JudikaturJustiz3Ob220/00z

3Ob220/00z – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. April 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elfriede W*****, vertreten durch Dr. Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagten Parteien

1.) Helmut O*****, 2.) Gerald O*****, und 3.) Edwin O*****, alle vertreten durch Dr. Anton Gradischnig und andere Rechtsanwälte in Villach, wegen Unzulässigkeit einer Exekution (§ 37 EO), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 14. Juli 2000, GZ 1 R 140/00h-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Hermagor vom 21. April 2000, GZ 1 C 679/99p-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 20.182,50 (darin enthalten S 3.363,75 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 11. 10. 1997 verstarb der Ehemann der Klägerin. Er hatte zu ihren Gunsten eine fremdhändige, jedoch nur von zwei Zeugen unterfertigte letztwillige Verfügung hinterlassen. Nach dem Gesetz waren neben der Klägerin zwei Halbschwestern des Erblassers zu je einem Sechstel des Nachlasses zu Erben berufen. Zu den Nachlassaktiven zählten drei Liegenschaften, von denen zwei eine wirtschaftliche Einheit bilden. Eine Bank meldete im Verlassenschaftsverfahren eine Forderung von S 11,415.835,-- an.

Die Schwestern des Erblassers entschlugen sich ihres Erbrechtes, die Klägerin gab bisher keine Erbserklärung ab. Mit Schreiben vom 20. 11. 1997 machte sie unter Berufung auf § 758 ABGB Ansprüche, insbesondere auf ein Wohnrecht geltend. Mit Beschluss vom 23. 12. 1997 bestellte das Abhandlungsgericht einen Verlassenschaftskurator, über dessen Antrag vom Landesgericht Klagenfurt das Konkursverfahren über die Verlassenschaft eröffnet wurde.

Über Antrag des Masseverwalters bewilligte das Konkursgericht die kridamäßige Verwertung der Liegenschaften gemäß § 119 KO. Auf der Liegenschaft, hinsichtlich der die Klägerin ihr Wohnrecht geltend macht, war unter C-LNR 10 auf Grund der Pfandurkunde vom 23. 10. 1992 ein Pfandrecht zu Gunsten der Bank im Höchstbetrag von S 7 Mio als Haupteinlage (sowie auf den beiden anderen Liegenschaften jeweils unter C-LNR 2 als Nebeneinlage) einverleibt. Bei allen Liegenschaften war auch die Hypothekarklage über einen Klagsbetrag von S 7 Mio angemerkt. Für die beiden wirtschaftlich eine Einheit bildenden Liegenschaften setzte das Erstgericht den Schätzwert einschließlich des Zubehörs mit S 4,301.340,-- fest und genehmigte die Versteigerungsbedingungen, wonach das geringste Gebot S 3,226.005,-- betrug. Die Versteigerungsbedingungen sahen ferner die Übernahme einer Dienstbarkeit des Gehens, Fahrens und Viehtreibens ohne Anrechnung auf das Meistbot vor.

Im Versteigerungsverfahren gab die Witwe mit einem am 22. 3. 1999 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz (ON 7) die Inanspruchnahme des Voraus im Sinn des § 758 ABGB bekannt und stellte den Antrag, Interessenten und Kauflustige im Rahmen der Verteilungstagsatzung von diesem Anspruch in Kenntnis zu setzen. Die Bank begehrte unter Hinweis auf ihre im Konkurs angemeldete und vom Masseverwalter anerkannte Forderung von S 12,365.510,58 sowie die vom Masseverwalter ebenfalls anerkannten Absonderungsrechte auf Grund der simultan haftenden Höchstbetragshypothek von S 7 Mio Barzahlung. Im Versteigerungstermin vom 14. 4. 1999 wurden die beiden Liegenschaften (die eine wirtschaftliche Einheit bilden) den Beklagten zu je 1/3 um das Meistbot von S 4,300.000,-- zugeschlagen. Den Zuschlag für die dritte Liegenschaft erhielt die Bank um das Meistbot von S 2 Mio. Nach dem Inhalt des über die Versteigerung aufgenommenen Protokolls wurden Mitteilung und Antrag der Klägerin ON 7 in der Versteigerungstagsatzung verlesen.

