JudikaturJustiz2Ob507/84

2Ob507/84 – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Mai 1984

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Vormundschaftssache der am ***** außer der Ehe geborenen mj Sandra S*****, infolge Revisionsrekurses des väterlichen Großvaters Ferdinand H*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 14. September 1983, GZ 44 R 3524/83 18, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 13. Juli 1983, GZ 4 P 261/82 14, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Gerhard Ferdinand H*****, geboren am *****, hat am 22. 6. 1982 vor dem BJA für den 22. Bezirk die Vaterschaft zu der mj Sandra, geboren am *****, anerkannt. Am 30. 6. 1982 schloss er mit dem BJA für den 22. Bezirk eine Vereinbarung, derzufolge er sich verpflichtete, für den Unterhalt der mj Sandra ab 1. 7. 1982 monatlich 500 S zu bezahlen.

Die mj Sandra befindet sich zusammen mit ihrer gleichfalls noch mj Mutter Martina Theresia S*****, geboren am *****, im Haushalt der Großeltern mütterlichseits; Martina Theresia S***** ist seit 1. 11. 1982 als Lehrling beschäftigt und bezieht eine monatliche Lehrlingsentschädigung von ca 2.100 S.

Der Kindesvater Gerhard Ferdinand H***** leistete seit September 1982 bis 28. 2. 1983 seinen ordentlichen Präsenzdienst. Für die Dauer des Präsenzdienstes wurde laut Bescheid des Magistratischen Bezirksamts für den 22. Bezirk vom 5. 8. 1982 ein Familienunterhalt in der Höhe des vereinbarten Betrags von monatlich 500 S für die mj Sandra gewährt.

Im Anschluss an den Ablauf des ordentlichen Präsenzdienstes verpflichtete sich der Vater freiwillig weiter auf 1 Jahr zum Bundesheer. In diesem Zeitraum bezieht er ein Taggeld von 40 S. Der Familienunterhalt wird bis zur Beendigung des freiwillig verlängerten Präsenzdienstes gewährt.

Der Großvater väterlichseits, Ferdinand H*****, ist als Hauptkassier bei der Firma T***** beschäftigt und bezog im Monat September 1982 ein Nettoeinkommen inklusive Überstundenpauschale von 19.160,07 S (welches noch um 210 S Gewerkschaftsbeitrag und Betriebsratsumlage für die Unterhaltsbemessung zu erhöhen wäre). Im Jahre 1982 betrug sein Anspruch auf Urlaubsgeld netto 21.888,90 S, und auf Weihnachtsgeld netto 21.135,30 S. Er selbst bezifferte die Höhe seines Nettoeinkommens mit monatlich 18.000 S, excl. Sonderzahlungen. Seine Gattin ist berufstätig und verdient über 6.000 S monatlich. Weitere Sorgepflichten treffen ihn nicht.

Das Erstgericht wies den Antrag des Jugendamts, den Großvater väterlichseits für die Zeit ab 1. 10. 1982 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 800 S zu verpflichten, ab. Es ging hiebei von Feststellungen aus, wie sie oben wiedergegeben wurden, vermeinte jedoch, dass sich die Minderjährige bei den unterdurchschnittlichen Lebensverhältnissen der beiden Elternteile gleichfalls mit einem unterdurchschnittlichen Unterhaltsbetrag begnügen müsse und daher mit den monatlich 500 S Familienunterhalt das Auslangen finden könne. Dass der Vater beim Bundesheer sei und auch den Grundwehrdienst freiwillig verlängert habe, könne nicht zu Lasten des Großvaters gehen.

Infolge Rekurses des Bezirksjugendamts für den 22. Bezirk änderte das Gericht zweiter Instanz den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass der väterliche Großvater für die Zeit vom 1. 10. 1982 bis 28. 2. 1983 zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbetrags von 800 S für sein Enkelkind verpflichtet wurde. Bezüglich seiner Unterhaltsverpflichtung für die Zeit ab 1. 3. 1983 wurde der Beschluss des Erstgerichts aufgehoben und diesem eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Das Rekursgericht führte aus, dass das Erstgericht den Durchschnittsbedarf von Kindern dieser Altersgruppe selbst mit derzeit monatlich 1.300 S festgestellt habe, somit ein Betrag von 500 S monatlich nicht bloß unterdurchschnittlich, sondern weit unterhalb des Durchschnittsbedarfs liege. Im Übrigen dürfe die finanzielle Leistungsfähigkeit der Eltern nicht mit deren Lebensverhältnissen verwechselt werden. Der Unterhaltsanspruch gegen die Großeltern setze gemäß § 141 ABGB voraus, dass die Eltern nach ihren Kräften zur Leistung des Unterhalts nicht imstande seien, ihre finanzielle Leistungsfähigkeit somit zur Leistung des Unterhalts nicht ausreiche. Die Höhe des von den Großeltern geschuldeten Unterhaltsbetrags richte sich jedoch nach den Lebensverhältnissen der Eltern. Im gegenständlichen Fall lägen bei beiden Elternteilen trotz ihrer geringen finanziellen Leistungsfähigkeit durchschnittliche Lebensverhältnisse vor, da der Vater beim Bundesheer, die Mutter bei ihren Eltern ausreichend versorgt werde. Die Leistung eines Gesamtunterhaltsbetrags in Höhe des Durchschnittsbedarfs sei daher auch im Hinblick auf die Lebensverhältnisse der Eltern nicht als angemessen anzusehen, selbst wenn man berücksichtige, dass darüber hinaus die mütterlichen Großeltern Naturalunterhalt leisteten. Dass der Großvater väterlichseits zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrags von 800 S ohne Beeinträchtigung seines eigenen angemessenen Unterhalts oder sonstiger Sorgepflichten in der Lage sei, ergebe sich aus der festgestellten Höhe seines Einkommens bzw des Einkommens seiner Gattin. Eine Unterhaltsverpflichtung für seinen Sohn treffe ihn nicht mehr, da dieser als Präsenzdiener selbsterhaltungsfähig sei. Für die Zeit bis zur Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes durch den Vater am 28. 2. 1983 sei sohin jedenfalls im Sinne des Antrags des Jugendamts zu entscheiden gewesen.

