JudikaturJustiz3Ob132/98b

3Ob132/98b – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Juli 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr.Herta S*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der F***** GmbH, ***** wider die verpflichtete Partei F***** GmbH, ***** wegen § 119 KO, infolge Revisionsrekurses der Pfandgläubigerin E***** AG, ***** vertreten durch Hügel Dallmann Partner Rechtsanwälte, in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 23. März 1998, GZ 19 R 34/97d-56, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Gloggnitz vom 4.September 1997, GZ 5 E 32/96w-51, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Revisionsrekursbeantwortung der betreibenden Partei wird zurückgewiesen.

Die betreibende Partei ist schuldig, der Revisionsrekurswerberin die mit S 22.957,94 (darin enthalten S 3.826,32 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Aufgrund der im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien unter FN 33.209m eingetragenen Verschmelzung ist die E***** AG mit Wirksamkeit vom 4.10.1997 Gesamtrechtsnachfolgerin der G***** Aktiengesellschaft *****.

Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 19.12.1995, 4 S 1059/95b-34, wurde auf Antrag des Masseverwalters gemäß § 119 KO die Versteigerung der Liegenschaft EZ 283 KG K***** bewilligt. Die Versteigerungsbedingungen sahen in Abweichung von den Normativbedingungen zunächst vor, daß das geringste Gebot gleich dem Schätzwert (S 3,806.720) festgelegt wird. Nachdem bei den beiden Versteigerungsterminen am 26.2.1997 und am 11.6.1997 keine Angebote abgegeben worden waren, beantragte der betreibende Masseverwalter, das geringste Gebot mit S 2,990.000 festzusetzen. Das Erstgericht verständigte von der für 2.9.1997 anberaumten Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen die betreibende Partei, die verpflichtete Partei und die Pfandgläubiger mit dem Hinweis, das Nichterscheinen habe zur Folge, daß der Ausgebliebene als dem Antrag zustimmend anzusehen sei.

Die nunmehrige Revisionsrekurswerberin sprach sich als Pfandgläubigerin mit Schriftsatz vom 14.8.1997 (ON 49) gegen dieses geringste Gebot von S 2,990.000 aus. Sie habe bereits mit Schreiben vom 12.6.1997 dem Masseverwalter mitgeteilt, daß sie eine normative Ausbietung der Liegenschaften für sinnvoll erachte. Da die nunmehr angeführten geringsten Gebote wiederum beträchtlich über dem halben Schätzwert liegen, spreche sie sich dagegen aus und beantrage, die normative Ausbietung anzuordnen. Aufgrund der derzeitigen Lage auf dem Realitätensektor werde es schwierig sein, die Liegenschaft zu dem vom Masseverwalter angeführten geringsten Gebot an den Mann zu bringen.

Bei der Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen am 2.9.1997 erschien nur der Masseverwalter. Der Schriftsatz ON 49 wurde verlesen. Der Masseverwalter brachte hiezu vor, die Versteigerungsbedingungen seien mit der Pfandgläubigerin abgesprochen worden; außerdem liege eine mündliche Genehmigung durch das Konkursgericht vor; durch die vorgeschlagene Vorgangsweise sei auch die Erzielung eines möglichst hohen Meistbots - zum Schutz der Gläubiger - gewährleistet.

Das Erstgericht setzte das geringste Gebot mit S 1,903.730, d.i. die Hälfte des Schätzwertes, fest. Zur Begründung führte es aus, auch im Verfahren nach § 119 KO seien die Versteigerungsbedingungen nach Maßgabe des § 163 EO festzusetzen. Von Normalbedingungen abweichende Versteigerungsbedingungen könnten nur mit Zustimmung aller Beteiligter beschlossen werden. Diese Zustimmung liege hier nicht vor, es könnten daher nur die gesetzlichen Normalbedingungen festgestellt werden. Das Erscheinen der widersprechenden Pfandgläubigerin zur Tagsatzung am 2.9.1997 sei nicht notwendig gewesen; auf ihr schriftliches Vorbringen sei Bedacht zu nehmen. Darüber hinaus sei insbesondere bei kridamäßigen Versteigerungen auf den Zweck des Konkursverfahrens, nämlich die Versilberung der Masse, entsprechend Bedacht zu nehmen. Die zu versteigernde Liegenschaft sei bereits zweimal erfolglos zum Schätzwert ausgeboten worden; die Ausbietung zur Hälfte des Schätzwertes erscheine daher jedenfalls erfolgversprechend; sie entspreche der hier gegebenen Sachlage und sei wohl am besten geeignet, die Erzielung eines Erlöses zu bewirken.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß dahin ab, daß die von der betreibenden Partei vorgeschlagenen Versteigerungsbedingungen genehmigt und das geringste Gebot mit S 2,990.000 festgesetzt wurde; es ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil der Oberste Gerichtshof zu der Frage noch nicht Stellung genommen habe, ob bei der Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen auf Schriftsätze nicht erschienener Verfahrensbeteiligter Bedacht zu nehmen sei bzw inwieweit deren Eingaben mit dem bloßen Einlangen beim Gericht Wirksamkeit entfalten; dies gelte auch für die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen bei der kridamäßigen Versteigerung von bereits rechtskräftig genehmigten Versteigerungsbedingungen abgegangen werden kann.