Am 3. 8. 1999 stellten die Beklagten unter Berufung auf den Zuschlag und die Bezahlung des Meistbots den Antrag, ihnen die ihnen zugeschlagenen Liegenschaften zu übergeben. Mit Beschluss vom 30. 8. 1999 ordnete das Exekutionsgericht die zwangsweise Räumung unter anderem jener Liegenschaft, auf die sich das behauptete Recht der Klägerin bezieht, und die Übergabe derselben im Sinn des § 156 Abs 2 EO an die drei Beklagten an.

In der Versteigerungstagsatzung war der Erstbeklagte stellvertretend auch für den Zweit- und Drittbeklagten eingeschritten. Nach Bekanntgabe des Schriftsatzes der Klägerin erkundigte er sich noch ausdrücklich danach, ob die Klägerin jedenfalls aus dem Haus ausziehen müsse. Auf Grund dessen leistete er seine Unterschrift im Versteigerungstermin. Der Schriftsatz der Klägerin wurde nicht vollinhaltlich verlesen.

Die Klägerin wohnt derzeit noch immer im betreffenden Haus und benützt dieses. Den Erstehern ist keine Nutzung des Objekts möglich. Das Pfandrecht von S 7 Mio war bereits im Jahr 1993 (im Ersturteil offenbar irrtümlich: 1973) auf der Liegenschaft sichergestellt worden. Der Klägerin war durchaus klar, dass zum Zeitpunkt des Todes ihres Mannes sowie auch noch im Zeitpunkt der Versteigerung hohe Schulden auf der Liegenschaft lasteten. Sie bestritt allerdings den Anspruch der Bank. Im Meistbotsverteilungsbeschluss des Erstgerichtes wurden der Bank aus dem Meistbot der gemeinsam versteigerten Liegenschaften S 4,061.002,80 und aus dem Meistbot der dritten Liegenschaft S 1,888.816,90 zur teilweisen Berichtigung ihrer Forderung an Zinsen und Kapital zugewiesen.

Mit ihrer Klage stellte die Klägerin das Begehren, die zwangsweise Räumung und Übergabe der beiden gemeinsam versteigerten Liegenschaften an die Ersteher in Ansehung des auf dem Grundstück .60 Baufläche gelegenen Wohnhauses Nr 25 samt Hausgarten für unzulässig zu erklären. Sie brachte dazu im Wesentlichen vor, dass sich auf dem genannten Grundstück die Ehewohnung, deren Umfang näher dargestellt wurde, befunden habe. Zu dieser habe auch der Hausgarten gehört. Sie habe im Zwangsversteigerungsverfahren keine Möglichkeit gehabt, die Versteigerung der Liegenschaft auf Grund ihrer Ansprüche, die ihr im Rahmen des gesetzlichen Vorausvermächtnisses nach § 758 ABGB zustünden, zu verhindern. Ungeachtet dessen sei sie jedoch berechtigt, den Anspruch auf Weiterbenützung im Sinne dieser Bestimmung im Rahmen einer § 37 EO nachgebildeten Klage geltend zu machen. Nach ständiger Rechtsprechung bestehe kein Anspruch auf grundbücherliche Sicherstellung des Anspruchs nach § 758 ABGB. Dies sei jedoch für die Durchsetzbarkeit des Anspruches nicht von Bedeutung, ebensowenig die Deckung in der Verteilungsmasse. Die rechtspolitische Zielsetzung der Neufassung des § 758 ABGB werde nur dadurch erreicht, dass der große Voraus der Witwe einem Anspruch nach § 37 Abs 1 EO gleichgestellt und mit den gleichen Rechtsschutzmitteln ausgestattet werde. Sie habe ihre Ansprüche auch im Verwertungsverfahren geltend gemacht. Der Inhalt ihres Schriftsatzes sei allen Interessenten, insbesondere auch den Beklagten, anlässlich der Versteigerungstagsatzung zur Kenntnis gebracht worden. Sie seien daher schlechtgläubig.

