JudikaturJustiz2Ob592/94

2Ob592/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Januar 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Klaus W*****, 2.) Barbara W*****, beide vertreten durch Dr.Hermann Tschiderer, Dr.Reinhold Wolf, Rechtsanwälte in Reutte, wider die beklagte Partei Margarethe L*****, vertreten durch Dr.Heinz Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 890.541,14 sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Parteien gegen Punkt 2) des Beschlusses des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 16. August 1994, GZ 4 R 210/94-11, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 27.Juni 1994, GZ 41 Cg 56/94t-8, teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Gegenstand des Revisionsrekurses ist Punkt 2) der rekursgerichtlichen Entscheidung, womit der Teil des erstgerichtlichen Beschlusses, mit welchem der Antrag der Beklagten, ihr die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung des Widerspruchs gemäß § 397a ZPO gegen das erstgerichtliche Versäumungsurteil vom 27.4.1994 zu bewilligen, abgewiesen wurde, aufgehoben, dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung (über diesen Wiedereinsetzungsantrag) nach Verfahrensergänzung aufgetragen und ein Ausspruch nach § 527 Abs 2 ZPO beigesetzt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist indessen - unabhängig von diesem Ausspruch - jedenfalls unzulässig:

Gemäß § 153 ZPO ist ein Rechtsmittel gegen eine die Wiedereinsetzung bewilligende (erst- oder zweitinstanzliche) Entscheidung nicht zulässig. Der Gesetzgeber nahm dabei wohl an, daß durch diese Rechtsmittelbeschränkung kein berechtigtes Interesse einer Partei verletzt, sondern die Wahrheitsfindung (durch eine Sachentscheidung nach entsprechendem Verfahren) nur gefördert werden könnte. Aus dem Rechtsmittelsystem der ZPO folgt daraus, daß jede über einen Wiedereinsetzungsantrag in der Sache (des Wiedereinsetzungsantrages) ergehende Entscheidung der ersten und/oder zweiten Instanz in dritter Instanz nicht mehr bekämpft werden kann; für die Bestätigung einer abweislichen Entscheidung des Erstgerichtes folgt dies letztlich aus § 528 Abs 2 Z 2 ZPO (RZ 1993/64). Dem Rechtsmittelausschlußgrund der Bewilligung der Wiedereinsetzung ist aber der Fall gleichzuhalten, in welchem das Rekursgericht zwar grundsätzlich die Wiedereinsetzung für möglich erachtet, aber zunächst nur mit der Aufhebung der sie ablehnenden erstinstanzlichen Entscheidung vorgeht, weil die tatsächlichen Grundlagen für den Antrag (bzw seine Bewilligungsvoraussetzungen) in erster Instanz nicht erhoben wurden. Der gesetzgeberische Grund der Sondernorm des § 153 ZPO trifft auch in diesem Fall zu, sodaß die dadurch bewirkte Rechtsähnlichkeit im Sinne des § 7 ABGB zur Anwendung des § 153 ZPO führt. Sie allein bietet auch eine befriedigende Lösung, denn wie immer die neu aufgetragene sachliche Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag ausfällt, wird sie (im Sinne der obigen Ausführungen) nicht zur Judikatur des Obersten Gerichtshofs gelangen können. Es widerspräche daher der Grundwertung des § 153 ZPO sowie der Rechtsmittelbeschränkung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO, durch die Zulassung (im Sinn des § 527 Abs 2 ZPO) eines Rechtsmittels gegen derartige Aufhebungsbeschlüsse ein Zwischenverfahren in dritter Instanz einzuschieben, die jedoch später in der Sache selbst nicht mehr angerufen werden könnte. Diese Auffassung entspricht der Rechtsprechung (SZ 13/167; EvBl 1959/386 = MietSlg 7571; EvBl 1963/74; im nichttragenden Teil der Begründungen auch JBl 1953, 100; JBl 1954, 101) und einem Teil der Lehre (zuletzt ausführlich Fink,

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Zivilprozeßrecht (1994) 182 f, 187). Die gegenteiligen Auffassungen Faschings (Komm II 750) und Gitschthalers (in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 153), die in einem solchen Fall die weitere Anfechtbarkeit der rekursgerichtlichen Entscheidung von einem Ausspruch gemäß § 527 Abs 2 ZPO abhängig machen, gehen auf die in der Judikatur ausführlich gegebene Begründung für die analoge Anwendung (der Rechtsmittelbeschränkung) des § 153 ZPO nicht überzeugend (Fasching aaO will § 153 ZPO nicht anwenden, weil trotz "inhaltlicher Abänderung in Richtung auf Bewilligung der Wiedereinsetzung die tatsächliche Wiedersetzung erst von einem weiteren Beschluß des Erstgerichtes abhängt", zitiert aber dann für die auch seiner Ansicht nach nicht weiter anfechtbaren Aufhebungsbeschlüsse etwa wegen Mangelhaftigkeit die Entscheidungen SZ 13/167 [obwohl dort ein vom Rekursgericht gesetzter Rechtskraftvorbehalt als bedeutungslos angesehen wurde], und JBl 1953, 100 sowie JBl 1954,101, in denen allerdings als tragende Begründung das Fehlen eines Rechtskraftsvorbehaltes für die mangelnde weitere Anfechtbarkeit angenommen wurde) oder gar nicht ein.

Der erkennende Senat hält daher aus den dargelegten Gründen - auch angesichts der neuen Rechtslage aufgrund der in jüngerer Zeit mehrfach geänderten Rechtsmittelbestimmungen der ZPO - an der zitierten Rechtsprechung fest, sodaß der rekursgerichtliche Zulassungsausspruch nicht die Anfechtbarkeit des vorliegenden Aufhebungsbeschlusses bewirkt, sondern das dagegen erhobene Rechtsmittel der Kläger als jedenfalls unzulässig ohne Sachprüfung der Zurückweisung verfällt.