JudikaturJustiz2Ob44/21s

2Ob44/21s – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. März 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Parzmayr und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach M***** W*****, über den Revisionsrekurs des Erben L***** W*****, vertreten durch Dr. Alois Zehetner, Rechtsanwalt in Amstetten, gegen den Beschluss des Landesgerichts Sankt Pölten vom 23. September 2020, GZ 23 R 318/20t 248, womit infolge Rekurses des Erben der Beschluss des Bezirksgerichts Scheibbs vom 7. August 2020, GZ 4 A 254/11g 236, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Mit Beschluss vom 10. 12. 2015, ON 129, wurde das Aufgabengebiet der Separationskuratorin näher umschrieben. Dieser Beschluss wurde dem zuvor für den Erben eingeschrittenen Rechtsanwalt am 14. 12. 2015 zugestellt.

[2] Innerhalb der vierzehntägigen Rekursfrist, die am 28. 12. 2015 endete, erhob der E rbe (der nunmehrige Rechtsmittelwerber) dagegen keinen Rekurs. Erst nach Ablauf dieser Frist stellte der Erbe einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung des Rekurses gegen den genannten Beschluss, den er mit einem Rekurs verband.

[3] Die Vorinstanzen wiesen den Wiedereinsetzungsantrag ab.

[4] Sie stellten fest, dass sich laut Bestätigung des den Erben behandelnden Arztes der Erbe „ab 23. 12. bis einschließlich 23. 12. 2015“ neuerlich in ärztlicher Behandlung bei ihm mit der Diagnose fieberhafter Infekt, Pyelonephritis, befunden habe. Der Erbe sei im Zeitraum 23. 12. bis 30. 12. 2015 bettlägrig und nicht reisefähig gewesen.

[5] Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil es zwar höchstgerichtliche Entscheidungen zur Frage g ebe , inwieweit eine gesundheitliche Beeinträchtigung des ausgewiesenen Vertreters einen Wiedereinsetzungsgrund bilden k önne , nicht aber zur Frage, inwieweit eine gesundheitliche Beeinträchtigung des anwaltlich vertretenen Mandanten selbst während eines Teils der Rechtsmittelfrist einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen k önne .

[6] Der Revisionsrekurs ist mangels einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

[7] 1. Soweit der Rechtsmittelwerber bestreitet, den genannten Rechtsanwalt bevollmächtigt zu haben, steht dem die schon frühere bindende (vgl 2 Ob 113/19k) und auch hier von den Vorinstanzen übernommene Feststellung, dieser Rechtsanwalt sei vom Erben (im fraglichen Zeitraum) bevollmächtigt gewesen, entgegen. Im Übrigen setzt die vom Erben angestrebte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die wirksame Zustellung an seinen Vertreter voraus, weil es andernfalls keine Säumnisfolgen gäbe (RS0107394 [T4]).

[8] 2. Die vom Rekursgericht aufgezeigte Rechtsfrage ist nicht erheblich iSd § 62 Abs 1 AußStrG:

[9] Zum einen bestand das Hindernis der Erkrankung des Erben erst ab dem 23. 12. 2015, sodass vorher dem Erben acht Tage der vierzehntägigen Rekursfrist zur Verfügung standen, um mit seinem Vertreter zu klären, ob ein Rekurs eingebracht werden solle oder nicht. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass bei Kenntnis eines laufenden Gerichtsverfahrens die – erstmals im Rekurs behauptete – Unmöglichkeit, mangels Festnetzanschlusses sowie eines Mobiltelefons der Partei zwischen dieser und ihrem Vertreter Kontakt herzustellen, eine einen minderen Grad des Versehens übersteigende Nachlässigkeit in eigenen Angelegenheiten darstellte, hält sich im Rahmen seines Beurteilungsspielraums und wirft keine erhebliche Rechtsfrage auf (RS0116535).

[10] Zum anderen bildet eine Erkrankung nur dann einen Wiedereinsetzungsgrund, wenn sie die Bestellung eines Vertreters oder eine Prozesshandlung unmöglich macht (RS0036728). Auch ist zu der mit § 146 ZPO (hier iVm § 21 AußStrG) inhaltlich nahezu gleichlautenden Bestimmung des § 364 StPO bereits entschieden worden, dass die Erkrankung des Angeklagten für sich allein kein Grund für die Wiedereinsetzung gegen den Ablauf der Frist zur Anmeldung einer Nichtigkeitsbeschwerde ist. Erst dann, wenn zufolge der Krankheit die Dispositionsfähigkeit völlig ausgeschlossen wird, stellt diese ein Ereignis iSd § 364 Abs 1 Z 1 StPO dar, aufgrund dessen es unmöglich wäre, die Frist einzuhalten (15 Os 161/07a = RS0123315).

[11] Im vorliegenden Fall hat der Erbe nicht einmal behauptet, dass die attestierten Krankheiten (fieberhafter Infekt, Pyelonephritis [infektiöse Erkrankung des Nierenbeckens]) ihn völlig handlungsunfähig gemacht hätten, sodass die fristgerechte Erhebung eines Rekurses nicht möglich gewesen wäre.

[12] 3. Da das Rechtsmittel auch sonst keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt, ist es zurückzuweisen.

[13] Eine formelle Zurückweisung auch des zweiten Revisionsrekurses, dessen Behandlung der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels entgegensteht, erübrigt sich wegen inhaltlicher Identität (vgl 3 Ob 98/10y; RS0041666 [T42]).