Auf Grund der Formungültigkeit der letztwilligen Verfügung ihres Ehemannes und der Entschlagung der Halbschwestern des Erblassers sei sie als Witwe auf Grund des Gesetzes zur Erbfolge als Alleinerbin berufen. Sie habe aber weder eine Erbserklärung noch eine Erbsentschlagungserklärung abgegeben. Es sei unerheblich, ob sie im Falle der Zwangsversteigerung der Liegenschaft zu Lebzeiten ihres Ehegatten die Liegenschaft hätte räumen müssen. Nach § 156 Abs 1 EO habe der Ersteher auch nicht im Grundbuch angemerkte und einverleibte Rechte und Pflichten zu übernehmen. In diese Kategorie falle auch der Anspruch der Klägerin nach § 758 ABGB.

Da die Ehewohnung als vermögenswerte Sache in den Nachlass falle, sei die Durchsetzbarkeit des großen Voraus gegenüber dem ruhenden Nachlass bzw gegenüber den schlechtgläubigen Erwerbern der Liegenschaft gegeben. In Wahrheit handle es sich beim Voraus nicht um ein bloßes Vermächtnis, sondern um einen über ein solches hinausgehenden Anspruch sui generis.

Weiters brachte die Klägerin vor, ihr verstorbener Ehemann sei Eigentümer von insgesamt fünf Liegenschaften gewesen. Mit Vollmacht vom 26. 3. 1993 habe er die Pfandgläubigerin ermächtigt, diese Liegenschaften zu veräußern, soweit dies zur Befriedigung der Pfandrechte erforderlich gewesen sei. Zum Zeitpunkt des Versteigerungsverfahrens sei das Pfandrecht nur noch mit einem Restbetrag von S 2,800.000,-- forderungsbekleidet gewesen. Der Masseverwalter habe es unterlassen, "die zuvor durch Verkäufe erzielten Verkaufserlöse des Anspruches der Bank auf abgesonderte Befriedigung zu berücksichtigen" und im Rahmen der Verteilung den begründeten Widerspruch zu erheben. Daher sei der Anspruch der Klägerin zum Zeitpunkt des Versteigerungstermines gedeckt gewesen.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens.

Nach den Versteigerungsbedingungen hätten sie ebenso wie nach der Belehrung im Versteigerungstermin lediglich eine Dienstbarkeit des Gehens, Fahrens und Viehtreibens ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen gehabt. Alle übrigen auf den Liegenschaften eingetragenen Dienstbarkeiten, Ausgedinge und Reallasten sowie die auf den Liegenschaften pfandrechtlich sichergestellten Forderungen seien nur insoweit zu übernehmen gewesen, als sie nach der ihnen zukommenden Rangordnung in der Verteilungsmasse Deckung gefunden hätten. Das Meistbot habe aber nicht ausgereicht, um das Simultanpfandrecht der Bank zur Gänze zu tilgen. Der Schriftsatz der Klägerin sei in der Zwangsversteigerungstagsatzung nicht verlesen worden. Der Richter habe aber erklärt, dass auf das Recht der Klägerin nicht Rücksicht zu nehmen sei.

