JudikaturJustiz3Ob183/06t

3Ob183/06t – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. September 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei V***** reg.Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Hermann Holzmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die verpflichtete Partei Karl F*****, vertreten durch den Sachwalter Dr. Georg Santer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 29.679,78 EUR s.A., infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 8. Juni 2006, GZ 1 R 95/06m-8, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Landeck vom 6. Februar 2006, GZ 6 E 498/06s-2, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass die Exekutionsbewilligung des Erstgerichts wiederhergestellt wird. Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rekurses selbst zu tragen. Der betreibenden Partei werden die mit 1.503,54 EUR (darin 250,59 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses als weitere Kosten des Exekutionsverfahrens bestimmt.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei obsiegte mit ihrer Hypothekarklage gegen den Verpflichteten, der mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 23. Mai 2005, GZ 10 Cg 95/02i-68, zur Zahlung von 73.000 EUR sA verpflichtet wurde. Der erstinstanzliche Exekutionstitel lautet insgesamt wie folgt:

„1.) Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei bei sonstigem Zwang binnen 14 Tagen den Betrag von 73.000 EUR samt 4 % Zinsen ab 6. Mai 2002 zu bezahlen sowie Prozesskosten in der Höhe von 30.089,45 EUR, darin enthalten 5.536,17 EUR an 20 % USt und 2.408,60 EUR an Barauslagen, zu ersetzen, dies bei sonstiger Exekution in die Liegenschaft EZ 71, Grundbuch *****, freilich beschränkt auf die in der EZ 71, Grundbuch *****, wobei sämtliche Zahlungen zu Handen des Klagsvertreters zu leisten sind.

2.) Hingegen wird das Mehrbegehren der klagenden Partei, dass die Bezahlung des Betrages von 73.000 EUR samt 4 % Zinsen daraus seit 6. Mai 2002 und der Ersatz der Prozesskosten in der Höhe von 30.089,45 EUR bei sonstiger Exekution auch in das Grundstück 1954/2, EZ 71, Grundbuch *****, zu erfolgen habe, abgewiesen".

Das Oberlandesgericht Innsbruck gab als Berufungsgericht der Berufung des Beklagten (nunmehr Verpflichteten) in der Hauptsache nicht Folge, änderte aber die Kostenentscheidung des Erstgerichts dahin ab, dass diese zu lauten habe:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen des Klagsvertreters binnen 14 Tagen die mit 27103,98 EUR (darin enthalten 4.115,90 EUR USt und 2.408,60 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu ersetzen".

Das Berufungsgericht erkannte den Beklagten ferner für schuldig, der klagenden (nunmehr betreibenden) Partei „die mit 2.575,80 EUR (darin enthalten 429,30 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen".

Die betreibende Partei beantragte am 2. Februar 2006 zur Hereinbringung der Kostenforderungen von 27.103,98 EUR und von 2.575,80 EUR samt 4 % Zinsen aus den Kosten seit 23. Mai 2005 bzw. 22. November 2005 die Bewilligung der Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung auf der (gesamten) Liegenschaft EZ 71 Grundbuch ***** des Verpflichteten.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Verpflichteten Folge und änderte die Exekutionsbewilligung dahin ab, dass der Exekutionsantrag auf Bewilligung der Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung durch bücherliche Einverleibung des Simultanpfandrechts auf dem dem Verpflichteten gehörigen Grundstück ***** ob der EZ 71 Grundbuch ***** abgewiesen wurde. Laut Exekutionstitel sei die Exekution beschränkt auf die Grundstücke Nr *****. Das Titelgericht habe das auf die Exekution auch hinsichtlich des Grundstücks Nr ***** gerichtete Mehrbegehren ausdrücklich abgewiesen. Der Exekutionstitel schließe also eine Exekutionsführung auf dieses Grundstück aus. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts zulässig, er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurswerberin verweist auf die Verfahrensgesetze, die für Kostenersatzforderungen eine beschränkte Haftung nicht vorsähen. Nach der oberstgerichtlichen Entscheidung 1 Ob 587/86 bestehe beim Kostenersatzanspruch keine Einschränkung auf die Sachhaftung, auch wenn die ersatzpflichtige Partei in der Hauptsache nur mit einem bestimmten Vermögen hafte.

