JudikaturJustiz2Ob507/96

2Ob507/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. Februar 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Johann P*****, 2. Franziska P*****, beide vertreten durch Dr.Wilfried Haslauer und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1. Klaus S*****, 2. Rosemarie S*****, beide vertreten durch Dr.Wolfgang Paumgartner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung (Streitwert S 30.000) und Entfernung (Streitwert S 25.000), infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 23.November 1995, GZ 54 R 236/95-15, womit die Berufung der beklagten Parteien gegen das Teilanerkenntnisurteil des Bezirksgerichtes St.Gilgen vom 9. Februar 1995, GZ C 582/94b-8, zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung der beklagten Parteien unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Rekurskosten sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Das Erstgericht verkündete in der mündlichen Streitverhandlung vom 9.2.1995 in Anwesenheit beider Parteien ein Teilanerkenntnisurteil (betreffend die Feststellung, daß eine zugunsten der Kläger einverleibte Dienstbarkeit des Geh- und Fahrtrechts auch Besuchern, Zeitungszustellern und Lieferanten zusteht).

Das Berufungsgericht wies die Berufung der Beklagten mit folgender Begründung zurück:

Nach der Aktenlage habe das Erstgericht in der mündlichen Streitverhandlung am 9.2.1995 das bekämpfte Teilanerkenntnisurteil in Anwesenheit beider Parteien verkündet (und lediglich die - von der Berufung auch nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung nicht bekämpfte - Kostenentscheidung der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten). Die schriftliche Urteilsausfertigung sei beiden Parteien am 18.9.1995 zugestellt worden, die nun vorliegende Berufung der Beklagten sei am 25.9.1995 zur Post gegeben worden. Nun bestimme § 416 Abs 3 ZPO, daß ein in Anwesenheit beider Parteien verkündetes Urteil aufgrund von Verzicht und Anerkenntnis mit der Verkündung den Parteien gegenüber wirksam werde. Dies bedeute, daß mit dieser Verkündung auch sofort die Rechtsmittel- und Leistungsfristen in Lauf gesetzt würden bzw daß die Zustellung dieser Urteile (die im übrigen nur auf Verlangen der Parteien erfolge) darauf keinen Einfluß mehr habe (vgl Rechberger in Rechberger, § 416 ZPO Rz 4; Fasching, LB2 Rz 1320). Daraus ergebe sich für den vorliegenden Fall, daß die vierwöchige Berufungsfrist nicht ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung (18.9.1995) zu berechnen sei, sondern ab Urteilsverkündung am 9.2.1995, was bedeute, daß die am 25.9.1995 zur Post gegebene Berufung als verspätet zurückzuweisen sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Beklagten (inhaltlich nur) wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Aufhebung des Zurückweisungsausspruches und einer meritorischen Behandlung der Berufung abzuändern; hilfsweise werden Anträge auf Entscheidung über die Berufung im Sinn des Berufungsantrages bzw auf Zurückverweisung an eine der Vorinstanzen gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig und im Ergebnis auch berechtigt.

Im vorliegenden Fall wurde vom Erstgericht zwar ein Teilanerkenntnisurteil in Anwesenheit beider Parteien verkündet, die Kostenentscheidung aber der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten. Zu 3 Ob 23/76 wurde ausgesprochen, daß ein Anerkenntnisurteil erst mit Zustellung wirksam wird, wenn bei Verkündung die Kostenbestimmung der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten wurde (vgl Fasching III 872 mwN). Dies muß umso mehr gelten, wenn sogar die Entscheidung im Kostenpunkt selbst - und nicht nur die Festsetzung des Kostenbetrages - der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten wurde. Erst mit der Zustellung der Urteilsausfertigung konnten die Beklagten von der Kostenentscheidung Kenntnis erlangen, wobei für sie insbesondere von Bedeutung war, ob ihrem Standpunkt, sie hätten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben, im Sinne des § 45 ZPO gefolgt würde. Hingegen ist am 9.2.1995 keine vollständige Urteilsverkündung erfolgt. Das Teilanerkenntnisurteil ist daher nicht schon damals den Parteien gegenüber gemäß § 416 Abs 3 ZPO wirksam geworden. Ausgehend vom Datum der Zustellung der schriftlichen Urteilsausfertigung war die Berufung der Beklagten aber rechtzeitig.

Dem Rekurs war daher spruchgemäß Folge zu geben, ohne daß auf die Rekursausführungen näher eingegangen werden müßte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.