Die Klägerin könne auf Grund ihres Voraus nicht besser als bei aufrechtem Bestand der Ehe gestellt werden. Sie hätte im Falle der Zwangsversteigerung zu Lebzeiten ihres Ehegatten die Liegenschaft nach Versteigerung räumen müssen. Da ihr Ehegatte erst 1997 verstorben sei, habe sie erst zu diesem Zeitpunkt allfällige Rechte erwerben können. Selbst im Falle einer Sicherstellung derselben im Grundbuch müsse sie nunmehr die Liegenschaft räumen, weil ihr Ausgedinge oder ihre Reallast im Meistbot keine Deckung gefunden hätten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Ausgehend von den eingangs der Entscheidungsgründe in geraffter Form wiedergegebenen Feststellungen gelangte es zur Auffassung, dass § 758 ABGB dem überlebenden Ehegatten nur einen obligatorischen Anspruch gewähre. Dessen Außenwirkung gegenüber Dritten sei zu verneinen. Habe sich die wirtschaftliche Situation des Erblassers bereits so verschlechtert, dass er ohne Verkauf des Hauses nicht mehr in der Lage gewesen wäre, seine Gläubiger zu befriedigen, müsse das Risiko des noch lebenden Ehegatten, seinen familienrechtlichen Wohnanspruch, der nur relative Wirkung habe, zu verlieren, auf die Zeit nach dem Tod des Erblassers nachwirken. Durch diesen Tod könne für den verbleibenden Teil keine Besserstellung bewirkt werden. Vielmehr solle lediglich eine Verschlechterung der Situation verhindert werden. Schon allgemein ergebe sich aus § 692 ABGB, dass die Gläubiger des Erblassers dem Legatar vorgingen. Das durch § 97 ABGB determinierte Verständnis des § 758 ABGB harmoniere auch mit diesem allgemeinen Grundsatz.

Von einer Arglist der Ersteher könne keinesfalls die Rede sein. Der mit Schriftsatz bekanntgegebene Anspruch der Klägerin auf das Vorausvermächtnis sei in der Versteigerung nur unzureichend erörtert worden. In den Versteigerungsbedingungen sei dieser Anspruch überhaupt nicht enthalten. Dass die Erwerber grundsätzlich nach den festgelegten Versteigerungsbedingungen erwürben, sei ohne Zweifel. Einzig fraglich bleibe, ob der Anspruch der Klägerin auf das Vorausvermächtnis im Meistbot Deckung gefunden hätte. Dies sei im gegenständlichen Fall jedenfalls zu verneinen. Hypothetische Fehler eines außenstehenden Dritten könnten nicht eine Anspruchsbegründung der Klägerin bewirken. Unter Berücksichtigung des bloß obligatorischen Rechtes nach § 758 ABGB hätte zumindest der Schätzwert gravierend nach unten korrigiert werden müssen.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.

Zur Rechtsrüge der klagenden Partei führte das Berufungsgericht aus, dass in Lehre und Rechtsprechung zwar die rechtliche Qualifikation des gesetzlichen Vorausvermächtnisses kontrovers beurteilt werde, im Wesentlichen aber Einigkeit darüber bestehe, dass der Anspruch des überlebenden Ehegatten in Ansehung der Ehewohnung inhaltlich gleichbleibe, sein bisher gegen den Ehegatten bestehendes Benützungsrecht (§ 97 ABGB) sich also als Anspruch gegen den Vermächtnisschuldner fortsetze. Zwischen dem überlebenden Ehegatten als Gläubiger und dem Erben (hier mangels Erbserklärung also dem ruhenden Nachlass) bestehe auf Grund des § 758 ABGB ein gesetzliches Schuldverhältnis (6 Ob 184/99y mit Hinweis auf Zankl, Das gesetzliche Vorausvermächtnis des Ehegatten; Eccher in Schwimann, ABGB2 Rz 13 zu § 758).

