (RIS Justiz RS0007969; darunter 1 Ob 705/79 = SZ 52/148 = NZ 1980, 101 [obiter] zum Onkel; 1 Ob 600/89 = SZ 62/131 = JBl 1990, 51 zur Tante; 7 Ob 64/03t = JBl 2003, 851 = ecolex 2003, 588 zum Lebensgefährten des Bedachten). Schon in SZ 52/148 wurde eine Analogie (im Falle des Bedenkens einer juristischen Person) ausdrücklich abgelehnt. Der Lebensgefährte der Mutter steht aber jedenfalls dem Bedachten ferner als die bereits in der Judikatur behandelten Personen. SZ 42/101 = EvBl 1970/56 = NZ 1970, 93 ist in Wahrheit nicht abweichend, weil dort nur der Begriff „besoldeter Hausgenosse" ausgelegt wird. Für die Gleichstellung eines Arbeitskollegen des Bedachten besteht schon überhaupt kein Anlass, fehlt es bei ihm doch typischerweise schon an einer nahen Verwandten oder Verschwägerten vergleichbaren Nahebeziehung. Bei beiden Testamentserben fehlt somit die typische Befangenheit. Insgesamt bedeutete es eine unvertretbare Beeinträchtigung der Rechtssicherheit, müsste bei der Errichtung eines fremdhändigen Testament in jedem Fall penibel jedwede informelle Beziehung der Zeugen zu den bedachten Personen untersucht werden, weil sonst die Ungültigkeit der jeweiligen Zuwendung zu besorgen wäre. Im Übrigen lässt es sich häufig nicht vermeiden, dass die Zeugen sich aus dem Umkreis des Erblassers rekrutieren, der sich häufig auch mit dem der von diesem letztwillig Bedachten überschneidet. Daher kann es als durchaus sachgerecht angesehen werden, nur genau bezeichnete nahe Angehörige derselben von der Zeugenschaft auszuschließen.

Eine erhebliche Rechtsfrage wirft auch das Bejahen der „ausdrücklichen Erklärung" des Erblassers iSd § 579 ABGB durch das Berufungsgericht im konkreten Einzelfall nicht auf. Nach den Feststellungen der Tatsacheninstanzen kam es ja nicht nur zur Unterfertigung des fremdhändigen Testaments in Gegenwart aller drei Zeugen; vielmehr waren diese auch ununterbrochen anwesend, als der Erblasser seinen „Willen bei der Testamentserrichtung abgab", was nach den weiteren Feststellungen durch Beantwortung der Fragen des als Zeugen und Schreibers fungierenden Notars, wobei dieser mitschrieb und den fertigen Text vor den beiden übrigen Zeugen dem Testator vorlas. Unter diesen Umständen kann der zweiten Instanz eine Fehlbeurteilung im Einzelfall nicht vorgeworfen werden. Fragen der Konversion stellen sich nicht mehr.

Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).