Diesen Ausführungen kann zugestimmt werden:

1.) Wohl wurde in der Entscheidung 2 Ob 284/38 = SZ 20/168 ausgesprochen, dass Hypothekarschuldner auch für die aus Anlass der klageweisen Geltendmachung und zwangsweisen Durchsetzung der Hypothekarforderung aufgelaufenen Prozess- und Exekutionskosten nur mit der pfandrechtlich belasteten Liegenschaft, nicht aber auch mit dem sonstigen Vermögen haften. Die materiell-rechtliche Richtigkeit dieser Ansicht im Lichte des § 466 ABGB muss hier nicht näher untersucht werden, weil es im Exekutionsverfahren nur auf die Formulierung des Exekutionstitels ankommen kann. Schon in der von der Revisionsrekurswerberin zitierten Entscheidung 1 Ob 587/86 = HS 17033/11 wurde darauf hingewiesen, dass die Verfahrensgesetze eine beschränkte Haftung für die Forderungen auf Ersatz der Prozesskosten nicht vorsehen, sodass der Kostenersatzanspruch auch dann ohne Einschränkung auf eine bestimmte Sachhaftung entstehe, wenn die kostenersatzpflichtige Partei in der Hauptsache nur mit einem bestimmten Vermögen haftet (in diesem Sinne auch Hofmann in Rummel3 § 466 ABGB Rz 6 mwN). Die Entscheidung SZ 20/168 habe den exekutionsrechtlichen Fall betroffen, in dem die Prozesskosten einer erfolgreichen Hypothekarklage nur bei sonstiger Exekution in die Pfandsache zugesprochen worden waren.

Trifft den Schuldner nur eine reine Sachhaftung, ist die Frage der Haftungsbeschränkung auch für Kostenforderungen zwar in der Lehre und

der Rsp wohl weiterhin strittig (3 Ob 138/03w = RdW 2004, 29 = ZIK

2004, 60 = RPflE 2003/101 mwN), im Exekutionsverfahren aber nicht

entscheidungswesentlich, weil sie hier allein nach dem Wortlaut des Exekutionstitels zu beurteilen ist. Wenn schon im Exekutionstitel keine Haftungsbeschränkung enthalten ist, gibt es auch keinen Grund für die Annahme einer solchen Beschränkung im Exekutionsverfahren (3 Ob 138/03w). Nur ein einschränkender Zusatz im Titel kann zu einer Beschränkung der Haftung führen (3 Ob 46/02i = NZ 2004, 311).

2.) Die Besonderheit des vorliegenden Falls liegt darin, dass das nur im Kostenpunkt vom Berufungsgericht abgeänderte Urteil erster Instanz ausdrücklich auch für die mit 30.089,45 EUR bestimmten Prozesskosten eine Einschränkung der Exekution auf bestimmte, namentlich angeführte Grundstücke vorsah und das Grundstück Nr ***** von der Exekutionsführung ausdrücklich ausnahm. Das Berufungsgericht wollte zwar allenfalls diese Exekutionsbeschränkung auch hinsichtlich der von ihm abgeänderten (reduzierten) Kostenbestimmung aufrechterhalten, hat jedoch den Spruch der Entscheidung nicht insgesamt neu, sondern einen eigenen Kostenbeschluss gefasst, der keine Exekutionsbeschränkung enthält. Diese Vorgangsweise verhindert, den erstinstanzlichen Exekutionstitel einfach dahin auszulegen, dass unter Übernahme seines Wortlauts bloß der Betrag von 30.089,45 EUR an Prozesskosten erster Instanz durch den Betrag von 27.103,98 EUR ersetzt wird, wodurch die vom Erstgericht verfügte Exekutionsbeschränkung aufrecht bliebe. Mangels jeglicher Begründung im Berufungsurteil zum Thema der Haftungsbeschränkung auch für die Prozesskosten verbietet die Neufassung des Kostenausspruchs ohne ausdrückliche Haftungsbeschränkung eine Auslegung in diesem Sinne. Noch viel deutlicher wird die Unzulässigkeit einer den Wortlaut korrigierenden Auslegung des Kostentitels zweiter Instanz bei den mit 2.575,80 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens, die naturgemäß vom Spruch der erstinstanzlichen Entscheidung nicht erfasst sein konnten, bei denen das Berufungsgericht aber jedenfalls eine Einschränkung der Exekution hätte verfügen müssen. Aus den dargelegten Gründen ist dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei stattzugeben und die erstinstanzliche Exekutionsbewilligung wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 78 EO iVm §§ 40 und 50 Abs 1 ZPO, diejenige über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens auf § 78 EO iVm §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.