Die im vorliegenden Fall entscheidende Frage, ob der Ersteher einer Liegenschaft im Zwangsversteigerungsverfahren als Vermächtnisschuldner der Witwe des Verpflichteten als dem ursprünglichen Eigentümer der Liegenschaft gegenüber angesehen werden könne, sei zu verneinen. Beim Erwerb einer Liegenschaft im Wege der Zwangsversteigerung blieben nämlich nicht verbücherte Dienstbarkeiten, also auch bloß obligatorische Wohnrechte, gegenüber dem Ersteher wirkungslos, wenn sie nicht bis zur Versteigerung gegen den Verpflichteten mit der Klage zur Geltendmachung der Dienstbarkeit durchgesetzt und exekutiv oder durch eine freiwillig ausgestellte Erklärung des Verpflichteten verbüchert würden. Der Ersteher übernehme nicht das belastete Eigentum des Verpflichteten, sondern die Liegenschaft frei von allen Lasten, ausgenommen jenen, die er nach den Versteigerungsbedingungen zu übernehmen habe (vgl Heller/Berger/Stix 1306; MietSlg 31.806 und 45.022). Der Umfang der vom Ersteher zu übernehmenden persönlichen Dienstbarkeiten werde ausschließlich durch die Versteigerungsbedingungen bestimmt (MietSlg 32.795), eine Offenkundigkeit der Belastung komme nicht in Betracht, denn es entscheide der Grundbuchsstand (Petrasch in Rummel, ABGB2 Rz 2 Rz 2 zu § 481; MietSlg 45.022). Der Oberste Gerichtshof habe ferner ausgesprochen, dass allein die rechtskräftig festgestellten Versteigerungsbedingungen für die Übernahme von Lasten im Versteigerungsverfahren ausschlaggebend seien, denn die Absicht des Gesetzgebers gehe dahin, dass der Ersteher die Liegenschaft frei von allen Lasten übernehme, ausgenommen jene, die er nach den Versteigerungsbedingungen zu übernehmen habe (2 Ob 212/98k). Eccher in Schwimann, ABGB2 Rz 8 zu § 758 und Watzl, Das Vorausvermächtnis des Wohnrechtes, JBl 1992, 613 ff, hielten das Wohnrecht der Witwe im Falle der Exekution auf die Liegenschaft für gefährdet. Die letztgenannte Autorin vertrete die Auffassung, dass der Tod des einen Ehegatten für den überlebenden Ehegatten keine Besserstellung bewirken solle, sodass die Veräußerung des Hauses zweck Befriedigung der Erblassergläubiger den Verlust der Wohnmöglichkeit für die Witwe bewirke. Ausnahmen würden nur im Fall der Arglist zugelassen, für die hier aber keine Anhaltspunkte bestünden (vgl EvBl 1988/57). Zu 6 Ob 184/99y habe der Oberste Gerichtshof schließlich dargelegt, dass schon aus dem Vermächtnischarakter des Voraus abzuleiten sei, dass er keine Belastung der in den Nachlass fallenden Liegenschaft darstelle.

Sei das Vorausvermächtnis der Witwe keine Belastung der kridamäßig verwerteten Liegenschaft und der Ersteher diesbezüglich auch nicht als Vermächtnisschuldner anzusehen, dann fehle es der Klägerin an einer Rechtsgrundlage, der im Zwangsversteigerungsverfahren angeordneten Räumung und Übergabe der Liegenschaft wirksam entgegentreten zu können. Darauf, dass die Beklagten Kenntnis von den behaupteten Ansprüchen hätten oder gehabt haben müssten, komme es ebensowenig an wie auf die Fragen des bücherlichen "Ranges" des Vorausvermächtnisses und einer allfälligen Deckung desselben im Meistbot.