Das Rekursgericht vertrat die Rechtsansicht, das im § 151 Abs 3 EO vorgesehene Verbot sofortiger abermaliger Versteigerung für den Fall, daß im Versteigerungstermin weniger als das geringste Gebot geboten wurde, bestehe bei der kridamäßigen Versteigerung nicht; es habe somit auch keine Einstellung des Versteigerungsverfahrens aus diesem Grund zu erfolgen. Ein Abgehen von den festgestellten Versteigerungsbedingungen sei jedoch möglich, wenn sich bei den bisherigen Versteigerungsterminen Interessenten nicht gefunden haben. Das Erstgericht habe in der Ladung zur Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen den wesentlichen Inhalt des Antrags angeführt und auch auf die Rechtsfolgen des Nichterscheinens hingewiesen. Wenn die EO in § 162 Abs 1 eine mündliche Verhandlung vorsehe, dann seien gemäß § 78 EO vollinhaltlich die Vorschriften der ZPO über die mündliche Verhandlung anzuwenden. Es gelte daher auch der Mündlichkeitsgrundsatz des § 176 ZPO, wonach schriftliche Anträge erst durch ihren Vortrag in der Verhandlung wirksam werden. Der Antrag der Pfandgläubigerin sei in der Verhandlung nicht vorgetragen worde, sodaß er auch nicht wirksam gestellt worden sei. Die Pfandgläubigerin sei daher gemäß § 56 Abs 2 EO als den vorgelegten Versteigerungsbedingungen der betreibenden Partei zustimmend anzusehen.

Der Revisionsrekurs der Pfandgläubigerin ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes ist die Entscheidung EvBl 1990/104 auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden.

Da die Pfandgläubigerin ihre Einwände gegen die von der betreibenden Gläubigerin beantragte Höhe des geringsten Gebots bereits dem Gericht bekanntgegeben hatte, konnte sie keineswegs als zustimmend angesehen werden. Die Zustimmungsfiktion des § 56 Abs 2 EO ist nur auf solche Parteien anwendbar, deren Standpunkt zu einer bestimmten Frage noch nicht bekannt ist; auf schon wirksam Vorgebrachtes ist immer Bedacht zu nehmen.

Dies gilt keineswegs nur für die von der betreibenden Partei vorgelegten Versteigerungsbedingungen; auch dann, wenn die EO ausdrücklich eine mündliche Verhandlung vorsieht, wird in der Regel schriftliches Anbringen berücksichtigt (Rechberger/Oberhammer, Exekutionsrecht Rz 41).

Auch das Erstgericht ging von dieser Rechtslage aus und erachtete somit völlig zutreffend eine (auch unter Zugrundelegung der irrigen Rechtsmeinung des Rekursgerichtes nach EvBl 1990/104 jedenfalls erforderliche) Belehrung, daß die Pfandgläubigerin jedenfalls erscheinen müsse, nicht erforderlich. Ohne einen derartigen Hinweis konnte daher nicht von der Zustimmung der Pfandgläubigerin ausgegangen werden, das geringste Gebot entsprechend dem Antrag der betreibenden Partei festzusetzen.

In der Sache selbst ist das Erstgericht in seiner Eventualbegründung zutreffend davon ausgegangen, daß auf den Zweck des Konkursverfahrens, nämlich die Versilberung der Masse, entsprechend Bedacht zu nehmen ist. Nachdem die Liegenschaft bereits zweimal erfolglos zum Schätzwert ausgeboten worden war, erscheint die Ausbietung zur Hälfte des Schätzwertes besser als die Ausbietung zu einem geringsten Gebot von S 2,990.000 geeignet, einen Erlös für die Masse zu bewirken. Einstimmigkeit wäre allerdings nicht Voraussetzung (SZ 67/77; vgl § 151 Abs 1 EO).

Schon aus diesen Gründen war der erstgerichtliche Beschluß wiederherzustellen.

Die vom Masseverwalter eingebrachte Revisionsrekursbeantwortung ist als unzulässig zurückzuweisen, weil kein Fall eines zweiseitigen Rekurses vorliegt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 41, 50 ZPO.