Hinsichtlich der Zeit danach erhebe sich allerdings die Frage, ob für den Vater nicht bessere berufliche Möglichkeiten offengestanden seien, als eine freiwillige Verlängerung des Grundwehrdienstes für 1 Jahr. Aufgrund der Niederschrift vor dem Jugendamt am 30. 6. 1982 ergebe sich dass der Vater „nun“ die Schule beendet hätte. Nach dem Alter des Vaters zu schließen, könne es sich hiebei um die Absolvierung einer AHS, einer Handelsakademie, eines TGM oder ähnlichen handeln. Da die Auferlegung einer Unterhaltsverpflichtung für den Großvater voraussetze, das die Eltern „nach ihren Kräften“ zur Leistung des Unterhalts nicht imstande seien, wäre zu prüfen, ob es dem Vater aufgrund seiner Schulsausbildung nicht möglich gewesen wäre, ab Beendigung seines ordentlichen Präsenzdienstes ein höheres Einkommen zu erzielen. In diesem Falle wäre der Ansicht des Erstgerichts beizupflichten, dass die freiwillige Verlängerung des Grundwehrdienstes nicht zu Lasten des Großvaters väterlichseits gehen könne. Soweit das Erstgericht diese Argumentation jedoch auch für die Zeit des ordentlichen Präsenzdienstes anwende, sei ihm entgegenzuhalten, dass die Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes Pflicht jedes männlichen Staatsbürgers in entsprechendem Alter sei. Für die Zeit ab 1. 3. 1984 sei der angefochtene Beschluss daher aufzuheben gewesen.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts, der dem väterlichen Großvater nach seinem Vorbringen am 27. 10. 1983 zugestellt wurde, richtet sich dessen mit 24. 11. 1983 datierter Revisionsrekurs, der an das Bezirksjugendamt für den 22. Bezirk adressiert war, dort am 29. 11. 1983 einlangte und vom Bezirksjugendamt an das Rekursgericht weitergeleitet wurde, wo er am 9. 12. 1983 einlangte. Das Rekursgericht leitete das Rechtsmittel an das Erstgericht weiter, wo es am 14. 12. 1983 einlangte.

Der Rechtsmittelwerber führt aus, sein Sohn Gerhard habe am 25. 11. 1983 die Zuerkennung eines Familienunterhalts nach § 23 des Heeresgebührengesetzes beantragt, es hätte daher die „öffentliche Hand“ die Zahlung des Unterhaltsbetrags von 800 S monatlich, zu der der Rechtsmittelwerber verhalten worden sei, zu übernehmen und er wäre rückwirkend von seiner Unterhaltspflicht für sein Enkelkind zu entheben gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

§ 14 Abs 2 AußStrG erklärt Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über die Bemessung ihrer gesetzlichen Unterhaltsansprüche für unzulässig. Zur Bemessung gehört (vgl JB 60 neu = SZ 27/177) die Bemessung der Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten, der zur Deckung dieser Bedürfnisse vorhandenen Mittel und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. Um eine bloße Unterhaltsbemessungsfrage handelt es sich demnach, wenn bei Streit nur das Ausmaß, das Mehr oder Weniger einer Unterhaltsverpflichtung betrifft (SZ 45/87, JBl 1976, 546 ua). Der Oberste Gerichtshof vertritt auch in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht (vgl EFSlg 19.020, 21.322 und die dort zitierten weiteren Entscheidungen), dass die Frage, ob und inwieweit die subsidiär Unterhaltspflichtigen mit Rücksicht auf die Leistungen oder mangelnden Leistungen des Vorverpflichteten zur Beitragsleistung herangezogen werden können, dem Bemessungskomplex zuzuordnen sei. Insbesondere ist damit der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof die Frage entzogen, ob die Bedürfnisse des Berechtigten und die dem primär Unterhaltspflichtigen zur Verfügung stehenden Mittel die Heranziehung der subsidiär Unterhaltspflichtigen rechtfertigen. Hingegen gehört zum Grund des Anspruchs und nicht zum Bemessungskomplex die Frage, unter welchen Voraussetzungen das Subsidiaritätsprinzip überhaupt zum Tragen kommt (vgl EFSlg 19.029 ua). Die im vorliegenden Fall zu entscheidende Frage, inwieweit eine allfällige Gewährung eins Familienunterhalts gemäß § 23 des Heeresgebührengesetzes an den Vater der mj Sandra die subsidiäre Unterhaltsverpflichtung ihres Großvaters zu vermindern geeignet ist, betrifft nach den oben dargelegten Grundsätzen ausschließlich den Bemessungskomplex und ist daher einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen.

Der Revisionsrekurs war daher schon aus diesem Grunde zurückzuweisen, ohne dass auf die Frage der verspäteten Erhebung des Rechtsmittels einzugehen war.