Die ordentliche Revision sei zuzulassen gewesen, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Übernahme eines auf § 758 ABGB beruhenden Wohnrechts (in oder ohne Anrechnung auf das Meistbot) durch den Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren noch fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie in erster Linie die Abänderung der Urteile der Vorinstanzen im klagsstattgebenden Sinn begehrt. Hilfsweise stellt sie auch einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagten erstatteten eine Revisionsbeantwortung.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Durch das Erbrechtsänderungsgesetz (BGBl 1989/656) wurde im § 758 ABGB das gesetzliche Vorausvermächtnis des überlebenden Ehegatten insbesondere um das Recht erweitert, in der Ehewohnung weiter zu wohnen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll er dieses gesetzliche Vermächtnis unabhängig davon erhalten, ob er testamentarischer, vertraglicher oder gesetzlicher Erbe ist oder gar nicht als Erbe berufen wird (RV zum EheRÄndG 1978 136 BlgNR 14. GP 15). Bereits im Justizausschussbericht zum ErbRÄG ist davon die Rede, dass das Vorausvermächtnis ein schuldrechtlicher (an anderer Stelle: obligatorischer) Anspruch gegen die Erben oder den sonst durch das Vermächtnis Beschwerten ist (1158 BlgNR 17. GP 4). Ausdrücklich wird klargestellt, dass die Erben nicht verpflichtet sind, dem überlebenden Ehegatten ein dingliches Wohnrecht im Sinn des § 521 ABGB an der Wohnung einzuräumen, obgleich auch dadurch das Vermächtnis jedenfalls erfüllt werde (aaO).

Im Anschluss an diese insoweit eindeutigen Gesetzesmaterialien

besteht auch in Lehre und Rechtsprechung durchwegs Einigkeit darüber,

dass es sich, insbesondere was die Wohnung betrifft, um einen bloß

schuldrechtlichen Anspruch (und nicht etwa um ein dingliches Recht an

der Liegenschaft, auf der sich die Wohnung befindet) handelt (SZ

66/102 = EFSlg 75.317 = NZ 1994, 83; SZ 67/206 = AnwBl 1997/7445, 952

= ecolex 1995, 173 = EFSlg 75.431 = JBl 1995, 371 = NZ 1996, 311;

EFSlg 81.319 = EvBl 1996/121 = MietSlg 48/9 = NZ 1996, 304 [Zankl];

SZ 70/47 = EFSlg 84.316 = NZ 1998, 60 [Zankl]; SZ 70/122 = JBl 1997,

721 = EFSlg 84.316 = immolex 1998/31 = MietSlg 49.033; Welser in Rummel, ABGB3 Rz 8 und 9 zu § 758; Koziol-Welser11 II 422; Zankl, Das gesetzliche Vorausvermächtnis des Ehegatten 203 ff; derselbe, immolex 1997, 146). Auch die Ausführungen von Eccher (in Schwimann, ABGB2 Rz 3 f, 10 und 13; Erbrecht Rz 9/31 und 9/34), welcher den familienrechtlichen Charakter des nach seiner Ansicht aus § 758 ABGB abzuleitenden Wohnrechts betont, nimmt offenkundig kein dingliches Recht an. Dasselbe gilt auch für Watzl (Das Vorausvermächtnis des Wohnrechtes JBl 1992, 613 ff), da sie zwar unter Umständen einen Anspruch auf Einräumung eines dinglichen Wohnrechtes bejaht, demnach offenbar aber nicht davon ausgeht, dass ein solches unmittelbar zustehe. Auch der Wortlaut des § 758 ABGB, wonach dem überlebenden Ehegatten das Recht gebührt, in der Ehewohnung weiter zu wohnen, spricht für die Richtigkeit der Rechtsprechung, dass also ein bloß obligatorischer Anspruch vorliegt. (Die Qualifikation des Vorausvermächtnisses als Damnations- oder Vindikationslegat [vgl etwa dazu Welser in Rummel, ABGB3 Rz 8 zu § 758] spielt für diese Frage keine Rolle, wie die Ausführungen Ecchers (aaO) zeigen, der ungeachtet der Annahme eines Vindikationslegats keineswegs ein dingliches Wohnrecht vertritt.)

Vor Einantwortung des Erben der Wohnung richtet sich der Anspruch des Vermächtnisnehmers gegen den ruhenden Nachlass (Eccher in Schwimann, ABGB2 Rz 3 zu § 649; Welser in Rummel, ABGB3 Rz 13 zu § 647 je mit Nachweisen der Rechtsprechung). Dem entspricht auch, dass das gesetzliche Vorausvermächtnis der Wohnung vor Einantwortung gegenüber dem Nachlass geltend zu machen ist (Koziol-Welser11 II 422; ebenso zu einem testamentarisch vermachten Wohnrecht 6 Ob 279/98t).

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin ihren Anspruch im Verlassenschaftsverfahren geltend gemacht. Dass ihr ein dingliches Wohnrecht durch die Verlassenschaft (vertreten durch den Verlassenschaftskurator) eingeräumt worden wäre, hat sie aber nicht behauptet. Auch in der Revision wird ausdrücklich die Qualifikation des Anspruchs weiter zu wohnen als dingliches Recht abgelehnt und dieser als höchstpersönliches Recht bezeichnet. Demnach hat das Berufungsgericht zu Recht die Annahme einer Belastung der Liegenschaft des Erblassers selbst verneint. Liegt nämlich nur ein obligatorischer Anspruch gegen den Nachlass vor, dann ist es verfehlt, wenn die Klägerin in ihrer Revision meint, ihr Anspruch sei "der mit der Ehewohnung belasteten Liegenschaft immanent".

Nicht bezweifelt wird auch von der Revisionswerberin, dass nach den Versteigerungsbedingungen ihr obligatorischer Anspruch auf Weiterwohnen in der bisherigen Ehewohnung von den Erstehern nicht zu übernehmen war. Im Übrigen ergibt sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen kein Hinweis, dass dieses Recht bei der Schätzung der Liegenschaft in irgendeiner Weise berücksichtigt worden wäre.

Daraus hat nun das Berufungsgericht zu Recht abgeleitet, dass die Ersteher die Verpflichtung des Nachlasses durch den Zuschlag nicht übernommen haben. Welche Lasten vom Ersteher zu übernehmen sind, regelt in erster Linie § 150 EO (der hier noch in der Fassung vor der EO-Novelle 2000 anzuwenden ist: Art III Abs 1 dieser Novelle). Sieht man von einer vom Gesetz abweichenden Regelung in den Versteigerungsbedingungen ab, sind demnach nur verbücherte Rechte (entweder ohne oder unter Anrechnung auf das Meistbot) zu übernehmen. Der Ersteher hat dabei nur die ausdrücklich in den Versteigerungsbedingungen angeführten Lasten ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen (jüngst 3 Ob 70/00s; weitere Nachweise bei Angst in Angst, EO Rz 2 zu § 150 [zur alten Rechtslage]).

Es liegt auch keine sonstige gesetzliche Regelung vor, wonach das aus § 758 ABGB erfließende Recht ohne Berücksichtigung in den Versteigerungsbedingungen zu übernehmen wäre (vgl Angst aaO Rz 8 f). Selbst wenn, wie in der Revision behauptet wird, der Ersteher einer Liegenschaft "ex lege" in zahlreiche öffentlich- wie privatrechtliche Rechtsbeziehungen eintritt, vermag die Klägerin keine Norm anzugeben, aus der die Pflicht zur Übernahme für das Vorausvermächtnis des Wohnens folgen würde. Auf die Frage der Übernahme von bereits ersessenen offenkundigen Dienstbarkeiten durch den Ersteher (vgl dazu Angst aaO Rz 10 ff) ist nicht weiter einzugehen, weil ein derartiger Fall der Begründung eines nicht verbücherten dinglichen Rechtes hier auch nach Ansicht der Revisionswerberin gar nicht vorliegt.

Aus all dem folgt nun eben, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, dass das Vorausvermächtnis des Wohnens jedenfalls dann, wenn es in den Versteigerungsbedingungen nicht angeführt wird, vom Ersteher keinesfalls übernommen werden muss, weshalb es nicht darauf ankommen kann, ob er hievon Kenntnis hat. Ob anderes für den Fall gelten könnte, dass der Ersteher mit dem Erblasser (bereits zu dessen Lebzeiten) arglistig zusammengewirkt hat, um den überlebenden Ehegatten um sein (ursprünglich aus § 97 ABGB folgendes) Wohnrecht zu bringen (vgl dazu jüngst Stabentheiner in Rummel, ABGB3 Rz 6 mN und 3 Ob 70/00s), braucht hier nicht geprüft zu werden, weil sich die Klägerin nicht darauf berufen hat.

Es entspricht auch der insoweit übereinstimmenden Lehre, dass der gesetzliche Voraus Erblasserschulden im Range nachgeht (Eccher, Erbrecht Rz 9/29; derselbe in Schwimann, ABGB2 Rz 6 zu § 758; Welser in Rummel, ABGB3 Rz 10 zu § 758). Demnach hat der aus § 758 ABGB Berechtigte, wenn das Wohnrecht nicht dinglich begründet wird, keinen Schutz gegenüber Gläubigern des Erben (Welser aaO). Er muss daher dem Ersteher der Ehewohnung weichen (Zankl, Das gesetzliche Vorausvermächtnis des Ehegatten 238). Dies entspricht auch der Rechtslage nach § 97 Satz 2 ABGB, wonach der Anspruch ausgeschlossen ist, wenn der Wohnungsverlust durch die Umstände erzwungen ist, was etwa der Fall ist, wenn es wegen Schulden des anderen Ehegatten trotz zumutbarer Abwehr zur exekutiven Veräußerung kommt (Schwimann in Schwimann, ABGB2 Rz 5 zu § 97). Schließlich ist ja auch der Anspruch des überlebenden Ehegatten in Ansehung der Ehewohnung gemäß § 758 ABGB inhaltlich gleich dem nach § 97 ABGB (SZ 66/102; SZ 67/206; SZ 70/47; JBl 2000, 377 = NZ 2000, 149). Ungeachtet ihres sonstigen Standpunkts vertritt Watzl (aaO 617) ebenfalls die Ansicht, dass der überlebende Ehegatte seinen Wohnanspruch verliert, wenn sich die wirtschaftliche Situation des Erblassers bereits so verschlechtert hat, dass er ohne Verkauf des Hauses nicht mehr in der Lage gewesen wäre, seine Gläubiger zu befriedigen. Im Fall der Zwangsversteigerung wegen derartiger Schulden kann somit nichts anderes gelten.

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin kann auch aus der Entscheidung 6 Ob 184/99y = JBl 2000, 377 = NZ 2000, 149 für ihren Standpunkt nichts abgeleitet werden. Diese Entscheidung betrifft die Schätzung einer Liegenschaft im Verlassenschaftsverfahren. Unerheblich ist auch die in dieser Entscheidung dargestellte Frage, ob der gesetzliche Voraus immer ein eo ipso entstehendes Recht des Überlebenden ist, das keines weiteren Übertragungsaktes des belasteten Erben bedarf. Abgesehen davon, dass der Oberste Gerichtshof diese Frage ausdrücklich offenließ, würde daraus, wie schon dargelegt, nicht abzuleiten sein, dass das Wohnrecht vom Ersteher "bei Kenntnis desselben ohne Anrechnung auf das Meistbot" zu übernehmen sei.

Auch die zu § 692 ABGB angestellten Überlegungen können am Ergebnis nichts ändern, übersieht doch die Revisionswerberin, dass Prozessgegner hier die Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren sind und nicht etwa Erben, die die Unzulänglichkeit des Nachlasses geltend machen. Diese war daher auch von den Beklagten weder zu behaupten noch zu beweisen. Es kommt deshalb auch auf die Vorgänge in der Versteigerungstagsatzung nicht entscheidend an.

Demnach haben die Vorinstanzen zu Recht die auf § 37 EO gestützte Klage abgewiesen.